Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Dezember 2019 um 15:26 Uhr durch Wikiolo (Diskussion | Beiträge) (→‎WDR-Parodie). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Scherzlied Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad ist bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt und wird in vielen verschiedenen Versionen gesungen. Es entstand möglicherweise schon in den 1930er Jahren als Mischung aus zwei verschiedenen, älteren Schlagern: Der Refrain des Rheinländers Wir versaufen unsrer Oma ihr klein Häuschen, den Robert Steidl 1922 schrieb, bildet die Vorlage für die Melodie, wobei Steidl seinerseits diesen Melodieteil dem Trio-Teil des Liedes Die Holzauktion (um 1890) von Franz Meißner entlehnte. Der Text ist dagegen an den Foxtrott Meine Oma fährt Motorrad, ohne Bremse, ohne Licht (1928) von Ernst Albert (Text) und Erwin Bolt (Musik) angelehnt.

Quellen und Textvarianten

Das Deutsche Volksliedarchiv in Freiburg im Breisgau hat die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Liedes ausführlich erforscht. „Es ist ein Spiegelbild des spielerischen Vergnügens am Absurden und zugleich ein typisches und virulentes Beispiel für jenes Liedgut, das sich parallel zur medial geprägten Musikkultur des 20. Jahrhunderts entwickelt und mit einer gewissen Eigendynamik beständig verändert.“[1] Die genaue Entstehungszeit der Mischfassung ist bislang nicht bekannt. 1935/36 ist das Textincipit erstmals in einer Zeitschrift nachweisbar.[2] Das älteste dem Deutschen Volksliedarchiv vorliegende Incipit stammt aus dem Jahr 1942.[1]

Version von 1958

Gedruckt erschien Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad erstmals 1958 im Liederbuch Der Zündschlüssel vom Fidula-Verlag nach der Erinnerung des Herausgebers Johannes Holzmeister.[3]

1. Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, Motorrad, Motorrad,
00meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad,
00meine Oma ist ’ne ganz patente Frau.

2. Meine Oma hat im hohlen Zahn ein Radio …

3. Meine Oma hat ’nen Nachttopf mit Beleuchtung …

4. Meine Oma hat ’ne Glatze mit Geländer …

5. Meine Oma hat ’ne Brille mit Gardinen …

6. Meine Oma hat ’nen Pet[t]icoat aus Wellblech …

7. Meine Oma hat im Strumpfband ’nen Revolver …

8. Denn meine Oma spielt in Hollywood ’nen Cowboy …

Version von 1980

Fredrik Vahle veröffentlichte 1980 im Liederspatz eine Version mit 25 Strophen, wobei die Oma der Zeit entsprechend hinter dem Lenkrad sitzt, Tagesschau guckt und in die Disco geht.[4]

WDR-Parodie

Der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) hat 2019 mit dem WDR-Kinderchor der Dortmunder Chorakademie eine neue Version aufgenommen, welche von einem Autor der WDR-2-Redaktion stammt und „mit Überspitzung und Humor den Konflikt zwischen den Generationen aufs Korn nehmen“ sollte.[5][6] Diese Version wurde am 27. Dezember 2019 als Abrufvideo online gestellt. Das Video wurde nach Kritik am Text („Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau …“) kurze Zeit später gelöscht.[7] Kopien des Videos sind nach wie vor bei YouTube abrufbar.[8] Tags drauf in einer WDR-Sondersendung am 28. Dezember entschuldigte sich der Intendant des Senders, Tom Buhrow, „ohne Wenn und Aber“ für das Video und bezeichnete es als einen „Fehler“, ebenso wie Programmchef Jochen Rausch.[7] In einer Stellungnahme bezog sich Chorleiter Zeljo Davutovic positiv auf die „von Kindern und Jugendlichen“ ausgehende „Bewegung“ Fridays for Future und betonte: „Es geht nicht um die Oma, sondern um uns alle“.[6] Als Reaktion auf die Parodie demonstrierten am 29. Dezember 2019 rechtsgerichtete Gruppen – begleitet wiederum von linksgerichteten Gruppen und der Polizei – vor dem Gebäude des WDR in Köln gegen den Sender und die Aufführung des Liedes; insgesamt vor Ort waren rund 100 Personen.[9][10][11]

Rhythmik und Melodik

Die Textpassagen „Meine Oma fährt …“ beginnen jedes Mal mit einer Sexte als markantem Tonsprung aufwärts, gefolgt von zwei Tetrachorden abwärts. Die Energie dieser Achtelnoten mündet zunächst in das dreimalige „Motorrad“-Motiv, bestehend aus einer wiegenden Terz abwärts. Nach Wiederholung der Textpassage „Meine Oma fährt …“ steigt die Melodie stufenweise in Achtelnoten zum abschließenden Grundton der Tonart an.

Einzelnachweise

  1. a b Eckhard John, Renate Sarr: Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad (2008). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
  2. Gerd Eckert: Schlagertexte wenig verändert. In: Der Türmer: Deutsche Monatshefte. Die Bergstadt, Band 38 (1935–36), Teil 2, ZDB-ID 501058-5, S. 87–89, hier S. 88 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Version von 1958, in Der Zündschlüssel
  4. Version von 1980, im Liederspatz
  5. Anna Ernst:"Dieses Ausmaß habe ich im Ansatz nicht erwartet", sueddeutsche.de vom 29. Dezember 2019
  6. a b Zeljo Davutovic, Chorleitung WDR Kinderchor Dortmund. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  7. a b Und dann ruft Tom Buhrow in der Sondersendung an. In: welt.de. 28. Dezember 2019, abgerufen am 28. Dezember 2019.
  8. WDR 2 Comedy Kinderchor: "Meine Oma ist ne alte Umweltsau" in HD 720p auf YouTube
  9. „Umweltsau“-Satire: Chorleiter wehrt sich - „Neonazis“ pöbeln vorm WDR. 29. Dezember 2019, abgerufen am 30. Dezember 2019.
  10. Streit um "Umweltsau"-Video - Demonstration vor dem WDR in Köln. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  11. Warum ein Kinderlied über "Oma Umweltsau" für Aufregung sorgt. derStandard.de, 29. Dezember 2019, abgerufen am 30. Dezember 2019 (österreichisches Deutsch).