Ludwig Ferdinand Clauß

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Ludwig Ferdinand Clauß (* 1892 in Offenburg; † 1974 in Oberursel) war ein deutscher Psychologe. Er wurde 1979 als Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet. Er war Schüler von Edmund Husserl.

Leben und Wirken

Bei seinen Feldforschungen in vielen Teilen Europas und des Orients in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte er die „mimische Methode“ (von Mime = Schauspieler) bei der er den Ethnologen anwies, ganz Teil der von ihm erforschten Gemeinschaft zu werden, um ihre innersten Besonderheiten zu erfahren. Er sprach zahlreiche Sprachen fließend, unter anderem Arabisch und konvertierte zum Islam.

Mit seinen zahlreichen Büchern zum Thema „Rasse“ erregte er im Deutschland der Zwischenkriegszeit zunächst großes Aufsehen und zeitweilig das Wohlwollen der Nationalsozialisten, das schließlich in offene Ablehnung umschlug: Seine „Rassen“ – Konzeption war mit jener der Nationalsozialisten nicht kompatibel: „Rasse“ stellte für ihn ein sozial konstruiertes nonverbales Muster dar. Er sprach auch von „Rasse“ als Gestaltgesetz. Bei seinen Feldforschungen arbeitete er Korrelationen bestimmter regionalzentrierter physischer und kulturzentrierter psychischer Einzel-Merkmale heraus. Er verwies aber auf die Unmöglichkeit, eine Koppelung und damit eine genetische Beziehung zwischen physischen und psychischen Merkmalen nachzuweisen. Auch den Nachweis der Erblichkeit psychischer Merkmale im Vergleich von Kulturen hielt er für nicht erbringbar. Er tat dies mit Hinweis auf den damaligen Forschungsstand, doch stehen eindeutige Nachweise kulturrelevanter genetischer Populationsunterschiede mit einigen Ausnahmen – z.B. Laktoseintoleranz und Aldehyddehydrogenasen – heute noch aus.

Ludwig Ferdinand Clauß beschäftigte sich mit Rasse also ausdrücklich nicht im Sinne einer biologischen Größe. Stattdessen untersuchte er die Wechselwirkung der psychischen und physischen Einzelmerkmale am lebenden Menschen innerhalb der ihn umgebenden Kultur und hielt die sich so abzeichnenden nonverbalen Muster in zahllosen Fotografien fest. Diese von ihm entwickelte, der Gestaltpsychologie und Ausdruckspsychologie nahestehende Wissenschaft nannte er Psychoanthropologie bzw. – wohl auch in Hinblick auf den damaligen Zeitgeist – „Rassenseelenkunde“. Er erhielt 1936 eine Dozentur an der Friedrich Wilhelm Universität in Berlin. Seine Bücher verkauften sich in den 30er Jahren sehr gut. Seine epische aber in der damaligen Fachliteratur keineswegs einzigartige Sprache erschwert dem Leser allerdings das Verständnis der dargelegten, äußerst komplexen Zusammenhänge. Auf diese Weise wurden die Inhalte wohl überwiegend kaum verstanden bzw. einfach im Sinne der Partei gedeutet und Konflikte mit dem Regime blieben zunächst aus. Clauß machte bei den Neuauflagen seiner Bücher auch Zugeständnisse an die Partei, weigerte sich aber – anders als Hans F. K. Günther – seine Forschungen in den Dienst der „politischen Rassenforschung“ zu stellen, zu der er von den damaligen Machthabern genötigt wurde. Ludwig Ferdinand Clauß stellte sich etwa ausdrücklich gegen die Höherbewertung bestimmter Kulturen bzw. „Rassen“ gegenüber anderen. Besonders diese Haltung führte zum Parteiausschlussverfahren, zum Verbot seiner Schriften (1942) und zum Berufsverbot. Der Nachweis einer sexuellen Beziehung zu seiner jüdischstämmigen Mitarbeiterin Margarete Landé konnte von den Nazis nicht erbracht werden, was Clauß, den seine eifersüchtige Ehefrau denunziert hatte wie auch Landé, vor Schlimmeren bewahrte. Allerdings konnte er Landé, nachdem er seinen Ruf als führender „Rassen“-Forscher verloren hatte, nicht weiter vor der Deportation schützen, weshalb er beschloss, sie zu verstecken: Nahe seinem Haus bei Berlin legte er einen unterirdischen Raum an, der zur Tarnung von einer Baumschule umgeben war. Dort verbarg sich Landé bis zum Ende des Krieges.

Nach dem Krieg erhob Clauß Anspruch auf Wiedergutmachung, die ihm aber mit Hinweis auf seine angeblich „typisch nationalsozialistischen“ Schriften zunächst verwehrt wurde. Er erhielt seine Lehrerlaubnis erst nach aufreibenden Verhandlungen und im hohen Alter zurück. Ihm wurde gleichzeitig eine geringe Rente zuerkannt. Dennoch unternahm er weitere Forschungsreisen in den Orient. Für die Rettung von Margarete Landé wurde er 1979 nach seinem Tod als Gerechter unter den Völkern geehrt.

Werke (Auswahl)

  • Lieder der Edda. Altheldischer Sang in neues Deutsch gefasst von Ludwig Ferdinand Clauss (1921)
  • Rasse und Seele. Eine Einführung in den Sinn der leiblichen Gestalt (1926)
  • Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker (1929)
  • Die nordische Seele. Eine Einführung in die Rassenseelenkunde (1932)
  • Als Beduine unter Beduinen (1933)
  • Rasse und Charakter – das lebendige Antlitz (1936)
  • Semiten in der Wüste unter sich (1937)
  • Die Seele des Andern (1958)
  • Die Weltstunde des Islam (1963)
  • Thuraja. Roman (1950)
  • Verhüllte Häupter. Roman (1955)
  • Die Wüste macht frei. Roman (1956)

Literatur

Weblinks