Oleh Tjahnybok

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Oleh Tjahnybok (Juni 2009)

Oleh Jaroslawowytsch Tjahnybok (ukrainisch Олег Ярославович Тягнибок; in deutschem Medien auch Oleg Tjagnibok oder Oleg Tjanibok [1][2] * 7. November 1968 in Lemberg, Ukrainische SSR) ist ein nationalistischer ukrainischer Politiker. Er ist seit 2004 Vorsitzender der Allukrainischen Vereinigung „Swoboda“.

Leben

Oleh Tjahnybok bei einer Kundgebung in Kiew (Oktober 2006)

Oleh Tjahnybok wurde in einer Lemberger Arztfamilie geboren. Nach der Schule leistete er seinen Wehrdienst in der Sowjetarmee ab, studierte daraufhin an der Staatlichen Medizinischen Danylo-Halytsky-Universität Lemberg und schloss das Studium 1993 ab. Anschließend begann er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Nationalen Iwan-Franko-Universität Lemberg, das er 1999 abschloss. Von 1991 bis 1994 war Oleh Tjahnybok zudem Vorsitzender der Lemberger Studentenbrüderschaft.

Schon 1991 trat er der neugegründeten Sozial-Nationalen Partei der Ukraine (SNPU) bei, aus der sich später die Allukrainische Vereinigung „Swoboda“ entwickelte. 1995 bis 1998 war er Vorsitzender des SPNU-Verbandes der Oblast Lwiw. 1998 bis 2003 war er Vorsitzender des Kiewer SPNU-Verbandes. Im Jahr 2004 wurde die SPNU zur Allukrainischen Vereinigung „Swoboda“ umbenannt. Ihr Vorsitzender wurde Oleh Tjahnybok.

Von 1994 bis 1998 war Tjahnybok Abgeordneter im regionalen Parlament der Oblast Lwiw. Von 1998 bis 2006 war er Abgeordneter der Werchowna Rada.

2004 fiel Tjahnybok durch antisemitische Äußerungen auf; er behauptete in einer Rede, die Ukraine werde von einer „jüdisch-russischen Mafia“ regiert.[3][4][5] Ein Klage gegen Tjahnybok wegen Volksverhetzung wurde abgewiesen.[6]

Im Jahr 2006 kehrte er ins regionale Parlament der Oblast Lwiw zurück und gehört dort der „Swoboda“-Fraktion an.

2008 kandidierte Oleh Tjahnybok bei den Bürgermeisterneuwahlen in Kiew, unterlag jedoch deutlich gegen den Amtsinhaber Leonid Tschernowezkyj.

Im Januar 2010 kandidierte Tjahnybok bei den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine. Hier bekam er jedoch nur 352.282 Stimmen, was einem Stimmenanteil von 1,43 % entspricht. Sein bestes Ergebnis erzielte er mit 5,35 % in der Oblast Lwiw.

Das Simon Wiesenthal Center (SWC) setzte Tjahnyboks Aussagen 2012 auf Platz 5 seiner „Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs“. Tjahnybok habe unter anderem die Schauspielerin Mila Kunis mit dem antisemitischen Schimpfwort Zhydovka diffamiert.[7]

Seit Beginn der Proteste in der Ukraine 2013 bildet Tjahnybok gemeinsam mit dem Profiboxer Vitali Klitschko (UDAR) und der Batkiwschtschyna-Partei der ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko ein oppositionelles Dreierbündnis, das den ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch absetzen will.[8][9] Tjahnybok äußerte diesbezüglich, dass die Opposition eine Zeltstadt auf dem Majdan (Unabhängigkeitsplatz) errichten und einen landesweiten Streik starten werde, mit dem das Bündnis Neuwahlen erzwingen möchte.[8][9]

Politische Positionen

In seinem Parteiprogramm zu den Präsidentschaftswahlen der Ukraine im Jahr 2010 forderte Tjahnybok u. a. folgendes:[10]

  • Das Verbot der kommunistischen Ideologie, da diese menschenverachtend sei und dem ukrainischen Volk „nicht wiedergutmachbaren“ Schaden zugefügt habe.
  • Die Verabschiedung eines neuen Staatsbürgerschaftsgesetzes, wonach die ukrainische Staatsbürgerschaft nur noch denjenigen erteilt werden soll, die in der Ukraine geboren oder ethnische Ukrainer sind. Eine Erteilung der Staatsbürgerschaft soll aber ausnahmsweise möglich sein, wenn die Person mindestens zehn Jahre in der Ukraine lebt, die ukrainische Sprache beherrscht und die Geschichte der Ukraine kennt.
  • Wiedereinführung der Angabe „Nationalität“ in den ukrainischen Pässen sowie eine gesetzliche Regelung, die das Verhältnis zwischen der ukrainischen „Mehrheitsbevölkerung“ und den „nationalen Minderheiten“ regelt.
  • Einführung einer gesetzlichen Quote für ethnische Ukrainer und Nicht-Ukrainer in allen Ebenen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens (Regierung, Unternehmen, Bildung etc.)
  • Etablierung strenger Einwanderungsgesetze.
  • Verabschiedung eines Gesetzes „zum Schutze der ukrainischen Sprache“.
  • Einführung eines verbindlichen Ukrainisch-Sprachtests für alle Staatsbeamten.
  • Rückkehrförderung für ethnische Ukrainer aus dem Ausland.
  • Schutz der „nationalen informativen Sphäre der Ukraine“ (verschärfte staatliche Kontrolle von Funk und Fernsehen)
  • Offizielle Anerkennung der „Besetzung der Ukraine durch das bolschewistische Russland in den Jahren 1918 bis 1991“.
  • „Öffentlicher Gerichtsprozess gegen den Kommunismus“.
  • „Liquidierung“ der „imperialistisch-bolschewistischen“ Symbolik.
  • Anerkennung des Holodomor als russischen Genozid am ukrainischen Volk.
  • Etablierung der Ukraine als Atommacht.
  • Abschaffung der autonomen Republik Krim und Eingliederung des Krim in die Reihe der ukrainischen Oblasten. Gleichzeitig ein staatliches Programm „zur Integration des Krim in die ukrainische Gesellschaft“.
  • Abschluss eines Vertrages mit Großbritannien und den USA, damit diese militärische Hilfe leisten, falls die Ukraine einer „bewaffneten Aggression zum Opfer fällt“.

Privates

Oleh Tjahnybok ist verheiratet und hat drei Kinder. Er gehört der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche an.[11]

Commons: Oleh Tjahnybok – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christian Neef: Der einsame Kampf der Julia T. In: Der Spiegel, Nr. 43, 2012, S. 114–115.
  2. Paul Flückiger: Die Macht der Strasse, in Potsdamer Neueste Nachrichten vom 3. Dezember 2013
  3. André Eichhofer: „Hass und Heimat – Die rechtsextreme Swoboda-Partei zieht ins Kiewer Parlament ein“, Jüdische Allgemeine, 1. November 2012.
  4. Tyahnybok: Nationalist, fearful of Russia, favors NATO“, Kyiv Post, 29. Oktober 2008.
  5. Taras Kuzio: „Yushchenko Finally Gets Tough On Nationalists“, Eurasia Daily Monitor Volume: 1 Issue: 66. The Jamestown Foundation, 3. August 2004.
  6. International Religious Freedom Report 2005, Ukraine“, Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor, Außenministerium der Vereinigten Staaten
  7. Simon Wiesenthal Center: 2012 Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs (PDF; 904 kB). Ohne Datum. Abgerufen am 6.Dezember 2013.
  8. a b Erster Erfolg für die Opposition in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2013.
  9. a b Proteste gegen die Regierung in der Ukraine. Vitali Klitschko ruft Demonstranten zum Durchhalten auf in: RP Online, 02.12.2013.
  10. siehe Tjahnyboks Parteiprogramm zu den Präsidentschaftswahlen der Ukraine 2010, Parteizeitung der Allukrainischen Vereinigung „Swoboda“, Ausgabe Nr. 52, Dezember 2009, Seite 3
  11. http://www.lenta.ru/lib/14195787/