Seilträger

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Ein Seilträger ist der Teil der Antriebsmaschine, über den die von der Antriebswelle bereitgestellte Leistung auf das Förderseil übertragen wird;[1] mit dem Seilträger wird das Seil also bewegt.[2] Der Seilträger ist für das Förderseil somit die zentrale Maschinenkomponente einer Schachtförderanlage.[3]

Seilträger werden im Bergbau eingesetzt bei Fördermaschinen, Winden und Förderhaspeln.[2] Weitere Anwendungen sind Aufzüge und Krane.[4]

Bauarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Seilträger gibt es die Bauarten bzw. Bauformen Treibscheibe, Trommel und Bobine.[5] Jeder Seilträger hat unterschiedliche Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile.[6]

Gegenüberstellung der Seilträger
Seilträger Treibscheibe Trommel Bobine
Vorteile kleine Abmessungen und
Masse des Seilträgers
doppeltrümmige Mehrseilförderung schlanke Bauweise
Turmförderung möglich Seil zur Prüfung
abbaubar
drallfrei
Mehrseilförderung möglich kein Seilrutsch kein Seilschlupf
guter Momentenausgleich gute Seilschmierung  
hohe Drehzahlen
→ billige Motoren
für jede Teufe
geeignet
 
kleine Motoren für große Nutzlasten  
niedrige Investitionskosten    
Nachteile keine doppeltrümmige
Mehrsohlenförderung möglich
große Abmessungen
des Seilträgers
wegen der Bauhöhe
nur geringe Teufenfähigkeit
Seilrutschgefahr große Fundamente
notwendig
geringe Fördergeschwindigkeit
keine Seilschmierung große Masse des Seilträgers kein konstantes
Antriebsmoment möglich
steigende Spannungsbelastung
bei steigender Teufe
langsamdrehende Motoren erforderlich
→ kostspielig
nur Einseilförderung
möglich
eingeschränkte Teufenfähigkeit maximal Zweiseilförderung
möglich
 
  Antriebsmoment in der Regel
nicht konstant
 
  schlechte Ausnutzung der
Elektromotorleistung
 

Quellen:[7][8]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Eigenschaften, durch welche ein Seilträger charakterisiert wird, sind der Seilträgerdurchmesser, die zulässige und vorhandene Seilablenkung und die zulässige Flächenpressung.[7]

Seilträgerdurchmesser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund des minimalen Biegeradius' des Förderseils beträgt der Seilträgerdurchmesser , je nach verwendetem Seiltyp, Seilgeschwindigkeit und Verwendungszweck z. B. als Bühnenwinde, Notfahrwinde, Haspel oder Maschine, das 15- bis 120-Fache des Seilnenndurchmessers :[ANM 1][9][8]

Eine Verringerung des Seilträgerdurchmessers führt zu einer hohen Biegebeanspruchung des Förderseils.[8] Dies hat eine Verkürzung der Seillebensdauer zur Folge, was selbst bei kleinen Veränderungen gilt. Eine Verringerung des Seilträgerdurchmessers lässt sich nur durch spezielle Seilkonstruktionen teilweise kompensieren.[9]

Bei Bobinen und Trommelfördermaschinen hängt der Seilträgerdurchmesser zusätzlich auch noch von der Seillänge ab.[5]

Seilablenkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seilablenkung je nach Fördermethode (Seilträger unten, Seilscheiben oben)

Der vertikale Versatz zwischen dem Ablauf des Seils am Seilträger und dem Auflauf des Seils auf die Ablenk- bzw. Seilscheibe ist der Grund für eine etwaige Seilablenkung .[10] Die Seilablenkung wirkt sich negativ auf das Förderseil aus,[11] da es durch sie zu Seilverschleiß, zu Futterverschleiß an den Seilscheiben und der Treibscheibe sowie bei Trommelförderung zu Fehlwicklungen kommt.[6] Deshalb sollte die Seilablenkung, sofern keine besondere Seilführungseinrichtung vorhanden ist, nicht größer sein als 1,5°.[10]

Allerdings wirkt sich Seilablenkung bei den einzelnen Seilträgern unterschiedlich aus.[11] So ist bei Flurfördermaschinen mit Treibscheiben die optimale Anordnung der Seilscheiben übereinander, da hierbei keine Seilablenkung entsteht.[12] Auch bei Turmfördermaschinen mit Treibscheiben entsteht keine Seilablenkung.

Dagegen wird bei Turmfördermaschinen mit Trommelseilträgern die Seilablenkung zwischen Trommel und Ablenkscheibe durch den geringen Abstand dieser beiden Elemente voneinander zu groß.[11] Bei Flurfördermaschinen mit Trommel ist die optimale Anordnung der Seilscheiben nebeneinander, da hierbei eine geringere Seilablenkung entsteht als bei übereinander angeordneten Seilscheiben.[12]

Flächenpressung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Flächenpressung ist nur zu berücksichtigen, wenn als Seilträger die Treibscheibe verwendet wird.[3] Dabei ist zu beachten, dass über den gesamten Umschlingungsbogen eine konstante Flächenpressung erreicht wird.[8]

Einsatzbereiche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Welcher Seilträger verwendet wird, hängt hauptsächlich von der zu bewegenden Last und der zu überwindenden Teufe ab.[3]

Bei den meisten Schachtförderanlagen werden Treibscheiben als Seilträger verwendet.[13] Sie sind für Förderanlagen mit Nutzlasten bis zu 80 Tonnen und für Teufen bis zu 2000 Metern verwendbar,[8] bei Teufen bis zu 1600 Metern sind sie am wirtschaftlichsten.[6]

Bei sehr kurzen Schächten mit Teufen unter 250 Metern[ANM 2] sind Trommelfördermaschinen wesentlich günstiger als Maschinen mit Treibscheiben.[3][14] Für große Teufen sind einfache Trommeln allerdings weniger geeignet,[6] insbesondere bei Schwerlastförderungen aus großen Teufen. Dies liegt in erster Linie daran, dass der Durchmesser der Förderseile und bedingt dadurch auch der Durchmesser der Trommeln so groß würden, dass dies technisch sehr schwer beherrschbar wäre.[8]

Für sehr tiefe Schächte sind Blair-Trommeln (Double Blair Winder) eine Alternative.[3]

Bobinen sind hauptsächlich für den Einsatz als Seilträger bei Schachtabteuf-Fördermaschinen geeignet.[6]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Seilnenndurchmesser ist der zur Berechnung des Seiles verwendete Durchmesser, er wird in mm gemessen. (Quelle: Klaus Feyrer: Drahtseile. Bemessung, Betrieb, Sicherheit.) Dabei unterscheidet man:
    • den (technisch) optimalen Seilnenndurchmesser, bei dem die schädigenden Einflüsse aus Zugbeanspruchung und Biegespannung minimal sind
    • den wirtschaftlichsten Seilnenndurchmesser, bei dessen Ermittlung auch die Kosten des Seiles eine Rolle spielen.
    Der wirtschaftlichste Seilnenndurchmesser liegt geringfügig, in der Regel mehr als zehn Prozent, unterhalb des optimalen Seilnenndurchmessers. (Quelle: Roland Verreet: Die Berechnung der Lebensdauer von laufenden Drahtseilen.)
  2. Bei Teufen unter 250 Metern hat das geringe Seilgewicht bzw. die Totlast einen wesentlichen Einfluss auf die Reibkräfte und daher auch auf die Auswahl der Fördermaschine sowie des Seilträgers. Hier sind Fördermaschinen mit Seiltrommeln besser geeignet als solche mit Treibscheiben (für letztere müsste die Totlast erhöht werden). Dies liegt daran, dass bei Seiltrommeln, anders als bei Treibscheiben, die Reibkräfte keinen Einfluss auf das Fördervermögen der Fördermaschine haben. (Quelle: W. Sindern, St. Borowski: Sicherheitstechnische Betrachtungen zu Schachtförderanlagen für den Zugang zu einem zukünftigen geologischen Tiefenlager.)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heinz Pfeifer, Gerald Kabisch, Hans Lautner: Fördertechnik. Konstruktion und Berechnung, 6. Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden 1995, ISBN 978-3-528-54061-6, S. 10–22.
  2. a b Technische Anforderungen an Schacht und Schrägförderanlagen (TAS) Blatt 11/9 Begriffsbestimmungen Online (abgerufen per Webarchive am 2. September 2022).
  3. a b c d e W. Sindern, St. Borowski: Sicherheitstechnische Betrachtungen zu Schachtförderanlagen für den Zugang zu einem zukünftigen geologischen Tiefenlager. Arbeitsbericht NAB 14-75, Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Hrsg.), Wettingen 2014, S. 35–39.
  4. Siegfried Herzog: Elektrisch betriebene Krane und Aufzüge. Mit 981 Abbildungen. Verlag von Albert Raustein, Zürich 1905, S. 184, 185.
  5. a b Fritz Schmidt: Die Schachtfördermaschinen. Erster Teil, Die Grundlagen des Fördermaschinenwesens. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage, mit 178 Abbildungen im Text, Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH, Berlin Heidelberg 1923, S. 5, 143, 151-167.
  6. a b c d e Horst Roschlau, Wolfram Heintze: Bergmaschinentechnik. Erzbergbau - Kalibergbau. Mit 333 Bildern und 54 Tabellen, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1977, S. 256–262.
  7. a b Paul Burgwinkel: Fachartikel Schachtfördertechnik. RWTH.
  8. a b c d e f F. Pfeiffer, T. Fass, S. Weber: Schachtfördersysteme. In: Abschlussbericht zum Vorhaben 3608R02612, Analyse betrieblicher Erfahrungen und ihrer Bedeutung für das Anlagenkonzept und den Betrieb eines Endlagers für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle. Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH (Hrsg.), Auftragsnummer 835655, GRS - A - 3613, Juli 2011, S. A6-4 - A6-15.
  9. a b Wolfram Vogel: Anforderungen an Tragmittel in der heutigen Aufzugstechnik. Fachaufsatz, Universität Stuttgart.
  10. a b Technische Anforderungen an Schacht und Schrägförderanlagen (TAS). Stand Dezember 2005, Bezirksregierung Arnsberg, Blatt 1./3, 3/1-3/4. Seilträger.
  11. a b c H. Hoffmann, C. Hoffmann: Lehrbuch der Bergwerksmaschinen (Kraft und Arbeitsmaschinen). Zweite, verbesserte und erweiterte Auflage, mit 547 Textabbildungen, Verlag von Julius Springer, Berlin 1931, S. 204, 205.
  12. a b Hans Bansen (Hrsg.): Die Bergwerksmaschinen. Dritter Band, Die Schachtfördermaschinen. Verlag von Julius Springer, Berlin 1913, S. 8–10.
  13. Liu Bin: Schachtförderanlagen deren Auslegung Konstruktion und Sicherheitsnormen. Diplomarbeit am Lehrstuhl für Fördertechnik und Konstruktionslehre der Montanuniversität Leoben, Leoben 2015, S. 15–18.
  14. Shubham Bhongade, Vaibhav Bankar: A Review on Cargo Elevator. In: IJSRD - International Journal for Scientific Research & Development. Volume 9, Issue 4, 2021, ISSN 2321-0613, S. 160, 161.