Mohr Siebeck Verlag
Mohr Siebeck GmbH & Co. KG | |
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Rechtsform | GmbH & Co. KG |
Gründung | 1801 |
Sitz | Tübingen, Deutschland |
Leitung | Ove Kähler |
Mitarbeiterzahl | 53[1] |
Branche | Verlag |
Website | www.mohrsiebeck.com |
Stand: 31. Dezember 2018 |
Der Mohr Siebeck Verlag ist ein Wissenschaftsverlag mit Sitz in Tübingen. 1801 in Frankfurt am Main als Buchhandlung mit Verlag und Sortiment gegründet, ab 1805 als Universitätsbuchhandlung in Heidelberg weitergeführt, liegt sein Schwerpunkt nach wie vor auf geisteswissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Theologie und Jura; zudem erscheinen in dem Verlag Schriften über Judaistik, Religionswissenschaft, Philosophie, Soziologie, Geschichte und Wirtschaft.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Frankfurt und Heidelberg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 1. August 1801 gründete August Hermann in Frankfurt am Main eine Buchhandlung mit Verlag und Sortiment. Jakob Christian Benjamin Mohr übernahm sie 1804 und gründete ein Jahr später in Heidelberg mit Johann Georg Zimmer die Akademische Buchhandlung Mohr & Zimmer, ebenfalls mit Verlag und Sortiment. 1811 wurde die Frankfurter Filiale aufgelöst. 1815 schied Zimmer als Teilhaber aus, an dessen Stelle folgte Christian Friedrich Winter als Teilhaber. 1822 trennte sich Mohr von Winter und führte die Buchhandlung unter J. C. B. Mohr allein fort. Winter führte seine Geschäfte ebenfalls allein weiter (siehe Universitätsverlag Winter).
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wurde 1825 in Leipzig von J. C. B. Mohr mitgegründet; 1838 bis 1840 war er Erster Vorsteher. Nach seinem Tod 1854 ging die Firma an seine Söhne über.
Intermezzo in Tübingen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Tübingen gab es seit 1816 die H. Laupp’sche Buchhandlung von Heinrich Laupp. Sie war aus dem Universitätsbuchhandel der Cotta’schen Verlagsbuchhandlung hervorgegangen und umfasste, wie damals üblich, Verlag und Sortiment. 1840 wurde sein Schwiegersohn, der Leipziger Buchhändler Hermann Siebeck Teilhaber, 1866 Alleininhaber. Nach Siebecks Tod 1877 leiteten dessen Schwiegersohn Gustav Kötzle (1840–1900) und sein Sohn Paul Siebeck sie zusammen. 1878 erwarben sie gemeinsam den Heidelberger J. C. B. Mohr Verlag und holten ihn nach Tübingen.
Freiburg im Breisgau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Paul Siebeck ging 1880 mit den Werken des J. C. B. Mohr Verlages und einigen der H. Laupp’schen Buchhandlung nach Freiburg im Breisgau. Den neuen Verlag nannte er dort „Akademische Buchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)“. Schwerpunkte des Verlagsprogrammes in Freiburg waren die liberale Theologie, die Philosophie des südwestdeutschen Neukantianismus, Staatsrecht, Zivilrecht und Nationalökonomie (zunächst die Historische Schule, dann auch die Reformer um Max Weber). Alsbald dehnte sich das Einzugsgebiet des Verlages von den drei südwestdeutschen Universitäten Freiburg, Tübingen und Heidelberg über ganz Deutschland aus; um die Jahrhundertwende gab es bereits zahlreiche internationale Kontakte.
Rückkehr nach Tübingen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1899 kehrte Paul Siebeck mit seinem Verlag nach Tübingen zurück, übernahm auch die Leitung der H. Laupp’schen Buchhandlung und stellte den Sortimentsbetrieb ein. 1906 trat sein ältester Sohn Oskar Siebeck in die Firma ein. Als Paul Siebeck 1920 überraschend verstarb, übernahmen Oskar und sein Bruder Werner Siebeck die Leitung des Verlages. In der durch Reduzierung der Wissenschaftsförderung und durch die Inflation ausgelösten Notlage strafften sie das Verlagsprogramm und spezialisierten sich auf die heutigen vier Kerngebiete Theologie, Philosophie, Jura und Nationalökonomie.
1930–1960er Jahre
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten war das Verlagsprogramm mit seinen zahlreichen jüdischen und politisch links gerichteten Autoren politisch nicht mehr wohlgelitten. Der Umsatz sank in drei Jahren auf ein Zehntel. Nach dem Tod der beiden Brüder Werner und Oskar Siebeck übernahm dessen Sohn Hans-Georg Siebeck 1936 die Leitung des stark reduzierten Verlages. Zwischen 1939 und 1945 wurden kaum Bücher verlegt. Nach dem Krieg erhielt der Verlag im Jahr 1945 eine der ersten Lizenzen in der französischen Zone und begann wieder mit der Buchproduktion. Nach zwölf Jahren Isolation mussten die Beziehungen ins Ausland wieder aufgenommen werden. In den 1960er Jahren kam durch die Verbindung mit dem Leo Baeck Institut der Programmbereich Judaistik hinzu. Der Verlag wurde auch international wieder salonfähig.
Gegenwart
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1972 trat Georg Siebeck (* 1946) in den Verlag ein und übernahm 1976 die Geschäftsführung, zunächst allein, ab 2005 mit Franz Peter-Gillig und Henning Ziebritzki. Nachdem Georg Siebeck Ende 2014 aus der Geschäftsführung ausschied, leiteten seit 2015 Franz-Peter Gillig (bis zu seiner Pensionierung 2017) und Henning Ziebritzki den Verlag.[2]
Die Internationalisierung der Wissenschaften prägte auch die Fortschreibung des Verlagsprogramms; der Anteil ausländischer Autoren hat beständig zugenommen. Mehrsprachige Buchreihen sind neu entstanden, Zeitschriftenredaktionen sind international besetzt, einige Zeitschriften erscheinen inzwischen ausschließlich auf Englisch. Großprojekte wie das Lexikon Religion in Geschichte und Gegenwart wurden unter internationaler Beteiligung organisiert. Elektronische Publikationen und online-Veröffentlichungen kommen seit etwa Mitte der 1980er Jahre hinzu.
Im Laufe des Jahres 2000 wechselt der bibliographische Verlagsname „J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)“ zu dem heutigen „Mohr Siebeck“.
Im Jahr 2005 wurde der zuvor als Personengesellschaft von Mitgliedern der Familie Siebeck geführte Verlag in „Mohr Siebeck GmbH & Co. KG.“ umgewandelt. Der Verlag ist einer von 15 Mitgliedsverlagen (Stand September 2015) der Vertriebsgemeinschaft Uni-Taschenbücher (UTB). Mohr Siebeck pflegt weiterhin die Gebiete Theologie, Judaistik, Religionswissenschaft, Philosophie, Soziologie, Geschichte, Jura und Wirtschaft in Einzelwerken, Buch- und Zeitschriftenreihen.
Das bis dahin in Tübingen befindliche Archiv des Verlages wurde 2010 der Staatsbibliothek zu Berlin geschenkt, die sich im Gegenzug verpflichtete, die Bestände zu erschließen und teilweise zu digitalisieren. Das Archiv umfasste 1200 Kisten mit Dokumenten aus den Jahren 1801 bis 1978, darunter 814 Kisten mit Autorenkorrespondenz, 33 Kisten mit Verträgen, 204 mit Rezensionen veröffentlichter Schriften, 78 mit Personalpapieren und diversen Kisten mit weiteren Verlagsunterlagen.[3] Unter der Signatur Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck) wird der Bestand in die Datenbank des Kalliope-Verbundes eingearbeitet.[4]
Hauptwerke, wichtige Buchreihen, Zeitschriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Theologie, Judaistik, Religionswissenschaft | ||
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Hauptwerke | Wichtige Buchreihen | Zeitschriften |
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Philosophie, Soziologie, Geschichte | ||
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Hauptwerke | Wichtige Buchreihen | Zeitschriften |
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Jura | ||
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Hauptwerke | Wichtige Buchreihen | Zeitschriften |
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Wirtschaft | ||
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Hauptwerke | Wichtige Buchreihen | Zeitschriften |
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Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Konrad Hammann: Paul Siebeck und sein Verlag. Mohr Siebeck, Tübingen 2021, ISBN 978-3-16-153885-8.
- Silke Knappenberger-Jans: Verlagspolitik und Wissenschaft. Der Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) im frühen 20. Jahrhundert. Harrassowitz, Wiesbaden 2001. ISBN 3-447-04497-7
- Silke Knappenberger-Jans: Siebeck, Hans Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 317 (Digitalisat).
- Silke Knappenberger-Jans: Siebeck, Hermann Adolph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 314 f. (Digitalisat).
- Silke Knappenberger-Jans: Siebeck, Oskar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 316 f. (Digitalisat).
- Silke Knappenberger-Jans: Siebeck, Paul. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 315 f. (Digitalisat).
- Ingo von Münch/Georg Siebeck: Der Autor und sein Verlag. Mohr Siebeck, Tübingen 2013, ISBN 978-3-16-152790-6.
- Georg Siebeck (Hrsg.): Artibus ingenuis. Beiträge zu Theologie, Philosophie, Jurisprudenz und Ökonomik. Mohr Siebeck, Tübingen 2001, ISBN 978-3-16-182001-4 (200 Jahre Bücher für die Wissenschaft. Beiliegende CD-ROM mit Jubiläumskatalog 1801–2000, Chronologie der Verlagsgeschichte u. a.).
- Georg Siebeck: Am Rande vermerkt. Kolumnen 1985 - 2014. Zum Abschied des Verlegers Georg Siebeck aus der Geschäftsführung. Hrsg. von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Mohr-Siebeck-Verlags. 2. erw. Aufl. Mohr Siebeck, Tübingen 2014, ISBN 978-3-16-153747-9.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jahresabschluss zum 31. Dezember 2018 im elektronischen Bundesanzeiger
- ↑ Dr. Franz-Peter Gillig – 35 Jahre im Mohr Siebeck Verlag, abgerufen am 15. September 2017.
- ↑ Weber, Jutta: Artibus ingenius - den edlen Wissenschaften. Das Gedächtnis des Verlages Mohr Siebeck in der Staatsbibliothek zu Berlin. In: Bibliotheksmagazin. Mitteilungen aus den Staatsbibliotheken in Berlin und München. 3.2010. S. 40–44.
- ↑ Ulrike Heitmüller: Einfach nur scannen? Das Archiv eines wissenschaftlichen Verlags wird erschlossen. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) In: c’t. 1/2011, S. 74 f.
Koordinaten: 48° 31′ 22,4″ N, 9° 3′ 32,2″ O