Hallenkirche

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Die Hallenkirche ist ein Bautyp, der durch die Gestalt des Langhauses gekennzeichnet ist. Dessen Schiffe sind von gleicher oder annähernd gleicher Höhe und meist unter einem gemeinsamen Satteldach vereinigt. Im Unterschied zur Basilika hat die Hallenkirche keinen Obergaden (auch Lichtgaden). Neben der Saalkirche, der Basilika und dem Zentralbau bildet er einen der vier Grundtypen des christlichen Kirchenbaus.

Formen

Der Paderborner Dom, eine Hallenkirche des 13. Jahrhunderts. Die Joche der Seitenschiffe tragen einzelne Quersatteldächer.

Neben der am häufigsten anzutreffenden dreischiffigen Form gibt es auch fünfschiffige und asymmetrische mit nur einem Seitenschiff. Hallenkirchen können schlichte Holzbalkendecken oder Gewölbe besitzen. Sie sind mit oder ohne Querhaus anzutreffen und mit unterschiedlicher Ausbildung des Chors erbaut.

Als Staffelhalle oder gestufte Halle bezeichnet man einen Bau, bei dem das Mittelschiff etwas höher aufragt als die Seitenschiffe. Von einer Pseudobasilika spricht man, wenn das Mittelschiff deutlich höher aufragt als die Seitenschiffe und eine Mittelschiffwand über den Arkaden ausbildet, die aber - anders als bei einer echten Basilika - fensterlos bleibt. Während bei einer Basilika die Außenwände der Kirche relativ niedrig bleiben, gehen bei Hallenkirchen die äußeren Fensterwände über die volle Höhe des Baus und erreichen bei großen Bauten beachtliche Maße.

Geschichte

Innenraum der Wiesenkirche in Soest

Wohl seit dem 9. Jahrhundert begann in Italien die Entwicklung des dreischiffigen gewölbten Raumes im Bereich der Krypten. Während es sich dabei vorwiegend um Säulenhallen handelt, stellt die Hallenkrypta des Doms zu Speyer eine Weiterentwicklung dar, da sie den Raum durch Pfeiler mit Halbsäulen, Wandvorlagen und Gewölbebögen klar gliedert. Seit ungefähr 1000 ist die tonnengewölbte Hallenkirche in Katalonien und Südwestfrankreich ein verbreiteter Bautypus vor allem für kleinere Kirchenbauten. Sie bleibt im Raum südlich der Loire und auf der iberischen Halbinsel die dominierende Bauform. Im Poitou entstehen Großbauten wie Saint-Hilaire le Grand in Poitiers. Die Kathedrale von Poitiers stellt die frühgotische Weiterentwicklung dieses Typs dar. In Westfalen kann man ebenfalls eine Kontinuität der Hallenkirche feststellen. Die Bartholomäuskapelle in Paderborn aus dem Jahre 1017 gilt als die älteste Hallenkirche nördlich der Alpen. Die Münsterländischen gestuften Hallenkirchen der gebundenen Ordnung wie St. Ludgeri in Münster bilden eine eigene Bautengruppe. Die Dome zu Paderborn und zu Minden veranschaulichen die Weiterentwicklung zur gotischen Hallenkirche. Entscheidend hierfür ist der frühgotische Hallenbau der Elisabethkirche in Marburg. Bei der Hallenkirche entfallen gegenüber der Basilika eine Fensterzone, das Triforium, und die Strebebögen – einfache Strebepfeiler genügten. In der Spätgotik war die Hallenkirche besonders für Deutschland kennzeichnend und gilt als typisch deutsche Sonderform „gotischen“ Stils. Einer der ersten Vertreter des Bautyps in Süddeutschland war das durch Heinrich Parler den Älteren errichtete Heilig-Kreuz-Münster in Schwäbisch Gmünd. Seit dem 14. Jahrhundert wird dieser Bautyp bei Stadtpfarrkirchen häufig verwendet. Einen Höhepunkt erreicht diese Bauform in den sieben Kirchenbauten des Baumeisters Hans von Burghausen und in den sächsischen Bauten von Annaberg-Buchholz und Freiberg. In der älteren Literatur wurde unter dem Begriff der "Deutschen Sondergotik" die Raumform der spätgotischen Hallenkirche idealisiert. Die damit verbundene Behauptung, die Hallenkirche sei eine typische Bauform der bürgerlichen Stadtpfarrkirche und ihr Raumbild sei sozusagen "demokratischer" als die Basilika, wird heute kritisch gesehen.[1]

Regionale Bauformen

Pfarrkirche Maria zur Höhe (Hohnekirche) in Soest

In den Städten Westfalens erreichten bürgerliche Hallenkirchen eine Sonderform von im Ideal quadratischem Grundriss. Wichtige Beispiele sind die Petrikirche in Dortmund, die Wiesenkirche in Soest und St. Lamberti in Münster. Eine der ältesten westfälischen Hallenkirchen, an der sich die Entwicklung des westfälischen Typs der Hallenkirche, der architektonisch bis nach Nordosteuropa ausstrahlte, gut ablesen lässt, ist die Hohnekirche in Soest. Der Gemeinderaum dieser Kirche ist tatsächlich breiter als lang.

Die wohl bedeutendste spätgotische Hallenkirche in Süddeutschland steht in der ehemaligen Freien Reichsstadt Dinkelsbühl.

Die Schwarze Kirche in Kronstadt/Brașov, Rumänien

In Österreich wurde nach bedeutenden Vorläufern in Tulln (Dominikanerkirche) mit dem 1295 geweihten Hallenchor der Stiftskirche Heiligenkreuz eines der größten und zugleich innovativsten Beispiele dieses Bautypus errichtet. Ausgehend davon begann 1327 der Bau des Neuberger Münsters, einer besonders eindrucksvollen, architektonisch einheitlichen und klaren Halle mit geradem Chorabschluss.

St. Marien in Pirna (spätgotische Hallenkirche)

Eine weitere Form dieses Kirchenbautyps mit gleich hohen Schiffen stellen die so genannten obersächsischen Hallenkirchen dar. Beispiele sind der Freiberger Dom, die St.-Wolfgangs-Kirche in Schneeberg, die St. Marienkirche in Marienberg, die St. Annenkirche in Annaberg-Buchholz und die Marienkirche in Pirna.

Die größte spätgotische Hallenkirche östlich von Wien ist die Schwarze Kirche in Brașov, Siebenbürgen aus dem 14. Jahrhundert.

Siehe auch

Literatur

Hans Erich Kubach, Isolde Köhler-Schommer: Romanische Hallenkirchen in Europa. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1997.

Einzelnachweise

  1. Norbert Nussbaum, Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik, Köln 1985, S. 86-95 / 124-133 / 214-218.

Weblinks

Commons: Hallenkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien