Pornfilmfestival Berlin

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Das Pornfilmfestival Berlin ist ein von Jürgen Brüning 2006 ins Leben gerufenes Filmfestival für erotischen und pornografischen Film. Brünings Anspruch war und ist es, das Genre künstlerisch, gesellschaftlich und auch philosophisch neu zu deuten und zu interpretieren.[1] Im Jahr 2006 fand in Berlin das 1. Pornfilmfestival statt; es war weltweit das erste seiner Art und hat inzwischen auf drei Kontinenten Nachfolgefestivals und Ableger nach sich gezogen.

Das Festival[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Pornfilmfestival Berlin 2006 hatte den thematischen Schwerpunkt Holland und zeigte in Zusammenarbeit mit dem Netherland Film Festival sowie unterstützt vom Filmmuseum Niederlande und der holländischen Filmwerbung Pornofilme aus den frühen 1970er Jahren.[2][3] Damals begannen die Niederländer als Pioniere des Genres, die ersten Erotik- und Pornofilme zu drehen.

Unter den niederländischen Festivalbeiträgen waren unter anderem Werke von Paul Verhoeven (vertreten mit dem Film Türkische Früchte), Shawn Ian Kerkoff (mit dem Film Shabana Elogy) und Cyrus Frisch. Weitere internationale Beiträge waren Filme aus Dänemark (wie Werke von Lars von Trier unter Danish Dogma), aus Singapur und den Philippinen (deren Filmemacher, trotz des unverhohlenen Sextourismus in diesen Ländern, lange Haftstrafen wegen Pornografie zu fürchten haben) und aus Japan (wo Filmemacher die besondere Problematik umgehen müssen, dass dort keine Geschlechtsteile gezeigt werden dürfen). Ein eigenes Unter-Festival, das speziell von Frauen gestaltete Cum2Cut, widmete sich ausschließlich Porno-Kurzfilmen, die während der Festivalzeit von interessierten Gruppen selbst gedreht und mit gesonderten Preisen bedacht wurden.[4]

Kinovorführungen fanden statt im Kino Arsenal 1 und 2, SchwuZ, Kino Brotfabrik, Kant Kino 1–5, Xenon Kino, Platz der Freunde der Deutschen Kinemathek, Veranstaltungen im Insomnia Nightclub, Galerie Tristesse Deluxe mit Konzert von Otto von Schirach, Berliner Volksbühne, KitKatClub, Freizeitheim, Festsaal Kreuzberg und in den Büroräumen des Pornfilmfestivals Hauptstraße 26 in Berlin-Schöneberg.[5]

Seit 2009 findet das Pornfilmfestival im Kino Moviemento in Berlin-Kreuzberg statt.

Der Wettbewerb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wurden 2006 vier Jury-Regiepreise (Jury Director’s Awards) an nationale und internationale heterosexuelle, schwule und lesbische und speziell kurze Filme verliehen. Die Genres gingen über Dokumentationen, Science Fiction, Horror, Drama, Krimi, Liebesfilme, Arthouse oder ganz klassischen Pornofilm, 2006 sind Arbeiten aus fast 30 Ländern eingereicht worden.[6] Das Festival 2006 ist von 7000 Besuchern frequentiert worden, 122 Fachbesucher waren akkreditiert.[7] Nationale Pressestimmen kamen von nahezu allen namhaften Tages- und Onlinezeitungen und TV-Sendungen und Internationale Pressestimmen kamen u. a. von Svenska Dagbladet, Schweden, Ninja Magazin, Frankreich, Queer Magazin Nr. 80, Italien, week, Schweiz, AVN-Magazin und X-Biz 14. Oktober 2006, USA, Melonfarmers Großbritannien, 18. Oktober 2006, Radiobeitrag: WUK Radio auf Orange 94.0 FM Österreich am 20. November 2006 von 16:30 bis 17:00 Uhr.[8][9]

Begleitprogramm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben den Filmvorführungen fanden in ganz Berlin Vorträge, Workshops und Performances zum Thema Porno statt, die sich außer der heterosexuellen Pornografie auch mit schwuler, lesbischer und transsexueller Pornografie beschäftigten. Im Rahmenprogramm kamen auch Aktivisten aus Prostitution, BDSM und Sex und Gender zu Wort. Die Workshops wurden unter anderem geleitet von dem BDSM-Experten, Autor und Verleger Matthias T. J. Grimme und der Gender-Expertin Manuela Kay. Stargast 2006 war Annie Sprinkle.

Begleitend fand das Symposium Postpornpolitics in der Berliner Volksbühne statt.[10][11] Über die Postpornpolitics wurde unter anderem auch in dem TV-Magazin Aspekte berichtet:

„Wie sich das so anhört, wurde in der Berliner Volksbühne diskutiert. Beim ‚Post Porn Politics-Symposium‘ rangen Wissenschaftler, Künstler und Porno-Theoretiker um einen neuen, einen alternativen Porno. Der soll sich abheben von den üblichen Filmchen einer Milliardenindustrie, die Frauen zu allzeit willigen Erfüllungsgehilfen männlicher Lüste degradiert“

In der Galerie Tristesse Deluxe erfolgte eine begleitende Foto-Ausstellung mit Werken von nationalen und internationalen Künstlern, wie Andreas Fux aus Berlin, Bruce LaBruce aus Toronto, Nan Goldin und Richard Kern aus New York City sowie Henning von Berg aus Berlin/Los Angeles.

Neue Weichenstellung in der Wahrnehmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fokus war auf Filmemacher gerichtet, die die Grenze zwischen Kunst und Sex verwischen und dem Porno eine neue Wertung geben, wie Maria Beatty und Todd Verow, deren Arbeit noch gesondert in einer Retrospektive gewürdigt wurde.[12] Auffällig war, dass viele Frauen als Filmemacherinnen auftraten, das so auch gewollt sein sollte, um das Klischee zu brechen, dass hochwertiger Porno alleine eine Domäne des Mannes sei. Die taz schrieb dazu:

„Die neue Qualität besteht darin, dass bei der Speerspitze der Produktionen nicht mehr der Körper, sondern vielmehr die Seele der Darstellerin im Mittelpunkt steht.“

taz Nr. 8051 vom 18. August 2006/Kultur

Das ursprünglich auf nur vier Tage geplante Festival 2006 wurde wegen des Erfolges auf fünf Tage ausgedehnt. Es findet jährlich im Oktober statt.

Touren und internationale Präsenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teile des Programms des PFFB wurden 2006 auf dem Mixbrasil-Festival gezeigt,[13][14] aber auch in São Paulo in Brasilien, auf dem Schwullesbischen Filmfestival Paris,[15] beim Pornfilmfestival Athen[16] im Rahmen des Schwullesbischen Filmfestivals Athen,[17] bei den Rencontres de l'Audiovisuelles 2007[18] in Lille. Im Rahmen des Schwullesbischen Filmfestivals Tel Aviv (im Juni 2007 in Israel) wurden auch Filme präsentiert.

Das PFFB hat eine Reihe an Neugründungen von Festivales des erotischen Films nach sich gezogen. Diese Festivals sind aber eigenständig und agieren autonom. Die inhaltlichen Ausrichtungen unterscheiden sich oft stark. Als erfolgreiches Beispiel sei hier das Porn Film Festival Vienna genannt, das 2018 gegründet wurde.[19]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Über das Festival – Pornfilmfestival Berlin. Abgerufen am 1. Juli 2023.
  2. Homepage des Netherland Filmfestival (Memento vom 16. Juni 2006 im Internet Archive)
  3. Homepage des Filmmuseums Niederlande (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  4. | CUM2CUT | Indie-Porn-Short-Movies Festival. Abgerufen am 1. Juli 2023.
  5. Programmplan des ersten Pornfilmfestival Berlin 2006
  6. Reglement 18. Pornfilmfestival Berlin 2023 – Pornfilmfestival Berlin. Abgerufen am 1. Juli 2023.
  7. Pressespiegel Pornfestival Berlin, Jürgen Brüning, S. 2
  8. Pressespiegel Pornfestival Berlin, Jürgen Brüning, S. 6
  9. Pornfilmfestival Pressespiegel (Memento vom 2. Mai 2007 im Internet Archive)
  10. postpornpolitics.com. Abgerufen am 1. Juli 2023.
  11. Die Zeit, Hamburg Germany: ZUENDER. Abgerufen am 1. Juli 2023.
  12. Beatty und Verow Retrospektive (Memento vom 22. März 2007 im Internet Archive)
  13. Homepage des Mixbrasil (Memento vom 24. März 2007 im Internet Archive)
  14. Showcase des Pornfilmfestivals während des Mixbrasils (Memento vom 20. März 2007 im Internet Archive)
  15. Festival du film gay et lesbien. 2. Februar 2001, archiviert vom Original am 2. Februar 2001; abgerufen am 1. Juli 2023.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/ffglp.net
  16. Homepage des Pornfilmfestivals Athen (Memento vom 1. Mai 2007 im Internet Archive)
  17. Homepage des schwullesbischen Filmfestivals Athen (Memento vom 11. März 2016 im Internet Archive)
  18. Rencontres Audiovisuelles | Site officiel. 20. April 2023, abgerufen am 1. Juli 2023 (französisch).
  19. Wien bekommt sein erstes Filmfestival für Porno. Abgerufen am 14. März 2019.