Reinhard Kopps

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. Mai 2014 um 15:20 Uhr durch Abe Atkins (Diskussion | Beiträge) (→‎Leben: wohnt --> wohnte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Reinhard Kopps (alias Juan Maler; * 29. September 1914 in Hamburg; † 11. September 2001 in Bariloche, Argentinien[1][2]) war ein NS-Geheimdienstagent und NS-Fluchthelfer.

Leben

Als Geheimdienstagent und Anti-Freimaurer-Experte wurde Kopps in der Zeit des Nationalsozialismus im Balkan und Ungarn eingesetzt. Angeblich soll Kopps 25 Juden im Oktober 1944 falsche Papiere ausgehändigt haben, um sie vor der Deportation nach Auschwitz zu retten und wurde deshalb zum Tode verurteilt und vom SD-Agenten verfolgt. Er wurde von General Leo Rupnik, dem Präsidenten des von den Nazis geschaffenen slowenischen Satellitenstaates, gerettet. Kopps wurde zum wichtigsten Gehilfen des NS-Fluchthelfers Bischof Alois Hudal, Kriegsverbrecher über die Rattenlinie bzw. Klosterroute nach Argentinien die Flucht zu ermöglichen. Kopps hatte die Aufgabe, sich um Nazis zu kümmern, die die Unterstützung der katholischen Kirche suchten. Dazu stellte Kopps zunächst Verbindungen zu kroatischen und ungarischen Geistlichen her, die ebenfalls Kriegsverbrecher in Sicherheit bringen wollten. „Offiziell war Kopps in der Bibliothek der Casa Generalizia des von Deutschen dominierten Salvatorianer-Ordens angestellt … Diese Arbeit bot Kopps eine ausgezeichnete Tarnung für seine Nazi-Fluchthilfeaktivitäten, wie er Jahrzehnte später in seinen Memoiren gestand.“[3]

Kopps’ Integration in die NS-Fluchthilfe erfolgte auch durch die enge Kooperation „mit Peróns DAIE-Büros in der Via Alberao 38“ in Rom. Er wohnte mit deutschen und kroatischen Kriegsverbrechern zusammen, die von Monsignore Karlo Petranovic „protegiert“ wurden. „Petranovic war als Vertreter des Auxiliums und als Draganovic’ Agent im Hafen von Genua tätig. Er war selbst ein Kriegsverbrecher: Als Ustascha-Hauptmann war er enger Mitarbeiter des örtlichen Ustascha-Führers in Ogulin gewesen, einem Distrikt, in dem während des Krieges ungefähr 2.000 Serben ermordet wurden. Der Monsignore hatte diese Mörder aufgehetzt und organisiert; er ordnete außerdem persönlich die Inhaftierung und Exekution von 70 prominenten Serben an.“[4]

Kopps unterhielt auch mit Pater Edoardo Dömöter von der San-Antonio-Gemeinde in Genua intensive Verbindungen. Domöter unterzeichnete den Antrag Adolf Eichmanns auf einen Rote-Kreuz-Pass. „Wie Petranovic, Siri und Dragonovic, arbeitet auch Dömöter eng mit Bischof Hudal zusammen.“[5]

Kopps arbeitet eng mit dem ehemaligen italienischen Offizier Franz Ruffiengo, Krunoslav Draganović und dem argentinischen Einwanderungsamt DAIE zusammen und arbeitet später im Fluchthilfebüro Juan Perons in Genua. „Mitte 1948 flüchtete Kopps selbst nach Argentinien, von wo aus er den Kontakt zu Hudal aufrechterhielt und unter dem Namen Juan Maler eine rege neonazistische Propagandatätigkeit entfaltete.“[6]

Unter dem Namen Juan Maler veröffentlichte Kopps nach 1945 Schriften, in denen er Hitler und die Nazi-Ideologie esoterisch verklärt.[7] Er betätigte sich als Redakteur der nationalsozialistischen Zeitung Der Weg, die nicht nur unter NS-Flüchtlingen, sondern auch in Europa ihre Verbreitung in NS-Kreisen fand. Zeitweilig war er Südamerika-Korrespondent der NS-apologetischen Zeitschrift Nation – Das politische Magazin für Deutsche.[8]

In den 1990er-Jahren brachte das Simon-Wiesenthal-Zentrum seinen Aufenthaltsort in Erfahrung. Kopps lebte in San Carlos de Bariloche, einer argentinischen Kleinstadt, in der zahlreiche NS-Verbrecher wie Josef Schwammberger und Josef Mengele sich versteckt halten konnten. Am 6. Mai 1994 überraschte ihn vor der Haustür der Reporter Sam Donaldson des US-Senders ABC mit einem Kamerateam. Kopps bat in Panik geraten den Reporter, doch statt seiner lieber die „richtigen“ Kriegsverbrecher zu interviewen und verriet dabei den Aufenthaltsort des SS-Hauptsturmführers Erich Priebke. Priebcke war ein enger Mitarbeiter des Gestapo-Chefs von Rom, Herbert Kappler gewesen und am 24. März 1944 am Massaker in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom beteiligt, bei dem 335 Geiseln erschossen wurden. Erich Priebkes Flucht-Papiere gingen durch Kopps Hände. Bei Priebkes Antrag auf einen Pass konnte er eine Bürgschaft der Päpstlichen Hilfskommission (PCA) vorlegen. Uki Goñi schreibt: „Es steht außer Zweifel, dass diese Kirchenmänner [gemeint ist die PCA] ihre Aktionen eng mit Nazi-Agenten wie Reinhard Kopps abstimmten. Klar ist auch, das ihre Projekte enthusiasitisch von den mit ‚Heil Hitler‘ grüßenden Beamten in Peróns DAIE unterstützt wurden.“[9]

Kopps trat laut den NARA-Archiven am 1. März 1940 der NSDAP in Hamburg unter der Mitgliedsnummer 7.524.143 bei.

Literatur

  • Uki Goñi: Odessa: Die wahre Geschichte. Fluchthilfe für NS-Kriegsverbrecher. Aus dem Englischen von Theo Bruns und Stefanie Graefe. 2. Auflage. Assoziation A, Berlin 2007, ISBN 978-3-935936-40-8.
  • Gerald Steinacher: Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen. Studien-Verlag, Innsbruck u. a. 2008, ISBN 978-3-7065-4026-1 (Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 26. Zugleich: Innsbruck, Univ., Habil.-Schr., 2007).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Argentinisches Tageblatt, 15. September 2001 (PDF; 128 kB) Seite 2
  2. Mariano Cordero: Murió un ex oficial nazi denunciado por crímenes de guerra, Clarín (Argentinien), 12. September 2001 (spanisch)
  3. Uki Goñi insb. S. 225, siehe auch: Uki Goñi. S. 224–232, 240, 224, 251f, 267, 278, 281.
  4. Uki Goñi S. 227, siehe auch: Uki Goñi. S. 224–232, 240, 224, 251f, 267, 278, 281.
  5. Uki Goñi S. 227.
  6. Theo Bruns: Der Vatikan und die Rattenlinie. Wie die katholische Kirche Nazis und Kriegsverbrecher nach Südamerika schleuste. In: ila 301
  7. Ausführlich beschrieben in: Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. Schmetterling, Stuttgart 1995.
  8. Anton Maegerle: Keiner Schuld bewusst. bnr 17/97, S. 5.
  9. Vgl. Uki Goñi. S. 224–232, 240, 224, 251f, 267, 278, 281. Zitat: Uki Goñi S. 240.