Kastell Oostkapelle

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kastell Oostkapelle
Alternativname Kastell Oostkapelle-Oranjezon
Limes Niedergermanischer Limes
Abschnitt Küstenlinie
Datierung (Belegung) 1. bis 3. Jahrhundert
Typ Flottenkastell (?)
Einheit Flottenabteilung der Classis Germanica (?)
Erhaltungszustand abgegangen
Ort Veere-Oostkapelle
Geographische Lage 51° 36′ 46″ N, 3° 35′ 3″ OKoordinaten: 51° 36′ 46″ N, 3° 35′ 3″ O hf
Vorhergehend Kastell Roompot
(nordöstlich)
Anschließend Kastell Aardenburg
(südsüdwestlich)

Das Kastell Oostkapelle (auch Kastell Oostkapelle-Oranjezon) ist ein mit hoher Wahrscheinlichkeit vermutetes und möglicherweise untergegangenes römisches Flottenkastell an der niederländischen Nordseeküste nahe der Scheldemündung. Es wird vor Oostkapelle lokalisiert, einem Dorf in der Gemeinde Veere auf der Halbinsel Walcheren in der niederländischen Provinz Zeeland.

Lage und Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In antiker Zeit lag das vermutete Kastell an einer Stelle, an der ein breiter natürlicher Graben (Bachlauf oder Gezeitenrinne) den Strandwall durchbrach. Im heutigen Landschafts- und Siedlungsbild befindet sich der Platz wohl nördlich von Oostkapelle auf Höhe des Naturschutzgebietes Oranjezon vor der Küstenlinie in der Nordsee.

Seine Lokalisierung erfolgte auf Grund zahlreicher römischer Funde, die seit etlichen Jahren durch den Amateurarchäologen Joop van de Berg am Strand gesucht und geborgen werden.[1][2]

Funde, Datierung, Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das umfangreiche von Joop van de Berg zusammengetragene Fundmaterial besteht zum größten Teil aus Tegulae und Imbrices. Bei den zehn dabei gefundenen Stempeln handelt es sich ausschließlich um Stempel mit dem Schriftzug CGPF, Classis Germanica Pia Fidelis („Germanische Flotte, mit den Beinamen die Fromme und Treue“). Das Material kann vom Ende des ersten bis zum Beginn des dritten Jahrhunderts datiert werden. Wenn heute noch Reste dieses Flottenstützpunktes existieren sollten, befinden sie sich nördlich von Oostkapelle vor der Küste von Walcheren.[1][2]

Die Errichtung eines Flottenstützpunkts im späten ersten Jahrhundert steht möglicherweise im Zusammenhang mit den vorhergehenden Ereignissen, dem Bataveraufstand des Julius Civilis und den folgenden Wirren der Bürgerkriege des Vierkaiserjahres. Gemeinsam mit dem am nördlichen Scheldeufer liegenden Kastell Roompot könnte es zur Sicherung der Scheldemündung angelegt worden sein. Nach den Überfällen durch die Chauken in den Jahren 172 bis 174 wurde die Küstenverteidigung noch mal verstärkt.[2]

Tempel der Nehalennia in Domburg und Colijnsplaat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kult der germanischen Göttin Nehalennia war auf den Halbinseln Walcheren und Noord-Beveland besonders stark vertreten. An gleich zwei Stellen, die nicht allzu weit von Oostkapelle entfernt liegen, fanden sich Hinweise auf jeweils einen Tempel der Göttin sowie zahlreiche Votivgaben und Weihesteine. Nehalennia galt als Göttin der Fruchtbarkeit und der Schifffahrt, daneben finden sich aber auch Bezüge zur Unterwelt. Im zweiten und dritten Jahrhundert erlebte der Kult der Nehalennia eine Blütephase. Ihre figürlichen Darstellungen erinnern an die der Matronen des Rheinlands.[3]

Nehalennia-Tempel in Domburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nehalennia Tempel Domburg. Ausschnitt aus einer Karte von Nicolaes Visscher I von 1655

Nur gut sieben Kilometer Luftlinie südwestlich des vermuteten Kastells von Oostkapelle konnte in Domburg ein Tempel nachgewiesen werden,[4] der durch zahlreiche Inschriften eindeutig der Nehalennia zuzuweisen ist.[5] Der Tempel war Ende des dritten Jahrhunderts der Küstenerosiom zum Opfer gefallen, kam aber während einer Sturmflut des Jahres 1647 wieder zum Vorschein und wurde von Nicolaes Visscher I auf einer Karte des Jahres 1655 dokumentiert.[3][6][7]

Nehalennia-Tempel in Colijnsplaat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Knapp 18 Kilometer Luftlinie östlich von Oostkapelle wurde 1970 unmittelbar vor der Küste von Colijnsplaat eine zivile römische Hafenstadt entdeckt, bei der es sich möglicherweise um Ganuenta, den mutmaßlichen Hauptort der Civitas der Frisiavones handelt. Dabei wurde auch eine Tempelanlage der Nehalennia lokalisiert,[8] die inzwischen als Rekonstruktion[9] im Hafen der Stadt nachgebaut wurde.[3][6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Toon Bongers: De rol van de Schelde in het Romeins transportsysteem (50 v. Chr. – 410 n. Chr.) Handelingen van de Koninklijke Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal- en Letterkunde en Geschiedenis LXXIII (2020), S. 3–32, (Digitalisat).
  • Wim De Clerq und Robert van Dierendonck: Zeeland en Noordwest-Vlaanderen in het Imperium Romanum. In: Extrema Galliarumn, Zeeuws Tijdschrift 53–54 (2008), S. 5–34, (Digitalisat).
  • Ton Derks: Die Weihealtäre aus den Nehalennia-Heiligtümern und verwandte ländliche Tempelbezirke in Niedergermanien. In: Alexandra W. Busch und Alfred Schäfer (Hrsg.): Römische Weihealtäre im Kontext . Likias, Friedberg 2014, S. 199–220, (Digitalisat).
  • Wouter Dhaeze: De Romeinse kustverdediging langs de Noordzee en het Kanaal van 120 tot 410 na Chr. Een onderzoek naar de rol van de militaire sites in de kustverdediging en drie casestudies over de militaire versterkingen van Maldegem-Vake, Aardenburg en Boulogne-sur-Mer. Dissertation Universität Gent, Gent 2011, S. 286, (Digitalisat).
  • Menno F. P. Dijkstra: Rondom de mondingen van Rijn & Maas. Landschap en bewoning tussen de 3e en 9e eeuw in Zuid-Holland, in het bijzonder de Oude Rijnstreek. Dissertation Universität Amsterdam, Amsterdam 2011 (Digitalisat).
  • Antony Kropf: The Roman Scheldt harbour. A gateway to the Low Countries. Englischsprachiges Paper des niederländischen Aufsatzes Een Romeinse Europoort aan de Schelde. In: Westerheem 65 (2016), S. 185–195, (Digitalisat),
  • Petrus Stuart und Jules Bogaers: Nehalennia. Römische Steindenkmäler aus der Oosterschelde bei Colijnsplaat. Rijksmuseum van Oudheden, Leiden 2001.
  • Jan-Adriaan Trimpe Burger: The Islands of Zeeland and South Holland in Roman Times. In: Berichten van de Rijksdienst voor het Oudheidkundig Bodemonderzoek 23, 1973, S. 135–148 (Digitalisat).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nehallennia-Skulpturen im Rijksmuseum van Oudheden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Wouter Dhaeze: De Romeinse kustverdediging langs de Noordzee en het Kanaal van 120 tot 410 na Chr. Een onderzoek naar de rol van de militaire sites in de kustverdediging en drie casestudies over de militaire versterkingen van Maldegem-Vake, Aardenburg en Boulogne-sur-Mer. Dissertation Universität Gent, Gent 2011, S. 286.
  2. a b c Wim De Clerq und Robert van Dierendonck: Zeeland en Noordwest-Vlaanderen in het Imperium Romanum. In: Extrema Galliarumn, Zeeuws Tijdschrift 53-54 (2008), S. 5–34.
  3. a b c Ton Derks: Die Weihealtäre aus den Nehalennia-Heiligtümern und verwandte ländliche Tempelbezirke in Niedergermanien. In: Alexandra W. Busch und Alfred Schäfer (Hrsg.): Römische Weihealtäre im Kontext . Likias, Friedberg 2014, S. 199–220.
  4. Bei 51° 33′ 58,45″ N, 3° 29′ 56,6″ O
  5. CIL 13, 08779, CIL 13, 08780, CIL 13, 08781, CIL 13, 08782, CIL 13, 08783, CIL 13, 08784, CIL 13, 08785, CIL 13, 08786, CIL 13, 08787, CIL 13, 08788, CIL 13, 08789, CIL 13, 08790, CIL 13, 08791, CIL 13, 08792, CIL 13, 08793, CIL 13, 08794, CIL 13, 08795, CIL 13, 08796, CIL 13, 08797, CIL 13, 08798, CIL 13, 08799, CIL 13, 08800, CIL 13, 08801, CIL 13, 08802 und AE 1975, 00646
  6. a b Petrus Stuart: Nehalennia. Documenten in steen. De Koperen Tuin, Goes 2003.
  7. Ada Hondius-Crone: The Temple of Nehalennia at Domburg. Meulenhoff, Amsterdam 1955.
  8. AE 1973, 00363, AE 1975, 00630 und AE 1975, 00651
  9. 51° 36′ 6,54″ N, 3° 50′ 43,32″ O