Mordfall Tristan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Beim Mordfall Tristan handelt es sich um den ungeklärten Mord an dem 13-jährigen Tristan Brübach aus Frankfurt am Main am 26. März 1998 in Frankfurt-Höchst.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tristan Brübach wurde am 3. Oktober 1984 in Frankfurt am Main als Sohn von Iris und Bernd Brübach geboren.[1] Er wuchs in den Frankfurter Stadtteilen Höchst und Unterliederbach auf. In seiner Schulzeit besuchte er die Walter-Kolb-Grundschule in Frankfurt-Höchst, anschließend ging er auf die Meisterschule in Frankfurt-Sindlingen. Nach dem frühen Tod seiner Mutter durch Suizid im Jahr 1995 wuchs Tristan alleine bei seinem Vater auf.

Tathergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Tattag wurde der Junge gegen 15:20 Uhr das letzte Mal in der Bruno-Asch-Anlage am Bahnhof Frankfurt-Höchst lebend gesehen; die Meldung des Fundes seiner Leiche in einer Unterführung des Liederbachs westlich des Bahnhofes Frankfurt-Höchst (dem „Liederbach-Tunnel“) ging bei der Polizei um 17:08 Uhr ein. Der Junge wurde bewusstlos geschlagen und gewürgt, die Todesursache war ein Schnitt in den Hals. Der Leiche wurden nach Eintritt des Todes beide Hoden sowie Muskelfleisch aus Gesäß und Oberschenkeln entfernt. Nach der Tat legte der Täter die Leiche auf einem Betonsockel ab.[2] Der Mörder wurde während der Tatausführung aus einiger Entfernung von drei Jugendlichen beobachtet, die die Tat aber nicht als solche erkennen konnten. Sie gaben den Ermittlern später eine Beschreibung des Täters, die bislang zu keinem Fahndungserfolg führte.[3] Ein Jahr nach der Tat wurde im März 1999 Tristans Rucksack in einem Waldstück bei Niedernhausen entdeckt, etwa 25 Kilometer vom Tatort entfernt. Weil sich in dem Rucksack eine Deutschland-Straßenkarte in tschechischer Sprache befand, wurden auch in Tschechien und in der Slowakei Fahndungsaufrufe zu dem Fall im Fernsehen ausgestrahlt, doch auch das brachte keine neuen Hinweise.

Ermittlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei den Ermittlungen wurden ab 2002 in bis dahin noch nicht gekanntem Maße verdachtsunabhängige Reihenuntersuchungen an Fingerabdrücken durchgeführt. Es wurden hierbei alle damaligen männlichen Einwohner der Stadtteile Höchst und Unterliederbach im damaligen Alter von 15 bis 45 Jahren sowie auch Berufspendler um die Abgabe von Fingerabdrücken gebeten. Bis 2014 hatten 98,65 % der damaligen Höchster und 92,95 % der damaligen Unterliederbacher Einwohner ihre Fingerabdrücke abgegeben.[4] Im Zuge der Ermittlungen gab es auch falsche Hinweise, die die Ermittlungen erschwerten. So meldete sich eine Frau aus Amerika und beschuldigte ihren Ex-Ehemann; erst nach längeren Untersuchungen stellte sich heraus, dass es sich lediglich um einen geschickten Rachefeldzug handelte und der Mann nichts mit dem Mord zu tun hatte.[5]

Am 19. Mai 2016 gab das Hessische Landeskriminalamt in Wiesbaden bekannt, dass der 2014 verstorbene Manfred Seel, der unter dem Verdacht steht, mehrere Frauen ermordet zu haben, möglicherweise auch für den Mord an Tristan Brübach verantwortlich sei.[6] Allerdings gebe es dafür nur Indizien. Im Oktober 2017 teilte die Leiterin der Pressestelle der Frankfurter Polizei mit, dass Seel als Täter ausgeschlossen worden sei. Die öffentliche Fahndung nach Tristans Mörder werde „demnächst“ wiederaufgenommen.[7]

Besonderheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phantom Zopfträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es handelt sich dabei um den Hauptverdächtigen, eine zur Tatzeit etwa 20 bis 30 Jahre alte männliche Person mit einer auffälligen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oder Narbe an der Oberlippe und einem ungepflegten Gesamterscheinungsbild, die von mehreren Zeugen gesehen wurde und von der durch mehrere Zeugenaussagen ein Phantombild erstellt wurde. Mit dem Phantombild wurde bereits weltweit nach dem Täter gesucht, aber es konnte niemand ermittelt werden. Zum ersten Mal wurde die Person an dem Tattag, kurz nach der Tat, gegen 15:50 Uhr direkt am Liederbach-Tunnel aus einem Gebüsch kommend, von einem zwölfjährigen Mädchen gesehen. Die Person trug eine Mütze, bei der hinten ein Pferdeschwanz oder ein Zopf herausschaute. Etwa eine Woche später tauchte der Mann bei einer Anwaltskanzlei auf, bei der er sich gegenüber der Anwaltsgehilfin wie folgt äußerte: „Ich bin gerade aus dem Knast entlassen worden und habe schon wieder Mist gebaut.“ Die Anwaltsgehilfin schickte ihn daraufhin zu einer anderen Kanzlei für Strafsachen, die der Unbekannte aber nicht aufsuchte. Eine Woche später meldete sich eine weitere Zeugin, die Tristan persönlich kannte und ihm regelmäßig Nachhilfe gab. Die Zeugin gab an, dass sie nur wenige Tage vor dem Mord Tristan in Begleitung eines erwachsenen Mannes gesehen habe, der genauso aussah wie die Person auf dem Phantombild. Sie war sich sicher, diesen Mann mehr als einmal gesehen zu haben.

Unabhängig davon, ob der Zopfträger der mögliche Täter ist, gab es eine weitere Zeugin, die eine abweichende Beobachtung mit Bezug auf die möglichen Täter machte. Es handelt sich dabei um die Frau aus der Bruno-Asch-Anlage, die Tristan kurz vor der Tat gegen 15:20 Uhr letztmals lebend sah. Er habe allein auf einer Parkbank gesessen und eine Zigarette geraucht. Sie unterhielt sich ein wenig mit ihm und wollte kurze Zeit später wieder weitergehen. Noch nicht weit von der Parkbank entfernt, drehte sie sich noch einmal um und sah, wie sich zwei Männer rechts und links von Tristan auf die Parkbank setzten. Nur zehn bis 25 Minuten später kam es rund 500 Meter weiter im Liederbach-Tunnel zu dem Mord an Tristan Brübach. Aufgrund des Tathergangs und der großen Ähnlichkeit zum Phantombild, geriet im Jahr 2020 Christan B. unter Verdacht, der ominöse Zopfträger sein zu können. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt äußerte sich später jedoch, dass sich bisher kein konkreter Tatverdacht ergab.[8]

Unbekannter Anrufer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einen Tag nach der Beerdigung des Jungen hatte sich ein bislang unbekannter Mann am 7. April 1998 telefonisch bei der Polizei gemeldet und behauptet, er sei Tristans Mörder – er stehe am Höchster Bahnhof und wolle abgeholt und festgenommen werden. Als die Polizisten dort eintrafen, war er verschwunden. Ab September 1998 konnte die Stimme des Anrufers vorübergehend bundesweit unter der Telefonnummer 0 11 66 abgehört werden.[9] Bis heute konnte der Anrufer nicht ermittelt werden.

Grab[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elf Tage nach seiner Ermordung, den 6. April 1998, wurde Tristan auf dem Friedhof in Frankfurt-Höchst beigesetzt. In der Nacht des 7. auf den 8. Oktober 1999 schlich sich eine oder mehrere unbekannte Personen nachts an das Grab des Jungen auf dem Friedhof Höchst und grub 1,20 Meter tief nach dem Sarg, dann verschwand sie. Die Polizei vermutet, dass die Person gestört wurde. Die Ruhefrist für die Grabstelle ist im März 2018 abgelaufen. Da Tristans Eltern beide verstorben sind – sein Vater starb 2014 im Alter von 59 Jahren.[10] – und keine anderen Verwandten die Kosten für die Grabstelle und ihre Pflege tragen könnten, wollte sich nach Angaben der Polizei eine Bürgerinitiative um den Erhalt des Grabes kümmern.[7] Im März 2018 wurde angesichts der bevorstehenden Räumung des Grabes eine Gedenkstätte für Tristan errichtet.[11][12]

Belohnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main hat für Hinweise, die zur Ermittlung von Tristans Mörder führen, eine Belohnung von 15.000 Euro ausgesetzt. Diese Belohnung wurde von einer Privatperson um 5.000 Euro aufgestockt. Eine zweite Privatperson setzte befristet bis zum Mai 2016 eine Belohnung von 80.000 Euro aus, sodass vorübergehend 100.000 Euro Belohnung ausgesetzt waren.[2] Gegenwärtig beträgt die Summe der ausgesetzten Belohnungen 20.000 Euro.[7]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2017 erschien der Roman „Menschenfischer“ des Frankfurter Schriftstellers Matthias Altenburg (unter dem Pseudonym Jan Seghers). Die Handlung lehnt sich zunächst eng an den Fall Tristan Brübach (alias Tobias Brüning) an, entwickelt sich dann jedoch zu einer rein fiktiven Geschichte.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fernsehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mord an Tristan Brübach: Biographie von Tristan. auf: bka.de, 18. November 2006, abgerufen am 22. Juli 2018.
  2. a b Bundeskriminalamt: Unbekannte Person. Mord. Tristan Brübach. Fahndungsaufruf vom 4. November 2009, zuletzt aktualisiert am 2. April 2015, abgerufen am 13. Oktober 2017.
  3. Tagesablauf von Tristan Brübach am Todestag, 26.03.1998, Fahndungsinformationen des Bundeskriminalamts, Wiesbaden, Online, abgerufen am 20. Mai 2016.
  4. Bundeskriminalamt: Ungeklärte Mordfälle: Mord an dem 13-jährigen Tristan Brübach (Aktuelles). (Memento vom 8. Mai 2016 im Internet Archive), abgerufen am 20. Mai 2016.
  5. Julia Jüttner: Fall Tristan Brübach: Kommissar Fey und das Rätsel vom Liederbach-Tunnel. In: Spiegel Online. 24. März 2018, abgerufen am 9. Juni 2018.
  6. Grausige Details zum Schwalbacher Serienmörder. hessenschau.de, 19. Mai 2016, abgerufen am 19. Mai 2016.
  7. a b c Fall Tristan. Heiße Spur zerschlagen - Internetfahndung geht weiter (Memento vom 6. August 2018 im Internet Archive), hessenschau.de vom 9. Oktober 2017, abgerufen am 11. Oktober 2017.
  8. S. Rustler: Mord in Frankfurt: Fall Tristan Brübach auch nach 25 Jahren ungelöst. In: Hessenschau. 26. März 2023, abgerufen am 22. März 2024.
  9. Stimme des unbekannten Anrufers., abgerufen am 22. Juli 2018
  10. Holger Vonhof: Tristans Vater starb als gebrochener Mann. In: Frankfurter Neue Presse. 26. Februar 2015, abgerufen am 8. Januar 2022: „Bernd Brübach, der seinen Sohn Tristan nach dem Selbstmord der Mutter seit 1995 allein erzogen hatte und zum Zeitpunkt der Tat im Einzelhandel im Frankfurter Hauptbahnhof arbeitete, ist bereits im Dezember im Alter von 59 Jahren gestorben.“
  11. 20. Todestag am Montag: Ermordeter Tristan bekommt Gedenkort. In: Hessenschau. 26. März 2018, archiviert vom Original am 9. Juli 2018; abgerufen am 26. Mai 2018.
  12. Erinnerung an Tristan Brübachs Schicksal, fnp.de, 26. März 2018