Sovromtransport

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Sovromtransport

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Rechtsform sowjetisch-rumänisches Joint Venture
Gründung 14. Juli 1945
Auflösung September/Oktober 1954
Auflösungsgrund Überführung in die staatliche rumänische Reederei Navrom
Sitz Bukarest, Rumänien
Branche Schifffahrt

Die Sovromtransport (S.R.T.), eigentlich „Societatea de Navigație Sovieto-Română“, war eine sowjetisch-rumänische Reederei, die von 1945 bis 1954 bestand.

Gründung, Aufgaben und Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gründeten die sowjetische und die rumänische Regierung eine Reihe von gemeinsamen Unternehmen in Landwirtschaft, Bergbau, Industrie und Transport – die „Sovroms“. Insgesamt wurden 16 dieser Joint Ventures eingerichtet, unter anderem Sovrompetrol, Tars (Transporturi Aeriene Româno-Sovietice), Sovrombanc oder Sovromtractor. Als ihr Zweck wurde der Wiederaufbau der Wirtschaft, indirekt auch die Überwachung der rumänischen Schuldenzahlungen an die Sowjetunion genannt. In der Realität dienten sie der Sowjetunion, die rumänischen Ressourcen für eigene Belange zu nutzen.[1]

Als eine der ersten Sovrom-Unternehmen gründeten Rumänien und die Sowjetunion am 19. Juli 1945 die Reederei Sovromtransport. Aufgabe der Reederei war der Personen- und Frachttransport auf der Donau und dem Schwarzen Meer.[2] Als gemeinsames Unternehmen sollten beide Seiten jeweils 50 Prozent der Anteile halten, in der Realität verschoben sich diese jedoch: Sovromtransport war zu 51,2 % im Besitz der UdSSR und zu 49,8 % im Besitz Rumäniens.[3][4]

Die Transilvania im Jahr 1967

Als Erstausstattung brachte die rumänische Seite die beiden von der Sowjetunion zurückgegebenen Schiffe Transilvania und die Ardeal sowie zahlreiche Binnenschiffe auf der Donau ein. Die früheren Eigner der Schiffe, die beiden staatlichen Reedereien Serviciul Maritim Român (S.M.R.) für die Seeschiffe und Navigaţia Fluvială Română (N.F.R.) für die Binnenschiffe wurden in das neue Unternehmen übernommen und somit die Sovromtransport Rechtsnachfolger.[5] Darüber hinaus erklärte sich die rumänische Regierung bereit, der Sovromtransport alle Rechte zur Nutzung der Häfen sowie der Schiffswerften in Constanța, Galatz, Brăila und Giurgiu zu überlassen.[1][6] Die Sowjetunion brachte die vier älteren Frachtschiffe Dimitrov, Berezina, Plechanow und Friedrich Engels ein.

Sitz des Unternehmens wurde Bukarest, daneben richtete die Reederei Regionalbüros in Constanța, Galatz, Braila, Giurgiu und Turnu-Severin ein, jeder dieser Regionalbüros hatte wieder untergeordnete Agenturen. Ende 1948 bestand die Flotte der Sovromtransport aus sieben See-Schiffen mit ca. 27.000 BRT sowie rund 400 Binnenschiffen mit Schleppern, Leichtern, Tankern, Frachtschiffen und Passagierschiffen.[7]

In den folgenden Jahren übernahm die Sovromtransport alle weiteren Binnenreedereien und baute auch die Flotte ihrer See-Schiffe weiter aus: Private Reedereien wie die Societatea Anonimă Română de Navigațiune pe Dunăre (S.R.D.) wurden bis 1949 verstaatlicht und integriert. Damit wurde sie zur einzigen Schifffahrtsgesellschaft in Rumänien.[8] Die Flotte der See-Schiffe erweiterte Rumänien 1950 um vier Neubauten: die Constanta und Mangalia waren in Ungarn fertiggestellte Schiffe aus ursprünglich deutschem Bestand, zwei weitere Schiffe, Midia und Sulina, stammten von rumänischen Werften.[1][9]

Bediente Routen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ardeal im Jahr 1926 noch als Emil Kirdorf

Einzelheiten über die von Sovromtransport bedienten Routen liegen nicht vor, ebenso fehlen Zahlen zum Fracht- wie Passagierverkehr. In der Binnenschifffahrt ist der Waren- und Passagierverkehr zwischen den rumänischen See- und Binnenhäfen sowie der grenzüberschreitende Verkehr relevant, aber nicht zu beziffern.

Im Verkehr der See-Schiffe bildet die Auswanderung rumänischer Juden nach Israel mit rumänischen Schiffen den bekanntesten Aspekt. Bereits zu Beginn des Zweiten Weltkrieges beförderten rumänische Schiffe jüdische Auswanderer nach Haifa. Diese Auswanderung wurde nach dem Krieg weitergeführt, für die das Passagierschiff Transilvania als einziges Schiff der Sovromtransport genutzt wurde. Nach Ende der Auswanderungsbewegung im Jahr 1952 wurde das Schiff als Kreuzfahrtschiff im Schwarzen Meer, später auch im Mittelmeer eingesetzt. Ab Ende November 1945 nahm die Transilvania zudem den Linienverkehr auf der Route zwischen Constanța und Marseille auf.[10][11][12] Ob oder inwieweit die Frachtschiffe der Sovromtransport nur im Schwarzen Meer oder weiter zum Mittelmeer bzw. darüber hinaus eingesetzt wurden, bleibt zu klären.

Auflösung der Reederei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Tod von Josef Stalin nutze die rumänische Regierung die beginnende Tauwetter-Periode in der Sowjetunion und löste die Sovrom-Gesellschaften auf. Im September oder Oktober 1954 liquidierte sie die Sovromtransport und überführte die Reederei in die im Februar 1955 neu gegründete staatliche Reederei Navrom.[1][2][9]

See-Handelsschiffe der Sovromtransport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Name Tonnage Baujahr im Dienst der Reederei Anmerkungen, Verbleib
Transilvania 6672 BRT, 3091 NRT 1938 1945–1955 1938 an Serviciul Maritim Român, 1941 in Istanbul interniert, 1945 an Sovromtransport, 1955 an Navrom, 1975 außer Dienst, 1979 gekentert und abgewrackt.[13]
Ardeal 5695 BRT
3426 NRT
1922 1948–1954 ehemals deutscher Frachter Emil Kirdorf, 1932 nach Rumänien verkauft, 1945 sowjetische Beute, 1948 zurückgegeben, 1955 an Navrom, 1962 abgewrackt.[14][15][16]
Dimitrov 3688 BRT, 2291 NRT 1919 1948–1954 1919 als Haarlem an Koninklijke Nederlandsche Stoomboot Maatschappij, 1934 als Dimitrov an Chernomorskoye Gosudarstvyennoye Morskoye Parokhodstvo, Odessa, 1948 an Sovromtransport, 1954 an Navrom, 1962 umbenannt in Oltenia, 1971 außer Dienst und bis 1972 abgewrackt.[17]
Berezina 3125 BRT,
1885 NRT
1918 1950–1954 1918 britische War Highway, 1919 Seatonia, 1927 Bracondale, 1934 Verkauf an Sovtorgflot, Leningrad, als Berezina, 1950 an Sovromtransport, 1954 an Navrom, 1962 umbenannt in Eforie, Unklar, ob 1978 abgewrackt, da 1999 angeblich noch in Braila gesehen.[18][19]
Plechanow 3742 BRT,
2109 NRT
1900 1949–1954 1900 als Aristea nach Italien, 1915 als Kako an die Kaiserlich Russische Marine, 1922 in Petrograd registriert, 1934 Umbenennung in Plechanow, 1948/49 an Sovromtransport, 1954 an Navrom, 1964 abgewrackt.[20]
Friedrich Engels 3969 BRT 1930 1946–1954 1930 in Leningrad gebaut, im 2. Weltkrieg in Arktis-Konvois, 1946 an Sovromtransport, 1962 umbenannt in Mamaia bei Wechsel zur Navrom, im Dienst bis in die 1980er Jahre.[1][21][22][23]
Mangalia 659 BRT,
384 NRT
1950 1950–1954 ursprünglich deutscher Entwurf des Schwarzmeer-Einheitsschiffs, 1950 in Ungarn fertig gestellt und an Sovromtransport, 1954 an Navrom, 1970 an das Meeresforschungsinstitut in Constanta, Verbleib unklar.
Constanța 659 BRT,
384 NRT
1950 1950–1954 ursprünglich deutscher Entwurf des Schwarzmeer-Einheitsschiffs, 1950 in Ungarn fertig gestellt und an Sovromtransport, 1954 an Navrom, 1963 Umbenennung in Tulcea, Verbleib unklar.
Midia ca. 600 BRT 1950 1950–1954 Details zum Schiff liegen nicht vor.[1]
Sulina ca. 600 BRT 1950 1950–1954 Details zum Schiff liegen nicht vor.[1][24]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Carmen Irène Atanasiu: Flota comercială română sub control sovietic – Sovromtransport [Die rumänische Handelsflotte unter sowjetischer Kontrolle – Sovromtransport] (rumänisch), (ursprünglicher Erscheinungsort und -jahr unbekannt), Online Fassung bei romaniaforum.info
  • Csaba Bekes, Laszlo Borhi, Peter Ruggenthaler, Ottmar Trasca (Hrsg.): Soviet Occupation of Romania, Hungary, and Austria 1944/45–1948/49, Central European University Press, Budapest – New York 2015, ISBN 978-963-386-099-1 (eingeschränkte Online-Ansicht der Google-Buchsuche)
  • S. H. Steinberg: The Stateman’s Year-Book:Statistical and Historical Annual of the States of the world for the year 1957, Macmillan & Co. Ltd. / St. Martins’s Press, London / New York 1957, (eingeschränkte Online-Ansicht der Google-Buchsuche).
  • Marian Mosneagu: Politica navala postbelica a Romaniei (1944–1958). Editura „Mica Valahie“, 2011, ISBN 978-606-8304-14-4.
  • Valentin Ciorbea: Flota maritima comerciala romana: Un secol de istorie moderna 1895–1995, Editura Fundației „Andrei Șaguna“, Constanța 1995, ISBN 973-97270-0-X.
  • Radu Ioanid: Securitatea și vânzarea evreilor. Istoria acordurilor secrete dintre România și Israel [Sicherheit und Verkauf von Juden. Geschichte der Geheimabkommen zwischen Rumänien und Israel], Editura Polirom, Bukarest 2015, ISBN 978-973-46-5072-9, (eingeschränkte Online-Ansicht der Google-Buchsuche).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g Atanasiu
  2. a b Bekes, S. 139
  3. Klaus Becker: Die Binnenschiffahrt Südosteuropas nach 1945, In: Der Donauraum, Band 15, Forschungsinstitut für Fragen des Donauraumes, Böhlau 1970, S. 39
  4. Mosneagu, S. 391
  5. Steinberg, S. 1352
  6. Franz Pichler: Die Donaukommission und die Donaustaaten: Kooperation und Integration, Braumüller, 1973, S. 19
  7. CIA-Bericht über Sovromtransport vom 11. April 1947 (Memento des Originals vom 17. November 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cia.gov
  8. CIA-Bericht über Sovromtransport vom 26. Februar 1953: Personnel and ships
  9. a b Enciclopedia României
  10. Nave de istorie – Nava Transilvania (Memento des Originals vom 23. September 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.marinarii.ro
  11. vgl. Ioanid
  12. Sambra
  13. Reinhart Schmelzkopf, Neculai Padurariu: Die See-Handelsschiffe Rumäniens 1878–1944 (Teil II), In: Strandgut 61, 2006, S. 148
  14. Reinhart Schmelzkopf: Fremde Schiffe in deutscher Hand, Strandgut Verlag, Cuxhaven 2004, S. 21
  15. Arnold Kludas: Die Geschichte der deutschen Passagierschifffahrt. Band IV: Vernichtung und Wiedergeburt 1914 bis 1930, Weltbild Verlag, Augsburg 1994, S. 178
  16. Reinhart Schmelzkopf: Die deutsche Handelsschiffahrt 1919–1939. Band 2: Liste sämtlicher über 500 BRT großen Schiffe mit allen technischen und historischen Daten. Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg/ Hamburg 1975, ISBN 3-7979-1859-3, S. 106
  17. Name ship: Haarlem bei Maritiem-Historische Databank
  18. War Highway, bei Sunderland Built Ships
  19. 1918 – 2005: Eforie, bei romaniaforum.info
  20. 1900–1964: Plehanov, bei romaniaforum.info
  21. Mamaia bei balticshipping.com
  22. Roy Fenton: Tramp Ships. An Illustrated History, Seaforth Publishing, Barnsley 2013, ISBN 978-1-84832-158-8, S. 98 (eingeschränkte Online-Ansicht der Google-Buchsuche)
  23. NH 89915 S.S. FRIEDRICH ENGELS (USSR Merchant Cargo Ship, 1931-), bei history.navy.mil
  24. CIA-Bericht über Sovromtransport vom 11. September 1951 (Memento des Originals vom 18. November 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cia.gov