Lusitzi

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Die Lusitzi oder Lusici (lat.) waren ein westslawischer Stamm in dem Gebiet der heutigen Niederlausitz.

Nach einem Siedlungshiatus von etwa 200 bis 300 Jahren nach der weitgehenden Abwanderung von Germanen aus diesem Gebiet im 4./5. Jahrhundert erfolgte wohl um 700 n. Chr. (bislang ältestes Dendrodatum von einer Plankenwand unter dem slawischen Burgwall von Lübbenau) und verstärkt im 8. Jahrhundert die Besiedlung der Niederlausitz durch slawische Gruppen. Als Hauptburg der Lusitzi wurde früher die von Thietmar von Merseburg am Anfang des 11. Jahrhunderts erwähnte Burg Liubusua angesehen und u. a. in der Nähe des heutigen Ortes Kosilenzien lokalisiert. Neuere Forschungen haben jedoch glaubhaft nachgewiesen, dass sich Thietmars Beschreibungen auf die Burgen an der Rauhen Furt nördlich von Meissen direkt an der Elbe beziehen und dass Liubusua mit dem Burgwall bei Löbsal identisch sein muss. Diese Anlage wurde 932 von Heinrich I. erobert und Anfang des 11. Jahrhunderts erneut ausgebaut. In diesem Zusammenhang berichten die Quedlinburger Annalen davon, dass Liubusua in Daleminzien lag.

Erstmals erwähnt werden die slawischen Bewohner der heutigen Niederlausitz unter dem Namen der Lunsizi[1] im Bayerischen Geographen, einer mehrschichtigen Quelle, deren Teile zwischen der Mitte des 9. und dem frühen 10. Jahrhundert entstanden. Um 870/880, spätestens 890 n. Chr., setzte laut jüngeren dendrochronologischen Untersuchungen im Gebiet der Niederlausitz der Bau von Burgen ein. Ihren größten Höhepunkt erreichte diese Entwicklung um 920 n. Chr. Sie war zweifellos eine Reaktion auf die zunehmende Bedrohung durch das ostfränkische Reich, die dann in dem bekannten Heereszug König Heinrichs I. von 928/29 gegen die Heveller, Daleminzier und Böhmen und 932 gegen die Lusitzi in der Lausitz selbst gipfelte. Die slawische Elite wurde durch Markgraf Gero in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts weitestgehend beseitigt. Zwischen 1002 und 1031 befand sich die Niederlausitz wie auch die Oberlausitz um Bautzen (das ehemalige Stammesgebiet der Milzener) unter polnischer Oberhoheit.

Die Ereignisse des 11. und der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts bleiben im Dunkel, erst aus dessen zweiter Hälfte sind wieder mehr schriftliche Quellen zugänglich. Diese Zeit fällt in die zweite Phase der mittelalterlichen Ostsiedlung, als slawische Bewohner zusammen mit deutschen oder flämischen Siedlern neue Dörfer im Altsiedelland anlegten und mit der Rodung der bis dahin nicht erschlossenen Waldflächen begannen. Trotz der damit einsetzenden Assimilationsprozesse wird in der Niederlausitz mit dem Niedersorbischen bis heute eine westslawische Sprache gesprochen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim Henning: Archäologische Forschungen an Ringwällen in Niederungslage. Die Niederlausitz als Burgenlandschaft des östlichen Mitteleuropas im frühen Mittelalter. In: Joachim Henning, Alexander T. Ruttkay (Hrsg.): Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa. Tagung, Nitra 7.–10. Oktober 1996. Habelt, Bonn 1998, ISBN 3-7749-2796-0, S. 9–29.
  • Karl-Uwe Heußner, Thorsten Westphal: Dendrochronologische Untersuchungen an Holzfunden aus frühmittelalterlichen Burgwällen zwischen Elbe und Oder. In: Joachim Henning, Alexander T. Ruttkay (Hrsg.): Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa. Tagung, Nitra 7.–10. Oktober 1996. Habelt, Bonn 1998, ISBN 3-7749-2796-0, S. 223–234.
  • Felix Biermann: Slawische Besiedlung zwischen Elbe, Neiße und Lubsza. Archäologische Studien zum Siedlungswesen und zur Sachkultur des frühen und hohen Mittelalters. Ergebnisse und Materialien zum DFG-Projekt „Germanen – Slawen – Deutsche“. Habelt, Bonn 2000, ISBN 3-7749-2988-2 (Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 65 = Schriften zur Archäologie der germanischen und slawischen Frühgeschichte 5), (Zugleich: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1997).
  • Joachim Henning: Der slawische Siedlungsraum und die ottonische Expansion östlich der Elbe. Ereignisgeschichte – Archäologie – Dendrochronologie. In: Joachim Henning (Hrsg.): Europa im 10. Jahrhundert. Archäologie einer Aufbruchszeit. Internationale Tagung in Vorbereitung der Ausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“. von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2872-9, S. 131–146.
  • Günter Wetzel: Germanen – Slawen – Deutsche in der Niederlausitz. In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission. 83, 2002, ISSN 0341-9312, S. 206–242.
  • Ralf Gebuhr: Jarina und Liubusua. Kulturhistorische Studie zur Archäologie frühgeschichtlicher Burgen im Elbe-Elster-Raum. Ergebnisse und Materialien zum DFG-Projekt „Germanen – Slawen – Deutsche“. Habelt, Bonn 2007, ISBN 978-3-7749-3459-7 (Studien zur Archäologie Europas 6).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lunsizi, ciuitates XXX.