Gummihals

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Der Begriff Gummihals ist ein schweizerischer Ethnophaulismus für einen deutschen Staatsangehörigen in der Schweiz.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff stammt aus den späten 1970ern und wurde zunächst vor allem von Studenten an Schweizer Universitäten verwendet, die sich über ihre deutschen Kommilitonen oder Dozenten beschweren oder lustig machen wollten.[2] Über die genaue Bedeutung des Wortes wird seit Jahren spekuliert. Der Ausdruck wurde etwa dann verwendet, wenn der als aufdringlich empfundene Wortschwall von Deutschen in keinem Verhältnis zur eher zurückhaltenden Ausdrucksweise von Schweizern stand. Dabei leitet sich Gummihals vom übertreibenden Vergleich ab: „Selbst wenn du ihnen den Hals umdrehen könntest, sie würden immer noch unaufhörlich weiterreden.“[3]

Mitte der 1990er Jahre wurde irrtümlicherweise davon ausgegangen, der Gummihals stelle ein Synonym für das in der Zeit der deutschen Wiedervereinigung 1989/90 populär gewordene Wort „Wendehals“ dar. Diese These ist jedoch Anfang des 21. Jahrhunderts widerlegt worden. Sprachforscher der Universität Zürich haben herausgefunden, dass der Begriff Gummihals aus den 1970ern stammt und damit älter als der Begriff Wendehals ist.

Seit etwa dem Jahr 2000 ziehen jährlich 40.000 deutsche Staatsbürger in die Schweiz. Diese Tatsache stößt vor allem in weiten Teilen der Deutschschweiz auf Widerstand in der Bevölkerung, und so erlebt der Begriff „Gummihals“ seit 2000 eine Renaissance. Der Autor Bruno Ziauddin beschreibt in seinem Buch Grüezi Gummihälse. Warum uns die Deutschen manchmal auf die Nerven gehen diese kulturellen Unterschiede in humorvoller Art.[4][5] Der Begriff „Gummihals“ kommt laut Ziauddin daher, dass deutsche Jungärzte immer heftig nickten, wenn Chefärzte mit ihnen reden.[6][7] Das werde von den Schweizern als „Zustimmung nach oben“ aufgefasst. Darüber hatte er bereits 2007 im Süddeutsche Zeitung Magazin berichtet, wo ein schweizerischer Krankenpfleger mit der gleichen Meinung zu deutschen Assistenzärzten zitiert wurde.[8]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bruno Ziauddin: Grüezi Gummihälse. Warum uns die Deutschen manchmal auf die Nerven gehen. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 2008, ISBN 978-3-499-62403-2.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Regine Eckardt: Sprache und Kontext. Eine Einführung in die Pragmatik. De Gruyter, 2021, ISBN 978-3-11-049145-6, S. 289.
  2. Bettina Diethelm: Glossar «Integration», Spektrum Integration, ph akzente 3/2009, PDF-Datei, S. 27 auf phzh.ch (Pädagogische Hochschule Zürich): „Der Begriff stammt aus den späten 1970ern und wurde vor allem von Studenten an Schweizer Universitäten verwendet, die sich über ihre deutschen Kommilitonen oder Dozenten beschweren oder lustig machen wollten.“
  3. Von «Gummihals» bis «Briech-Chnebel» srf.ch, 9. Mai 2013: „Eine geht zurück in die 70er Jahre. Studenten der Schweizer Universitäten hätten sich mit der Bezeichnung «Gummihals» über ihre deutschen Studienkollegen oder Dozenten lustig gemacht, weil die viel reden, aber wenig sagen würden. Sogar wenn man ihnen den Hals umdrehen würde, würden sie vermutlich noch weiter schwatzen.“
  4. Schwiizer und Gummihälse, nzz.ch, 28. Juni 2008
  5. Burkhard Müller-Ullrich: Das typisch Deutsche fest im Blick, deutschlandfunkkultur.de, 29. Juni 2008: „Bruno Ziauddin hat ein freches und lockeres Büchlein über die Welten geschrieben, die uns von den „Almbewohnern“ trennen.“
  6. Gerd Zitzelsberger: EM 2008: Grüezi, Gummihälse!, Süddeutsche Zeitung vom 19. Juni 2008 auf sueddeutsche.de: „Den Spitznamen "Gummihälse" haben die Deutschen sich bei den Schweizern eingebrockt, weil sie laut Ziauddin unentwegt nicken, wenn der Chef etwas sagt.“
  7. Marc Lauer: Integration für Deutsche in der Schweiz: :"Grüezi Gummihälse!", taz.de, 21. Oktober 2009: „Der Begriff kommt daher, so erklärt es Bruno Ziauddin, der Autor des Buches, weil deutsche Nachwuchsärzte immer so heftig nicken, wenn sie mit Chefärzten sprechen.“
  8. Bruno Ziauddin: Bekenntnisse eines Einheimischen: Was haben die Schweizer bloß gegen all die Deutschen, die in ihr Land ziehen?, sz-magazin.sueddeutsche.de, 3. Juli 2007 „Max ist Basler und arbeitet als Pfleger in einem mittelgroßen Krankenhaus in seiner Region. … Was ihn am meisten störe, sagt Max: dass die Deutschen so hierarchiegläubig seien. »Wenn der Chef etwas sagt, dann ist es so. Da wird nie etwas hinterfragt.« Weil sie unentwegt nicken, wenn der Chef etwas sagt, würden die Deutschen von den Schweizer Kollegen Gummihälse genannt“