Proserpina-Sarkophag
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Der Proserpina-Sarkophag ist ein römischer Marmorsarkophag aus dem 1. Viertel des 3. Jahrhunderts n. Chr., in dem möglicherweise Karl der Große am 28. Januar 814 im Aachener Dom bestattet wurde. Er ist heute in der Aachener Domschatzkammer ausgestellt.
Entstehung
Der Sarkophag wurde im 1. Viertel des 3. Jahrhunderts in einer stadtrömischen Werkstatt aus Carrara-Marmor gefertigt. Er gehört zu einer großen Zahl weiterer römischer Sarkophage mit der Darstellung des Raubes der Persephone.
Beschreibung
Der im inneren Bereich der Öffnung 205 cm lange, 50 cm breite und 49 cm tiefe Sarkophag ist an der Frontseite mit einem aufwendigen, vielfigurigen Relief geschmückt, während die Schmalseiten jeweils von dreifigurigen Gruppen in Relief eingenommen werden. Ein moderner Transportbruch aus dem 19. Jahrhundert durchzieht das Frontrelief des ansonsten gut erhaltenen Sarkophagkastens.
Das Relief der frontalen Schauseite zeigt den Raub der Persephone und gibt in der dargestellten Szene 15 Götter und göttliche Wesen wieder. Die zentrale Gruppe der nach rechts bewegten Szene wird von Hades eingenommen, der Persephone auf seinem Wagen entführt. Unterstützt wird er von der hinter ihm zu sehenden Athena, Eros vor ihm weist ihm den Weg. Sein Wagen wird von einem Gespann aus vier Pferden gezogen. Geführt wird das Gespann von Hermes am rechten Rand des Reliefs, zwischen seinen Füßen ist der Höllenhund Kerberos zu sehen. Unter den Vorderhufen der Pferde erscheint der Gott der Unterwelt, Tartaros. In einem vom Schlangen gezogenen Wagen verfolgt von links Demeter den Entführer ihrer Tochter. Eine kleinere Person lenkt den Wagen und treibt die Schlangen an, während Demeter zwei Fackeln in ihren Händen schwingt. Zwei ihrer Gehilfinnen sind vor ihr zu Boden gestürzt und versuchen, die Früchte ihrer umgefallenen Körbe zu schützen. Über ihnen schwebt Aphrodite, Verbündete des Hades bei seinem Raub.
Die linke Schmalseite zeigt zwei junge Mädchen und einen Jungen beim Pflücken von Blumen, während die vom Betrachter aus rechte Schmalseite von einem Früchte tragenden Jungen und zwei Schäfern eingenommen wird.
Wiederverwendung
Ob Karl der Große bereits 814 in dem Proserpina-Sarkophag bestattet wurde, ist umstritten. Die Quellen zum Tod und zur Bestattung Karls des Großen erwähnen ihn nicht ausdrücklich. Trotzdem wurde angenommen, dass sich dieser Sarkophag unter „den Säulen und dem Marmor“ befunden haben könnte, die Karl laut Einhards Vita Caroli Magni, Kap. 26, aus Rom und Ravenna zum Bau seiner Pfalzkapelle nach Aachen bringen ließ. In diesem Fall wäre er in dem Sarkophag einem weströmischen Herrscher gleich bestattet worden.
Andererseits vermutete der Historiker Dieter Hägermann, dass der Proserpina-Sarkophag erst 1165 nach Aufdeckung des Karlsgrabes durch Friedrich Barbarossa verwendet wurde, um Karls Gebeine darin aufzubewahren. Zur Begründung führt Hägermann an, dass die Quellen zur Beisetzung Karls im Jahr 814 nichts von dem Sarkophag, dafür aber von der Bestattung Karls im Boden der Aachener Pfalzkapelle berichten. Dass man jedoch gerade einen so prächtigen reliefgeschmückten Marmorsarkophag im Kirchenboden versenkt haben sollte, hält Hägermann für unwahrscheinlich.[1]
Der Grund, warum man einen Sarkophag mit „heidnischen“ Motiven für die Gebeine eines christlichen Kaisers ausgewählt hat, könnte in einer christlichen Deutung der Persephone-Geschichte liegen: Die Tatsache, dass es Demeter im Fortgang des Mythos von der Entführung Persephones durch ihr Bitten gelang, dass ihrer Tochter für je zwei Drittel des Jahres die Rückkehr zur Erde gewährt wurde, ist möglicherweise als Hinweis auf die Auferstehung umgedeutet worden.
Spätestens im Jahr 1215 müssen die Gebeine Karls dem Sarkophag entnommen worden sein, denn seit diesem Jahr befinden sie sich im Karlsschrein. Von dieser Zeit an stand der leere Sarkophag im unteren Oktogonumgang des Aachener Münsters – nur die Vorderseite war durch ein Gitter sichtbar – vermutlich gemeinsam mit der heute in der Schatzkammer ausgestellten Holzfigur Karls aus dem 14. Jahrhundert, welche wohl Teil einer sogenannten Karlsmemorie war. 1794 ließ Napoleon I. den Sarkophag zusammen mit den antiken Säulen des Münsters nach Paris bringen, 1815 kehrte er jedoch wieder nach Aachen zurück und wurde in der Nikolauskapelle aufgestellt, seit 1843 auf der der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Michaelsempore der Nikolauskapelle. Bei dem Versuch, den Sarkophag auf die Empore zu hieven, nahm er schweren Schaden. Seit 1979 wird er in der Domschatzkammer gezeigt.
Anmerkungen
- ↑ Dieter Hägermann: Karl der Große, Herrscher des Abendlandes. Propyläen, München 2000, S. 628ff.
Literatur
- Fritz Berndt: Der Sarg Karls des Großen. In: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Band 3, 1881, S. 97–118 (Digitalisat).
- Emil Pauls: Der Proserpina-Sarkophag in Aachen und die Sage von der Bestattung Karls des Großen. In: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. 21. Band, Aachen 1899, S. 259–261 (archive.org).
- Ernst Günther Grimme, Ann Münchow: Der Aachener Domschatz (= Aachener Kunstblätter. Band 42). Schwann, Düsseldorf 1973, Nr. 3, S. 8.
- Herta Lepie, Georg Minkenberg: Die Schatzkammer des Aachener Domes. Brimberg, Aachen 1995, ISBN 3-923773-16-1, S. 11.
- Theun-Mathias Schmidt: Proserpina-Sarkophag. In: Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff (Hrsg.): 799. Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn. Katalog der Ausstellung Paderborn vom 23. Juli bis 1. November 1999. Band 2. von Zabern, Mainz 1999, ISBN 3-8053-2456-1, S. 758–763.
- Helmut Jung: Der Persephonesarkophag Karls des Grossen. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 117, 2002, S. 283–312.
- Walter Maas, Pit Siebigs: Der Aachener Dom. Schnell & Steiner, Regensburg 2013, ISBN 978-3-7954-2445-9, S. 146–148.
Weblinks
Koordinaten: 50° 46′ 30,1″ N, 6° 4′ 58,3″ O