Trajekt Zeebrugge–Harwich

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Das Trajekt Zeebrugge–Harwich (Zeebrügge–Harwich) war von 1924 bis 1987 (mit Unterbrechung während des Zweiten Weltkriegs) eine internationale Eisenbahn-Fährverbindung zwischen dem europäischen Festland und Großbritannien. Die Fährverbindung diente ausschließlich dem Güterverkehr.

Das Trajekt: Ausfahrt aus dem Hafen Harwich, 1928

Beginn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1925 trat die Deutsche Reichsbahn dem belgisch-englischen Fährboot-Vertrag bei.[1] Die Verbindung ermöglichte ab dem 1. Mai 1925 den durchgehenden Versand von Waren mit der Eisenbahn zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich, ohne diese zwischendurch umladen zu müssen. Bis dahin mussten die Waren zwei Mal, von der Bahn auf das Schiff, und dann nochmals, vom Schiff auf die Bahn, umgeladen werden. Zudem war eine aufwändigere „seemäßige Verpackung“ erforderlich.[2]

Fahrzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Güterwagen der Gattung Gfh für den Trajektverkehr mit Großbritannien[3]
Deutsch-Englischer Fährverkehr – Viersprachige Detailaufschrift auf dem Güterwagen der Gattung Gfh

Wegen des schmaleren Lichtraumprofils der britischen Eisenbahnen waren für den Verkehr nur dafür speziell gebaute Güterwagen zugelassen, die von der Deutschen Reichsbahn als „Fährbootwagen“ (F.-B.-Wagen) bezeichnet wurden. Diese Wagen waren zunächst bei der Belgischen Staatsbahn eingestellt und wurden wie Privatgüterwagen behandelt. Soweit sie deutschen Heimatbahnhöfen zugewiesen waren, erhielten sie eine dreisprachige Beschriftung in Englisch, Französisch und Deutsch.[4] Ab 1926 besaß die Deutsche Reichsbahngesellschaft dann auch eigene Wagen.[5] 1928 beschaffte die Deutsche Reichsbahn Rungenwagen, die im Verkehr mit Großbritannien eingesetzt werden konnten.[6]

Bis 1934 entstanden 300 gedeckte Güterwagen (Gfh) und 40 Rungenwagen (Rfh), die ursprünglich der Reichsbahndirektion Trier zugeordnet waren. Die Reichsbahndirektion Trier wurde 1935 mit der Rückkehr des Saargebiets zum Deutschen Reich in Reichsbahndirektion Saarbrücken umbenannt. Das in den Gattungszeichen für Fährbootwagen stehende Nebengattungszeichen „f“ – für „Fähre“ – wurde 1943 durch „b“ ersetzt.

Betrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der Fährverbindung verkehrten bis 1957 teilweise die Train Ferries No. 1, No. 2 und No. 3.

In der Anfangszeit des Verkehrs beteiligten sich nicht alle britischen Bahnen daran oder nur in beschränktem Umfang.[7] In der Praxis scheinen die Schwierigkeiten aber nur gering gewesen zu sein. Wegen Problemen mit dem Lichtraum waren auch zunächst durchlaufende Sendungen nördlich von Glasgow oder nach Irland nicht möglich.[2] Nach Mitteilung der britischen Seite beförderten ab 1926 „alle englischen Eisenbahnen ohne Ausnahme“ die Fährbootwagen.[8]

In Berlin[Anm. 1] bestand eine Geschäftsstelle des Fährdienstes Harwich–Zeebrücke G.m.b.H., die den Verkehr vermittelte und überwachte und dazu eng mit der Reichsbahn zusammen arbeitete.[9]

Täglich verkehrte eine Trajektfahrt je Richtung. In der Weltwirtschaftskrise ging der Bedarf stark zurück, so dass 1932 pro Woche nur noch drei Fahrten (je Richtung) stattfanden und an zwei Tagen pro Woche die Möglichkeit bestand, ein zusätzliches Fahrtenpaar einzulegen.[10]

Während des Zweiten Weltkriegs war die Verbindung unterbrochen. 1950 konnten auch deutsche Fährbootwagen wieder eingesetzt werden.[11] Die Nachfrage war so groß, dass bereits ein Jahr später Mangel an geeigneten Güterwagen bestand.[12]

1987 wurde das Trajekt eingestellt.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 1928 war die Postanschrift: Unter den Linden 39 (Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 28. Juli 1928, Nr. 34. Bekanntmachung Nr. 425, S. 227).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Michael Dostal: Schmale Güterwagen für maritime Transportwege. In: eisenbahn-magazin. Nr. 5/2019. Geramond, Gilching, S. 13.
  2. a b Reichsbahndirektion in Mainz (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 12. September 1925, Nr. 46. Bekanntmachung Nr. 884, S. 497.
  3. In der Sammlung des Eisenbahnmuseums Bochum.
  4. Reichsbahndirektion in Mainz (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 16. Mai 1925, Nr. 28. Bekanntmachung Nr. 521, S. 325; ergänzt durch: Reichsbahndirektion in Mainz (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 4. Juli 1925, Nr. 35. Bekanntmachung Nr. 668, S. 390.
  5. Michael Dostal: Schmale Güterwagen für maritime Transportwege. In: eisenbahn-magazin. Nr. 5/2019. Geramond, Gilching, S. 13.
  6. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 24. November 1928, Nr. 52. Bekanntmachung Nr. 661, S. 322f.
  7. Reichsbahndirektion in Mainz (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 18. Juli 1925, Nr. 37. Bekanntmachung Nr. 715, S. 412.
  8. Reichsbahndirektion in Mainz (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 23. Januar 1926, Nr. 4. Bekanntmachung Nr. 59, S. 32.
  9. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion in Mainz vom 28. Juli 1928, Nr. 34. Bekanntmachung Nr. 425, S. 227.
  10. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 16. April 1932, Nr. 16. Bekanntmachung Nr. 233, S. 93.
  11. Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Eisenbahndirektion Mainz vom 17. Februar 1950, Nr. 7. Bekanntmachung Nr. 90, S. 44.
  12. Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Eisenbahndirektion Mainz vom 20. April 1951, Nr. 17. Bekanntmachung Nr. 205, S. 94.