Hans Grüninger

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Obere Mühle in Markgröningen, in der Grüninger mutmaßlich aufgewachsen ist
Einschub Grüningers bei Lorenz Fries[1] über seine Heimatstadt Margt Grieningen (Faksimile bei Römer, 1933, S. 285)
aus: Sebastian Brant, Stultifera Navis per Jacobum Locher in latinum traducta. Gedruckt von Johann Grüninger in Straßburg, 1. Juni 1497
Holzschnitt von Hans Grüninger für Turnierszene ausHans von Bühel: Königstochter von Frankreich

Johannes Reinhard, alias Hans Grüninger (* um 1455 in Grüningen, heute Markgröningen; † um 1532 in Straßburg), war ein deutscher Buchdrucker und Verleger.

Leben und Werk

Hans Grüninger, der sich nach seiner Heimatstadt Grüningen benannte, wurde in der „Oberen Mühle“ im heutigen Markgröningen geboren. Er machte in Venedig und Straßburg eine Ausbildung zum Buchdrucker. 1483 gründete er seine eigene Druckerwerkstatt in Straßburg, in der er bebilderte Bücher herstellte.

In seiner Zeit in Straßburg druckte er ca. 300 größere Werke, die er oft auch verlegte: Volksbücher, Legenden, Romane, Wörterbücher, wissenschaftliche Werke, geographische Werke und geistliche Schriften; er arbeitete sowohl im Auftrag also auch auf eigene Rechnung.[2] Neben lateinischen Klassikern druckte er auch Werke der Humanisten seiner Zeit, z. B. die von Wimpheling, Brant und Hutten, desgleichen die Moralpredigten des Johann Geiler von Kaysersberg.[3] Der Reformation trat er nicht bei; bei ihm erschienen Schriften für und gegen Luther.

Aus Grüningers Offizin stammen unter anderem die zehnte deutsche Bibel, die u. a. von Heinrich Vogtherr d. Ä.[4] illustrierte sogenannte Grüninger-Bibel, und der Neudruck eines medizinischen Lehrwerks, des Buch der Cirurgia. Hantwirckung der Wundartzny von Hieronymus Brunschwig. Zu den bekanntesten Arbeiten aus seiner Werkstatt gehört sicherlich das von Jakob Locher ins Lateinische übersetzte Narrenschiff des oben erwähnten Sebastian Brant. Das Spottgedicht Von dem grossen Lutherischen Narren von Thomas Murner, das 1522 bei Grüninger erschien, wurde verboten und ist nur in wenigen Exemplaren erhalten.

Da Grüninger in seiner Offizin keine griechischen Lettern vorhielt, wurden diese im Bedarfsfall (z. B. bei Lochers Libri philomusi) in Holz geschnitten. Grünigers Holzschnitte ähneln Kupferstichen.

Bedeutung

Grüningers Lettern waren berühmt, da sie sich durch eine schöne Gestalt und eine hervorragende Deutlichkeit auszeichneten. Grüninger verwendete 25 Schriftarten; als besonders bemerkenswert gilt seine gotische Type nach Lyoneser Art.[5]

Das Buch Ein kurtzweilig Lesen von Dyl Ulenspiegel, geboren uß dem Land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat… soll um 1500 in seiner Straßburger Offizin entstanden sein; es entwickelte sich zu einem „Weltbestseller“ und wurde bis heute in 284 Sprachen übersetzt. Die ältesten erhaltenen Fassungen stammen aus den Jahren 1510/11. Den ersten authentisch-gesicherten Hinweis bietet das Kolophon der Straßburger Eulenspiegelausgabe von 1515: „Getruckt von Johannes Grieninger in der freien stat Straßburg vff sant Adolffo tag Im iar MCCCCCXV.“

Sonstiges

Seine Söhne Christoph und Bartholomäus führten nach seinem Tode die Druckerwerkstätten fort.

Nachwirkungen

In Markgröningen sind heute das Hans-Grüninger-Gymnasium und der Hans-Grüninger-Weg nach ihm benannt. Der Weg führte zur mittlerweile abgerissenen Oberen Mühle im Glemstal, auch „Renhards-Mühle“ genannt, in der Grüninger alias Reinhard aufgewachsen sein soll.

Literatur

  • Theresa Friedrichs-Berg: Die „Historie von dem Kaiser Octaviano“. Überlieferungsgeschichtliche Studien zu den Druckausgaben eines Prosaromans des 16. Jahrhunderts und seiner jiddischen Bearbeitung aus dem Jahre 1580. Buske, Hamburg 1990 (= Jidische schtudies, 3; ISBN 3-87118-942-1), Kap. II.1.2: „Johannes Grüningers Offizin in Straßburg (1483–1532)“ (S. 45–55)
  • Jakob Frank: Gruninger, Johannes. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 10, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 53–55.
  • François Ritter: Grüninger, Johann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 201 (Digitalisat).
  • Fritz Funke: Buchkunde; ein Überblick über die Geschichte des Buch- und Schriftwesens. München: Verlag Dokumentation 1969.
  • Hermann Römer: Hans Grüninger und die Buchdruckerfamilie Reinhard aus Markgröningen. In: Markgröningen im Rahmen der Landesgeschichte I. Urgeschichte und Mittelalter. S. 278-329, Markgröningen: Renczes 1933.
  • Lexikon Geschichte Baden+Württemberg

Anmerkungen

  1. Siehe Lorenz Fries: Uslegung der Meercharten. Blatt 13 verso. Straßburg: Grüninger 1527 (s. a. Römer, 1933, a.a.O., S. 285)
  2. Funke 1969, S. 84
  3. Funke 1969, S. 110f.
  4. C. von Lützow: Geschichte des deutschen Kupferstiches und Holzschnittes, Berlin 1891, S. 172
  5. Funke 1969, S. 85.
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