Rosa Winkel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. April 2010 um 05:16 Uhr durch 89.204.153.66 (Diskussion) (→‎Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Rosa Winkel
Rosa Winkel

Der Rosa Winkel war ein Symbol, das während der Zeit des Nationalsozialismus benutzt wurde, um männliche Häftlinge in Konzentrationslagern zu identifizieren, die wegen ihrer Homosexualität dorthin verschleppt worden waren (siehe Homosexuelle während der Zeit des Nationalsozialismus). Jeder Häftling musste eines der Abzeichen in den Konzentrationslagern an seiner Jacke tragen, dessen Farbe ihn einer der verfolgten Gruppen zuordnete.

Schwule als eher verstreute Opfergruppe

Gedenktafel am U-Bahnhof Nollendorfplatz in Berlin

Nicht alle Häftlinge mit einem Rosa Winkel verstanden sich selbst als schwul, manchmal waren sie verheiratet und hatten nur wenige Male Sex mit einem Mann. Zudem kam nicht jeder, der nach Paragraph 175 verurteilt wurde, später auch in ein Konzentrationslager, die meisten erhielten eine Gefängnisstrafe.

Die Häftlinge mit dem Rosa Winkel

Der Rosa Winkel wurde von ungefähr 5.000 bis 15.000 Männern getragen. Für Nicht-Juden hatten sie eine überdurchschnittlich hohe Todesrate von 60 Prozent. Der Grund hierfür mag darin liegen, dass sie oft auf sich allein gestellt waren, manchmal auch von den Mithäftlingen gemieden und auf Abstand gehalten wurden, weil sie als „anders“ gebrandmarkt waren.

Die Häftlinge mit dem Rosa Winkel sind nie von der deutschen Regierung entschädigt worden. Wenn sie nicht aufhörten, Sex mit anderen Männern zu haben, konnten sie immer wieder eingesperrt werden, wie etwa Heinz Dörmer, der insgesamt 20 Jahre Häftling war – sowohl in einem Konzentrationslager des „Dritten Reichs“ als auch in bundesdeutschen Gefängnissen. Die Nazi-Verschärfung des Paragraphen 175, die homosexuelle Handlungen von einem Vergehen zu einem Verbrechen machte, blieb auch nach dem Krieg für weitere 19 Jahre mit kleinen Modifikationen in der DDR und 20 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland gültig.

Heute weiß man von weniger als zehn noch lebenden Rosa-Winkel-Häftlingen. Zudem hat man erst in jüngster Zeit angefangen, die Menschen nach ihren Geschichten zu fragen. Vor einigen Jahren sicherte der US-amerikanische Film Paragraph 175 einige ihrer mündlichen Zeugnisse auf Zelluloid.

Der Rosa Winkel als ein Symbol der Schwulenbewegung

Der Rosa Winkel ist zu einem der internationalen Symbole der Schwulenbewegung geworden. Dies ging vor allem von Europa aus und hier vor allem ab etwa Mitte der 1970er Jahre. Der 1975 gegründete Verlag Rosa Winkel, der erste Verlag für Homosexuelle im deutschsprachigen Raum, hat sich den Namen nach diesem Symbol gegeben. Ebenso leitete schon vorher Rosa von Praunheim seinen Künstlernamen davon ab.

In den USA wurde er stark bekannt als Zeichen der HIV/Aids-Aktivismusgruppe Act Up mit ihrem Spruch „Silence = Death“. Dort war er auf dem Kopf gestellt als Hinweis auf eine positive Zukunft, einen zukünftig besseren Umgang mit Aids. Die 1978 in den USA entworfene Regenbogenflagge wurde in Europa vor allem ab den 1990er Jahren verwendet und hat inzwischen den Rosa Winkel in der Beliebtheit als Bewegungs-Symbol überholt.

Siehe auch

Literatur

  • Joachim Müller, Andreas Sternweiler: Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen. Berlin 2000. ISBN 3861490978.
  • Gad Beck, Frank Heibert (Hrsg.): Und Gad ging zu David: Die Erinnerungen des Gad Beck. Berlin 1995. ISBN 3860343130.
  • Andreas Sternweiler: Und alles wegen der Jungs: Pfadfinderführer und KZ-Häftling: Heinz Dörmer. Berlin 1994. ISBN 3861490307.
  • Pierre Seel, Jean Le Bitoux, Miriam Magall (Übers.): Ich, Pierre Seel, deportiert und vergessen. Köln 1996. ISBN 3932117204.
  • Heinz Heger: Die Männer mit dem rosa Winkel. Merlin-Verlag, Hamburg 1972. Neuauflage 2001. ISBN 3875362152.
  • Hans-Georg Stümke, Rudi Finkler: Rosa Winkel, Rosa Listen – Homosexuelle und „Gesundes Volksempfinden“ von Auschwitz bis heute. Rowohlt, Hamburg 1981. ISBN 3499148277.
  • Rüdiger Lautmann, Winfried Grikschat, Egbert Schmidt: Der rosa Winkel in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. S. 325 ff. In: Rüdiger Lautmann: Seminar Gesellschaft und Homosexualität. Frankfurt am Main 1977.
  • Bernhard Rosenkranz: Hamburg auf anderen Wegen – Die Geschichte des schwulen Lebens in der Hansestadt. Hamburg 2005. ISBN 3-92549-530-4.
  • Günter Grau: Homosexualität in der NS-Zeit – Dokumente einer Diskriminierung und Verfolgung. ISBN 3-596-11254-0.