Gaworzyce

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Gaworzyce
Wappen der Gmina Gaworzyce
Gaworzyce (Polen)
Gaworzyce (Polen)
Gaworzyce
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Niederschlesien
Powiat: Polkowicki
Gmina: Gaworzyce
Geographische Lage: 51° 38′ N, 15° 53′ OKoordinaten: 51° 37′ 41″ N, 15° 52′ 50″ O
Einwohner: 1500 (2006)
Postleitzahl: 59-180
Telefonvorwahl: (+48) 76
Kfz-Kennzeichen: DPL



Gaworzyce (deutsch Quaritz, 1937–1945 Oberquell) ist ein Dorf im Powiat Polkowicki der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Es ist Sitz der gleichnamigen Landgemeinde mit 3959 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2020).

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ortschaft liegt in Niederschlesien am südwestlichen Rand des Schlesischen Landrückens (Dalkauer Berge), etwa 15 Kilometer westlich von Glogau.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frühere evangelische Dorfkirche
Katholische Kirche St. Barbara

Die als Straßenangerdorf angelegte Ortschaft Quaritz wurde vermutlich um 1230 nach deutschrechtlicher Norm angelegt, denn das Nachbardorf Klopschen war schon 1226 nach flämischen Hufen vermessen. 1276 wurde ein Schulze von Quaritz namentlich genannt. Vor 1291 wurde Theodoricus von Quaritz Lokator und erster Vogt der Ortschaft, die um 1315 44 kleine Hufe umfasste.[1]

Das Dorf wechselte häufig den Besitzer; 1599/1600 verkaufte es Kaiser Rudolf II dem bevollmächtigte Hauptmann des Saganer Fürstentums Wenzel von Zedlitz als Erbgut.[1]

Im Jahr 1604 empörten sich die Bauern von Quaritz gegen ihren Grundherrn Wenzel Zedlitz aus Schönau, weil dieser auf ihren Viehweiden ein neues Vorwerk hatte errichten lassen und ein anschließender Rechtsstreit vermutlich zu ihren Ungunsten ausgegangen war. Um die Bauern zur Raison zu bringen, ließ die Glogauer Landeshauptmannschaft ein aus Bürgern der umliegenden Städte zusammengestelltes Exekutionskorps gegen sie vorrücken, die sich auf dem Friedhof sogar mit einem Geschütz verschanzt hatten. Die Bürger weigerten sich jedoch, gegen die Bauern Gewalt anzuwenden. Am 24. Dezember versuchte der Gutsherr einen eigenen bewaffneten Einfall in den Ort, wurde von den Bauern jedoch zurückgeschlagen. Die Angelegenheit ruhte dann zwei Jahre lang bis zum 19. Juli 1606, als die Stände des Fürstentums Glogau einen bewaffneten Vermittlungsversuch unternahmen, ihre Unterhändler jedoch unverrichteter Dinge abziehen mussten. Als auch ein Befehl des Bischofs und Landeshauptmanns vom 13. September, die Bauern in Haft zu nehmen, sich nicht durchsetzen ließ, wurde am 30. Oktober durch ein öffentliches Patent die Acht über sie verhängt. Auf diese Maßregel reagierten die Bauern jedoch nur damit, dass sie das neue Vorwerk abrissen. Der Hof zu Glogau rief schließlich kaiserliche Truppen aus Ungarn herbei, die Ende Januar 1607 eintrafen und in der Nacht zum 1. Februar 1607, einen Tag vor Mariä Lichtmess, Quaritz erstürmten, wobei dreizehn Bauern zu Tode kamen.[2][3]

Seit 1694 befand sich Quaritz im Besitz der Freiherren v. Tschammer.[1][4] Das Schloss zu Quaritz hat 1706 Georg Caspar v. Tschammer bauen lassen.[1] Bis ins 19. Jahrhundert wurde hier die niedere Gerichtsbarkeit von einem Patrimonialgericht wahrgenommen, das seinen Sitz im Schloss Quaritz hatte.[5] Im Jahr 1790 wir Quaritz als Marktflecken und als größtes Dorf im Kreis Glogau bezeichnet.[1]

1945 war die Ortschaft ein Marktflecken im Landkreis Glogau in der Provinz Niederschlesien des Deutschen Reichs.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Kurze Zeit später wurde die Ortschaft unter polnische Verwaltung gestellt. Die Polen führten für Quaritz die Ortsbezeichnung Gaworzyce ein. In der Folgezeit wurden die Bewohner von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde aus Quaritz vertrieben und durch Polen ersetzt.

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstatistik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner Anmerkungen
1790 1.171 bei 263 Feuerstellen[1]
1846 1.911 davon 1.843 Evangelische[6]
1933 1.739 [7]
1939 1.720 [7]
2006 1.500
2011 1.601

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirchengemeinde war im 16. Jahrhundert im Zuge der Reformation zum evangelischen Glauben übergetreten. Auf Veranlassung des Gutsherrn Zedlitz, der evangelisch war, übernahm die evangelische Gemeinde die bisherige katholische Kirche. Am 9. Januar 1654 wurde die Kirche weggenommen und das Abhalten evangelischer Gottesdienste durch Vertreibung des Pastors Königs unterbunden. Die evangelische Gemeinde von Quaritz musste sich an die Kirche in Glogau halten. Nachdem Friedrich der Große 1741 die freie Religionsausübung wiederhergestellt hatte, erhielt Quaritz im selben Jahr wieder einen evangelischen Pastor, und es wurde eine evangelische Kirche gebaut, die 1743 eingeweiht wurde. Es handelte sich um einen massiven Bau mit Schindeldach ohne Turm. Vor 1945 war die Bevölkerung von Quartitz überwiegend evangelisch, und am Ort gab es nur wenige Katholiken. Quaritz war Zentrum einer Parochie. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bevölkerung ab 1945 durch die Vertreibung der deutschsprachigen Protestanten und Zuzug der polnischsprachigen Katholiken mehrheitlich katholisch.

Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Jahren 1975–1998 gehörte die Stadt administrativ zur Woiwodschaft Legnica. Die Stadt ist Sitz der Landgemeinde Gaworzyce. Zur Landgemeinde (gmina wiejska) Gaworzyce gehören das Dorf selbst und zwölf weitere Dörfer mit Schulzenämtern (sołectwa).

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt folgende denkmalgeschützte Sehenswürdigkeiten:

  • Die Pfarrkirche St. Barbara (kościół parafialny pw. św. Barbary) aus dem 14. Jahrhundert, renoviert im 19. Jahrhundert, wurde von 1550 bis 1654 von evangelischen Christen genutzt. Der Westturm stammt von 1518. Im Inneren barocker Hauptaltar und Taufbecken von 1703.[8]
  • Der Pfarrfriedhof (cmentarz parafialny)
  • die ehemals evangelische Kirche von 1734, heute katholische Kirche Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz (kościół ewangelicki, kościół pw. Matki Bożej Różańcowej). Der neugotische Turm wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet.
  • das Mausoleum der Familie von Tschammer, eine Kapelle in Form eines dorischen Rundtempels
  • Die Schlossanlage (zespół pałacowy) aus dem 17.–19. Jahrhundert mit Schloss (pałac) Wirtschaftsgebäude und Park. Das Schloss wurde zunächst Anfang des 17. Jahrhunderts als Gutshaus für Wenzel von Zedlitz errichtet und 1723 für Georg Caspar von Tschammer zum Barockschloss und 1858 spätklassizistisch für August von Tschammer umgebaut. Die Parkanlage im Westen und Süden wurde im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts begonnen und im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts um einen Landschaftspark erweitert.[9]

Quaritzer Spukgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Siebenjährigen Krieg wurde das Dorf Quaritz bekannt durch die Quaritzer Spukgeschichte,[10] deren Handlungsort das Wohnhaus des Dorfpfarrers war und die in den schlesischen Sagenschatz Eingang fand.[11]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bahnhof Gaworzyce lag an der heute hier nicht mehr im Personenverkehr betriebenen Bahnstrecke Łódź–Forst (Lausitz).

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dieter Görlitz (* 1937), Politiker (CSU), Mitglied des Bayerischen Landtages und Oberbürgermeister der Stadt Deggendorf

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gaworzyce – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Hugo Weczerka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Schlesien. Kröner, Stuttgart 1977, ISBN 3-520-31601-3, S. 423 (= Kröners Taschenausgabe, Band 316).
  2. Karl Adolf Menzel: Geschichte Schlesiens. Band 2: Geschichte von 1525 bis 1740. Breslau 1808, S. 353–254. books.google.de
  3. Siegismund Justus Ehrhardt: Presbyterologie des Evangelischen Schlesiens. Band 3. Liegnitz 1783, S. 211; Textarchiv – Internet Archive.
  4. Gothaisches genealogiasches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1863. Band 13, Gotha 1863, S. 982.
  5. W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntnis der bestehenden Gerichtsverfassung des Preußischen Staats. Band 2. Berlin 1839, S. 485, Nr. 645; Textarchiv – Internet Archive.
  6. Friedrich Gottlob Eduard Anders: Statistik der evangelischen Kirche in Schlesien. Glogau 1848, S. 381. books.google.de
  7. a b Michael Rademacher: Glogau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen. Schlesien. München 2005, ISBN 3-422-03109-X, S. 286.
  9. Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen. Schlesien. München 2005, ISBN 3-422-03109-X, S. 286 f.
  10. Quaritz. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 13: Pfiff–Reidsville. Altenburg 1861, S. 738 (Digitalisat. zeno.org).
  11. Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staats. Band 2: Schlesien und die Niederlausitz, Nr. 295: Das Quaritzer Gespenst. zeno.org