Jiddismus

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Ein Jiddismus ist ein aus dem Jiddischen stammendes Lehn- oder Fremdwort.

Jiddismen im Deutschen

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Viele Jiddismen sind über das Jiddische und Rotwelsche ins Deutsche eingegangene Hebraismen.[1] Althaus behandelt in seinen Büchern deutlich über 1000 Jiddismen,[2] beschränkt sich dabei aber nicht auf die Auswertung gängiger Wörterbücher; er sammelt vielmehr Ausdrücke, „die bis ins 20. Jahrhundert im Munde deutscher Juden üblich waren“.[3] In manchen Dialekten, so in den Stadtmundarten von Berlin, Frankfurt, Koblenz, Mannheim und Münster, aber auch im Wienerischen, spielen sie eine erhebliche Rolle. Es fällt auf, dass seit den 1960er Jahren Jiddismen wieder zunehmend in der Gemeinsprache verwendet werden.[4]

Beispiele einiger geläufiger Jiddismen: Schlamassel, Massel, meschugge, Mischpoke, Pleite, Schickse, schikkern, Schmonzes, Schmonzette, Tacheles, Stuss, Tinnef, Schtetl, Kassiber, Schmiere, Schmock, Haberer (ostösterr. „Kumpel, Freund“), Ganove, petzen, Reibach, Kaff, aber auch Fremdwörter wie Chuzpe und lejnen (Lesen mit Melodie: Singsang).

Entwicklung der Jiddismen im Deutschen

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Im verbreiteten, aktiven Wortschatz lassen sich heute nur etwa 50 Jiddismen belegen. Eine Untersuchung von Wörterbüchern des Duden-Verlags für das breite Publikum und von etymologischen Wörterbüchern erbrachte 124 darin verzeichnete jiddische Entlehnungen (Best 2006).[5] Von den 124 Jiddismen konnte für 90 festgestellt werden, ab welchem Jahrhundert sie im Deutschen nachweisbar sind; der Schwerpunkt der Entlehnungen liegt offenbar im 18. und 19. Jahrhundert. Ihre Entwicklung stellt sich wie folgt dar:

Jahrhundert Zahl der beobachteten Entlehnungen Entlehnungen aufsummiert
15. 3 3
16. 2 5
17. 5 10
18. 28 38
19. 35 73
20. 17 90

Der hier aufgezeigte Trend erweist sich als gesetzmäßig und unterliegt dem Piotrowski-Gesetz (Best 2006, Seite 9).[5]

Rolle der Jiddismen in der Koblenzer Stadtmundart

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In der (moselfränkischen) Koblenzer Stadtmundart sind die Jiddismen nach den französischen die zweitstärkste Gruppe von Lehn- und Fremdwörtern (Best 2006, Seite 10f).[5] Unter ca. 3500 Mundartwörtern eines Wörterbuchs[6] finden sich folgende Entlehnungen:

Rang Herkunftssprache Entlehnungen beobachtet
1 Französisch 161
2 Jiddisch 52
3 Lateinisch 15
4 Englisch 4
5 Niederländisch 4
6 Italienisch 4
7 Mongolisch (Kalmückisch) 1
8 Polnisch 1

Auch diese Verteilung erweist sich als gesetzmäßig und folgt Altmanns Modell für Rangordnungen (Altmann 1993, 62, Formel 11).[7]

zu Deutsch
  • Hans Peter Althaus: Zocker, Zoff & Zores. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47616-3.
  • Hans Peter Althaus: Kleines Lexikon deutscher Wörter jiddischer Herkunft. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49437-4.
  • Hans Peter Althaus: Mauscheln. Ein Wort als Waffe. Beck, München 2003, ISBN 3-11-017290-9.
  • Hans Peter Althaus: Zocker, Zoff & Zores. Beck, München 2006, ISBN 3-406-47616-3.
  • Hans Peter Althaus: Chuzpe, Schmus & Tacheles. Jiddische Wortgeschichten. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51065-5.
  • Helle Körner: Zur Entwicklung des deutschen (Lehn-)Wortschatzes. In: Glottometrics. Band 7, 2004, ISSN 1617-8351, S. 25–49 (Volltext [PDF]).
  • Siegfried Kreuzer: Von Ave bis Zores. Hebräische und semitische Wörter in unserer Sprache. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Band 121, 2001, ISSN 0049-8653, S. 98–114.
  • Salcia Landmann: Jiddisch. Das Abenteuer einer Sprache. Walter-Verlag, Olten und Freiburg 1962.
  • Ronald Lötzsch: Duden Taschenbücher. Band 24: Jiddisches Wörterbuch. 2. Auflage. Bibliographisches Institut, Mannheim 1992, ISBN 3-411-06241-X.
  • Leo Rosten: Jiddisch. Eine kleine Enzyklopädie. 4. Auflage. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2003, ISBN 3-423-24327-9.
  • Heidi Stern: Wörterbuch zum jiddischen Lehnwortschatz in den deutschen Dialekten. Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-39102-2.
  • Katharina Ternes: Entwicklungen im deutschen Wortschatz. In: Glottometrics. Band 21, 2011, ISSN 1617-8351, S. 25–53. Zu Jiddismen: Seite 44f. (PDF Volltext)
  • Peter Wehle: Die Wiener Gaunersprache. Eine stark aufgelockerte Dissertation. Jugend und Volk, Wien 1977, ISBN 3-7141-6052-3.
  • Peter Wehle: Sprechen Sie Wienerisch? Von Adaxl bis Zwutschkerl. Ueberreuter, Wien 2003, ISBN 3-8000-3961-3.
Wiktionary: Jiddismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Karl-Heinz Best: Hebraismen im Deutschen. In: Glottometrics. Nr. 27, 2014, S. 10–17. (PDF Volltext)
  2. Angabe auf dem Buchumschlag der 1. Auflage 2003 des Kleinen Lexikons.
  3. Althaus 2003, Seite 8 des Kleinen Lexikons.
  4. Peter von Polenz: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Band 3: 19. und 20. Jahrhundert. de Gruyter, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-11-014344-5, Seite 184.
  5. a b c Karl-Heinz Best: Quantitative Untersuchungen zu den Jiddismen im Deutschen. In: Jiddistik-Mitteilungen. Nr. 36, 2006, S. 1–14.
  6. Hannelore Kraeber: Neues Wörterbuch der Koblenzer Mundart. 2. Auflage. Fuck, Koblenz 1992. ISBN 3-9803142-2-7.
  7. Gabriel Altmann: Phoneme Counts. Marginal remarks to Pääkkönen's article, in: Gabriel Altmann (Editor): Glottometrika 14, 54-68. Wissenschaftlicher Verlag Trier, Trier 1993. ISBN 3-88476-081-5.