Lutherkirche (Wiesbaden)

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Die Lutherkirche mit ihrem 50 m hohen Turm in Form des Jugendstils

Die Lutherkirche in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ist eine protestantische Kirche, die 1908 bis 1910 in den Formen des Jugendstils und nach den Grundsätzen des Wiesbadener Programms errichtet wurde.

Geschichte

1903, die Einweihung der Wiesbadener Ringkirche lag gerade 9 Jahre zurück, entschloss sich die evangelische Gesamtgemeinde der Stadt aufgrund der starken Zunahme der Einwohnerzahl nach der Marktkirche, der Bergkirche und der Ringkirche zum Bau einer vierten Kirche. Da man mit den Bauformen des Wiesbadener Programms bei der Ringkirche sehr gute Erfahrungen gemacht hatte, wurde beim 1905 ausgeschriebenen Architektenwettbewerb dieses vorgeschrieben. Bei dem Wettbewerb nahm auch der Mitautor des Wiesbadener Programms und Baumeister der Berg- und Ringkirche, Johannes Otzen, teil.

Taufraum der Lutherkirche Wiesbaden

Nachdem bei den drei besten Entwürfen eine Umarbeitung erbeten wurde, entschied sich die Gemeinde schließlich am 8. Juni 1906 für denjenigen des Darmstädter Architekten Friedrich Pützer.

Begründung: „Der Grundriß dieses Entwurfs ist neuartig und verspricht eine außerordentlich schöne Innenwirkung, aller Wahrscheinlichkeit nach auch eine gute Akustik. Das Äußere zeigt eine originelle und ansprechende Gesamterscheinung und läßt sich mit geringen Änderungen der ortseinheimischen Bauweise noch mehr, als wie bereits mit Glück geschehen ist, anpassen. Insbesondere bedarf die Turmendigung einer Änderung, welche sich ohnehin bei der weiteren konstruktiven Durcharbeitung als notwendig ergeben wird....... Der Entwurf erzielt mit verhältnismäßig geringen Mitteln eine große architektonische Wirkung und wird als ein bedeutsamer Schritt auf dem Wege zur Weiterentwicklung des protestantischen Kirchenbaus angesehen werden können.“
(zitiert bei www.lutherkirche-wiesbaden.de)

Im Preisgericht saßen die bekannten Architekten Hermann Eggert und Franz Schwechten, der Wiesbadener Regierungsbaurat Richard Saran und der Pfarrer Emil Veesenmeyer, der zusammen mit Johannes Otzen das Wiesbadener Programm entwickelt hatte.
Der ursprünglich für Juli 1907 angesetzte Baubeginn verschob sich etwas: Erster Spatenstich war am 28. August 1908, Grundsteinlegung am 1. November 1908; die Einweihung schließlich fand an Weihnachten 1910 statt.

Architektur

Äußeres

Kreuz Lutherkirche Wiesbaden

Die Lutherkirche befindet sich am Wiesbadener Gutenbergplatz, in unmittelbarer Nähe der Ringstraße. Sie wurde in den Formen des Jugendstils erbaut und ist mit einer weißen Putzfassade versehen. Herausragendes Merkmal ist der 50 m hohe Turm sowie das großflächige Kirchendach von 20 m Höhe, das sich über dem First in Höhe von 37 m erhebt und von einer damals Aufsehen erregenden Stahlkonstruktion getragen wird. Durch seine Lage auf einer Anhöhe innerhalb der Wiesbadener Innenstadt, kommen diese Elemente städtebaulich besonders zur Geltung.

Im Tympanon über dem Haupteingang ist ein Kreuzmosaik zu sehen, das mit zwei Kernsätzen aus Martin Luthers Kirchenlied Ein feste Burg ist unser Gott geziert ist: Ein feste Burg ist unser Gott und Das Wort sie sollen lassen stahn. Im Kreuz ist das Christusmonogramm zu sehen, links und rechts über dem Kreuz die beiden griechischen Buchstaben Alpha und Omega als Zeichen, dass Jesus Christus Anfang und Ende der Welt und allen Seins ist (vgl. Offenbarung des Johannes 22,13).

Zusammen mit den beiden Pfarrhäusern (Mosbacher Straße 4 und Sartoriusstraße 14) bildet die Lutherkirche ein einheitliches architektonisches Ensemble.

Inneres

Der Innenraum der Lutherkirche ist nach den Regeln des „Wiesbadener Programm“ aufgebaut, das besagt, dass die drei Elemente des Gottesdienstes - Altar (Abendmahl), Kanzel (Predigt) und Orgel (Musik) - zentral übereinander anzuordnen seien; die Gottesdienstteilnehmer umgeben diese drei Elemente halbkreisförmig.

Die Kirche hat 1200 Sitzplätze. Über ihnen spannt sich über vier Säulen ein Kreuzrippengewölbe. Der Innenraum hat die Form einer längsgerichteten Ellipse mit einem leichten Gefälle zum Altarraum hin. Die Jugendstil-Ornamentik schmückt die Holzvertäfelung der Wände, die Decke und die Empore.

Dem Kirchenraum vorgelagert ist eine Vorraum sowie eine Vorhalle. Daneben gibt es weitere Räume, darunter auch einen mittelgroßen Gemeindesaal.

Orgeln/Kirchenmusik

In der Kirche befindet sich die zum Wiesbadener Programm gehörende, dreimanualige Walcker-Orgel mit romantischer Stimmung, die im Jahre 1911 eingeweiht wurde. Mitte der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts war diese Orgel in einem so desolaten Zustand, dass man sich für die Installation einer neuen Orgel entschied. Der Auftrag ging an die Orgelmanufaktur Klais in Bonn, und 1979 wurde die neue Klais-Orgel mit ebenfalls drei Manualen auf der rückwärtigen Empore eingeweiht.

Anschließend wurde die ursprüngliche Jugendstil-Ausmalung des Innenraums wieder hergestellt, und in diesem Zusammenhang beschloss man in Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz, auch die alte Walcker-Orgel komplett zu restaurieren. Dies wurde ebenfalls der Firma Klais übertragen. Seit der Wiedereinweihung im Jahre 1987 verfügt die Kirche damit über zwei große Orgeln.

Zusätzlich existiert in der Gemeinde eine Jann-Truhenorgel aus dem Jahre 1984.

Mit dieser Ausstattung und ihrer guten Akustik ist die Kirche eines der kirchenmusikalischen Zentren der hessischen Landeshauptstadt und Heimat des Bachchors Wiesbaden, einer Kinder-Kantorei und des Johann-Walter-Kreises, eines Ensembles mit Renaissance-Instrumenten.

Literatur

  • Baedeker Wiesbaden Rheingau, Karl Baedeker GmbH, Ostfildern-Kemnat, 2001, ISBN 3879540764

Koordinaten: 50° 4′ 13″ N, 8° 14′ 16″ O