„Möbelstil“ – Versionsunterschied

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* [http://www.tischlereivalta.com/stilkunde.htm Stilkunde Möbel], tischlereivalta.com – mit Beispielen, Lexikon und Zeitleiste
* [http://www.tischlereivalta.com/stilkunde.htm Stilkunde Möbel], tischlereivalta.com – mit Beispielen, Lexikon und Zeitleiste
* [http://www.stilmoebel.ch/content/view/31/38/ Stilkunde], Vogel&Schäpper – ein Überblick der Kennzeichen
* [http://www.stilmoebel.ch/content/view/31/38/ Stilkunde], Vogel&Schäpper – ein Überblick der Kennzeichen
* [http://www.goethesgalerie.com/bauernschrank-bemalter-bauernkasten-landhausmoebel/ Bauernmöbel], GOETHEs GALERIE – Bauernmöbel im Überblick
* [http://expositions.bnf.fr/carolingiens/grand/073.htm Sogenannter ''Thron Dagoberts I.'', BnF, Paris, Frankreich]
* [http://expositions.bnf.fr/carolingiens/grand/073.htm Sogenannter ''Thron Dagoberts I.'', BnF, Paris, Frankreich]



Version vom 5. September 2013, 17:01 Uhr

Aachen-Lütticher Vitrinenschrank im Rokoko- oder Louis-quinze-Stil

Ein Möbelstil ist das für eine bestimmte Epoche, ein Gebiet, einen Tischler oder Ebenisten beziehungsweise eine Werkstatt charakteristische, durch einheitliche, ähnliche oder vergleichbare Merkmale in der Beschaffenheit oder der Formgebung gekennzeichnete Gepräge von Möbeln.

Möbelstile stehen in enger Beziehung zur allgemeinen Kulturentwicklung, zu dem jeweiligen Zeitgeist und zu den Architektur- und Kunststilen ihrer Epoche, sind mit Letzteren aber nicht identisch. So wie diese sind sie den Strömungen der Mode unterworfen.

Bestimmung

Die zur Bestimmung eines Stils herangezogenen Kriterien sind die verwendeten Werkstoffe und die Art ihrer Verarbeitung oder Behandlung, die Form des Möbelkorpus und der Beine sowie die Beschaffenheit und Ornamentik der Schnitzereien, Furniere, Intarsien und Inkrustationen, Fassungen, der Polsterung, der Möbelbezüge und der Beschläge.

Während sich die konstruktiven Elemente (Holz- und Metallarbeit) der Architektur der Bauwerke, und den dort herrscheneden Stilen anlehnen, und im Allgemeinen dieser zeitlich nachlaufen, folgen die dekorativen Elemente, insbesondere Bemalungen und Bezüge, der Innenarchitektur (Interieurmalerei, Wandbehang oder -schalung), und sind wie diese den schnellen Änderungen der Bekleidungsmode unterworfen – typischerweise werden etwa Sitzmöbel in dieser Hinsicht öfter umgestaltet, so dass sich hier verschiedene Stilformen mischen können. Funktionale Möbel wie Tafelmöbel, Truhen oder Schränke (Kastenmöbel)) sind ihrer Erscheinung konservativer, als etwa Leuchten, Paravents und ähnliches.

So umfasst die Möbelstilkunde zum einen hochinnovative Elemente, die innerhalb weniger Jahre wechseln, aber auch streng konservative Elemente, die teilweise weit über die der anderen bildenden Künste hinausreichend tradiert werden.

Zeitliche Einordnung der Möbelstile im europäischen Raum

Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die zeitliche Einordnung verschiedener Kunst- und Möbelstile. Die Jahreszahlen sind lediglich als Anhaltspunkte zu betrachten, da Stile einer fließenden Entwicklung unterworfen sind. Des Weiteren ist zu beachten, dass Möbelstile teilweise nach den Herrschern benannt werden, die in der Zeit regierten, als sie aufkamen, deren Regierungszeit aber nicht oder nur selten zeitgleich zu der Einführung und dem Ausklang eines Möbelstils verläuft. Die nachstehenden Jahreszahlen beziehen sich auf die Datierung der Stile.

Allgemeine kunst-
geschichtliche Epochen
Deutschland/Österreich Frankreich England
1000 – 1250 Romanik 1020/1030 – 1250 Romanik 1000 – 1200 Romanik 1066 – 1170 Romanik
1150 – 1550 Gotik 1220 – 1520 Gotik 1140 – 1500 Gotik 1170 – 1550 Gotik
1500 – 1650 Renaissance 1520 – 1650 Renaissance 1500 – 1610 Renaissance 1550 – 1650 Renaissance
1520 – 1610 Manierismus
1600 – 1750 Barock 1620 – 1770 Barock 1650 – 1715 Louis-quatorze 1702 – 1714 Queen Anne Style
1714 – 1727 Early Georgian
  (Georg I.)
1720 – 1770 Spätbarock/Rokoko 1730/40 – 1770 Rokoko / Österr.: Theresianisch 1715 – 1723 Régence 1720 – 1770 Mid Georgian / English rococo
  (Georg II.)
1735 – 1765 Louis-quinze 1750 – 1805 Chippendale
1750 – 1830 Klassizismus 1760 – 1790 bürgerl. Zopfstil 1765 – 1790 Louis-seize (inkl. Transition) 1760 – 1790 Adam-Style
1770 – 1790 Österr.: Josephinisch 1770 – 1811

1785 – 1790
Late Georgian
  (Georg III.)
Hepplewhite-Style
1789 – 1799 Directoire (inkl. Consulat) 1790 – 1830

1790 – 1806
Regency-Style
  (künftiger Georg IV.)
Sheraton
1805 – 1815 Empire 1799 – 1815 Empire
1815 – 1830/48 Restauration 1815 – 1848 Biedermeier 1815 – 1830 Restauration
1830 – 1848 Louis-Philippe (Louis-Philippe I.) 1830 – 1850 Early Victorian
1850 – 1910 Historismus / Eklektizismus 1850 – 1910 Altdeutscher Stil 1850 – 1870 Second Empire 1850 – 1875 High Victorian
1880 – Moderne 1896/1897/1903 – 1920 Jugendstil / Österr.: Secession/Wiener Werkstätte
(nach 1914 vom Expressionismus beeinflusst)
1895/1900 Art Nouveau / Style Métro / Ecole de Nancy 1870 – 1920
1890 – 1910
Arts and Crafts
Glasgow School
1920 – 1940 Art Déco

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt die Internationalisierung der Kunststile, und im gesamten europäisch-nordamerikanischen Raum, wie auch den durch die Kolonisierung kulturell verbunden Weltregionen finden sich stilähnliche Möbel. Zum andern fließen aber auch vermehrt Stilelemente außereuropäischer Hochkulturen und ethnischer Stile ein: Hier datiert man meist seit dem 1. Weltkrieg mit 1920er, 1930er, 1940er, 1950er, 1960er. Seit Mitte des 20. Jh. wird auch das Möbel in seiner stilistischen Gestaltung zunehmend von globalerer Formensprache bestimmt. Die sich – zumindest im urbanen Raum – weltweit annähernden Wohngewohnheiten lassen ähnliche formale Lösungen entstehen: Dieser eklektizististische Stilmix ist kennzeichnend für die Postmoderne.

Um 1720 wurde diese Kommode im höfischen Stil des Rokoko in Paris gefertigt. Solch reiche Intarsien, feuervergoldeten Beschläge und Montierungen dienten als Vorbild für aufgemalte Verzierungen von Bauernmöbeln
Das Bild zeigt einen Verkaufsstand von "Tölzer Waaren". So bezeichnete man im München des 19. Jahrhunderts Möbel, die im bayerischen Oberland hergestellt und prachtvoll farbig bemalt worden waren.

Bauernmöbel

Hirschbacher Bauernmöbel im Mühlviertler Schlossmuseum in Freistadt

Bauernmöbel ist eine Sammelbezeichnung für die Stilsprache ländlicher Regionen, die teils über mehrere Generationen hinweg sehr einheitlich bleibt. Ihre Formgebung lehnt sich, oft etwas zeitversetzt, an die jeweilige Stilepoche an. So gibt es gotische, barocke oder klassizistische Formen, meist mit Bauernmalerei versehen.

Die Produktion erfolgte in kleinen Familienbetrieben. Meist wurden die Möbel ausschließlich aus den billigeren Weichhölzern, wie Fichte, Tanne... gefertigt. Um diesen Makel zu kaschieren, wurden sie reich bemalt. Prächtige Ornamente, Marmorierungstechnik, und Scheinintarsien wurden aufgemalt. Besonders prunkvolle Exemplare sind zusätzlich mit Vergoldungen bzw. Versilberungen verziert, die luxuriös eingerichtete Innenräume von Schlössern, Kirchen und Klöstern zum Vorbild hatten. Insbesondere in dieser aufwendigen Art verzierte Schränke wurden häufig von Brauteltern aus dem wohlhabenden bäuerlichen Bereich erworben. Vollgepropft mit Aussteuertextilien wurden sie prestigeträchtig auf den Brautwagen mit geöffneten Türen durchs Dorf gezogen und so zur Schau gestellt.

Jenseits des ländlichen Raums dienten Bauernmöbel auch in größeren Städten wie München zur Ausstattung der Kammern von Dienstboten.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erreichte diese Art der Möbelproduktion ihren Höhepunkt. In Oberbayern entwickelte sich auf Betreiben des bayerischen Königs Maximilian II. insbesondere in der Gegend um Bad Tölz eine Herstellung in großen Stückzahlen. Als sogenannte "Tölzer Waaren" wurden sie über die Isar per Floß bis nach Linz, Wien und Budapest verschifft.

Bauernmöbel wie Truhen, Kästen, Tische, Bänke und Betten sind heute begehrte Sammlerobjekte. Sie zu besitzen, galt bereits in der Zeit um 1900 bei Künstlern wie Gabriele Münter und Wassili Kandinsky als schick und wurde von Architekten wie Gabriel von Seidl propagiert. Der Heimatstil steht in diesem Zusammenhang. In den 1960-er und 1970-er Jahren wiederholte sich die rege Nachfrage. Viele dieser originalen Bemalungen dem Antiquitätenboom der 90er-Jahre zum Opfer gefallen. Sie wurden abgebeizt. Heute werden holzrohe Nachbauten als „bäuerlich“ empfunden und als Landhausstil angeboten.

Typischerweise klassifiziert man Bauernmöbel nach Zentren der Nebenerwerbstischlerei, etwa Bünder Stil der Ostschweiz, Antholzer Möbel in Südtirol, die sehr wertvollen grünen Tirolermöbel (Alpbacher und Zillertaler Bauernkasten) oder die oft blaugrundigen oberbayrischen Möbel.

In diesem Kontext ist auch der Shakerstil Amerikas zu sehen, der als autochthone Stilentwicklung auf die Wurzeln europäischer Einwanderer zurückgeht.

Siehe auch

Literatur

  • Monatsschrift des Historischen Vereins Oberbayern, 1898,
  • Franz Zell, Bauernmöbel aus dem Bayerischen Hochland. Keller, Frankfurt am Main, 1899.
  • Bärbel Kleindorfer-Marx: Volkskunst als Stil. Entwürfe von Franz Zell für die Chamer Möbelfabrik Schoyerer. S. Roderer, Regensburg 1996, ISBN 3-89073-909-1.

Europa: