Lutherische Messen (Bach)

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Als Johann Sebastian Bachs Lutherische Messen oder Kleine Messen bezeichnet man seine vier Missae breves in F-Dur, A-Dur, g-Moll und G-Dur (BWV 233 bis 236), die, im Gegensatz zur h-Moll-Messe, wahrscheinlich für den liturgischen Gebrauch bestimmt waren. Sie sind wahrscheinlich einige Jahre nach dieser entstanden und werden heute um 1738/39 datiert[1]. Möglicherweise wurden sie für den Grafen Franz Anton von Sporck geschrieben oder von diesem in Böhmen aufgeführt.

Die Kleinen oder Lutherischen Messen enthalten von der Messe nur Kyrie und Gloria, während Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei fehlen. Die Bezeichnung „lutherisch“ ist daher nicht ganz zutreffend, da auch andere Teile des Messordinariums (wie sie in der h-Moll-Messe enthalten sind) im lutherischen Gottesdienst verwendet wurden.

Das Kyrie ist in diesen Kurzmessen jeweils ein einsätziger, dreiteiliger Chorsatz, der Gloria-Text ist jedoch in fünf Sätze aufgeteilt, mit Chorsätzen zu Beginn und Schluss und dazwischen eingeschobenen Soloarien. Die Gesamtdauer entspricht etwa der einer durchschnittlichen Kantate – das lässt auf den praktischen Gebrauch im Gottesdienst schließen.

Ähnlich wie die h-Moll-Messe bestehen die Kleinen Messen fast ausschließlich aus Parodien, also Überarbeitungen von bereits vorhandenen Chören und Arien. Immer waren dazu Neufassungen der Singstimmenpartien notwendig – denn der ursprüngliche gereimte deutsche Kantatentext wurde ja durch lateinische Prosa ersetzt. Diese Arbeiten lassen sich als Beleg für Bachs Bestreben in seinen späteren Jahren deuten, Gelegenheitswerke, die ihm besonders wertvoll waren, in einen höheren, zeitenthobenen Zusammenhang zu stellen.

Die einzelnen Messen

Messe F-Dur BWV 233

Satz Titel Typ Tempo, Taktart Tonart Bemerkung
  1 Kyrie eleison – Christe, Christe eleison – Kyrie eleison Chor ¢ F-Dur Frühform als BWV 233a
  2 Gloria in excelsis Chor 6/8 F-Dur
  3 Domine Deus Bassarie 3/8 C-Dur Möglicherweise aus BWV Anh. 18[2]
  4 Qui tollis Sopranarie (Adagio) c g-Moll Aus Kantate BWV 102
  5 Quoniam tu solus Altarie (Vivace) 3/4 d-Moll Aus Kantate BWV 102
  6 Cum sancto Spiritu Chor (Presto) ¢ F-Dur Aus Kantate BWV 40

Messe A-Dur BWV 234

Satz Titel Typ Tempo, Taktart Tonart Bemerkung
  1 Kyrie eleison – Christe, Christe eleison – Kyrie eleison Chor (wechselnd) A-Dur
  2 Gloria, gloria in excelsis Chor (wechselnd) A-Dur Aus Kantate BWV 67 (dort Satz 4)
  3 Domine, Domine Deus Bassarie (Andante) c fis-Moll
  4 Qui tollis peccata Sopranarie (Adagio) 3/4 h-Moll Aus Kantate BWV 179, Satz 5 (Singstimme stark umgearbeitet)
  5 Quoniam tu solus Altarie 6/8 D-Dur Aus Kantate BWV 79
  6 Cum sancto Spiritu Chor (Grave) c –
(Vivace) 12/8
A-Dur Vivace-Abschnitt aus Kantate BWV 136 (Eingangschor)

Messe g-Moll BWV 235

Satz Titel Typ Tempo, Taktart Tonart Bemerkung
  1 Kyrie eleison – Christe, Christe eleison – Kyrie eleison Chor c g-Moll Aus Kantate BWV 102
  2 Gloria in excelsis Chor 3/4 g-Moll Aus Kantate BWV 72
  3 Gratias agimus Bassarie ¢ d-Moll Aus Kantate BWV 187
  4 Domine Fili unigenite Altarie 3/8 B-Dur Aus Kantate BWV 187
  5 Qui tollis peccata, peccata mundiQuoniam tu solus Tenorarie (Adagio) c –
(Un poco allegro) 3/8
Es-Dur Aus Kantate BWV 187
  6 Cum sancto, sancto Spritu Chor c c-Moll Aus Kantate BWV 187

Messe G-Dur BWV 236

Satz Titel Typ Tempo, Taktart Tonart Bemerkung
  1 Kyrie eleison – Christe, Christe eleison – Kyrie eleison Chor ¢ G-Dur Aus Kantate BWV 179
  2 Gloria in excelsis Chor (Vivace) ¢ G-Dur Aus Kantate BWV 79
  3 Gratias agimus Bassarie 3/4 D-Dur Aus Kantate BWV 138
  4 Domine Deus, agnus Dei Sopran/Alt-Duett ¢ a-Moll Aus Kantate BWV 79
  5 Quoniam Tu solus Tenorarie (Adagio) c e-Moll Aus Kantate BWV 179
  6 Cum sancto Spritu Chor c – 3/4 C-Dur Aus Kantate BWV 17

Einzelnachweise

  1. Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach, 2. Auflage 2007. S. Fischer, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-596-16739-5
  2. Wolfgang Schmieder, Thematisch-systematisches Verzeichnis der Werke Johann Sebastian Bachs, Wiesbaden 1969

Weblinks