„Friedemann Schulz von Thun“ – Versionsunterschied

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'''Friedemann Schulz von Thun''' (* [[6. August]] [[1944]] in [[Soltau]]) ist ein deutscher Psychologe und [[Kommunikationswissenschaft]]ler. Bekannt wurde er als Autor des dreibändigen populärwissenschaftlichen Werkes ''[[Miteinander reden]]''. Als Professor der [[Psychologie]] an der [[Universität Hamburg]] gestaltete er bis zur [[Emeritierung]] 2009 den Studienschwerpunkt „Beratung und Training“ und erforschte die Psychologie der zwischenmenschlichen [[Kommunikation]]. Im Jahr 2007 gründete er das „Schulz von Thun-Institut für Kommunikation“.
'''Friedemann Schulz von Thun''' (* [[6. August]] [[1944]] in [[Soltau]]) ist ein deutscher Psychologe und [[Kommunikationswissenschaft]]ler. Bekannt wurde er als Autor des dreibändigen populärwissenschaftlichen Werkes ''[[Miteinander reden]]''. Als Professor der [[Psychologie]] an der [[Universität Hamburg]] gestaltete er bis zur [[Emeritierung]] 2009 den Studienschwerpunkt „Beratung und Training“ und erforschte die Psychologie der zwischenmenschlichen [[Kommunikation]]. Im Jahr 2007 gründete er das „Schulz von Thun-Institut für Kommunikation“.

== Studium, Kurse und Leitideen ==
Schulz von Thun besuchte die [[Gelehrtenschule des Johanneums]] in Hamburg. Als Trainer des dortigen Schachvereines (SKJA bzw. später SKJE) beschäftige er sich schon früh mit psychologischen Fragen. Er entwickelte damals die Methode des „[[Lautes Denken|lauten Denkens]]“. Schulz von Thun studierte Psychologie, Philosophie und Pädagogik in Hamburg 1967–71, war dann Assistent bei [[Reinhard Tausch]] und promovierte 1973 über „Verständlichkeit der Wissens- und Informationsvermittlung“. Kurz nach seiner Habilitation 1975 wurde er in Hamburg zum [[Universitätsprofessor]] berufen.

Ab 1971 hielt er Trainingskurse für Lehrer und Führungskräfte, die anfangs von Leitideen des [[Verhaltenstraining]]s und angewandter [[Gruppendynamik]] bestimmt waren. Ziel war die „innere Demokratisierung“, das Erlernen eines partnerschaftlichen Miteinanders zwischen verschiedenen Interaktionspartnern.

Durch die intensive Beschäftigung mit [[Alfred Adler]]s [[Individualpsychologie]] und [[Ruth Cohn]]s [[Themenzentrierte Interaktion|Themenzentrierter Interaktion]] vertiefte er das Verständnis für zwischenmenschliche Vorgänge. Aus der Integration von individualpsychologischen, humanistischen und systemischen Richtungen und seinen Kurserfahrungen entstand in den 1970ern das Kommunikationsquadrat – siehe unten. Erstmals 1977 publiziert, erschien es 1981 im Taschenbuch „Miteinander reden, Störungen und Klärungen“.


== Das Kommunikationsquadrat ==
== Das Kommunikationsquadrat ==

Version vom 14. Oktober 2011, 14:08 Uhr

Friedemann Schulz von Thun (* 6. August 1944 in Soltau) ist ein deutscher Psychologe und Kommunikationswissenschaftler. Bekannt wurde er als Autor des dreibändigen populärwissenschaftlichen Werkes Miteinander reden. Als Professor der Psychologie an der Universität Hamburg gestaltete er bis zur Emeritierung 2009 den Studienschwerpunkt „Beratung und Training“ und erforschte die Psychologie der zwischenmenschlichen Kommunikation. Im Jahr 2007 gründete er das „Schulz von Thun-Institut für Kommunikation“.

Das Kommunikationsquadrat

Graphische Darstellung des Vier-Seiten-Modells

Das Vier-Seiten-Modell oder Kommunikationsquadrat beruht auf der Annahme, dass jede Äußerung nach vier Aspekten (Seiten) hin interpretiert werden kann – vom Sender der Äußerung wie auch vom Empfänger. Diese vier Seiten der Nachricht werden im Modell durch je eine Quadratseite in einer eigenen Farbe repräsentiert:

  1. Auf der Sachseite (blau) informiert der Sprechende über den Sachinhalt, d. h. über Daten und Fakten.
  2. Die Selbstkundgabe (grün) umfasst das, was der Sprecher durch das Senden der Botschaft von sich zu erkennen gibt.
  3. Auf der Beziehungsseite (gelb) kommt zum Ausdruck, wie der Sender meint, zum Empfänger zu stehen und was er von ihm hält.
  4. Was der Sender beim Empfänger erreichen möchte, wird von der Appellseite (rot) repräsentiert.

In der zwischenmenschlichen Kommunikation gibt es aber nicht nur denjenigen, der sich äußert – den Sender –, sondern gleichzeitig auch einen der zuhört – den Empfänger. Während der Sender mit „vier Schnäbeln“ spricht, hört der Empfänger mit „vier Ohren“. Die vier Seiten der gesendeten Nachricht, also das was der Sender mit einer Äußerung ausdrücken und/oder bewirken will, entsprechen oftmals nicht den vier Seiten, wie sie vom Empfänger interpretiert werden. Deshalb machen die vier Seiten einer Nachricht zwischenmenschliche Kontakte spannend, aber auch spannungsreich und anfällig für Störungen.

Dieses Modell lässt sich mit Einschränkungen erweitern auf allgemeine Kommunikationsvorgänge in der Gesellschaft. Diese umfassen dann beispielsweise auch die betont sachliche Kommunikation zwischen Behörden oder Institutionen.

Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung

Über die Verschiedenheit der Menschen schrieb Schulz von Thun 1989 im zweiten Band von „Miteinander reden“. „Miteinander Reden 2“ erreichte inzwischen die 22. Auflage und befasst sich mit folgender Haupterkenntnis: Die Menschen sind verschieden in der Art, wie sie mit anderen reden und den Kontakt zu ihnen gestalten. Was der eine zur Erweiterung seiner sozialen Kompetenz dringend braucht, hat vielleicht der andere schon viel zu viel. Davon ausgehend beschreibt er acht Kommunikationsstile (Stile der Kontakt- und Beziehungsgestaltung)[1]:

  1. Der bedürftig-abhängige Stil
  2. Der helfende Stil
  3. Der selbst-lose Stil
  4. Der aggressiv-entwertende Stil
  5. Der sich beweisende Stil
  6. Der bestimmende-kontrollierende Stil
  7. Der sich distanzierende Stil
  8. Der mitteilungsfreudig-dramatisierende Stil

Jeder dieser Stile hat seine kommunikativen Eigenarten, seine Stärken, seine Ergänzungsbedürftigkeit („Entwicklungsrichtung“) und seine Anfälligkeit für zwischenmenschliche Verstrickungen („Teufelskreis“).

Modell „Inneres Team“

Der dritte Band (erschienen Ende 1998) beschreibt u. a., dass man oft „mehrere Seelen in der Brust“ hat. Sie melden sich (mehr oder weniger vernehmlich) bevor, während und nachdem wir sprechen. Schulz von Thun nennt dies Inneres Team.

Er nimmt hierfür das Beispiel einer fleißigen Studentin, von der sich ein wenig engagierter Kommilitone eine Mitschrift ausborgen will. Sie möchte nicht Nein sagen und schwankt dadurch emotional zwischen Ärger („Er nutzt dich aus“) und Kollegialität („Man muss sich gegenseitig helfen“). Dadurch entsteht ein innerer Zwiespalt. In seinem Modell nennt Schulz von Thun solche inneren Anteile „Stimmen“ oder „Mitglieder des Inneren Teams“. Es ist wichtig, jedes Innere Teammitglied zu würdigen, denn „innere Pluralität“ ist menschlich und wertvoll. Doch je nach Ablauf der inneren Diskussionen, je nachdem, wie sich das „innere Betriebsklima“ gestaltet und ob eine gute Gesprächsleitung vorhanden ist, können wir über ein „Inneres Team“ verfügen – oder aber unter einem ewig zerstrittenen Haufen leiden, mit nachteiligen Folgen auch für die Kommunikation nach außen.

Literatur

  • Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1 – Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Rowohlt, Reinbek 1981, ISBN 3-499-17489-8
  • Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Differenzielle Psychologie der Kommunikation. Sonderausgabe, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2011, ISBN 3-499-62717-0. (Die Originalausgabe erschien erstmalig 1981)
  • Ders.: Miteinander reden 3 – Das „innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation. Rowohlt, Reinbek 1998, ISBN 3-499-60545-7
  • Ders.: Klarkommen mit sich selbst und anderen: Kommunikation und soziale Kompetenz. Reden, Aufsätze, Dialoge. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-499-61924-5
  • Friedemann Schulz von Thun (Hrsg.), Johannes Ruppel, Roswitha Stratmann: Miteinander reden: Kommunikation für Führungskräfte. Rowohlt, Reinbek 2000/2003, ISBN 3-499-61531-2
  • Friedemann Schulz von Thun, Wibke Stegemann (Hrsg.): Das Innere Team in Aktion. Praktische Arbeit mit dem Modell. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-499-61644-0

Siehe auch

Hinweise

  1. Bild mit den 8 Kommunikationstypen