Hörereignisort
Zur Abgrenzung des (physikalischen) Stimulus des Ortes eines Schallereignisses zur zugehörigen (psychoakustischen) Empfindung hat Jens Blauert[1] den Begriff Hörereignis und Hörereignisort im Jahre 1966 eingeführt.
Ein Hörereignisort ist beschrieben durch die Hörereignisrichtung (Horizontalwinkel und Höhenwinkel) und die wahrgenommene Distanz (Hörereignisentfernung)[2].
Psychoakustische Größen und Effekte des Räumlichen Hörens
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine weitere beschreibende Größen des räumlichen Hörens ist die Lateralisation. Dies ist wahrgenommene die seitliche Auslenkung (links<->rechts)
Ein Hörereignisort kann von einem Schallereignisort stark abweichen. Speziell bei Kopfhörerwiedergabe kann der wahrgenommene Ort „im Kopf“ liegen. Dies nennt man Im-Kopf-Lokalisation (kurz IKL). Eine Verwechslung der Hörereignisrichtung zwischen vorne und hinten tritt vermehrt bei Nähe zur Medianebene auf. Dieses wird als Vorne-Hinten-Inversion (kurz VHI) bezeichnet.
Bei mentaler Fokussierung auf einen Hörereignisort kann ein Hörer durch den Cocktailparty-Effekt sich auf einzelne Schallquellen konzentrieren. Durch den binauralen Effekt wird die Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen verbessert.
Akustische Signale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Quelle steht kurz für eine einzelne Schallquelle. Entsprechende ist eine Quellkomponente eines akustischen Signals eine akustische Signal-Komponente (d. h. Bestandteil) einer Quelle. Ein Schallereignis wird gebildet aus akustische Signalen einer oder mehrerer Schallquellen und besteht damit aus einer (oder mehreren) Quellkomponente(n).
Quellenzahl | Wiedergabe-Art | Quellen-konfiguration |
---|---|---|
1 | Monophonie | mit einem einzelnen Lautsprecher |
2 | Stereo-Kopfhörer | mit zwei Kopfhörermuscheln |
2 | Stereo-Lautsprecher | mit zwei Lautsprechern |
4 | Quadrofonie | via vier Lautsprecher |
N > 4 | Surround-Audio | z. B. 5.1, 7.1 oder 11.x |
Wahrnehmungs-Effekte bei mehreren (Schall-)Quellkomponenten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die zugehörige Gesamtwahrnehmung kann bei Vorliegen mehrerer Quellkomponenten von der Summe der Wahrnehmungen einzelner abweichen.
Stereophonie via Lautsprecher auch mit mehreren Signalbestandteilen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Siehe auch Panoramaregler, Intensitätsstereophonie, Auditive Wahrnehmung.
Für mehrerer Quellen (wie Stereo- oder Surround-Lautsprecher) kann ein geeignetes Stereophones Audiosignal verschiedene vorgebbaren Hörereignisorte zwischen den eigentlichen (Schall-)Quellen erzeugen.
D. h. die Hörereignisorte sind in der Regel nicht deckungsgleich mit den Positionen der Schallquellen.[3] Das menschliche Gehör kann simultan mehrere Signalbestandteile (Quellkomponenten) gleichzeitig verschiedene Hörereignisorte zuordnen. Im einfachsten Fall z. B. bei identischen Signalen auf zwei Quellen B1 und B2 folgt aus der Duplex-Theorie am Ort A des menschlichen Hörers eine Laufzeitdifferenz zwischen dem akustischen Signal am linken Ohr bezogen auf das rechte Ohr. Simultan entsteht durch Kopf -Abschattungseffekte (frequenzabhängige) Pegeldifferenzen zwischen beiden Ohren. Hier (im Fall identischer Signale mit 2 Lautsprechern) wird der Ort des Schallereignis in der Regel zwischen der Stereobasis der Lautsprecher B1 und B2 wahrgenommen. Dieser wahrgenommen Ort C ist der zugehörige Hörereignisort. |
Räumliches Audio via Stereo Kopfhörer
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine räumliche Orts-Wahrnehmung in Form von Hörereignisrichtungen aus der Horizontaleben ist spätestens seit 1996 mit Kopfhörer Stand der Technik[4]. Für räumliche Wahrnehmung via Kopfhörer werden die akustischen Signale für die linke und rechte Ohrmuschel mit speziellen Signalverarbeitungsalgorithmen prozessiert.
Vorne-hinten-Inversion eines Hörereignisses
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Verwechslung von Vorne<->Hinten, die vermehrt beim Hörereignisort nahe der Medianebene auftritt.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jens Blauert: Räumliches Hören. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1974, ISBN 3-7776-0250-7.
- Ken Greenebaum, Ronen Barzel: Head-Related Transfer functions and the Physics of Spatial Hearing. In: Audio anecdotes: tools, tips, and techniques for digital audio. Band 3. A. K. Peters, Natick, Mass. 2019, ISBN 0-367-45285-5, S. 269 ff., doi:10.1201/9781439864869 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Leseprobe).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jens Blauert: Räumliches Hören. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1974, ISBN 3-7776-0250-7.
- ↑ Stefan Kerber, Helmut Wittek, Hugo Fastl: Ein Anzeigeverfahren für Psychoakustische Experimente zur Distanzwahrnehmung (= DAGA). Deutschen Akustischen Gesellschaft, Berlin 2005 (dega-akustik.de [PDF]).
- ↑ Markus Krohn: Aequivalenz Und Trading. (PDF) Gleichsinniges und gegensinniges Auftreten von Laufzeitdifferenzen und Pegeldifferenzen bei der 2-Kanaligen Lautsprecherwiedergabe - Kapitel 4.1. In: www.sengpielaudio.com. 3. Mai 2005, S. 9, abgerufen am 26. Juli 2022.
- ↑ System zur Erzeugung vorgebbarer Hörereignisorte F. Haferkorn, W. Schmid: System zur Erzeugung vorgebbarer Hörereignisorte (= DEGA). Deutschen Gesellschaft für Akustik, Bonn 1996 (tum.de [PDF; abgerufen am 31. Juli 2022]).