Störung einer Amtshandlung

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Die Störung einer Amtshandlung bezeichnet in Deutschland eine Handlung, die nach § 164 Strafprozessordnung unterbunden werden kann.

Systematische Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Legalitätsprinzip und dem Amtsermittlungsgrundsatz hat die Staatsanwaltschaft bei Verdacht einer Straftat den fraglichen Sachverhalt zu erforschen (§ 160 StPO). Wird sie bei diesen Ermittlungen gestört, kann sie bzw. die an Ort und Stelle für sie tätige Ermittlungsperson (§ 161 Abs. 1, § 163 Abs. 1 StPO) den Störer unter bestimmten Voraussetzungen festnehmen und vorübergehend festhalten (§ 164 StPO).

Das Festnahmerecht des § 164 StPO ist zu unterscheiden von einer vorläufigen Festnahme zur Identitätsfeststellung nach § 127 StPO, die keine Störung voraussetzt, und der vorläufigen Festnahme bei Straftaten in einer Sitzung (§ 183 S. 2 GVG).[1]

Störungshandlung und Rechtsfolgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

§ 164 StPO lautet:

„Bei Amtshandlungen an Ort und Stelle ist der Beamte, der sie leitet, befugt, Personen, die seine amtliche Tätigkeit vorsätzlich stören oder sich den von ihm innerhalb seiner Zuständigkeit getroffenen Anordnungen widersetzen, festnehmen und bis zur Beendigung seiner Amtsverrichtungen, jedoch nicht über den nächstfolgenden Tag hinaus, festhalten zu lassen.“

Der Störer kann im Falle einer vorsätzlichen Behinderung strafprozessualer Ermittlungshandlungen festgenommen werden, wenn er einer Anordnung, den Ort der Amtshandlung zu verlassen, nicht nachkommt.

§ 164 StPO wendet sich an alle Störer und damit beispielsweise auch an anwaltliche Rechtsbeistände von Zeugen.[2] Die Festnahme eines Anwalts kommt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allerdings nur ausnahmsweise in Betracht. Stört der Beistand bei Vernehmungen auf dem Dienstzimmer, reicht in aller Regel seine Entfernung aus dem Raum (Ausschluss). Im Hinblick auf die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und den medialen Programmauftrag dürfen ausgewiesene Pressevertreter im Zusammenhang mit polizeilichen Einsätzen nur eingeschränkt werden, wenn die polizeilichen Aufgaben sonst nicht erfüllt werden könnten.[3]

Das Festnahmerecht ermächtigt alle zuständigen Amtsträger, die eine rechtmäßige Amtshandlung vornehmen. Dies betrifft überwiegend Vollzugsbeamte der Polizei. Es muss sich nicht zwingend um einen Einsatzleiter handeln. Ist ein solcher nicht zugegen, darf beispielsweise auch die Besatzung eines Funkstreifenwagens nach § 164 StPO vorgehen.[3] Die Störung kann unter anderem Beeinflussungen verbaler oder tätlicher Art umfassen, zum Beispiel ständige Zurufe oder Wegdrängen beteiligter Personen. Die bloße Befürchtung, es werde zu einer Störung kommen, reicht für § 164 StPO aber nicht aus.[4][5]

Als Strafverfolgungsmaßnahme sind Anordnungen nach § 164 StPO sog. Justizverwaltungsakte und unterliegen der Nachprüfung durch die ordentlichen Gerichte, nicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit.[6]

Gefährdet ein Störer zugleich die öffentliche Sicherheit oder öffentliche Ordnung, beispielsweise wenn eine Menge Schaulustiger den Straßenverkehr behindert, ist seitens der Polizei ein Platzverweis oder der Polizeigewahrsam als Maßnahme der Gefahrenabwehr zulässig. Der Freiheitsentzug ist durch eine richterliche Bestätigung über Rechtmäßigkeit und Fortdauer zu verifizieren, es sei denn, dass der Grund der Maßnahme bis zur richterlichen Entscheidung voraussichtlich wegen Entlassung entfällt.

Strafrechtlich sind bei solchen Störungen gegebenenfalls auch die Vergehen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder Gefangenenbefreiung zu prüfen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Antje Dittmer: Die vorläufige Festnahme gemäß § 127 Abs. 2 StPO. Zugleich ein Beitrag zur Abgrenzung präventiven und repressiven polizeilichen Handelns. Nomos, Baden-Baden (ohne Jahr), Inhaltsverzeichnis online
  2. Wagner, DRiZ 1983, 22, 23
  3. a b Alfred Rodorf: § 164 StPO (Festnahme von Störern) Abgerufen am 24. März 2016
  4. Wache, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 164 Rn. 4 ff.
  5. LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. Februar 2008 – Az. 5/26 Qs 6/08, 5/26 Qs 6/08 Rz. 28
  6. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. Januar 2012 – 11 OB 408/11