Pietro Orsolino

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Kirche St. Ladislaus in Sárvár
Pfarrkirche Lockenhaus
Ehem. Augustiner-Eremiten-Kloster Lockenhaus mit der Pfarrkirche verbunden

Pietro Orsolino (auch Orsolini, * Mailand[1]; † 1680 in Lockenhaus, Burgenland) war ein Architekt, Baumeister und Maurermeister.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pietro Orsolino[2] gehörte zu einer aus der Lombardei stammenden Baumeisterfamilie, die in Westungarn und der Steiermark arbeitete. Architekt Giovanni Battista Orsolino, als Wiener bezeichnet, organisierte ab 1636 die Bauten von Graf Ádám Batthyány. Die Verwandtschaft ist ungeklärt. Orsolino war Hausbesitzer ín Lockenhaus. Sein Sohn Domenico arbeitete in der Steiermark und wurde Grazer Hofbaumeister. Von 1667 bis 1700 baute er am Stift Stainz (Morpurgo, 1962, S. 145).[3] Der zweite Sohn Franz wechselte vom Maurergesellen zur Theologie und wurde nach seinem Studium Geistlicher des Augustinerconvents und Prior. Er beendete seine Laufbahn als Titularabt und Schlosspfarrer von Eisenstadt und starb 1700.

1669 erhielt Pietro Orsolino von der Herrschaft Lockenhaus, dem Grafen Franz III. Nádasdy, einen Gutshof mit Leibeigenen als Geschenk. Dieser war zuvor im Besitze der evangelischen adeligen Exulantenfamilie Leisser und an die Grundherrn zurückgefallen. Damit verbunden war die Befreiung von allen Abgaben und Lasten.[4]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pietro Orsolino machte sich insbesondere als Baumeister von Graf Franz III. Nádasdy, Kronrichter Ungarns, einen Namen.

Burg Lockenhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Burg Lockenhaus ist datiert mit 1655, wie auf der Sonnenuhr im Innenhof nachzulesen ist. Der Barocksaal wurde nach seinem Plan erbaut.[5]

Pfarrkirche Lockenhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Franz Nádasdy ließ in Lockenhaus/Léká durch Baumeister Pietro Orsolino von 1656 bis 1669 die barocke St. Nikolaus-Kirche für den Augustinerorden errichten. Die Krypta der Kirche ist Grablege der Familie Nádasdy.

Ein Augustiner-Eremiten-Kloster wurde an die Kirche angebaut.

Kirche St. Ladislaus in Rotenturm an der Raab/Sárvár[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Graf Franz III. Nádasdy beauftragte und finanzierte auf dem Stadtplatz von Sárvár den Bau der St.-Ladislaus-Kirche. Die Pläne lieferte Pietro Orsolini.[6] Am 17. Jänner 1668 wurde der Wiederaufbau der Kirche der Marktgemeinde Sárvár vereinbart.[7]

Burg Kapuvár[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Orsolini wirkte in Sárvár und in Kapuvár. Im Oktober 1670 wurde die Torburg in einem schlechten Zustand beschrieben. Es erfolgte der Neubau eines Getreidespeichers und der Wiederaufbau der Bastionen der Burg. Maurermeister Orsolino erhielt dafür 600 Forint. Nach dem Tod von Graf Nádasdy 1671 arbeitete er für das Landgericht in Ungarn.[8][9] Das Gebäude wurde von der Herrschaft Esterházy zum Schloss umgebaut.

Ehemaliges Ordenshaus der Jesuiten in Güns/Köszek[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Auftrage des Erzbischofs von Kalocsa Georg V. Széchényi errichtete Orsolino 1677 bis 1680 das Jesuitenkollegium Güns (später: Benediktiner-Residenz).[10][11]

Gründer der Lockenhauser Maurer- und Steinmetzzunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1662 gründete der Comaske Peter (Pietro) Orsolino in Lockenhaus eine Maurer- und Steinmetzzunft. Er stellte die Punkte der Handwerksordnung zusammen und wurde zum ersten Oberzechmeister gewählt. Die Herrschaft Lockenhaus repräsentierte Graf Franz III. Nádasdy. Er genehmigte und bestätigte die Maurerzunft.

Lehrmeister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pietro Orsolino nahm 1662 Sohn Domenicus und 1666 Sohn Franz (Francesco) Orsolino zur Maurerlehre auf. Die Freisprechung zum Gesellen erfolgte für Domenicus 1667 und für Francesco 1670.

In der Zunft sind 70 Meister dokumentiert, die Hälfte davon nahm Lehrlinge auf oder dingte nur die eigenen Söhne auf. Orsolino hatte 11 Lehrjungen. In seiner großen Werkstätte waren mehrere Gesellen angestellt; Angaben hierüber fehlen jedoch im Zunftbuch.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Harald Prickler: Die Lockenhauser Maurer- und Steinmetzzunft. Ein Beitrag zur Kunst- und Handwerksgeschickte des Barock im burgenländisch-westungarischen Raum.
  • Alfred Schmeller: Das Burgenland. Seine Kunstwerke, historischen Lebens- und Siedlungsformen. St. Peter, Salzburg 1974, ISBN 3-900173-03-6, S. 145, Lockenhaus (Oberpullendorf).
  • Pál Voit: Der Barock in Ungarn. (deutsche Übersetzung von Franz Gottschlig – Originaltitel: A Barokk Magyarországon, Budapest 1970), Budapest 1971, S. 22–23.
  • Geisteswissenschaften - Pietro Orsolino (ungarisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Im Zunftbuch Lockenhaus ist die Herkunft Orsolinos mit den Worten aus Maylandt vom Comersee gebürtig eindeutig gekennzeichnet.
  2. Irene Raifer: Orsolino, Pietro. In: uibk.ac.at. Artisti Italiani in Austria, Januar 2004, abgerufen am 28. Januar 2024.
  3. Ursula Plangger: Orsolino, Domenico. In: uibk.ac.at. Artisti Italiani in Austria, Mai 2005, abgerufen am 28. Januar 2024.
  4. Schenkungsbrief vom 16. Mai 1669 in Keresztúr
  5. Lockenhaus – Burg. In: burgen-austria.com. Private Website von Martin Hammerl, abgerufen am 16. Februar 2024.
  6. Sehenswürdigkeiten. In: sarvar.hu. Abgerufen am 28. Januar 2024. (s. St. Ladislaus-Kirche Sárvár)
  7. Enikő Buzási: A reprezentáció keretei és gyakorlata nádasdy ferenc országbíró és a 17. Századi főnemesi elit műpártolásában [Repräsentation Graf Franz III. Nádasdy]. Dissertation, Universität Budapest, 2021, S. 408 (real-d.mtak.hu [PDF; 15 MB]).
  8. A kapuvári várkastély (Die Burg von Kapuvár) (Memento vom 30. Oktober 2022 im Internet Archive) (ungarisch).
  9. Kapu Vára | A vár története 1709-ig (Das Schloss von Kapuvár - Geschichte des Schlosses bis 1709). In: kapuvar.hu. Selbstverwaltung der Stadt Kapuvár, abgerufen am 28. Januar 2024 (ungarisch).
  10. Entdeckung der alten und neuen Verwaltungsgebäude | Nr. 2 Landkreistag. In: koszeg.hu. Abgerufen am 28. Januar 2024.
  11. Ehemaliges Jesuiten-Ordenshaus, später Benediktiner-Stuhlhaus. In: budapest.com. Abgerufen am 28. Januar 2024.
  12. Harald Prickler: Die Lockenhauser Maurer- und Steinmetzzunft | Ein Beitrag zur Kunst- und Handwerksgeschickte des Barock im burgenländisch-westungarischen Raum. In: docplayer.org. Abgerufen am 28. Januar 2024.