Nikolaus Beusser

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Nikolaus Beusser (* vor 1605/10 vermutlich in Bingen, Kreuznach oder Mainz; † 1649 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Rechenmeister, Lehrer und Buchhalter.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nikolaus Beusser wirkte vor 1628 „ein zeit lang“ als „Rechen Schulmeister“ in Kreuznach, das seit 1620 im Dreißigjährigen Krieg Sitz des kaiserlich-spanischen Generalgouverneurs der Unterpfalz war. Danach hielt er sich in Frankfurt am Main auf. Sein dort 1629 erschienenes Rechenbuch vonn Mancherley Kauffmanns Händel widmete er im September 1628 als „gehorsamer Burgers Sohn“ „dem Ehrnvesten, Hoch vnnd Wohlgelährten, Auch Ehrsame, Fürsichtige vnnd Weise Herrn Schultheiß, Burgermeistere vnd Rat der Statt Creutznach“. Sich selbst bezeichnete Nikolaus Beusser in dem Buch als „Arithmeticus“. Keine der drei übrigen Freien Künste des Quadriviums (Geometrie, Musik, Astronomie) könne ohne die Grundlage der vierten, der Arithmetik, bewältigt werden. In seinem zum Selbststudium angelegten Lehrbuch beabsichtigte er, „Theorick“ und „Practick“ erstmals konsequent von einander abzusetzen. In einem der Beispiele seines Rechenbuchs gab Beusser den Erdumfang in Aufnahme von Peter Apian, Sebastian Münster u. a. mit 5400 Deutschen Meilen an (per Definition 1/15 eines Äquatorialgrades, ca. 7,42 km = 40.070 km).

In Kreuznach waren ein Haus mit Scheune und Hof bei der großen steinernen Nahebrücke gegenüber dem ehemaligen „Lombarden-Haus“, zwei Hofstätten beim „Bleiden-Haus“ (Zeughaus), von denen eine Mitte des 15. Jahrhunderts ein „Frauenhaus“ war,[1] und einige weitere Liegenschaften seit 1557 im Lehnsbesitz der Bingen-Mainzer Gelehrten- und kurmainzischen Beamtenfamilie Beusser (Beußler), die von der 1580 ausgestorbenen adeligen Familie der Beuser von Ingelheim zu unterscheiden ist.[2] Die Liegenschaften in Kreuznach waren nacheinander im Lehensbesitz von: 15. Jahrhundert Kleyne (Cleyn) Heintze († vor 1442),[3] dem badischen Landschreiber[4] Nikolaus Ruß von Owilre († um 1464),[3][1] 1464 dessen Schwiegersohn Nikolaus (Clais von) Roide[1] († nach 1482),[5] Anfang des 16. Jahrhunderts dem badischen Landschreiber Peter von Sankt Aldegund († vor 1534),[6] 1534 Stadtschreiber Johann Lesch († nach 1536) für seine Schwiegermutter Margarete Aldegund geb. Werstetter,[7] 1557 Christmann (Chrißman) Beuser († um 1561) für seine Frau Eva Aldegunt († nach 1562; Tochter von Margarete Werstetter), 1561 Thilmann Nastetter († um 1565; Enkel der verstorbenen Margarete Werstetter),[8] 1565 Kaspar Beuser († um 1586) für seine Mutter Eva Aldegund, 1586 dessen Sohn Heinrich Beusser († 1629), danach wahrscheinlich Dr. Kaspar Beußer († 1631) oder Magister Johann Henrich Beusser (* vor 1595; † nach 1657)[9] und 1657 Franz Philipp Beuser († 1683).[10] Als Vater oder naher Verwandter von Nikolaus Beusser kommt davon vor allem Heinrich Beusser in Betracht.

Nach der Eroberung Kreuznachs durch König Gustav II. Adolf von Schweden wirkte Nikolaus Beusser von 1632 bis 1635 als Schul- und Rechenmeister an der Schule der wieder errichteten Lutherischen Gemeinde.[11] 1635 verließ Nicolaus Beusser, „Rechneimeister von Kreuznach“, die Stadt und suchte um das Frankfurter Bürgerrecht nach.[12]

1639 beklagte sich Beusser beim Rat der Stadt über Rektor Johannes Valentini (Velten) (1601–1684)[13] und Konrektor Elias Hoffmann († 1656) der lateinischen Schule (Gymnasium „bei den Barfüßern“)[14] sowie über die beiden Schüler Schleicher und Schmidt.[15] Er versah den Hausschreiberdienst im Frankfurter Leinwandhaus; seine Witwe Anna Barbara bat 1649 darum, dass ihr dieser Dienst übertragen werde.[16] Auch der Schul- und Rechenmeister Hans Conrad Redlich[17] bemühte sich 1649 um die Übertragung des vakanten Messschreiberdienstes im Leinwandhaus.[18]

1650 beantragte Anna Barbara Beusser einen „Proklamationszettel“, weil sie wieder heiraten wollte.[19]

1669 wurde in Frankfurt postum Beussers Schrift Neu Vollkommenes Buchhalten veröffentlicht, in der er die Grundlagen der doppelten Buchführung nach italienischem Vorbild erläutert hatte. Sie war dem damals maßgeblichen Kaufmannshandbuch über das Wechsel-Wesen des Martin van Velden beigebunden, das auf Veranlassung des Verlegers Johann Peter Zubrodt († 1682) aus dem Niederländischen[20] zur Frankfurter Herbstmesse dieses Jahres übersetzt worden war.[21]

Johann Vincenc Beusser, deutscher Schul- und Rechenmeister, wahrscheinlich ein Sohn von Nikolaus Beusser, suchte 1669 beim Rat der Stadt Frankfurt um „Conferierung“ (Übertragung) des vakanten Kastenbereiter- und Kornschreiberdienstes nach.[22] 1671 war er unter den zwölf „Wohl-bestellten Hoch-Teutschen[23] Schul- Schreib- und Rechenmeistern“ der Stadt Frankfurt am Main, denen ihr Kollege Johann Caspar Keiser ein Rechenbuch widmete.[24] Vermutlich war Vincentz Beusser Herausgeber oder Mitverfasser des 1669 erschienenen Buches seines Vaters Nikolaus Beusser.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Familiennotizen von Heinrich, Caspar und Frantz Philip Beußer [teilweise unleserlich] auf dem Codex St. Anselmus Frag' und unser lieben Frauen Klag; Bayerische Staatsbibliothek München (Cod. germ. 134) (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek München)[25]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • (falsche bibliographische Angabe mit verlesenem Erscheinungsjahr MDCXXIV (1624) statt MDCXXIX (1629);[26] vgl. die Vorrede an den Leser vom 1. September 1628) Rechenbuch vonn Mancherley Kauffmanns Händel … Frankfurt am Main 1624[27] (= 1629; s. das Folgende)
  • Rechenbuch vonn Mancherley Kauffmanns Händel. Fragsweise, durch die Theor- vnd Welsche Practick auffgelöst vnnd Abgesetzet.[28] Der gestalt Daß nit allein die junge Anfahende Rechner darauß lehrnen, sondern auch Alle (so der Rechenkunst ein anfang haben) … Vincentius Steinmeyer / Johan-Nicolaus Stoltzenberger, Frankfurt am Main 1629 (Google-Books)[29]
    • 2. Aufl. Frankfurt am Main 1651[27]
  • Neu Vollkommenes Buchhalten Uber Propre-, Commissions-, Compagnie-Handlungen, Wie dieselbe nach Italianischer Manier, und gründlicher Disposition der Debitoren und Creditoren, ordentlichen zu Buch gebracht, und Rechnungen darauß formiret. Johann Peter Zubrodt / Paul Humm, Frankfurt am Main 1669 (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek München), (Google-Books)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jörg Julius Reisek: Nikolaus Beuser „gewesener Rechen Schulmeister zu Creutznach“. In: Naheland-Kalender (1995), S. 153–155
  • Christoph Flegel: Die lutherische Kirche in der Kurpfalz von 1648 bis 1716 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte 175). Philipp von Zabern, Mainz 1999
  • Rainer Gebhardt: Zu den Rechenbüchern des Nikolaus Beusser. In: Visier- und Rechenbücher der frühen Neuzeit. Adam-Ries-Bund, Annaberg-Buchholz 2008, S. 141–162
  • Rainer Gebhardt: Nicolaus Beusser – Der Arithmeticus. In: Anne Rom (Hrsg.): Schatzkammer der Rechenkunst. Historische Rechenbücher im Adam-Ries-Museum Annaberg-Buchholz. (Sächsische Museen. Fundus 4 = Schriften des Adam-Ries-Bundes Annaberg-Buchholz 20). Adam-Ries-Bund, Annaberg-Buchholz 2008, S. 197–202
  • Max Plassmann: Zur Bibliothek des Kreuznacher Franziskanerkonvents. In: Wissenschaft und Weisheit 70 (2007), S. 212–230, bes. S. 218f

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Regest vom 11. Dezember 1464; Johann Georg Lehmann: Die Grafschaft und die Grafen von Spanheim der beiden Linien Kreuznach und Starkenburg, Bd. II. R. Voigtländer, Kreuznach 1869, S. 185 (Google-Books).
  2. Wappen der Binger und Mainzer Beusser ist in Blau eine goldene Hausmarke in Form eines Dreiecks aus dessen Spitze ein Doppelkreuz wächst; vgl. Hauptstaatsarchiv Darmstadt (Bestand R 21 G Siegel-Nachweise, Buchstabe B, Beußer, Johann Heinrich, päpstlicher Notar, 1655) u. a.; Annelen Ottermann: Woher unsere Bücher kommen. (Veröffentlichungen der Bibliotheken der Stadt Mainz 59). Landeshauptstadt Mainz, Mainz 2011, S. 70–72 (PDF; 4,51 MB). Die Beuser von Ingelheim führten in Schwarz ein zweireihiges gold-rot geschachtes gemeines Kreuz.
  3. a b Vgl. Urkunden vom 20. April 1442 und 15. Oktober 1454 (2 Hofstätten bei dem „blydenhuße; blidenhuse“); Badische Historische Kommission (Hrsg.): Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg 1015–1515, Bd. III. Wagner, Innsbruck 1907, Nr. 6176, S. 126 (Digitalisat); Bd. IV. Wagner, Innsbruck 1915, Nr. 7765, S. 17 (Digitalisat im Internet Archive).
  4. Nikolaus Ruyß (Ruße) von Ohlweiler war zunächst Kleriker und Notar, ab 1437 badischer Landschreiber in Kreuznach; vgl. u. a. Urkunde vom 21. Dezember 1439; Landeshauptarchiv Koblenz (Bestand 33 Reichsgrafschaft Sponheim, Urkunde 20126), 1454 Landschreiber in Trarbach.
  5. Urkunden vom 4. November 1471; 28. Mai 1482; Landeshauptarchiv Koblenz (Bestand 125 Kreuznach, Karmeliterkloster, Urkunde 48; Bestand 33 Reichsgrafschaft Sponheim, Urkunde 16423 und 13957 009).
  6. 1510 badischer Landschreiber in Kreuznach.
  7. Tochter des Werner von Wörrstadt und Witwe des Peter von St. Aldegund; vgl. Johannes Mötsch: Ein Gefälleregister der Kanzlei des Pfalzgrafen Johann II. von Simmern († 1557). In: Archiv für Diplomatik 35 (1989), S. 463–511, bes. S. 474.
  8. Vermutlich verwandt mit Nikolaus Nastetter (* um 1487; † um 1566) von Oberwesel, Hofrat zu Simmern, Memorientafel in der Stephanskirche Simmern, und mit dem kurpfälzischen Schaffner Johann Nastetter († vor 1591) in Kreuznach.
  9. 1611 immatrikuliert zum Studium der Rechte in Würzburg.
  10. Vgl. Landeshauptarchiv Koblenz (Reichsgrafschaft Sponheim, Urkunden 16876-16880 und 17486); Staatsarchiv Würzburg (Stift St. Alban Mainz, Urkunde 1562 Juni 30); Eckhart Pick: Mainzer Reichsstaatsrecht. Inhalt und Methode. Ein Beitrag zum lus publicum an der Universität Mainz im 18. Jahrhundert. (Recht und Geschichte 7). Steiner, Wiesbaden 1977, S. 43; etwas anders (Frantz Philip Beußer † 1658) Bayerische Staatsbibliothek München (Cod. germ. 134).
  11. Vgl. Christoph Flegel: Die lutherische Kirche in der Kurpfalz von 1648 bis 1716 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte 175). Philipp von Zabern, Mainz 1999, S. 79f.
  12. Vgl. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Bestand Ratssupplikationen, 1635).
  13. Vgl. Johann Valentini: Liber visitationum scholasticarum actorumque aliorum in Gymnasio Francofurtani, 9. Juni 1635 - 12. Mai 1642; Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (Cod. hist. litt. 2° 17).
  14. Vgl. Jacob Helfenstein: Die Entwickelung des Schulwesens in seiner cultur-historischen Bedeutung … dargestellt in Bezug auf … Frankfurt, Bd. I. Sauerländer, Frankfurt am Main 1858, S. 124 (Google-Books).
  15. Vgl. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Bestand Ratssupplikationen, 1639).
  16. Vgl. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Bestand Ratssupplikationen, 1649).
  17. Verfasser von Johann Conrad Redlich: Aufflösung Etlicher schöner Polygonalischer, wie auch Quadrat vnd Cubisossischer Exempla. Matthias Kempffer, Frankfurt am Main 1656; vgl. Rudolf Haller: Anton Neudörffers Rätsel, gelöst mit Hilfe von Sebastian Kurz und Johann Conrad Redlich. In: Rainer Gebhardt (Hrsg.): Visier- und Rechenbücher der frühen Neuzeit. (Schriften des Adam-Ries-Bundes Annaberg-Buchholz 19). Adam-Ries-Bund, Annaberg-Buchholz 2008, S. 265–274.
  18. Vgl. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Bestand Ratssupplikationen, 1649).
  19. Vgl. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Bestand Ratssupplikationen, 1650).
  20. Martin van Velden: Fondament vande wisselhandeling, onderrichtingh ghevende van alle voornaemste wisselen van Christenrijck, so van trates remessen, vergelijcking van prysen, verscheyden commissien te vormen. Hessel Gerritsz, Amsterdam 1629; ’t Onderrecht des wissels, ende wissel-handeling, over gantsch Christenrijck, vervatende alle trates, remessen, vergelijckinge van prijsen, reeckeninge van schade en bate (nae de loop) van gelde. 2. Aufl. Theunis Jacobsz, Amsterdam 1647.
  21. Vnderricht der Wechsel-Handlung, Oder Bericht, Wie man in der Christenheit, vornemlich Holland, Engelland, Braband, Franckreich, Italien, Castilien, Portugall und Teutschland, von einem Ort auff den andern wechsele, solches reducire und rechene, mit Benennung der Müntzen, Vergleichung der Preissen, und was zu dieser Materi mehr nöthig seyn mag. Dienlich Allen Kauff- und Handelsleuten, So wol denen, die an sich selbsten keine Wechseler seyn, wann sie zu Einkauff- oder Bezahlung der eingekaufften Wahren Gelder remittiren, oder ihnen übermachen lassen wollen, daß sie wissen mögen, was sie gewinnen oder verliehren, als auch denen, die sich der Wechsel-Handlung befleissigen: Vor diesem in Holländischer Sprach außgegangen, jetzo ins Teutsche übergesetzt an vielen Orten mit Exempeln vermehret, und sonsten hin und wieder in der Rechnung corrigirt. Johann Peter Zubrodt, Frankfurt am Main 1669 (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek München), (Google-Books).
  22. Vgl. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Bestand Ratssupplikationen, 1669).
  23. Daneben bestanden in Frankfurt am Main zu dieser Zeit auch französische Schulen.
  24. Johann Caspar Keiser: Kurtzes Zur Regula Detri und Practicae gefastes, doch vollständiges, und wolgegründetes Rechen-Büchlein, Für Die anfahende Jugend, welche zur Arithmetic sollen angewiesen werden. Zubrodt / Humm, Frankfurt am Main 1671 (und viele weitere Auflagen).
  25. Vgl. Erich Petzet (Bearb.): Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae monacensis, Bd. V/1 Codices Germanicos complectens. Palm, 2. Aufl. München 1920, S. 249 (Google-Books).
  26. Jochen Hoock: Ars Mercatoria. Handbücher und Traktate für den Gebrauch des Kaufmanns, Bd. II. 1600-1700. Schöningh, Paderborn / München 1993, S. 70.
  27. a b Friedrich Wilhelm August Murhard: Litteratur der Mathematik überhaupt, der Arithmetik und der Geometrie, Bd. I. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1797, S. 186 (Google-Books).
  28. Der Titel orientiert sich an Johannes Krafft: Ein neuwes und wolgegründtes Rechenbuch von mancherley Kauffmanns Händel durch die welsche Practick mit mancherley Müntzsorten practiciert und auffgelösst, neben Erfindung alle Extractiones Radicis zusuchen und behend zu erlernen. Christian Egenollfs Erben, Frankfurt am Main 1591 (Digitalisat der ETH-Bibliothek Zürich), (Google-Books).
  29. Exemplar aus dem Besitz des Stuttgarter Mathematikprofessors Johannes Schuckard (1640–1725).