Negatives Üben

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Als negatives Üben (englisch negative practice) bezeichnet man in der Verhaltenstherapie bestimmte Methoden, die darauf zielen, einer Person gewohnheitsmäßiges problematisches Verhalten abzugewöhnen bzw. diese Verhaltensgewohnheit zu mildern. Negatives Üben besteht darin, dass der Person das unerwünschte Verhalten nicht etwa verboten, sondern vom Therapeuten bzw. Erzieher im Gegenteil so massiv auferlegt wird, dass die Person das Verhalten schließlich aufgibt, weil sie davon ermüdet ist.[1]

Anwendungsbereiche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erfolgreich angewandt wird die Technik u. a. beim Umgang mit kleinen motorischen Gewohnheiten wie z. B. Tics oder nächtlichem Zähneknirschen. Das vom Therapeuten erzwungene anstrengende Üben führt dazu, dass die Bewegung als so unangenehm empfunden wird, dass sie auch außerhalb der Therapiesitzungen seltener wird. Nachgewiesenermaßen ist die Technik auch bei der Behandlung des Pica-Syndroms nützlich und mit Einschränkungen auch bei der des Tourette-Syndroms. Weitere Erfolge hat sie auf Anwendungsgebieten wie dem Klavier- und Orgelunterricht gezeigt, wo sie eingesetzt werden kann, um feinmotorische Routinen zu verbessern. Weniger effektiv ist sie dagegen bei der Behandlung von Problemen, denen eine Inhibition zugrunde liegt wie etwa dem Stottern.[1]

Gelegentlich ist negatives Üben auch als Erziehungsmethode vorgeschlagen worden, etwa als Möglichkeit, um gewohnheitsmäßigen kindlichen Wutanfällen zu begegnen.[2]

Abgrenzung des Begriffs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Negatives Üben wird gelegentlich mit Überkorrektur (englisch overcorrection, positive practice overcorrection, restitutional overcorrection) verwechselt, einer Methode, bei der erwünschtes Verhalten in unverhältnismäßig großem Umfang auferlegt wird (z. B. durch Reinigen sämtlicher Tische, nachdem ein Schüler einen Tisch beschmiert hat).[3]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • P. C. Duker, M. Nielen: The use of negative practice for the control of pica behavior. In: Journal of Behavior and Experimental Psychiatry, Band 24, 1993, S. 249–253
  • J. C. Masters, T. G. Burish, S. D. Hollon, D. C. Rimm: Behavior therapy: Techniques and empirical findings. 3. Auflage. Harcourt Brace Jonavich, Orlando FL 1987
  • L. Storms: Massed negative practice as a behavioral treatment for Gilles de la Tourette’s syndrome. In: American Journal of Psychotherapy, Band 39, 1985, S. 277–281
  • A. J. Yates: Negative practice: The theoretical interpretation. In: Australian Journal of Psychology, Band 11, 1959, S. 126–129

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Michel Hersen, George Sugai, Robert Horner (Hrsg.): Encyclopedia of Behavior Modification and Cognitive Behavior Therapy. Sage, Thousand Oaks 2005, ISBN 0-7619-2747-6, S. 915 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. John N. Marr: Manual of Behavior Modification. A Guide for Parents. Xlibris, 2010, ISBN 978-1-4568-2701-4, S. 40 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Ronald C. Martella, J. Ron Nelson, Nancy E. Marchand-Martella, Mark O’Reilly: Comprehensive Behavior Management. Individualized, Classroom, and Schoolwide Approaches. Sage, Los Angeles u. a. 2012, ISBN 978-1-4129-8827-8, S. 205 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). P. A. Alberto, A. C. Troutman: Applied behavior analysis for teachers. Pearson, Upper Saddle River NJ 2009