Neuwerk-Bewegung
Die Neuwerk-Bewegung entstand nach dem Ende des Ersten Weltkriegs als protestantische Jugendbewegung.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während der Novemberrevolution hatte sich in der Demokratischen Partei eine religiöse Gruppe gebildet, die die Zeitschrift Der christliche Demokrat herausgab. Diese Gruppe löste sich schon 1919 aus der Partei. Die Zeitschrift wurde in Das Neue Werk, später Neuwerk – ein Dienst am Werdenden umbenannt.[1] Sie wurde herausgegeben von Georg Flemmig, Normann Körber, Hermann Schafft und Wilhelm Wibbeling[2] und erschien noch bis 1935.
Die Neuwerk-Bewegung nannte sich auch Schlüchterner Kreis, da sie 1920 auf einer Jugendtagung in Schlüchtern (Main-Kinzig-Kreis, Hessen) gegründet worden war und dort ihr Zentrum hatte.
Georg Flemmig, über dessen „persönliche Ausstrahlung geradezu schwärmerisch berichtet wurde“, der aber Schlüchtern nur selten verlassen hatte, galt als „‚die stille Mitte‘ der ganzen erst später entstehenden Neuwerkbewegung. Tatsächlich hatten in den Zimmern des Dorfschullehrers Karl Barth und Paul Tillich, der Hamburger Reeder Kurt Woermann, Martin Buber, ‚Konservative und Sozialisten‘, Regierungsbeamte aus Kassel und vor allem viele Mitglieder der verschiedenen Jugendbewegungen Gespräche geführt und mancherlei Rat gefunden.“[3] Führender Kopf der eigentlichen Bewegung war aber der Theologe Eberhard Arnold (1883–1935). In den Jahren 1919/1920 gründete er in Schlüchtern zwei Gemeinschaftssiedlungen, in denen Arbeit, Alltag und Freizeit gemeinsam nach dem Leitbild der Bergpredigt und der christlichen Urgemeinde gestaltet wurden. Dazu zählte auch der außerhalb von Schlüchtern-Elm gelegene Habertshof. In den folgenden Jahren wurden weitere Höfe unter der Leitung von Emil Blum errichtet. Im Vergleich zu anderen evangelischen Jugendorganisationen gewann sie dadurch Eigenständigkeit, dass Teile der christlichen Studentenbewegung wie auch Vertreter des religiösen Sozialismus aufgenommen wurden.
1933 wurde der seit zehn Jahren bestehende Habertshof von der Hitlerjugend besetzt und dann geschlossen. Im selben Jahr kam es zum letzten Treffen der Gruppe.
Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bewegung war sowohl im religiösen Sozialismus verwurzelt als auch stark von der Theologie Karl Barths und seines Tambacher Vortrags beeinflusst. Sie stand in gewisser Distanz zur als einseitig reaktionär empfundenen Haltung der evangelischen Amtskirche.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Antje Vollmer: Die Neuwerkbewegung. Zwischen Jugendbewegung und religiösem Sozialismus. Herder: Freiburg, Basel, Wien 2016. ISBN 978-3-45131504-6.
- Peter Gbiorczyk:
- Propst Wilhelm Wibbeling (1891 bis 1966). Jugendbewegter, reformierter Theologe im "Zeitalter der Extreme", Aachen 2016, ISBN 978-3-8440-4772-1
- Wider den „beängstigenden völkischen Fimmel“: Propst Wilhelm Wibbeling (1891–1966) über Kirche, Staat und Volk. Ein historischer Rückblick. In: Hanauer Geschichtsverein 1844 (Hg.): Neues Magazin für Hanauische Geschichte 2018, S. 165–205.
- Emil Blum: Die Neuwerk-Bewegung 1922–1933. Johannes-Stauda-Verlag, Kassel 1973, ISBN 3-7982-0118-8.
- Antje Vollmer: Die Neuwerkbewegung 1919–1935. Ein Beitrag zur Geschichte der Jugendbewegung, des Religiösen Sozialismus und der Arbeiterbildung. Verlag Blasaditsch, Augsburg 1973 (Inaugural-Dissertation, Berlin 1973).
- Wilhelm Wibbeling: Die Neuwerk-Bewegung. In: Hermann Schafft: Ein Lebenswerk. Kassel 1960, S. 55–60.
- Stephan Wehowsky: Religiöse Interpretation politischer Erfahrung. Eberhard Arnold und die Neuwerksbewegung als Exponenten des religiösen Sozialismus zur Zeit der Weimarer Republik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1980.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Robert Drill: Die neue Jugend. Frankfurter Societäts-Druckerei 1921, S. 10
- ↑ Zu seiner Person siehe: Gbiorczyk.
- ↑ Zitiert nach Stephan Wehowsky: Religiöse Interpretation politischer Erfahrung. Eberhard Arnold und die Neuwerkbewegung als exponenten des religiösen Sozialismus zur Zeit der Weimarer Republik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1980. S. 68. Google Books online