Rheinlandbastard

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Junger Rheinländer, der als Bastard und erbkrank klassifiziert wurde (siehe Bildbeschreibung)

Rheinlandbastard ist eine abwertende Bezeichnung, die in Deutschland seit dem Ende des Ersten Weltkrieges bis zur Zeit des Nationalsozialismus für Kinder verwendet wurde, die einen schwarzen Vater und eine weiße Mutter hatten. Bastard ist eine alte (fast nur noch als Schimpfwort verwendete) Bezeichnung für ein uneheliches Kind, häufig das Kind einer ledigen Mutter.

Historie des Begriffs

Die Bezeichnung Rheinlandbastard stammt aus der Zeit, als französische Truppen das Rheinland besetzten. Einige dieser Truppen stammten aus den Kolonien Frankreichs in Afrika und durch Verbindungen mit einheimischen Frauen wurden afrikanisch-deutsche Kinder geboren, die, ebenso wie ihre Mütter, erheblicher Diskriminierung durch die deutsche Bevölkerung ausgesetzt waren.

Die meisten Schwarzen in Deutschland waren in dieser Zeit jedoch Kinder der deutschen Kolonisten in Afrika, die Kinder mit einheimischen Frauen hatten. Mit dem Verlust der Kolonien nach dem Ersten Weltkrieg – geregelt im Friedensvertrag von Versailles – kamen einige der Kolonisten mit ihren Familien nach Deutschland.

In Mein Kampf beschrieb Adolf Hitler die französische Stationierung von „Negerhorden“ im Rheinland als eine gezielte Strategie von „Juden“, durch die „dadurch zwangsläufig eintretende Bastardierung die ihnen verhaßte weiße Rasse zu zerstören, von ihrer kulturellen und politischen Höhe zu stürzen und selber zu ihren Herren aufzusteigen“.[1] Von Westen her droht für Hitler ein gewaltiges, geschlossenes Siedlungsgebiet vom Rhein bis zum Kongo, ... erfüllt von einer aus dauernder Bastardisierung langsam sich bildenden niederen Rasse. Alfred Rosenberg tönte im Mythus des 20. Jahrhunderts:

„(Frankreich steht) heute an der Spitze der Verköterung Europas durch die Schwarzen ... und (ist) somit kaum noch als ein europäischer Staat zu betrachten, vielmehr als ein Ausläufer Afrikas, geführt von den Juden.“

Alfred Rosenberg, Mythus des 20. Jahrhunderts, 9. Aufl. 1943, S. 647

In der nationalsozialistischen Rassentheorie wurden solche „Mischprodukte“ als „faulige Bastardbrut“ noch negativer beurteilt als die „gesunden, wenn auch primitiven und tiefstehenden Menschenkinder“ „unvermischter“ Bevölkerung Schwarzafrikas,[2] vor allem aber wurden sie als Schwächung und Gefährdung der „germanischen Rasse“ gesehen und daraus die staatliche Pflicht abgeleitet, „einer weiteren Bastardierung grundsätzlich Einhalt“ zu gebieten.[3] Dennoch wurden keine amtlichen Gesetze gegen die schwarze Bevölkerung oder gegen die Kinder der „Mischabstammung“ verordnet. Jedoch wurde eine inoffizielle Gruppe, die „Kommission Nr. 3“, eingesetzt, um das „Problem der Rheinlandbastarde“ zu „beheben“. Organisiert von Eugen Fischer und unter Beteiligung von Fritz Lenz wurde beschlossen, diese Kinder zu sterilisieren.

Die Umsetzung des Programms begann 1937, indem lokale Beamte angewiesen wurden, über alle „Rheinlandbastarde“ unter ihrer Verwaltung zu berichten. Insgesamt wurden etwa 400 Kinder mit erfasster „Mischabstammung“ zwangssterilisiert. Da diese Sterilisierungen im Unterschied zu anderen Sterilisierungsprogrammen der Nationalsozialisten keine gesetzliche Grundlage hatten, waren sie auch damals schon illegal.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Koller: „Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt“. Die Diskussion um die Verwendung von Kolonialtruppen in Europa zwischen Rassismus, Kolonial- und Militärpolitik 1914 – 1930. Steiner, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07765-0 (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte, 82).
  • Gisela Lebzelter: Die „Schwarze Schmach“. Vorurteile – Propaganda – Mythos. In: Geschichte und Gesellschaft. Jg. 11, H. 1, 1985, ISSN 0340-613X, S. 37–58
  • Peter Martin: Die Kampagne gegen die "Schwarze Schmach" als Ausdruck konservativer Visionen vom Untergang des Abendlandes. In Gerhard Höpp, Hg.: Fremde Erfahrungen. Asiaten und Afrikaner in Deutschland, Österreich und der Schweiz bis 1945. Reihe: Zentrum Moderner Orient, Studien, 4. Verlag Das arabische Buch, Berlin 1996. ISBN 3860931113 S. 211 - 228
  • Hans-Jürgen Massaquoi: „Neger, Neger, Schornsteinfeger!“ Meine Kindheit in Deutschland. (Autobiographischer Roman.) Nachwort von Ralph Giordano. Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Droemer Knaur, München 2001, ISBN 3-426-61854-0 (Knaur, 61854)
  • Reiner Pommerin: „Sterilisierung der Rheinlandbastarde“. Das Schicksal einer farbigen deutschen Minderheit 1918–1937. Droste, Düsseldorf 1979, ISBN 3-7700-0551-1
    • Georg Lilienthal: „Rheinlandbastarde“. Rassenhygiene und das Problem der rassenideologischen Kontinuität. Zur Untersuchung von Reiner Pommerin: „Sterilisierung der Rheinlandbastarde“. In: Medizinhistorisches Journal 15, 1980, ISSN 0025-8431, S. 426–436
  • Arabische KZ-Häftlinge (PDF; 2,4 MB) Höpp über Islamische und/oder arabische Gefangene in Konzentrationslagern, eine vergessene Opfergruppe.
  • Literatur Umfassende Liste zu "Schwarze in der Zeit des NS" und davor in Dtld., Linkliste (bis 2006)

Einzelnachweise

  1. Hitler: Mein Kampf, Franz-Eher-Verlag, München, 851.–855. Auflage 1943, S. 357; vgl. Christian Koller, Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt, 2001, S. 248. Siehe auch Wolfe M. Schmokel, Der Traum vom Reich, Der deutsche Kolonialismus zwischen 1919 und 1945. Gütersloh 1967, S. 30
  2. Hitler, Mein Kampf, S. 446.
  3. Mein Kampf, S. 444.