Liutbert (Mainz)

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Liutbert OSB († 17. Februar 889) war Erzbischof von Mainz, Abt des Klosters Weißenburg und dritter Abt des Klosters Herrieden. 870 wurde ihm als erstem Mainzer Erzbischof das Amt des Erzkaplans und Erzkanzlers übertragen. Liutbert wurde vermutlich in St. Alban in Mainz begraben.

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liutbert entstammte einer vornehmen schwäbischen Familie und war Lehrer im Kloster Reichenau, ehe er am 30. November 863 Erzbischof von Mainz wurde.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während seiner Zeit als Erzbischof stand Liutbert vor allem in den politischen und bisweilen militärischen Diensten Ludwigs des Deutschen, Ludwigs des Jüngeren und Karls III. Ludwig der Deutsche ernannte ihn zwischen 863 und 870 – der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt – zum Abt des Klosters Weißenburg im Elsass, sein Nachfolger, Karl III., bestätigte das 882 und sicherte gleichzeitig den Mönchen des Klosters zu, dass sie den Nachfolger wählen durften.[1]

Liutbert fungierte als Unterhändler bei Verhandlungen mit dem westfränkischen König Karl dem Kahlen über die Teilung des Mittelreichs, nachdem dessen Herrscher Lothar II. 869 gestorben war. Während Karl der Kahle sich in Metz zum König von Lotharingen krönen ließ, gelang es Erzbischof Liutbert am 7. Januar 870 Willibert, einen Parteigänger Ludwigs des Deutschen, als neuen Erzbischof von Köln, der bedeutendsten Diözese des Mittelreiches, einzusetzen. Der neue Kölner Erzbischof sollte die Ansprüche Ludwigs bezüglich des Mittelreichs sichern. Liutbert wurde für diese Aktion von Ludwig mit der Position des Erzkaplans und Erzkanzlers belohnt. Er war damit der erste Mainzer Erzbischof, der dieses Doppelamt innehatte. Nach ihm wurde es erst Erzbischof Heriger (913–927) wieder verliehen, ab 965 war es dauerhaft mit dem Mainzer Erzstuhl verbunden.

Als sich nach dem Tod des Herzogs und Markgrafen der Sorbenmark, Thakulf (848–873), die Siusili (beiderseits der unteren Mulde) nicht mehr an die mit ihm geschlossenen Verträge gebunden fühlten, zog Erzbischof Liutbert mit dem neuen Markgrafen Ratolf im Januar 874 dorthin. Sie stellten den vorherigen Zustand ohne militärische Auseinandersetzung wieder her.[2]

In seiner Amtszeit fuhren mehrfach Wikinger auf Raubzügen den Rhein hinauf. Im Sommer 882 verwüsteten sie die Städte Köln, Bonn und Andernach. In der Umgebung von Andernach wurden zudem zahlreiche Kirchen und Klöster geplündert und in Brand gesteckt. Als sich die Wikinger rheinaufwärts nach Mainz wandten, wurden sie von einem Heer unter Führung Liutberts und des Grafen Heinrich von Babenberg zurückgeschlagen.[3]

Nachdem das Reich 882 auf Karl III. übergegangen war, wurde Liutbert im Amt des Erzkaplans und Erzkanzlers durch dessen Günstling Liutward von Vercelli ersetzt, 887 aber wieder eingesetzt. Im gleichen Jahr verlor Karl jedoch die Herrschaft im Ostfrankenreich an Arnulf von Kärnten, der das Doppelamt auf den Salzburger Erzbischof, Theotmar, übertrug.

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liutbert leitete die Synoden der Jahre 868 und 888[4], die sich mit kirchlichen Fragen im ostfränkischen Reich befassten. Er setzte sich für eine gewisse Unabhängigkeit der Klöster ein und gründete gegen Ende seiner Amtszeit das Mauritiusstift in Mainz, das im Mittelalter Taufkirche des Liebfrauenstifts war, das wiederum Taufkirche des Domstifts war.

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Umfeld Liutberts entstand zumindest die Mainzer Fortsetzung der Annales Fuldenses, in der Karl und Liutward negativ dargestellt wurden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hagen Keller: Zum Sturz Karls III. Über die Rolle Liutwards von Vercelli und Liutberts von Mainz, Arnulfs von Kärnten und der ostfränkischen Großen bei der Absetzung des Kaisers. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 22, 1966, S. 333–384; auch in: Königswahl und Thronfolge in fränkisch-karolingischer Zeit, herausgegeben von Eduard Hlawitschka (= Wege der Forschung 247). Darmstadt 1975, S. 432–494.
  • Rudolf SchiefferLiutbert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 722 f. (Digitalisat).
  • Franz Staab: Die Mainzer Kirche im Frühmittelalter. In: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte Bd. 1, Hrgg. von Friedhelm Jürgensmeier, Echter Verlag, Würzburg 2000, ISBN 3-429-02258-4
  • Karl Schmid: Liutbert von Mainz und Liutward von Vercelli im Winter 879/880 in Italien. Zur Erschließung bisher unbeachteter Gedenkbucheinträge aus S. Giulia in Brescia. In: Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft. Festschrift Clemens Bauer, Berlin 1974, S. 41–60.
  • Wilfried Hartmann: Äbte und Mönche als Vermittler von Texten auf karolingischen Synoden. In: Karolingische Klöster, De Gruyter, 2015, S. 211–226.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Anton Doll und Hans Ammerich: Der Landdekanat Weissenburg (mit Kloster St. Peter in Weißenburg) = Palatia Sacra. Kirchen- und Pfründebschreibung der Pfalz in vorreformatorischer Zeit 1: Bistum Speyer. Der Archdiakonat des Dompropstes von Speyer 2 = Quellen und Abhandlungen zur mittelalterlichen Kirchengeschichte 61.2. Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte, Mainz 1999. ISBN 3-929135-29-9, S. 218.
  2. Meginhard: Annales Fuldensis sive Annales regni Francorum orientalis. In: Friedrich Kurze (Hrsg.): MGH, SS rer. Germ. Hannover 1891, S. 81 (dmgh.de).
  3. Jennifer Striewski: Wikinger am Mittelrhein. Portal Rheinische Geschichte, 25. Februar 2013, abgerufen am 19. März 2024.
  4. Wilfried Hartmann: Äbte und Mönche als Vermittler von Texten auf karolingischen Synoden. In: Julia Becker, Tino Licht und Stefan Weinfurter (Hrsg.): Karolingische Klöster. B. 4. De Gruyter, Berlin 2015, ISBN 978-3-11-037123-9, S. 219.
VorgängerAmtNachfolger
Karl von AquitanienErzbischof von Mainz
863–889
Sunderold