Johann Nikolaus von Dreyse

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Johann Nikolaus Dreyse, ab 1864 von Dreyse, (* 20. November 1787 in Sömmerda; † 9. Dezember 1867 ebenda) war ein deutscher Unternehmer, Konstrukteur und Erfinder des Zündnadelgewehres.

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Johann Nikolaus von Dreyse

Leben

Johann Nicolaus Dreyse wurde als Sohn eines Schlossermeisters am 20. November 1787 in Sömmerda, Regierungsbezirk Erfurt, geboren. Er erlernte das Handwerk seines Vaters und arbeitete seit 1806 in Altenburg und Dresden. Ab 1809 arbeitete er in Paris in der Gewehrfabrik von Oberst Pauli, der von Napoléon Bonaparte mit der Verbesserung des Gewehrs beauftragt war (Details sind in der Forschung sehr umstritten). Pauli (auch Pauly) hatte einen Hinterlader mit Innenzündung und Klappenverschluss entwickelt, der aber zu kompliziert und anfällig war. Hier muss eine wichtige Anregung für Dreyses spätere Arbeit gesehen werden.

Die Dreyse-Mühle in Sömmerda

1814 kehrte er nach Sömmerda zurück. Dort gründete er mit dem Kaufmann Kronbiegel eine Fabrik zur Herstellung von Eisenwaren, wandte sein Interesse aber besonders der Verbesserung von Gewehren zu. 1824 gelang ihm eine Neukonstruktion von kupfernen Zündhütchen für Perkussionsgewehre, die durch ihre hervorragende Qualität einen guten Ruf in Deutschland erwarben. Seine Bemühungen, die Zündung bei Gewehren von außen nach innen zu verlegen und eine Einheitspatrone zu konstruieren, welche sämtliche für den Schuss erforderliche Teile enthalten sollte, führten 1827 zur Erfindung des Zündnadelgewehrs. Es war noch ein glattes Vorderlader-Zündnadelgewehr. Häufige Unfälle mit dieser Waffe (auch Dreyse war betroffen) führten zur Weiterentwicklung zum Hinterlader.

1830 wurde mit diesem mehrfach verbesserten Gewehr durch eine preußische kriegsministerielle Kommission experimentiert. 1836 wandte Dreyse dann die Hinterladung an. Diese Waffe wurde 1840 in der preußischen Armee, zunächst bei den Füsilierbataillonen, eingeführt und ihre Einrichtung als Geheimnis behandelt. Gleichzeitig bewilligte die Regierung Dreyse die Mittel zur Errichtung einer Gewehr- und Gewehrmunitionsfabrik, die ab 1841 mit der Fertigung begann. Bis 1863 wurden 300,000 Gewehre und die dazu gehörigen Patronenteile geliefert. Im Jahre 1846 wurde Dreyse zum Kommissionsrat und 1854 zum geheimen Kommissionsrat ernannt.

Der volle Wert des Zündnadelgewehrs hatte sich im Deutsch-Dänischen Krieg 1864 noch keineswegs gezeigt. Überraschend erschien daher die Wirkung des Hinterladers im Deutschen Krieg von 1866. In Gemeinschaft mit den gezogenen Kanonen führte das Zündnadelgewehr eine förmliche Revolution auf dem Gebiet der Kriegführung herbei und es war für diesen Feldzug von erheblicher Bedeutung (die Forschung steht der behaupteten kriegsentscheidenden Rolle heute etwas kritischer gegenüber). Clark schreibt hierzu (Clark, Preußen, Aufstieg und Niedergang), dass der entscheidende Vorteil gegenüber den damals verbreiteten Vorderladern darin bestand, dass es im Liegenden -aus einer Deckung heraus- oder im Stehen -ohne die Deckung zu verlassen- bis zu sieben mal pro Minute abgefeuert werden konnte. Die Schusskadenz betrug dagegen bei Vorderladern 2 Schuss pro Minute, weswegen bei Vorderladern versucht wurde, schnell in den Nahkampf überzugehen, wo die Bajonette wirkungsvoll eingesetzt werden konnten (sogenannte Stoßtaktik aus dem Kombinierten Einsatz von Artillerie und schnellen Vorstößen der Infanterie mit dem Ziel des Nahkampfes mit Bajonetten im Gegensatz zur Feuertaktik der Preußen, die auf der hohen Feuerkraft der Zündnadelgewehre aufbaute).

Dreyse erfand auch ein Granatgewehr mit Sprenggeschoss, welches aber infolge der Beschlüsse der Petersburger Konferenz von 1868 keine praktische Bedeutung gewann. Als militärisch wenig brauchbar erwiesen sich die Zündnadelstandbüchse (ein Versuch der Wiederbelebung der Amüsette) und die als Orgelgeschütz ausgelegte Dreyse-Mitrailleuse.

1864 in den Adelsstand erhoben, starb Johann Nicolaus von Dreyse am 9. Dezember 1867 in Sömmerda.

Dreyses Sohn Franz setzte das unternehmerische und erfinderische Werk seines Vaters fort, verlor aber im militärischen Bereich den Anschluss (fortan war Mauser führend). Franz' Sohn verkaufte schließlich an Rheinmetall, deren Gründer bei Johann Nikolaus von Dreyse gelernt hatte.

Dreyse-Denkmal

Dreysedenkmal

Im Jahr 1909 wurde in Sömmerda ein Dreyse-Denkmal kombiniert mit einem Kriegerdenkmal für die Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 enthüllt. Es ist eine Arbeit des Bildhauers Wilhelm Wandschneider. Das Denkmal fiel 1948 der politischen Zensur zum Opfer, erhalten sind lediglich der Granitsockel und der Bronzekopf Dreyses.

Literatur

  • Siegfried Hübschmann/Werner Eckardt: Johann Nikolaus Dreyse, in: Mitteldeutsche Lebensbilder, 1. Band Lebensbilder des 19. Jahrhunderts, Magdeburg 1926, S. 95-116.
  • Karl Karmarsch: Dreyse, Nikolaus von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 409.
  • Paul Adolf Kirchvogel: Dreyse, Nikolaus von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 124 (Digitalisat).
  • Rolf Wirtgen / Elmar W. Caspar (Hrsg.): Das Zündnadelgewehr - Eine militärtechnische Revolution im 19.Jhd. Mittler, Herford 1991, ISBN 3813203808. (wissenschaftliche Monographie über Dreyse und sein Werk mit starker Auswertung von Original-Dokumenten und Realstücken)
  • Boblenz, Frank: „Bete und arbeite für König und Vaterland“. Zur Biographie des Industriellen Johann Nicolaus von Dreyse. - In: Bürgertum in Thüringen. Lebenswelt und Lebenswege im frühen 19. Jahrhundert. Herausgegeben von Hans-Werner Hahn, Werner Greiling und Klaus Ries. Rudolstadt & Jena 2001, S. 201-229. ISBN 3-89807-005-0

Weblinks