Paul Herrmann (Maler, 1864)
Paul Herrmann (geb. 5. Februar 1864 in München; gest. 1. Mai 1946 in Berlin-Schöneberg) war ein deutscher Maler und Radierer, zuletzt wohnhaft in Zechliner Hütte bei Rheinsberg in der Mark. (Es handelt sich hierbei um den Künstler, dessen Lebensdaten bisher entweder unvollständig oder mit falschem Todesjahr - 1940 bzw. 1944 - angegeben worden sind.)
Leben und künstlerischer Werdegang
Paul Lorenz Heinrich Herrmann, Sohn des Advokaten Dr. Georg Herrmann und dessen Ehefrau Emma Herrmann, geb. Schubart, wuchs in München auf. Nach dem Tode seines Vaters 1881 übernahm sein Onkel Paul Heyse (berühmter Schriftsteller und erster deutscher Nobelpreisträger für Literatur) die Funktion eines "Ziehvaters" und sorgte für die Ausbildung des jungen Paul bis zum 19. Lebensjahr. Heyse finanzierte die Ausbildung zum Architekten. Der junge Paul Herrmann wollte aber unbedingt Kunstmaler werden. So verwendete er die Kollegiengelder für die Malschule von Max Ebersberger.
Nach 1880 verdiente Paul Herrmann in Zusammenarbeit mit dem Zeichner und Maler Eduard Thöny sein Geld als Restaurator für Fresken und als Panoramamaler in Bayern und Schwaben.
Am 26. März 1883 schrieb sich Paul Herrman zu einem kurzfristigen Studium im Fachbereich Antikenklasse bei Professor Raab und Professor Löfz ein, siehe: Immatrikulation an der Akademie der Bildenden Künste München. Nach dem Zerwürfnis mit seinem Onkel Paul Heyse setzte Paul Herrmann für vier Semester das Studium beim Professor Ferdinand Barth an der Königlichen Kunstgewerbeschule München fort.
Paul Herrmann als Fresken- und Panoramamaler in Deutschland und Amerika
1893 nahm Paul Herrmann das Angebot von Joseph Ferdinand Keppler[1], Herausgeber des New Yorker Satiremagazins Puck, an, als Dekor- und Panoramamaler für die Weltausstellung in Chicago (World’s Columbian Exposition) mitzuwirken.
Von 1893-1895 war Paul Herrmann u.a. in Chicago, in New York und in San Franzisco als Bildnismaler tätig.
Paul Herrmanns (auch unter den Namen Henri Herrmann, Henri Héran) erste künstlerische Periode als humoristischer Karikaturist in Paris
1895 kehrte Paul Herrmann nach Europa, in die Künstler-Großstadt Paris, zurück. Von Arsène Alexandre [2], dem Mitbegründer der Pariser Satirezeitschrift Le Rire: journal humoristique[3], angeregt, arbeitete er für dieses Blatt als Karikaturist und lernte dort u.a. den bekannten Mitarbeiter Henri Toulouse-Lautrec näher kennen. Da es in der Redaktion bereits einen Mitarbeiter namens Hermann-Paul[4] gab, wurde für Paul Herrmann von der "Le Rire"-Redaktion ein anderer Name eingesetzt, um Verwechselungen auszuschließen. Zu anfangs wurde er "Henri Herrmann" genannt, später "Henri Héran".
Paul Herrmanns (auch unter den Namen Henri Héran, Henry Heran) zweite künstlerische Periode als Lithograph in Paris und Berlin
Unter dem Namen "Henri Héran" veröffentlichte Paul Herrmann in Paris im Laufe der Zeit seine Originalgraphiken und Illustrationen. In "Le Centaure. Recueil trimestriel de littérature et d'art (Vol. II). Paris, 1896" unterzeichnete er mit diesem Namen seine Holzschnittarbeiten Nymphe effrayée. Estampe en trois couleurs. Sie befinden sich in "The Cleveland Museum of Art". Als Mitarbeiter der deutschen Kunst- und Literaturzeitschrift "Pan" veröffentlichte er 1897 unter dem amerikanisch abgewandelten Namen Henry Heran eine Lithographie- und Farbholzschnittarbeit, die er Spielendes Meerweib (Playful Mermaid) nannte. Sie befindet sich im "Art Institut Chicago".
Weitere Lithographien Allégorie (Allegory) befinden sich in "The Cleveland Museum of Art", Fleur de Mai (May Flower): from L'Estampe Moderne" in der "National Gallery of Australia".
Paul Herrmanns dritte künstlerische Periode (auch unter dem Namen Henri Héran) als Illustrator und Radierer in Paris
Er gehörte zum Freundeskreis von:
- Edvard Munch, dem er sich mehrmals als Modell "Mann mit rotem Bart" zur Verfügung stellte, vgl. Munchs Jealousy (1895) und weitere Eifersucht-Bilder. Begehrt ist heute noch das Poster: Doppelportrait Paul Herrmann und Paul Contard von 1896/97. Original befindet sich in der "Österreichischen Galerie Belvedere" in Wien.
- August Strindberg, der in Paul Herrmann, der 1895 aus Amerika nach Paris eingereist war, den "Doppelgänger" von Francis Schlatter[5] sah, ein in Amerika wirkenden Geisterheiler, der im selben Jahr 1895 spurlos verschwand.
- Oscar Wilde, für den er 1897 mehrere Illustrationen anfertigte, u.a. zum Gedicht The Ballad of Reading Gaol. Den Einakter Salomé hatte Wilde bereits fertiggestellt und suchte dafür nach einem in Frage kommenden Illustrator. Er dachte dabei an Paul Herrmann, der sich angeboten hatte, das Poem zu illustrieren. Es kam aber nicht dazu, weil Herrmann zu langsam arbeitete und sich nicht an die Terminabsprachen hielt. Deshalb sagte er Herrmann ab und verzichtete bei der Buchlegung auf jede Art von Bebilderung. Dennoch hegte er bei Erfolg des Buches für später die Hoffnung auf eine luxuriöse Ausgabe mit ansprechenden Illustrationen. Herrmann muss sein Versagen jahrelang beschäftigt haben, denn 22 Jahre nach dem Tode Wildes, im Jahr 1922, veröffentlichte er zum Einakter "Salomé" ein eigenes Buch, darin ein Radierzyklus mit 6 Kaltnadelarbeiten. Georg Jacob Wolf: "Es ist Herrmanns prächtigste zyklische Schöpfung."
1900 hatte der Künstler Paul Herrmann unter dem Namen Henri Héran laut Ankündigung der Kunst-Zeitschrift La Revue blanche[6] in der Galerie "Chez Hessèle, rue Lafitte, Paris" eine eigene Ausstellung u.a. als Symbolist des Fin de Siècle. Der Autor des Artikels, Charles Saunier, erklärt darin, warum Paul Herrmann den Künstlernamen Henri Héran gewählt hat. Der Künstler zeigte u.a. Radierungen mit Portraits von "Wagner", "Jules Valadon", "Strindberg", "Stéphan George", "d'Arthur Symons", "M. Dauthenday" und von sich selbst, Lithographien und Aquarelle mit Straßenmotiven von Paris und Rouen und Illustrationen zu Oscar Wilde und Stefan George. Zwei Aquarelle mit Straßenmotiven befinden sich heute im Besitz des Musée Carnavalet Paris.
Im September 1900 schenkte Herrmann unter seinem französischen Pseudonym Henri Héran dem Beethovenhaus Bonn für die Beethovenausstellung 1902 einen Probeauszug der Lithographie Ludwig van Beethoven (nach einer eigenen Zeichnung).
Bis 1906 blieb Paul Herrmann (Henri Héran) in Paris.
Paul Herrmanns vierte künstlerische Periode als Illustrator und Radierer in Berlin, Leipzig, München, Wien
Ab 1906 wechselte Paul Herrmann nach Berlin, um sich an der Innen-Dekoration bei der Fertigstellung des Hotels Adlon (bis 1907) zu beteiligen. Er übernahm die künstlerische Gestaltung von Wand- und Deckenmalereien. Das betrifft besonders die große Eingangshalle und das große Wandgemälde "Bacchanal" in der American-Bar. Zusätzlich schmückte er die Vestibülräume des Hotels mit seinen Bildern aus.
Im Eden Hotel, in der Deutschen Bank und in der Mitteldeutschen Kreditbank nahm er ebenfalls dekorative Ausgestaltungen von Wand- und Deckenflächen vor.
Verehelichte sich am 6. Oktober 1910 mit Luise Werber, geb. 3. April 1884. Geburt des Sohnes Paul am 11. Juli 1909 in München.
1914 wurde anlässlich seines fünfzigsten Geburtstages von Hans Wolfgang Singer ein Katalog mit 183 Nummern seiner graphischen Arbeiten veröffentlicht.
Am 6. Mai 1914 fand die erste Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik statt, kurz Bugra genannt, die Paul Herrmann mitgestaltete und an der er sich beteiligte, wofür ihm am 1. Juli 1914 die Goldene Leipzig-Medaille verliehen wurde.
Von Mai bis September 1914 stellte der Künstler im Saal 28c/d unter dem Titel "Graphische Ausstellung Paul Herrmann-Héran, Berlin" der "Großen Berliner Kunstausstellung" vom 11. Mai bis 27. September 1914 zahlreiche Kaltnadelradierungen, Radierungen und Roulette, Steindruck in Farben, Sandgebläse-Schabkunst aus wie Partie aus dem Park Monceau, "Gartentor in Venedig", Die Schieberin, "Blick aus der Villa Falconieri auf die Villa d'ESte in Frascati", "Ebenhausen bei Münster", Sta. Maria della Salute zu Venedig, "Judith", Bauernhaus in Barbizon, Parkfest, Beethoven-Bildnis, Baumstudie aus Ahrenshoop", "Schlehdornbüsche in Ahrenshoop", "Kloster bei Siena", "Die Zeit", "Bildnis von Frau P.H.", "Palastecke bei Vicenza", "Seitenkapelle in San Marco", "Der Blumenständer", "Tänzerin", "Althagen", "Die Jagd auf den Seeteufel", "Kaffeegarten II", "Neckerei", "Bildnis des Herrn Geheimrats Direktor Max Steinthal", "Das Gehölz (Wald in der Normandie)", "Margot ohne Hut", "Hof eines Hauses in der Rue de Seine", "Treppe in einem Venezianischen Hof (Studie)", "Margot", Adam und Eva, "Café in Paris", "Statue in der Villa Falconieri", "Stephan George", "Der Kuss", "Bildnis der Schauspielerin Paz Ferrer", "Zwischen Zeit und Ewigkeit", "Ancien Régime" Frauenkopf, "Die Sünde", "Traum", "Liebkosung".
Paul Herrmanns fünfte künstlerische Periode als Kaltnadel-Radierer und Schabkünstler
In Berlin verfeinerte der Künstler Paul Herrmann seine Technik als Kaltnadel-Radierer und Schabkünstler. So veröffentlichte er nach 1919 nach und nach Radier-Zyklen mit jeweils 6 Kaltnadelarbeiten. Neben der "Pflichtarbeit" für den verstorbenen englischen Dichter Oscar Wilde konzentrierte er sich dabei auf Werke des deutschen Klassikers Johann Wolfgang von Goethe.
Veröffentlichte Grafikmappen
- 1918/19 Erster Zyklus "Phantasien" Radierungen mit symbolischen Darstellungen von Leben und Tod, Krieg und Frieden
- 1919 "Sechs Kaltnadelarbeiten zur Legende vom Garten Eden". 1. "Adam", 2. "Geburt der Eva", 3. "Eva und die Schlange", 4. "Verführung", 5. "Triumph der Schlange", 6. "Verstoßen"
- 1921 Das Weib mit sechs Kaltnadelradierungen (mit einem Vorwort von G.J. Wolf), 1. "Übermut", 2. "Jugendfülle", 3. "Liebeserwachen", 4. "Werbung", 5. "Erfüllung", 6. "Mutter" (befindet sich in der Deutschen Nationalbibliothek)
- 1922 Salomé mit sechs Kaltnadelradierungen. 1. "Narraboth", 2. "Salome", 3. "Salome", 4. "Herodes/Salome", 5. "Salomes Tanz", 6. "Salome" (befindet sich im Lindenau-Museum Altenburg)
- 1923 Sechs Kaltnadelradierungen zu Liedern von Goethe, 1. "Die Spröde", 2. "Nachtgesang", 3. "Nähe des Geliebten", 4. "Auf dem See", 5. "Scheintot", 6. "Vor Gericht".
- 1924 Faust mit sechs Kaltnadelradierungen (das Original befindet sich in der Herzogin Amalia Bibliothek in Weimar, weiterer Zustandsdruck im Frankfurter Goethe-Haus Freies Deutsches Hochstift)
Es folgten wechselnde Ausstellungen als teilnehmender Künstler in Berlin und in seiner Vaterstadt München (u.a. ab 1918-1930 im "Glaspalast").
Während der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1943) übernahm Paul Herrmann "Staatsaufträge", in denen er "Bauten des Dritten Reichs" in Bildern festhielt. Diese Bilder wurden im Luftfahrtsministerium sowie in der Reichskanzlei aufgehängt.
Paul Herrmann im Haus der Deutschen Kunst in München: "Große Deutsche Kunstausstellung" (1937–1944)
- 1937: "Alt-Berlin 1936" (Aquarell), "Plenarsaal des Reichstags nach der Brandstiftung 27.2.33" (Aquarell)
- 1940: "Der Ponte Vecchio in Florenz" (Aquarell), "Frühlingstag im Münchner Hofgarten" (Aquarell)
- 1941: "Santa Maria della Salute" (Kaltnadelradierung), "Aussicht vom Schloss Belvedere in Wien" (Aquarell), "Feier des 9. November an der Feldherrnhalle in München" (Aquarell)
- 1942: "Die Zeit" (Schabkunst), "Und ihr habt doch gesiegt" (Aquarell), "Die Fahne" (Aquarell)
- 1943: "Weg zum Canaletto" (Aquarell), "Venedig" (Aquarell), "Der Zapfenstreich am Parteitag in Nürnberg" (Aquarell)
- 1944: "Deutsche Festung in Norwegen" (Aquarell), "Industriewerk" (Aquarell)
Anekdoten
Paul Herrmann (Henri Héran) und Henri Toulouse-Lautrec
Paul Herrmanns erstes Atelier in Paris war dürftig eingerichtet und für Kaufinteressenten mehr abschreckend als einladend. Eines Tages lernte Paul Herrmann den deutschen Kunsthändler Hans Weidenbusch kennen, der Herrmann in seinem Atelier aufsuchen wollte. Um einen möglichen Kaufinteressenten "einigermaßen" standesgemäß empfangen zu können, lieh sich Herrmann für die Zeit des Besuchs von seinen Freunden entsprechendes Mobiliar aus. Das Prachtstück war eine alte französische Kommode. Es kam zum Besuch, der Kunsthändler schaute sich interessiert um und war beeindruckt, besonders von der alten französischen Kommode. Er entschloss sich zum Kauf einiger Zeichnungen und Bilder, zeigte dann auf die Kommode, die er unbedingt erwerben wollte und machte ein sehr gutes Preisangebot. Paul Herrmann erschrak und redete sich damit heraus, dieses Möbelstück müsse er in Ehren halten, denn es sei ein Erbstück seines Vaters und unverkäuflich. Ein halbes Jahr später, Paul Herrmann hatte das geliehene Mobiliar seinen Freunden zurückgegeben und sich vom Geld neu einrichten können, erschien völlig überraschend Herr Weidenbusch in seinem Atelier. Er bestaunte die neue Einrichtung und war sehr verwundert darüber, dass das unverkäufliche Erbstück nicht mehr darin stand und wünschte vom Künstler Herrmann eine Erklärung. Der rückte zögernd mit der Wahrheit heraus und teilte ihm mit, dieses Möbelstück habe er sich für den ersten Besuch Weidenbuschs von Toulouse-Lautrec ausgeliehen. Dieses Geständnis hatte verkaufswirksame Wirkung. Der Kunstsammler Weidenbusch lernte so mit Hilfe Herrmanns den scheuen Henri Toulouse-Lautrec kennen und wurde über Jahre hinaus ein "wohlwollender Mäzen".
Paul Herrmann (Henri Héran) und Edvard Munch
Als der mittellose Edvard Munch in Paris wohnte und sich seine Mietschulden häuften, so dass sich der Wirt veranlasst sah, ihm zu kündigen, griff er zusammen mit Paul Herrmann zu einem Trick, bevor er das Haus verließ. Der Wirt hatte sich vor die Wohnungstür gestellt, um ihm die letzten Habseligkeiten abzunehmen. Paul Herrmann hatte sich in der Zeit unbemerkt auf die Straße gestellt und sammelte nach und nach die Gegenstände ein, die Edvard Munch ihm an einem Strick zum Fenster herunter ließ: Staffelei und Bilder. Während Paul Herrmann alles in Sicherheit brachte, öffnete Edvard Munch dem Wirt die Tür.
Paul Herrmann (Henri Héran) und August Strindberg
Der in Paris lebende menschenscheue August Strindberg fühlte sich verfolgt und erschien eines Tages "aufgeregt und verstört" bei Paul Herrmann und meinte, man wolle ihn bei sich im Hause mit tödlichen Gasen vergiften. Munch habe ihn schon beschwichtigen wollen, sei aber von ihm als "angeblicher Mitwisser des Komplotts" abgelehnt worden. Paul Herrmann roch im Hause Strindbergs tatsächlich "pestilenzialische Gase". Als das Bett zur Seite gerückt wurde, sah man, woran das lag. Eine in Verwesung befindliche Ratte wurde als "Urheberin des vermeintlichen Attentats" entlarvt.
Aussehen und Auftreten des Künstlers Paul Herrmann sorgten aus der Sicht des von Albträumen und Geistererscheinungen geplagten Schriftstellers August Strindberg zu verstörenden Irritationen. In dem literarischen Tagebuch Inferno. Kap. VII "Das Fegefeuer" (von 1897) beschreibt er ausführlich, wie er Herrmann (Name wird nicht erwähnt) als einen "amerikanischen Kunstmaler" durchschaut, der sich hinter der Fassade eines Weltbürgers versteckt, in Wahrheit völlig heruntergekommen sei und suggestive Kräfte entfalten könne. Schließlich erkennt Strindberg in ihm den "Doppelgänger" des Wunderheilers Francis Schlatter.
Paul Herrmann (Henri Héran) und Oscar Wilde
Paul Herrmann soll sich nach Aussagen Singers um den schwerkranken Oscar Wilde gekümmert haben, der nach seiner Haft im Jahr 1897, gesellschaftlich geächtet, nach Paris abgesetzt hatte und dort drei Jahre lebte. Er starb am 30. November 1900. Singer: "Herrmann war einer der sieben Menschen, die der Leiche Oskar Wildes das letzte Geleit auf den Weg zum Père La Chaise-Friedhof gab".
Paul Herrmann (Henri Héran) und Paul Contard
Auch Paul Herrmann, der in der Regel seine Werke direkt aus dem Atelier verkaufen konnte, litt unter der Künstlerseuche "Armut". So wohnte er für mehrere Monate, um Mietzins zu sparen, in einer Irrenanstalt beim Oberarzt Paul Contard.
Paul Herrmann (Henri Héran) und Stefan George
1889 soll Paul Herrmann in Paris den Dichter Stefan George kennen gelernt haben, da sie in derselben Pension wohnten. Er wollte ihm im Laufe der Zeit die Repräsentanten der neuen impressionistischen Malerei Manet, Monet und Renoir "nahebringen", was George jedoch rigoros ablehnte, weil er in diesen Arbeiten die "Auflösung der Kunst" sah. Auch Jahrzehnte später war Herrmann davon fest überzeugt, dass George "von bildender Kunst überhaupt nichts verstanden" habe. Dennoch legte er ihm Portraits vor, die er gemalt hatte, und so gelang es ihm 1897, von George ein Portrait mit Hilfe einer Sandgebläse-Schabkunst und Aquatinta anzufertigen. Singer: "... eine der schönsten Arbeiten... gehört zu den geschätztesten Werken deutscher Grafik." Dieses Portrait fand George "zu mephistophelisch im Ausdruck". Er hielt den Künstler Herrmann (Héran) für einen "krassen Zyniker". Für das Gedicht "Jahrestag" von George schuf der Radierer Herrmann (Héran), ebenfalls im Jahre 1897, einen Frauenkopf von ein und derselben Person, auf der einen Seite jung und auf der anderen Seite alt. Diese Illustration war George auf dem Postwege zugeschickt worden, der aber beteuerte, sie sei bei ihm nie eingetroffen. Seit 1977 weiß man, dass diese Aussage nicht stimmt, denn die Zeichnung ist im Nachlass Georges gefunden worden. Stefan George zählte wohl mehr aus Höflichkeit Herrmann (Héran) zu seinen "Freunden" (Brief vom 27. Februar 1998). Anfang 1900 erlaubte er es, ihn erneut zu portraitieren. Aber wegen einer "plötzlichen Abreise des Dichters" (Singer) wurde das Portrait nie fertiggestellt. Dafür schickte Herrmann ihm seine Beethoven-Lithographie von 1898 mit der sehr persönlichen Widmung: "meinem Freunde Stefan George".
Paul Herrmann (Henri Héran) und Emil Nolde
Paris 1900. Emil Nolde übergab bei seiner Abreise aus Paris Henri Héran (Paul Herrmann) ein Bild, das er rahmen lassen und Noldes Mutter zum Geburtstag nach Schleswig verschicken sollte. Er übernahm das dafür nötige Geld und das Bild von Nolde. Es handelte sich hierbei um die Kopie des Tizian-Bildes "Alfonso d'Avalos", das Emil Nolde aufwendig, zeitraubend und mit feinfühliger Sorgfalt im Louvre angefertigt hatte. Aus unbekannten Gründen schickte Paul Herrmann dieses Bild nie ab. Erst nach fünf Jahren erhielt Nolde es zurück. 1905 organisierte Paul Herrmann im Kunstverein zu Leipzig eine Ausstellung mit seinem graphischen Werk. Der in Leipzig tätige Jura-Privatdozent, Hans Fehr, ein Freund Emil Noldes, erfuhr davon, benachrichtigte den Präsidenten Adolf Wach des Kunstvereins, der daraufhin alle Werke Herrmanns beschlagnahmen ließ. Und so blieb Paul Herrmann nichts weiter übrig, als diese Tizian-Kopie herauszurücken, damit seine Ausstellung in Leipzig stattfinden konnte.
Mitgliedschaft und Auszeichnungen
Mitglied im Verein Berliner Künstler, Freie Vereinigung der Graphiker zu Berlin, Münchner Sezession
1914 Vorsitzender des Arbeitsausschusses der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
1914 Sächsische Staatsmedaille, Großer Ehrenpreis der Stadt Leipzig, 1.Juli: Goldene Leipzig-Medaille als "Meister der Radiergraphik" für die Mitgestaltung und Beteiligung an der ersten graphischen Weltausstellung in Leipzig
19. Dezember 1940: Ehrenmitglied des Vereins der Maler, Bildhauer, Baukünstler und Kunstgenossen seit 1814
1. Mai 1941 Ernennung zum Professor
5. Februar 1944 Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft anlässlich des 80. Geburtstages des Künstlers
Literatur
- GDK Research - Bildbasierte Forschungsplattform zu den großen Deutschen Kunstausstellungen 1937-1944 in München
- Große Berliner Kunstausstellung 1914 (Hrsg,): Katalog. Dauer der Ausstellung vom 11.05. bis 27.09.1914, Felix Lehmann, 1914. Darin: Graphische Ausstellung Paul Herrmann-Héran, Berlin. S. 105-106.
- Henri Héran: Spielendes Meerweib. In: PAN, 3. Jg., Heft 3, Berlin, 1897.
- Henri Herrmann: Dessins de Henri Herrmann. In: Le Rire: journal humoristique. No. 78 (2. Mai 1896), No. 95 (29 Août 1896).
- Paul Herrmann: Radierungen. F.Bruckmann, 1920.
- Paul Herrmann (Henri Héran): Sechs Kaltnadelarbeiten zu Salome. F.Bruckmann, 1921.
- Paul Herrmann (Sohn): Eine Geschichte mit Toulouse-Lautrec. Erinnerungen des gleichnamigen Sohns an seinen Vater. Unveröffentlichtes Manuskript vom 15. Dezember 1982
- Paul Heyse: Jugenderinnerungen und Bekenntnisse. In: ders. Gesammelte Werke, 3. Reihe, Band I. Cottasche, 1924 (Erstpublikation: 1900).
- Kirsten Jüngling: Emil Nolde: Die Farben sind meine Noten. Propyläen, Berlin 2013. ISBN 9783549074046
- Koch, Alexander (Hrsg.): Innendekoration. Mein Heim. Mein Stolz. Reich illustrierte kunstgewerbliche Zeitschrift für den gesamten inneren Ausbau. 19. Jg., Darmstadt, 1908, Januar-Heft. Darin: "Das Hotel Adlon in Berlin", S.1-54.
- Käthe Mehlitz: Marie Luise besucht den Maler Paul Herrmann. I. 1943. (Beitrag aus einer unbekannten Illustrierten mit Selbstaussagen des Künstlers und 3 Farbfotos: "Blaue Stunde", "Zepernick", "Weiblicher Akt").
- James G. Nelson: Publisher to the Decadents. Leonard Smithers in the careers of Beardsley, Wilde, Dowson. The Pennsylvania State University, 2000. 448 Seiten. 35 Illustrationen. ISBN 978-0-271-01974-1
- Sue Prideaux: Edvard Munch: Behind the Scream. Yale University Press, 2007. 391 Seiten.
- Hans Wolfgang Singer: Das graphische Werk des Malerradierers Paul Herrmann (Henri Héran) wissenschaftliches Verzeichnis von Hans Wolfgang Singer mit achtundfünfzig Abbildungen. O. Rauthe, 1914. 88 Seiten.
- August Strindberg: Inferno. Autorisierte Übersetzung von Christian Morgenstern G. Bondi, Berlin 1898.
- Strindberg. Painter and Photographer. Ausstellungskatalog. Printed by Berlings Skogs AB, Trelleborg, 2001.
- Hans Wolfgang Singer: Die moderne Graphik. Eine Darstellung für deren Freunde und Sammler, E.A. Seemann, 1920. 2. Aufl., S.133-136.
- Hermann Struck: Die Kunst des Radierens. Ein Handbuch. 4. vermehrte u. verbesserte Auflage, Paul Cassierer, Berlin, 1920. Darin: Paul Herrmann mit dem Blatt "Ancien régime" und Beitrag Herrmanns zur Schabkunst. S.243-244.
- U.Thieme/F.Becker Hrsg.: Paul Herrmann. In: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler. Bd. 16, S.503. Leipzig 1923.
- Margherita Versari: Strategien der Liebesrede in der Dichtung Stefan Georges. Königshausen & Neumann, 2006. ISBN 3-8260-3182-2
- Birgit Wägenbaur: Paul Herrmann. In: Stefan George und sein Kreis. Ein Handbuch. Bd 3. (Hrsg. v. Achim Aurnhammer, Wolfgang Braungart, Stefan Breuer und Ute Oelmann. In Gemeinschaft mit Kai Kauffmann. Redaktion Birgit Wägenbaur). Walter Gruyter, 2012. S.1424-1427. ISBN 9783110184617
- Hermann Weber (Hrsg.): Juristen hinter Literatur und Kunst. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2011. Reihe: Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen. Bd. 18, 2. Aufl., Lit, 2013, 208 S. ISBN 978-3-643-11768-7
- Oscar Wilde: La Ballade de la geôle de Reading. The Ballad of the Reading Gaol. Édition Bilingue. Traduction, Présentation et notes de Jean Besson. Editions L'Age d'Homme, Lausanne 1989. Darin: Illustration de la "Ballade". S.74.
- Georg Jacob Wolf: Der Radierer Paul Herrmann. In: Die Kunst für alle. 34. Jg. 1918–1919, Bruckmann, 1919. S.428-440.
- Georg Jacob Wolf: Paul Herrmanns Radierzyklus "Salome". In: Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst. 45. Bd., Bruckmann, 1922. S.36-40.
- Robert Wolff: Fund eines Bildes von Paul Herrmann im Nachlass Georges, aus: Neue Beiträge zur George-Forschung 2, Heidelberg, 1977, in: Wolff, Robert (Hg.): Studien über Stefan George. Eine Auswahl in Faksimilewiedergaben, Gesellschaft zur Förderung der Stefan-George-Gedenkstätte im Stefan-George-Gymnasium e.V. Bingen 1981.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Joseph Ferdinand Keppler (engl. WP)
- ↑ Arsène Alexandre (franz. WP)
- ↑ Le Rire (franz. WP)
- ↑ Hermann-Paul (engl. WP)
- ↑ Francis Schlatter (engl. WP)
- ↑ La Revue blanche (franz. WP)
Personendaten | |
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NAME | Herrmann, Paul |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maler und Radierer |
GEBURTSDATUM | 5. Februar 1864 |
GEBURTSORT | München |
STERBEDATUM | 1. Mai 1946 |
STERBEORT | Berlin-Schöneberg |