Klub deutscher Künstlerinnen

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Na Perštýně 6/359, Haus des Klubs deutscher Künstlerinnen um 1916–1939

Der Klub deutscher Künstlerinnen war eine Vereinigung in Prag von 1906 bis 1939.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im November 1906 gründete Ida Freund mit anderen Mitgliedern aus der Kunstabteilung des Vereins „Frauenfortschritt“ den Klub deutscher Künstlerinnen in Prag.[1] Dieser sollte die Interessen von Künstlerinnen stärker vertreten, mit der Unterstützung in organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten, sowie mit vielfältigen Angeboten der Weiterbildung und Begegnung.[2] Es sollte ein Ort sein, wo Frauen sich auch ungezwungen treffen konnten, zum Kaffee trinken, rauchen oder Billard spielen.[3] Die Mitglieder kamen vor allem aus der deutschsprachigen Mittel- und Oberschicht, es gab kaum Kontakte zu entsprechenden tschechischen Vereinen.

Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Klub entwickelte bald vielfältige Aktivitäten, mit Vorträgen zu Themen aus Kultur, Kunst, Philosophie, Ethik usw., Lesungen, Konzerten, Kunstausstellungen, Modenschauen und Tanzveranstaltungen, es gab ein Salonorchester.[4] Diese waren auch für Nichtmitglieder zugänglich.

„Hier sieht man schon Begeisterung
Des Tangotanzes edlen Schwung.
So tanzt man mit graziösem Schub
Im deutschen „Künstlerinnenklub““[5]

Daneben wurden auch Kurse zu unterschiedlichen Bereichen angeboten.[6]

Der Klub deutscher Künstlerinnen entwickelte sich in den nächsten Jahren zu einem der wichtigsten Veranstalter für anspruchsvolle Kultur in Prag, mit häufigen Angeboten. In den Kriegsjahren ab 1914 gab es öffentliche Volksküchen, diese wurden in den 1920er Jahren für ärmere Berufstätige, Studenten, Mittellose usw. im Klubhaus fortgeführt.

Letzte Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1928 wurde der Name in Klub deutscher Künstlerinnen und Kunstfreunde erweitert, es konnten nun auch Männer reguläre Mitglieder werden. In den folgenden Jahren nahmen religiöse Themen einen breiteren Raum ein.[7] Von Anfang 1939 sind die letzten Aktivitäten bekannt, danach wurde der Klub, wie andere Frauenvereine auch, nach der deutschen Besetzung der Stadt wahrscheinlich aufgelöst.

Nachwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Danach geriet der Klub deutscher Kunstlerinnen fast vollständig in Vergessenheit.[8] In der tschechischen Geschichtsschreibung wurde die deutsche Kulturgeschichte der Stadt über mehrere Jahrzehnte fast völlig ignoriert. Dazu spielten Frauen in der Prager deutschsprachigen Kunstszene ihrer Zeit ohnehin nur eine äußerst marginale Rolle und wurden dementsprechend auch in der west- und ostdeutschen Kunstgeschichte der folgenden Jahrzehnte nicht beachtet. Es gab auch keine übermäßig prominenten Namen bei den wichtigen Akteurinnen. Dennoch spielte der Klub deutscher Künstlerinnen eine wichtige Rolle für die beteiligten Frauen sowie für das Kulturleben der Stadt.

Adressen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Postgasse/Karoliny Světlé 7/1018, 1906–1912[9]
  • Riegerkai/Masarykovo nábř. 32, 1912/1913–nach 1915[10]
  • Bergsteingasse/Na Perštýně 6/359, vor 1917–1939[11]

Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gab zahlreiche Gäste als Vortragende oder Künstler.[12]

Vorträge

Referenten waren Wissenschaftler wie Christian von Ehrenfels, August Sauer, Literaten wie Max Brod, Felix Weltsch und Oskar Baum (vom Prager Kreis), die Ausdruckstänzerin Valeria Kratina und der Anthroposoph Rudolf Steiner.[13][14]

Lesungen

Es gab zahlreiche Lesungen. Die bekannteste Schriftstellerin war Else Lasker-Schüler 1913 mit ihrem einzigen Auftritt überhaupt in Prag.[15][16] Sie wurde begleitet von Paul Zech. Außerdem lasen im Klub deutscher Künstlerinnen fast alle deutschsprachigen Prager Dichter, für einige gehörten diese zu den frühesten öffentlichen Auftritten überhaupt. Auch die damals bekannte Schauspielerin Lia Rosen las Dichtertexte.[17]

Ausstellungen

Es wurden regelmäßig Kunstausstellungen gezeigt, sowohl Sammelausstellungen von Mitgliedern, als auch Einzelausstellungen, meist von jüngeren Künstlerinnen und Künstlern. Die Neukunstgruppe um Egon Schiele hatte 1910 hier ihre zweite Ausstellung[18], der Maler Friedrich Feigl hatte 1912 eine Einzelausstellung.

Konzerte

Es wurden regelmäßig Solistinnen (seltener Solisten) aus den Prager Theatern und von außerhalb eingeladen.

Modenschauen

Die Schwestern Berger aus Berlin zeigten Teile ihrer Kollektion 1916.[19]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Präsidentinnen
Weitere Mitglieder

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hartmut Binder: Der Klub deutscher Künstlerinnen in Prag 1906–1918. In: Sudetenland. Europäische Kulturzeitschrift. 2010. Heft 3. S. 258–279. Heft 4. S. 394–420.
  • Stefan Benedik Karner: Mutterlohn. Diplomarbeit. Universität Linz. 2007. S. 77–82, 169–176 (PDF)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stefan Benedik Karner, 78f.
  2. Marianne Tuma von Waldkampf: Der Klub deutscher Künstlerinnen in Prag, in: Der Bund, Wien, 1907, Nr. 2, S. 6; mit einer Vorstellung des neugegründeten Klubs
  3. Binder, 257f.
  4. *– Klub deutscher Künstlerinnen (rechts unten). In: Prager Tagblatt, 19. Oktober 1916, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb, mit Ankündigung einer Modenschau der Schwestern Berger, mit Salonorchester
  5. Karner, 81; aus Prager Tagblatt, um 1913/15
  6. Klub deutscher Künstlerinnen. In: Prager Tagblatt, 21. Oktober 1916, S. 10 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb, mit Kurs zur Vortragskunst
  7. Karner, 171f., Veranstaltungsliste dieser Jahre
  8. Karner, 177f.
  9. Adresáŕ kralévskeho hlavního mêsta Prahy, 1910, III, s. XXXVII, mit předs. Žofie Hergetová-Dietrichová (= Präsidentin Sophie von Herget-Dittrich); vgl. auch Frauen in Bewegung für 1906; Prager Tagblatt vom 28. April 1912 mit Ankundigung zu Vortrag von Rudolf Steiner in der Postgasse 7 (PDF, 17)
  10. Prager Tagblatt, 1913–1915, mit häufigen Einladungen und Anzeigen, meist S. 4, 7 oder 11
  11. Karner, S. 180–182 rechts (Erscheinungsorte); auch Adresář hlavního města Prahy, 1924, s. 880 links, Sekretar[iat]. Klub deutscher Künstlerinnen
  12. Prager Tagblatt mit jeweiligen Einladungen und Besprechungen, bei Vorträge (S. 4), Kunst (S. 7) oder ähnlichen Rubriken; auch in Bohemia; eine Auswahl der Veranstaltungen bei Karner, 169–171
  13. Karner, 169f., mit Veranstaltungsliste
  14. Zdenêk Vaňa: Rudolf Steiner in Prag,. Zur Geschichte der tschechischen anthroposophischen Bewegung, S. 17f. PDF, mit Anzeige zum Vortrag am 30. April 1912; siehe auch Vorträge. Rudolf Steiner. In: Prager Tagblatt, 28. Jänner 1913, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb
  15. * Klub deutscher Künstlerinnen. Anzeige. In: Prager Tagblatt, 30. März 1913, S. 11 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb
  16. *Klub deutscher .Kunstlerinnen. In: Prager Tagblatt, 4. April 1913, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb, mit erneuter Einladung zum 5. April 1913; sowie für Paul Zech am 6. April 1913
  17. Karner, S. 169, mit Programm, 29. Oktober 1916, Mozarteum, Texte von Goethe, Bibel, [Fráňa] Šrámek, [Karel Jaromír] Erben, Werfel, Rückert, Herder, vgl. Lia Rosen. In: Prager Tagblatt, 27. Oktober 1916, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb, mit Vorbesprechung von Walter Tschuppik und kleiner Ankündigung in der rechten Spalte; allerdings ohne Hinweis auf Klub deutscher Künstlerinnen als Veranstalterinnen
  18. Die „Neukunst“-Ausstellung. In: Prager Tagblatt, 3. Februar 1910, S. 8 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb Mit Bericht über die Ausstellungseröffnung; es waren Werke von Egon Schiele, Rudolf Kalvach, Anton Faistauer, Hans Böhler und Albert Paris Gütersloh zu sehen, siehe Egon Schiele Schiele Dokumentation, (zu 1910 links unten)
  19. *– Klub deutscher Künstlerinnen (rechts unten). In: Prager Tagblatt, 19. Oktober 1916, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb; auch Klub deutscher Künstlerinnen. In: Prager Tagblatt, 21. Oktober 1916, S. 10 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb