Karlsbader Beschlüsse

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Die Karlsbader Beschlüsse waren das Resultat der Karlsbader Ministerialkonferenzen vom 6. bis 31. August 1819. Sie hatten Maßnahmen zur Überwachung und Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen im nach-napoleonischen Deutschland zum Gegenstand. Karlsbad (tschechisch: Karlovy Vary) gehörte zum Habsburgerreich und war als Kurort am besten geeignet, das geheime Treffen vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Die Beschlüsse entstanden unter der Ägide des österreichischen Außenministers und späteren Staatskanzlers Metternich.

Anlass für die Karlsbader Beschlüsse war die damals an verschiedenen deutschen Höfen vorherrschende Revolutionsangst. Auslöser und Rechtfertigung für die Karlsbader Beschlüsse war die Ermordung des Schriftstellers und russischen Generalkonsuls August von Kotzebue am 23. März 1819 durch Karl Ludwig Sand, einen Studenten und Turner. Sand war entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht Mitglied der Jenaer Burschenschaft. Da er allerdings als Sympathisant galt, zielten die Beschlüsse klar in deren Richtung.

Inhalt

Die Karlsbader Beschlüsse wurden am 20. September 1819 vom Bundestag in Frankfurt in einem nach Thomas Nipperdey „mehr als fragwürdigen Eilverfahren“ einstimmig bestätigt, obwohl sie tief in die Rechte der Einzelstaaten des Deutschen Bundes eingriffen. Mit vier Gesetzen, der Exekutionsordnung, dem Universitätsgesetz, dem Preßgesetz (Pressegesetz) und dem Untersuchungsgesetz, bewirkten sie das Verbot der öffentlichen schriftlichen Meinungsfreiheit und der Burschenschaften, die Überwachung der Universitäten, die Schließung der Turnplätze (Turnsperre von 1820-1842), die Zensur der Presse und Entlassung und Berufsverbot für liberal und national gesinnte Professoren, die ihre Einstellung ihren Schülern vermittelten.

Insbesondere das Pressegesetz ver- oder behinderte die Verbreitung von aus damaliger Sicht aufrührerischer, aus heutiger Sicht fortschrittlicher Konzepte, Ideen und Gedanken.

Folgen

Da es keine bundesrechtliche Pflicht zur gliedstaatlichen Veröffentlichung des Gesetzestextes gab, wurde es in einigen Gliedstaaten nicht veröffentlicht und trat formal in diesen nicht in Gültigkeit, was z. B. in Kiel Quelle vieler Rechtsprobleme war. Die Karlsbader Beschlüsse griffen nicht nur in die Rechte der Gliedstaaten ein, sondern auch in die unabhängige akademische Gerichtsbarkeit (mit universitätsinternem Gericht, Syndikus, Aktuar und Gerichtsdiener sowie Zuständigkeit für Stuben- und Stadtarrest und Kriminalsachen), die teilweise Jahrhunderte bestanden hatte. Ein wesentliches Instrument war die Mainzer Zentraluntersuchungskommission.

Eine wesentliche Qualität der Beschlüsse besteht darin, dass der reaktionäre Staat liberale und nationale Ideen als Volksverhetzung begriff und die Träger dieser Ideen als Demagogen verfolgte. Diese Demagogenverfolgung fand besonders intensiv in Preußen statt. Betroffen durch Verfolgung und Inhaftierung waren z.B. Ernst Moritz Arndt, Karl Marx, Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Hans Ferdinand Maßmann, Christian Sartorius, Georg Büchner, Karl Theodor Welcker und Friedrich Gottlieb Welcker, aber auch der im damals dänischen Schleswig-Holstein lebende Uwe Jens Lornsen.

In der Folge des Hambacher Festes wurde die Demagogenverfolgung 1832 noch einmal erneuert. Erst mit der Märzrevolution 1848 wurden die Karlsbader Beschlüsse vom Deutschen Bundestag am 2. April 1848 wieder abgeschafft.

Siehe auch

Kleinstaaterei, Burschenschaft, Mainzer Zentraluntersuchungskommission, Metternichsches System

Weblinks