FDJ-Studienjahr

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Das FDJ-Studienjahr (auch FDJ-Lehrjahr, FDJ-Schulungszirkel und FDJ-Schuljahr) war eine regelmäßige obligatorische politische Bildungsmaßnahme für die Mitglieder der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in der DDR. Hauptformen waren die „Zirkel junger Sozialisten“, die Prüfungen für das Abzeichen für gutes Wissen und die Pionierzirkel „Unter der blauen Fahne“ für Schüler der 7. Schulklassen.[1]

Das FDJ-Studienjahr war thematisch und organisatorisch von den regulären und von thematischen Mitgliederversammlungen der Grundorganisationen der FDJ getrennt.

Die drei Westmächte und die Sowjetunion teilten Deutschland und Österreich 1945 in Besatzungszonen auf.

Ausgangslage 1945: Entnazifizierung

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Nach Ende des Zweiten Weltkrieges am 8./9. Mai 1945 lebten in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) etwa zweieinhalb Millionen Jugendliche im Alter zwischen 14 und 25 Jahren. Jedes fünfte Schulkind hatte seinen Vater im Krieg verloren, der Vater jedes zehnten Schulkindes befand sich noch in Kriegsgefangenschaft.[2]:22 Mit Zerschlagung des Dritten Reichs verschwanden auch die Hitlerjugend (HJ), der Bund Deutscher Mädel (BDM), das Deutsche Jungvolk (DJ) und der Jungmädelbund. Sie hinterließen in der Lebenswelt der Jugendlichen, die nahezu alle in diesen Organisationen eingegliedert waren, eine große Lücke. Die desillusionierten und oft orientierungslosen Jugendlichen hatten fürs tägliche eigene und das Überleben ihrer Familien zu sorgen. In dieser Situation schien ein Anknüpfen an Traditionen des Jugendverbandswesens aus der Zeit der Weimarer Republik durch neue politische Verbände kaum denkbar.

Mit dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen (NS) Herrschaftsstrukturen in den Städten und Gemeinden entstanden zum Teil sogar noch vor Kriegsende spontan in vielen Orten antifaschistische Ausschüsse, Ligen, Komitees und Bewegungen, die die Entnazifizierung begannen und die öffentliche Ordnung so gut es ging neu organisierten.[2]:26 Wie auch in den Westzonen gestattete die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) 1945 in der SBZ die Bildung antifaschistischer Parteien auf der Grundlage der Demokratie und der bürgerlichen Freiheiten.

Die neu gegründeten Parteien sahen durchaus das Problem der vom NS missbrauchten und geistig entwurzelten Jugend. Während sich die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) in ihrem Gründungsaufruf nur ganz allgemein auch an die deutsche Jugend ohne konkretere Ziele wendete, sah die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) die Notwendigkeit, deren Erziehung zu „freien und kritischen Menschen … im demokratischen, sozialistischen Geiste.“ Die Christlich-Demokratische Union Deutschlands (DDR) (CDU) forderte die Heranführung zur „Erkenntnis wahrer sittlicher Werte“. Auch die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDP) blieb zunächst allgemein und wünschte die Erziehung der Jugend zu Menschen, die durch „ihre sittliche Bildung, ihre Berufstüchtigkeit und ... aufgeschlossene Gesinnung befähigt sind zum Dienst an Vaterland und Menschheit“.[2]:33.

Auf ihrer 1. Funktionärskonferenz ergriff die KPD im Juni 1945 die Initiative und stellte die Schaffung von Jugendausschüssen in den Raum, die in Gemeindeverwaltungen von antifaschistischen Jugendlichen geführt würden. Sie verzichtete auf eine eigene Jugendorganisation der KPD und plädierte für „eine einheitliche freie Jugendbewegung“,[2]:35f weil sie damit nicht den anderen Parteien Vorwand bieten wollte, ihrerseits eigene Jugendorganisationen zu fordern, was der angestrebten einheitlichen Jugendbewegung zuwider liefe.

Von den Jugendausschüssen zur FDJ

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Das Emblem der FDJ

Ende Juli 1945 genehmigte die SMAD Jugendausschüsse bei den Bürgermeistereien der großen und mittleren Städte und verbot jegliche andere Jugendorganisationen, -vereine und -gemeinschaften. In einer Erklärung am 1. August 1945 forderte die SMAD dazu auf, dass in den Ausschüssen die Jugend

  • über die Verbrechen des Nationalsozialismus aufgeklärt wird;
  • zur Völkerfreundschaft, dabei insbesondere zur Freundschaft mit der Sowjetunion erzogen wird;
  • an die Kulturgüter des deutschen Volkes und anderer Völker herangeführt wird und
  • für Verständnis für den Wiederaufbau und die Wiedergutmachung gewonnen wird.[2]:55f

Die KPD forcierte die Bildung eines Zentralen Jugendausschusses, in den auch Vertreter der anderen Parteien und der Kirchenjugend eingebunden wurden, womit dessen Überparteilichkeit demonstriert werden sollte. Trotz ihrer Dominanz konnte die KPD nicht die durchgängige Besetzung der lokalen Jugendausschüsse mit eigenen Kadern absichern. Die Arbeit dort erwies sich als sehr unterschiedlich. In Ost und West konstatierte man Skepsis und Ablehnung der Politik der Vergangenheit und der Gegenwart sowie Misstrauen gegenüber politischen Ideologien und Ideen.

Auf der Zonenkonferenz der Jugendausschüsse der SBZ im Dezember 1945 in Berlin stellte der Neuköllner Jugendausschuss eine Resolution zur Diskussion, in der erstmals unter Punkt 2 die Schaffung einer einheitlichen Jugendbewegung ohne Unterschied der Konfessionen und Weltanschauungen in ganz Deutschland, die Freie Deutsche Jugend, gefordert wurde. In der von der Konferenz verabschiedeten Resolution fand diese Forderung letztendlich nach kontroversen Diskussionen noch keinen Niederschlag. Die KPD forcierte daraufhin aus den lokalen Jugendausschüssen sich mehrende Forderungen nach einer einheitlichen Jugendorganisation. Diese Kampagne ging an den kirchlichen Vertretern im Zentralen Jugendausschuß vorbei zur KPD und führte letztlich Ende Januar 1946 zum Einverständnis der SMAD (vorbehaltlich der Zustimmung Moskaus) und der SPD. Am 6. Februar 1946 kehrte Walter Ulbricht u. a. mit der Zustimmung zur FDJ-Gründung aus Moskau zurück.[2]:84ff

Angesichts der Zugeständnisse, die die KPD machen musste und der Erklärung der SMAD, auf absehbare Zeit keine weiteren Jugendorganisationen in der SBZ zuzulassen, unterschrieben alle Anwesenden im Zentralen Jugendausschuß den Gründungsbeschluss für eine FDJ. Die Vertreter der anderen Parteien und Kirchen sahen darin die damals einzige Chance, die offiziell mögliche Jugendarbeit nicht allein der KPD zu überlassen. Die SMAD veröffentlichte die beantragte Lizenzierung am 7. März 1946, dem offiziellen Gründungstag der FDJ. In den Westsektoren Berlins wurde die FDJ erst am 11. Oktober 1947 zusammen mit den sozialdemokratischen „Falken“ lizenziert, andere Jugendorganisationen folgten.

Mitgliederschulungen – Vorläufer des Studienjahres

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Die neu gegründete FDJ verzichtete in den ersten Statuten auf einen Ausschließlichkeitsanspruch. Ideologische Ziele wurden offiziell nicht formuliert. Die für die Gründung notwendig gewesenen Zugeständnisse zeitigten später für die im April 1946 aus der Vereinigung von KPD und SPD hervorgegangene Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) gegenteilige Wirkungen. Die nichtkommunistischen Jugendlichen in den Ausschüssen verfolgten ihre eigenen Anschauungen und Ziele und widersetzten sich mehr oder weniger offen den Hegemoniebestrebungen der SED. Die Jungkommunisten beschwerten sich bei ihrer Parteiführung, dass z. B. die Pfarrjugenden in der FDJ „einen Staat im Staat“ bilden würden. Sie bemängelten auch das „niedrige politische Niveau“ der FDJ. Der Aufruf an die gesamte Parteijugend der SED, stärker in der FDJ mitzuarbeiten, stieß bei der zunächst auf wenig Widerhall. Allein in Sachsen zählte die FDJ 70.000 Mitglieder, aber nur 10–20 Prozent der jugendlichen Genossen war der FDJ beigetreten. Dem gegenübertretend zeichnete die Parteiführung eine „Vision von zehntausenden jungen SED-Mitgliedern, die, regelmäßig von der Partei geschult, innerhalb der FDJ ihre Altersgenossen für die Ziele der SED gewinnen würden…“ Der Jugendverband sollte als „Erziehungsorganisation“ wirken, wenngleich die Politik nicht den gesamten Charakter ausmachen sollte.[2]:103f

Bereits im Mai 1946 arbeitete die FDJ-Führung einen Leitfaden für die Schulungsarbeit, der sich nicht nur mit der Schulung der Funktionäre und ihrer potentiellen Nachfolger befasste. Der Gefahr der Verflachung der lokalen FDJ-Grundorganisationen sollte mit „antifaschistischer Aufklärungs- und Schulungsarbeit“ begegnet werden. „Neben den Besprechungen von Jugend- und Tagesfragen in den Heimabenden empfahl die FDJ-Spitze, etwa alle 14 Tage auf besonderen Schulungs- oder Bildungsabenden Vorträge mit anschließender Aussprache über allgemeinbildende und politische Themen abzuhalten.“ Im Winter 1946/47 waren das:

  1. Was ist Demokratie
  2. Jugend und Nation
  3. Die FDJ – die fortschrittlichste Organisation der deutschen Jugend
  4. Feinde des Fortschritts – Feinde der Jugend
  5. Freundschaft der Jugend – Freundschaft der Völker
  6. Die Sowjet-Union[2]:193f

Die Schulungsabende sollten jugendgemäß gestaltet werden.

Bis 1949 erreichten die Funktionärsschulungen 90 % aller Jugendfunktionäre, die Mitgliederschulungen 71 % aller FDJ-ler.[2]:329

Einführung und ideologische Ausrichtung des FDJ-Studienjahres

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Spätestens ab 1947 waren die politischen Spannungen unter den Siegermächten offensichtlich. Der Zusammenschluss der Westzonen zur Bizone und später Trizone und die Blockbildung der Sowjetunion im Osten Europas standen im krassen Widerspruch zu einer bis dahin vermeintlich angestrebten einheitlichen demokratischen Entwicklung Deutschlands. Der Kalte Krieg war endgültig ausgebrochen. Einher gingen ideologische Auseinandersetzungen innerhalb der FDJ über eine entsprechende inhaltliche Neuorientierung.

Die Sowjetunion forderte im Sommer 1947 die SED auf, „mehr Kampfgeist, ideologische Geschlossenheit und ein deutlicheres Bekenntnis zur Sowjetunion an den Tag zu legen“.[2]:208 Die FDJ suchte erstmals den offiziellen Kontakt zum sowjetischen kommunistischen Jugendverband Komsomol, der als Vorbild für die FDJ aufgebaut wurde. Allerdings stießen diese Bestrebungen bei den meisten Jugendlichen auf einen tiefsitzenden Antisowjetismus, der noch aus der NS-Propaganda des Antibolschewismus und den eigenen Erfahrungen mit den sowjetischen Besatzern herrührte. Die Freie Deutsche Jugend sah sich mit vielen Jugendlichen konfrontiert, die über keinen „festen sozialistischen Klassenstandpunkt“ verfügten.

„Die kontinuierliche Gleichsetzung der SED-Politik mit den Begriffen Fortschritt und Demokratie ermöglichte es Erich Honecker, in seinem Grußwort (an den II. Parteitag der SED im September 1947 – d. Verf.) namens des Jugendverbandes die Übereinstimmung von SED und FDJ zu betonen, ohne dass damit der Standpunkt der Überparteilichkeit (der FDJ - d. Verf.) verletzt zu werden schien.“[2]:209 In Wahrheit kam immer mehr das Gegenteil zum Vorschein. Schließlich sprach der SED-Parteivorstand nach seiner Apriltagung 1948 in einer öffentlichen Erklärung erstmals „von der Bedeutung der FDJ als Verbündete im Kampf der Partei.“ In ihr wurde „offen darüber geklagt, daß die führende Rolle der Partei in der gesamten Jugendarbeit … nicht hinreichend zum Ausdruck komme.“[2]:251

Die „Schöpfer“ des Marxismus-Leninismus: Marx, Engels, Lenin und Stalin (Demonstration zum 1. Mai 1953, Ost-Berlin)

Im Kampf um die Köpfe forderte die FDJ schließlich 1948 ihre Mitglieder zum Studium des Marxismus-Leninismus, damals Stalinscher Prägung, auf. 1948 traten die christlichen Mitbegründer der FDJ, der evangelische Pfarrer Oswald Hanisch und der katholische Domvikar Robert Lange, aus der FDJ aus. Die FDJ radikalisierte ihre Polemik gegen den Westen. Auf der 1. Funktionärskonferenz der FDJ 1950 bekannte sich der Jugendverband endgültig zur Führung durch die SED.[3]

Der Zentralrat der FDJ beschloss auf seiner 6. Tagung im Juli 1950 die Einführung eines einheitlichen FDJ-Schuljahres. 1951 wurde das FDJ-Studienjahr erstmals durchgeführt. Es sollte organisatorisch die Einbeziehung aller FDJ-Mitglieder und inhaltlich die Erreichung der gewünschten Bildungs- und Propagandaziele durch kontinuierliche Vermittlung und jährliche Erfolgskontrolle sichern.

Die FDJ sah parallel dazu die Notwendigkeit, „einen besonderen Stellenwert der Rolle des Propagandisten zuzurechnen, der fest auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht und als überzeugter und begeisterter Mensch Klarheit in unseren politischen Gegenwartsfragen besitzt und auftritt. Es war unumgänglich, zunächst einmal besonderes Augenmerk auf die politische Zuverlässigkeit und Ausbildung der Propagandisten zu legen, wofür Propagandistenlehrgänge, die der Wissensvermittlung dienten, abgehalten wurden...“[4]

Durch die organisatorische Verankerung des FDJ-Studienjahres in die tägliche FDJ-Arbeit und die anfangs moralische, später zwingendere Verpflichtung zur Teilnahme wurden nahezu alle FDJ-Mitglieder einbezogen. Das entsprach dem Ziel, breiteste Kreise der Jugend zu erreichen.

Inhaltlich standen bei der Einführung die Reden und Schriften Stalins noch im Mittelpunkt. Gegenstand waren später das Studium und die Diskussion der Grundfragen des Marxismus-Leninismus in enger Verbindung mit der Politik der SED. Die Teilnehmer sollten Schlussfolgerungen für das eigene politische Verhalten ableiten.[1] Es wurden zudem aktuelle Themen angesprochen. Besonders problematisch wurden diese für die Kursleiter seit Gorbatschows Perestroika ab 1986.

Um die Ziele durchzusetzen, wurden jährlich konkrete Themen behandelt und geprüft. Die Lehrprogramme wurden vorher vom Zentralrat der FDJ bestätigt. Hier einige Einzelbeispiele:

Das FDJ-Studienjahr war eine in der Regel monatlich durchgeführte circa zweistündige Schulungsveranstaltung. Es diente außerhalb des staatlichen Schulunterrichts ab der achten Klasse in der DDR der erweiterten politisch-ideologischen und philosophischen Ausbildung und Ausrichtung ihrer Mitglieder.

Die späteren Jugendgesetze der DDR von 1960 und 1974 und die Schulgesetze von 1959 und 1965 bildeten (später) die Grundlage der engen Verbindung von Schule und FDJ. Lehrer, an Hochschulen, Universitäten auch Dozenten gestalteten neben den eigenen Propagandisten das FDJ-Studienjahr sowie FDJ- bzw. SED-Funktionäre. Des Weiteren diskutierten staatliche Leiter, Offiziere, Künstler und Wissenschaftler mit Jugendlichen über aktuelle und Grundfragen der Zeit.[5]:627

Abzeichen für Gutes Wissen in Silber – 4. Variante 1962–1975
Abzeichen für gutes Wissen in Gold 5. und letzte Variante 1976–1990

Das FDJ-Studienjahr war von FDJlern aller Teilnehmerstufen zu besuchen. In der Regel wurden die erstmaligen Teilnehmer der ersten Stufe zugeteilt, die zum vom Zentralrat der FDJ 1949[7] gestifteten Abzeichen für gutes Wissen in Bronze führen konnte. Die Zirkel der Stufe 2 führte zu Silber und Stufe 3 zu Gold. In der Regel wurden die erfolgreichen Teilnehmer einer Stufe in der nächsthöheren Stufe weiter geschult. Die jeweils höhere Stufe sollte sich nach Ansicht der SED- und FDJ-Führung durch in ihren Augen anspruchsvollere theoretische und aktuellpolitische Themenniveaus von der vorherigen Stufe abheben.

Bestandteil des Studienjahres waren auch erweiterte Jugendforen aus aktuellen Anlässen.[5]:627 Neben den eigentlichen Schulungen wurden auch örtlich unterschiedlich Kinobesuche, Vorträge von Künstlern, Eltern oder andere Veranstaltungen organisiert.

Das vermittelte Wissen wurde nach einem Schuljahr einer Prüfung unterzogen, die aus einem schriftlichen Teil (einer Arbeit über ein konkretes Thema) und einem mündlichen Teil, in dem weitere Kenntnisse von Themen aus dem aktuellen Studienjahr hinterfragt wurden, bestand.

Im Ergebnis wurde den Teilnehmern je nach Teilnehmerstufe das entsprechende Abzeichen verliehen, wenn die Prüfungen aus Sicht der Prüfungskommissionen erfolgreich abgelegt wurden.

Von der anfänglichen Werbung gingen Partei- und FDJ-Führung in eine zunehmende Verpflichtung zur Teilnahme über. Das Ziel, breiteste Massen der Jugendlichen in der SBZ und ab 1949 der DDR zu erfassen, wurde durchaus erfüllt, wenn auch Seminare vereinzelt ausfielen oder einzelne Mitglieder sich erfolgreich fernhielten.

Schon im ersten Jahr 1949/50 besuchten Hunderttausende FDJ-ler 11.900 Zirkel. Im FDJ-Studienjahr 1971/72 nahmen 1,3 Millionen Jugendliche in 59.546 Zirkeln teil,[5]:465 im Rahmen derer 263.596 Abzeichen für Gutes Wissen erworben wurden.[5]:462 1972/73 waren es 1,4 Millionen FDJ-ler in 63.974 Zirkeln.[5]:483 1984/85 nahmen circa 1,7 Millionen Mitglieder der FDJ und weitere Jugendliche ... in über 85.000 Zirkeln am FDJ-Studienjahr und drei Millionen Teilnehmer an 180.000 Jugendforen teil.[8]

Wertungen der politischen Zielerreichung gibt es zu damaliger Zeit offiziell nicht. Intern wurden die Ergebnisse jährlich in Stellungnahmen des Zentralrats der FDJ ausgewertet. Während diese offiziell die eigenen Erfolge pries, gab es intern durchaus sehr kritische Einschätzungen, die durch die Ereignisse 1989 bestätigt wurden. Unabhängig davon wurden dennoch viele Jugendliche damals tatsächlich für die Sache der SED und FDJ motiviert.

Nach der Wende 1989 und der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 gab es rückblickend differenzierte Bewertungen auch der FDJ-Studienjahre. Beispiele:

„Die Propaganda-Broschüren zur ideologischen Schulung zum Beispiel im FDJ-Studienjahr blieben auf einem plakativen Niveau, boten keinen Stoff zur geistigen Auseinandersetzung mit den Ideen von Marx, Engels und Lenin. Seitens der Partei wurde den FDJ-Funktionären auch nicht zugetraut, diese ideologische Überzeugungsarbeit leisten zu können.“[9]

„Das FDJ-Studienjahr blieb seinen traditionellen Formen verhaftet, so wie es an den Schulen in den Sechzigerjahren installiert worden war. Viele Themen hatten einen noch stärkeren theoretischen Beigeschmack bekommen. Die Begleitmaterialen mit ihren dogmatischen Lehrsätzen vermochten kaum zu engagierten Diskussionen anzuregen. Spannend wurde es immer dann, wenn sich die Diskussionen verselbstständigten, wenn plötzlich tagesaktuelle Fragen zur Diskussion standen und der anwesende Gruppenleiter die Diskussion nicht abbrach. Geschickte Diskussionsleiter setzten die Planthemen sogleich in aktuelle, brisante Fragestellungen um, ließen diskutieren und stellten am Ende „verwundert“ fest, dass man leider zum eigentlichen Programm nur am Rande gekommen sei.“[9]

Einzelnachweise

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  1. a b Gerhard Butzmann, Jonny Gottschalg, Günter Gurst, Anneliese Müller-Hegemann: Jugendlexikon a-z. 15. durchgesehene Auflage, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1988, ISBN 3-323-00057-9, S. 632.
  2. a b c d e f g h i j k l Ulrich Mählert: Die Freie Deutsche Jugend 1945–1949. Verlag Ferdinand Schöningh GmbH, Paderborn 1995, ISBN 3-506-77495-6.
  3. | Eberhard Aurich: Der Gründungsmythos der FDJ und was später aus ihm wurde. Eine selbstkritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der FDJ, online abgerufen 13. September 2018.
  4. Jana Kausch: Eine Gesellschaft, die ihre Jugend verliert, ist verloren. Das hochschulpolitische Konzept der SED am Beispiel der Technischen Hochschule/Universität Karl-Marx-Stadt und die daraus resultierende Verantwortung der FDJ zwi-schen 1953 und 1989/90. (TU Chemnitz, Universitätsverlag Chemnitz 2009, ISBN 978-3-941003-03-3) auf Jana Kausch: Eine Gesellschaft, die ihre Jugend verliert, ist verloren (Memento vom 20. Juli 2018 im Internet Archive), abgerufen 13. September 2018
  5. a b c d e f g h i j k l m n o Prof. Dr. Karl Heinz Jahnke und Kollektiv: Geschichte der Freien Deutschen Jugend, Verlag Neues Leben, Berlin 1982, Lizenz Nr. 303 (305/126/82, LSV 0289)
  6. David Begrich: Rechtsextremismus in der DDR; Ursachen und Kontinuitäten zur Tagung „Umstrittene Kontinuitäten“ 2009
  7. Erich Honecker: Aus meinem Leben. 6. Auflage. Dietz Verlag, Berlin 1981, S. 179.
  8. Archiv Neues Deutschland, aufgerufen am 13. September 2018.
  9. a b Ulrich Mählert: FDJ 1945-1989 auf lzt-thueringen.de abgerufen 13. September 2018