Karl I. Ludwig (Pfalz)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. Juli 2018 um 10:39 Uhr durch Marie Adelaide (Diskussion | Beiträge) (→‎Die Nachkommen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kurfürst Carolus Ludovicus im Harnisch und mit Marschallstab, Kupferstich von Christoph Le Blon, 1652
Der jugendliche Prinz mit seinem Lehrmeister Volrad von Plessen, Gemälde von Jan Lievens, 1631
Karl I. Ludwig von der Pfalz mit seinem Bruder Prinz Ruprecht von der Pfalz im Harnisch, Gemälde von Anthonis van Dyck, 1637

Karl I. Ludwig KG (* 22. Dezember 1617 in Heidelberg; † 28. August 1680 bei Edingen) war von 1649 bis zu seinem Tod der Pfalzgraf bei Rhein, also Kurfürst der Pfalz. Das berühmteste seiner 16 Kinder war Liselotte von der Pfalz.

Leben

Karl Ludwig war der älteste Sohn des „Winterkönigs“ Friedrichs V. und Elisabeth Stuarts. Nach dem Tod seines Vaters 1632 wurde sein Onkel Ludwig Philipp sein Vormund. Nach dem Westfälischen Frieden erhielt Karl Ludwig die Kurpfalz in verkleinerter Form einschließlich der Kurwürde zurück. Dies war durch die Schaffung einer achten Kur des Heiligen Römischen Reiches möglich geworden. Mit ihr war das Erzschatzmeisteramt verbunden, nachdem das Erztruchsessamt 1623 an Bayern übergegangen war (siehe Erzamt). Die Oberpfalz, die seit dem Hausvertrag von Pavia zur Kurpfalz gehört hatte, blieb bei Bayern. Doch wurde festgesetzt, dass diese Länder und Würden, wenn die bayerische Linie erlöschen würde, an die Pfalz zurückfallen sollten.

Nach dem Tod Kaiser Ferdinands III. im Jahr 1657 feierte Karl Ludwig sein Amt als Reichsvikar mit Vikariatsprägungen in Gold und Silber. Es war aber noch nicht geklärt, wer zur Ausübung des Vikariats berechtigt ist. Der bayerische Kurfürst hatte den alten Platz des Kurfürsten von der Pfalz eingenommen. Der mit der achten Kur abgefundene Pfälzer konnte auf seine in der Goldenen Bulle verbrieften Rechte verweisen. Beim Tod Kaiser Ferdinands III. kam es folglich zum Streit zwischen Bayern und der Pfalz um das Reichsvikariat.

In den Kriegen des Kaisers und Reichs gegen Frankreich 1673 bis 1679 wollte letzteres den Kurfürsten zwingen, sich mit ihm zu verbünden. Auf seine Weigerung hin verwüstete ein französisches Heer im Juli 1674 die Kurpfalz. Nach dem Frieden von Nimwegen zwang Frankreich dem Kurfürsten eine Kriegssteuer von 150.000 Gulden ab und zog durch die Reunionskammern beträchtliche Gebiete der Pfalz ein.

Persönlichkeit

Karl Ludwigs absolutistische Machtausübung im Staat hatte vielfach paternalistische Züge. Er kannte gleichsam jeden und kümmerte sich um alles. Er bemühte sich intensiv, den Neuaufbau der Kurpfalz nach dem Dreißigjährigen Krieg rasch voranzubringen. Der Kurfürst war ständig mit Regierungsgeschäften beschäftigt, kontrollierte, ließ sich vortragen und fuhr oft barsch dazwischen, sobald er Nachlässigkeit und Müßiggang vermutete. Kanzleibeamte, die zum Beispiel zu spät zur Audienz erschienen, tadelte er öffentlich. Dies machte ihn bei der einfachen Bevölkerung sehr beliebt.

Das Unglück in seiner Familie belastete ihn schwer. Beim Begräbnis seiner neunjährigen Tochter Friederike schrieb er erschüttert:

Warum müssen denn meine liebsten, unschuldigen Kinder nicht nur so frühzeitig, sondern auch mit solchen Schmerzen sterben, nun zum zweitenmal? Bin ich denn nicht in so vielen andern Sachen genugsam gestraft, übernehme ich mich denn so sehr mit Lust und versäume mein Amt? Wenn ich einmal zornig bin bis zur Wut, hab ich nicht meistenteils recht dazu wegen der Bösheit, Untreue, Ungehorsam und Unerkenntlichkeit der Menschen? O Gott, halte mich ab, daß ich nicht lästere und verzweifle; O Herz, halte aus, ohne zu zerbrechen, O Verstand, verlaß mich nicht, bis ich in gutem Mut und Vertrauen zum letztenmal ausatme.[1]

Als überzeugter Calvinist legte Karl Ludwig täglich Rechenschaft durch Gewissenserforschung vor seinem Gott ab.

Der Karl-Ludwig-See

Lage des Karl-Ludwig-Sees bei Ketsch

Eingebettet im heutigen Naturschutzgebiet „Hockenheimer Rheinbogen“, südlich von Ketsch (Rhein-Neckar-Kreis), liegt eine weitläufige ehemals vermoorte Senke, deren Fläche noch heute als Karl-Ludwig-See bezeichnet wird. Kurfürst Karl I. Ludwig war beim Volk sehr beliebt, da er nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges viel für den Wiederaufbau der Kurpfalz und für deren wirtschaftliche Förderung leistete. Um den starken Rückgang der Bevölkerung auszugleichen, schickte er Werber in die benachbarten Länder Württemberg, Bayern, Tirol sowie in die Schweiz und lockte mit Grundbesitz und Steuerfreiheit in der Kurpfalz. Diese Aktion hatte Erfolg, wie aus entsprechenden Dokumenten überliefert ist. Darüber hinaus widmete er sich intensiv der Neuorganisation der Verwaltung sowie dem Wiederaufbau des Schul- und Finanzwesens. Im Rahmen dieser Maßnahmen entstand 1649 vor der Ortschaft Ketsch eine riesige Teich- und Fischzuchtanlage. Die Gesamtfläche des Sees mit 486 Morgen (= ca. 1,74 km2) war für damalige Verhältnisse beachtlich, und die Erträge an Fischen und Krebsen (Edelkrebs Astacus astacus) florierten laut urkundlicher Einträge. Sogar Wasserschildkröten – möglicherweise die heimische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) – wurden dort gefangen und an den Kurfürstlichen Hof nach Heidelberg verbracht. Dort waren Schildkröten als Delikatesse sehr begehrt. Auch Liselotte von der Pfalz (Madame Palatine) erwähnt diese besondere Speise, die meist zu wichtigen Anlässen dem Kurfürsten und seinen Gästen gereicht wurde.

Zahlreiche Anwohner aus den angrenzenden Ortschaften wie Alt-Losseheim (= damalige Schreibweise für Altlußheim), Schwetzingen, Ketsch, Hockenheim auf dem Sand, Oftersheim, St. Ilgen, Sandhausen und Walldorf waren damit beauftragt, die baulichen Anlagen des Karl-Ludwig-Sees (Dämme, Stauwehre, Brücken) zu pflegen, die Fischreusen zu entleeren und alle sechs Jahre die Ufer des zufließenden Kraichbachs von unnützer Vegetation zu räumen. In der Regierungszeit von Karl III. Philipp (1716–1742) begann der Niedergang des Sees. Bedingt durch mehrere Kriege und starke Rheinhochwässer setzte in der Mitte des 18. Jahrhunderts der völlige Zerfall der Anlagen ein. Die ehemalige Seefläche wurde in der Folgezeit nur noch als Grünland genutzt.

Das Schwetzinger Schloss

Die Schwetzinger Orangerie heute

Auch wenn das Schwetzinger Schloss und insbesondere der Schlossgarten meist in einem Atemzug mit dem späteren Kurfürsten Karl Theodor (1724–1799) genannt werden, so nahmen doch Bedeutung und Aufstieg dieser Kulturstätte unter Karl I. Ludwig ihren Anfang. Die ursprünglich nur als Jagdschloss angelegte und entsprechend genutzte Örtlichkeit wurde im Dreißigjährigen Krieg stark zerstört. So war der Brückenzugang über den Leimbach gesprengt und das Wohngebäude (das heutige zentrale Mittelgebäude) bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Es war Karl I. Ludwig, der im August 1656 beschloss, das Schwetzinger Schloss wieder aufzubauen und die Anlage entsprechend zu erweitern. Während eines Besuchs vor Ort befahl er im August 1656 den Einwohnern von Schwetzingen, sämtlichen Schutt und Trümmer wegzuräumen, wobei die aufgelesenen Trümmerteile wie Steine, Hölzer und „altes Eisenwerk“ bei den Untertanen zur eigenen Verwendung verbleiben konnten. Auf diese Weise motiviert, hatten die Einwohner Schwetzingens sowie der angrenzenden Gemeinden bis zum nächsten Frühjahr die meisten Trümmer entfernt, sodass bereits 1657 mit dem Wiederaufbau des Ehrenhofs und des zentralen Mittel-/Hauptgebäudes des Schlosses begonnen werden konnte. Fehlende Mittel verzögerten zunächst das Vorhaben. Etwa um 1665 war das Schloss dann soweit fertiggestellt, dass man es wieder als Ausweich- und Sommerquartier nutzen konnte. Alte Quellen weisen darauf hin, dass Karl I. Ludwig schon damals über eine stattliche Sammlung an Zitronen- und Orangenbäumen verfügte. Dieser Pflanzenbestand wurde nach seinem Tod 1681 von der Friedrichsburg in Mannheim nach Schwetzingen transportiert, um hier adäquat in dem neugebauten Pommeranzenhaus – damals gebräuchlicher Begriff für Gewächshaus resp. Orangerie – untergebracht zu werden. 1689 standen Schloss und Garten im Pfälzisch-Orlean’schen Krieg wieder in Flammen.

Das Mannheimer Schloss

Mannheimer Schloss um 1725

Nach der verheerenden Verwüstung seines Landes und der Zerstörung seines Heidelberger Schlosses durch den Dreißigjährigen Krieg suchte der Kurfürst nach einem Standort für die Errichtung einer zeitgemäßen Residenz. 1659 schickte er eine freundliche Botschaft an die Wormser und bot ihnen an, „Alles zu tun, um der Stadt aufzuhelfen und ihren Handel zu heben, ja er wollte Residenz und Universität nach dem alten Nibelungensitze verlegen und eine Citadelle am Rhein, zum Schutze der Stadt, auf eigene Kosten erbauen.“ Dies lehnten die kaisertreuen Wormser ab, sodass danach in Mannheim die zweitgrößte europäische Residenz entstand.[2]

Im Jahr 1664 gab Karl I. Ludwig den Auftrag für das erste große Bauprojekt Mannheims nach dem Dreißigjährigen Krieg. Mit den Plänen zur Errichtung einer neuen repräsentativen Schlossanlage in Mannheim, für deren Ausarbeitung er den französischen Architekten Jean Marot beauftragte, wuchs die Bedeutung Mannheims schlagartig. Obwohl das Bauprojekt nie ausgeführt wurde, war der Entwurf des französischen Architekten richtungsweisend für den künftigen europäischen Schlossbau des späten 17. und 18. Jahrhunderts. In Anerkennung seiner Bemühungen um die Kurpfalz und die Stadt Mannheim errichtete man im Schlosshof des Mannheimer Schlosses für Karl I. Ludwig ein Standbild. Tatsächlich wurde das Mannheimer Schloss zwischen 1720 und 1760 erbaut.

Die Nachkommen

Kurfürst Carolus Ludovicus, Kupferstich 1653
Karl Ludwig, Bleiglasfenster im historischen Sitzungssaal im Rathaus Heidelberg

Karl I. Ludwig heiratete am 22. Februar 1650 in Kassel die Prinzessin Charlotte von Hessen-Kassel (1627–1686), die Tochter des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel und der Amalie Elisabeth von Hanau-Münzenberg. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor:

Bereits 1653 war die Ehe offenbar grundlegend zerrüttet. Nach der rechtlich umstrittenen Scheidung von seiner ersten Ehefrau am 14. April 1657 in Heidelberg, vermählte sich Karl Ludwig am 6. Januar 1658 mit Luise von Degenfeld. Mit ihr führte er eine für die damalige Zeit übliche morganatische Ehe. Aus dieser Verbindung folgten 13 Kinder.

Bereits im Jahr 1667 hatte Luise von Degenfeld im Namen ihrer Nachkommen auf alle Erbansprüche auf die Pfalz verzichtet und Karl Ludwig ihr und ihren Kindern den Titel von Raugrafen bzw. Raugräfinnen erteilt und sie zugleich mit den Lehen der seit Jahrhunderten erloschenen, jetzt aber erneuerten Würde der Raugrafschaft ausgestattet.

1679 heiratete er zur linken Hand die Hofdame Elisabeth Holländer, Tochter von Tobias Holländer, mit der er einen Sohn hatte.

  • Karl Ludwig Holländer (* 17. April 1681 in Schaffhausen), späterer Schwiegervater von Heinrich-Damian Zurlauben (* 1690 in Zug;† 1734 in Reiden)

Als sein Sohn und Nachfolger Karl II. am 16. Mai 1685 in Heidelberg ohne erblich berechtigte Nachkommen starb, erhob der französische König Ludwig XIV. für seinen Bruder, den Herzog von Orleans, der mit der Schwester des verstorbenen Kurfürsten Elisabeth Charlotte vermählt war, Erbansprüche sowohl auf das gesamte Privatvermögen Karls II. als auch auf Teile der Kurpfalz. Kaiser Leopold I. sowie der Reichstag lehnten die Forderungen des französischen Königs aber kategorisch ab. Die Folge war, dass Ludwig XIV. versuchte seine Ansprüche mit Waffengewalt im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) durchzusetzen. Im Jahr 1689 und ein zweites Mal 1693 ließ Ludwig der XIV. Heidelberg und angrenzende Gebiete der Kurpfalz durch seine Armee niederbrennen (Eroberung und Zerstörung des Heidelberger Schlosses durch den französischen General und Heeresführer Ezéchiel de Mélac).

Auszeichnungen (Auswahl)

Literatur

  • K. Frey: Der Karl-Ludwig-See. In: Badische Heimat. 59. Jg. (1979), Heft 3, S. 503–520.
  • Peter Fuchs: Karl Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 246–249 (Digitalisat).
  • Karl Hauck: Karl Ludwig, Kurfürst von der Pfalz (1617–1680). Breitkopf & Härtel, Leipzig 1903
  • Liselotte von der Pfalz: Die Briefe der Liselotte. München 1979
  • Karl MenzelKarl I. Ludwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 15, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 326–331.
  • Wolfgang von Moers-Messmer: Heidelberg und seine Kurfürsten. Die große Zeit der Geschichte Heidelbergs als Haupt- und Residenzstadt der Kurpfalz. Verlag Regionalkultur, Weiher 2001, ISBN 3-89735-160-9
  • Volker Press; Kriege und Krisen in Deutschland 1600–1715. (= Neue deutsche Geschichte; Bd. 5). München 1991, S. 424 ff.
  • Volker Sellin: Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz: Versuch eines historischen Urteils. Gesellschaft der Freunde Mannheims und der ehemaligen Kurpfalz, Mannheim 1980
Commons: Karl I. Ludwig von der Pfalz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wolfgang von Moers-Messmer: Heidelberg und seine Kurfürsten. Die große Zeit der Geschichte Heidelbergs als Haupt- und Residenzstadt der Kurpfalz. Verlag Regionalkultur, Weiher 2001, ISBN 3-89735-160-9
  2. Friedrich Peter Wundt, Daniel Ludwig Wundt: Versuch einer Geschichte des Lebens und der Regierung Karl Ludwigs Kurfürst von der Pfalz, Genf, bei H. L. Legrand, 1786, S. 143–145; Ludwig Häusser: Geschichte der Rheinischen Pfalz, 2. Band, 1856, S. 644–645
  3. Annette v. Boetticher: Grabsteine, Epithaphe und Gedenktafeln der ev.-luth. Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis in Hannover, Broschüre DIN A5 (20 Seiten, teilweise mit Abbildungen), hrsg. vom Kirchenvorstand der ev.-luth. Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis, Hannover: 2002, S. 13
VorgängerAmtNachfolger
Maximilian (I.)Kurfürst von der Pfalz
1648–1680
Karl II.