Norddeutsches Tiefland

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Norddeutsches Tiefland, auch „Norddeutsche Tiefebene“, bezeichnet einen der Landschaftsgroßräume in Deutschland, das Gebiet zwischen den Küsten der Nord- und Ostsee sowie der mitteleuropäischen Mittelgebirgsschwelle.

Im Westteil begrenzen das Niedersächsische Bergland mit dem Teutoburger Wald, dem Wiehengebirge, den Wesergebirgen und den niedersächsischen Börden das Tiefland nach Süden hin und trennen dabei die ebenfalls noch zur Tiefebene gehörende Westfälische Bucht teilweise ab. Des Weiteren fungiert das Rheinische Schiefergebirge mit seinen Teilbereichen Eifel, Bergisches Land und Sauerland als südliche Begrenzung. Im Osten dehnt sich das Tiefland östlich von Harz und Kyffhäuser weiter nach Süden bis zum Sächsischen Hügelland und den Ausläufern des Erzgebirges aus.

Naturräumliche Haupteinheiten

Folgende Naturräumliche Haupteinheiten (gemäß BfN) bilden das Norddeutsche Tiefland:

Karte der Naturräumlichen Haupteinheiten

Geologie, Landschaft, Böden und ihre Entstehung

Das norddeutsche Tiefland ist ein Teilbereich des mitteleuropäischen Tieflandes (grüne Flächensignatur), das sich von Belgien im Westen bis nach Polen im Osten erstreckt

Geologisch ist das Norddeutsche Tiefland ein Teil des Norddeutschen Beckens. Seine oberen Schichten wurden geformt durch die stete Abfolge der Eiszeiten und Warmzeiten im letzten Erdzeitalter dem Quartär. Seine unteren Schichten sind teilweise bergbaulich von Bedeutung wegen der Salz-, Erdgas und Erdölvorkommen.

Zuletzt wurde das Norddeutsche Tiefland maßgeblich vom Verlauf der verschiedenen pleistozänen Gletschervorstöße des skandinavischen Inlandeisschildes sowie durch periglaziale Prozesse geomorphologisch geformt. Je nachdem, ob das Gebiet vom Eis der letzten, der Weichseleiszeit noch erreicht wurde, spricht man vom Jung- oder vom Altmoränenland. Das Oberflächenrelief ist eben bis wellig. Die tiefsten Punkte liegen in Niedermooren und altem Marschland am Rand von Geestrücken im Westen Schleswig-Holsteins (Wilstermarsch: 3,5 Meter unter dem Meeresspiegel) bzw. im Nordwesten Niedersachsens (bei Freepsum; 2,3 Metern unter dem Meeresspiegel). Als höchste Punkte sind die „Gipfel“ von weichsel- und saaleeiszeitlichen Endmoränen zu nennen – unter anderem im Fläming mit 200 m NN und in den Helpter Bergen mit 179 m NN. Ehemals ausgedehnte ombrogene Hochmoore entstanden im westlichen und nördlichen Niedersachsen postglazial in niederschlagsreichen Warmzeiten (vergleiche: Atlantikum).

Die küstennahen Gebiete bestehen aus holozänen See- und Flussmarschen bzw. Boddenlandschaft, der sich pleistozäne Alt- sowie Jungmoränenlandschaft in verschiedenen Ausprägungen und Verwitterungsstadien anschließt. Nach bzw. bei Rückzug der Gletscher bildeten sich oft Flugsanddünen, die später durch die Vegetation festgelegt wurden. Menschliche Eingriffe ließen offene Heideflächen wie in der Lüneburger Heide entstehen und sorgten dort durch Maßnahmen wie Abholzung und Plaggenhieb für eine großflächige Verarmung (Podsolierung) der Böden. Die fruchtbarsten Böden sind die jungen Marschen (Auen-Vegen) und die Börden (Hildesheimer Börde, Magdeburger Börde, mit ihren Lößböden und ca. 90 Bodenpunkten). Die ärmsten Böden weisen die Hochmoor-Torfe beispielsweise im Teufelsmoor mit weniger als 10 Bodenpunkten auf. Die Lössgebiete des Tieflandes gehören zu den ältesten Siedlungsstandorten Deutschlands (Bandkeramische Kultur).

Im geomorphologisch besonders jungen nordöstlichen Teil (Jungmoränenland) befindet sich eine Vielzahl von Seen (unter anderem die Mecklenburgische Seenplatte mit der Müritz) als Relikte der letzten Eiszeit. Die zurückweichenden Gletscher haben diese Landschaft vor etwa 13 bis 16.000 Jahren hinterlassen. Die Oberflächengestalt in der nordwestdeutschen (niedersächsischen und west-schleswig-holsteinischen) Geest ist dagegen schon deutlich stärker verwittert und nivelliert (Altmoränenland), da die letzten großräumigen Vergletscherungen hier schon mindestens 130.000 Jahre zurückliegen.

Rhein, Ems, Weser, Elbe und Havel sind die wichtigsten Flüsse, die das Norddeutsche Tiefland in die Nordsee entwässern und in ihren Niederungen für die Entstehung von Au- und Bruchwäldern wie beispielsweise dem Spreewald sorgten. Nur ein kleiner Flächenanteil gehört zum Einzugsgebiet von Oder und Neiße und entwässert somit in die Ostsee.

Klima und Vegetation

Blick vom Kälberberg Obersteinbeck in das Norddeutsche Tiefland

Klimatisch sind der Küstenstreifen der Nordsee und die vorgelagerten Ost- und Nordfriesischen Inseln euozeanisch geprägt. Nach Süden schließt sich ein breiter Streifen ozeanisch (= atlantisch) bzw. subozeanisch geprägten Klimas an, der sich von der Ostküste Schleswig-Holsteins bis zu den westlichen Mittelgebirgsrändern zieht. In südöstlicher und östlicher Richtung wird das Klima allmählich subkontinental; unter anderem erhöhen sich also sukzessive die Temperaturgegensätze zwischen Sommer und Winter. Im Regenschatten des Harzes und einiger kleineren Erhebungen wie dem Drawehn und dem Fläming hat sich zum Teil trockeneres, kontinentales Lokalklima ausgeprägt. Mikroklimatische Besonderheiten bieten sich in Mooren und Heiden (mit für die Landwirtschaft eher ungünstigem Klima) sowie beispielsweise im Alten Land bei Hamburg, das durch ganzjährig relativ milde Temperaturen von Nordsee und Niederelbe geprägt ist und dadurch traditionelles Obstbaugebiet ist.

Azonale Vegetationskomplexe der Moore, Auwälder, Bruchwälder und Gewässer waren ursprünglich ausgedehnt an Ems, Weser, Elbe, Havel und Spree vorhanden. Ausgeprägte Salzwiesen, Watten und Tideröhrichte der Mündungstrichter hielten sich dauerhaft an der flachen Nordseeküste in der Gezeitenzone. Die Zonale Vegetation des Norddeutschen Tieflandes ist nach herrschender Lehrmeinung weitgehend der Verband der Rotbuchenwälder.

Literatur

  • Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1996. ISBN 3-8252-8104-3