Tumulus von Tatarli

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Der Tumulus von Tatarli ist ein phrygischer Grabhügel der Achämenidenzeit, der ehemals eine vollständig ausgemalte hölzerne Grabkammer barg. Er liegt beim Dorf Tatarlı in der türkischen Provinz Afyonkarahisar, rund 30 km nordöstlich der antiken Stadt Kelainai, heute Dinar. Teile der Grabkammer werden im Archäologischen Museum Afyonkarahisar aufbewahrt, wo sie demnächst in einem neuen Museum ausgestellt werden sollen.

Geschichte und Erforschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tumulus und Grabkammer stammen aus dem frühen 5. Jahrhundert v. Chr., Bauherr war möglicherweise ein lokaler Herrscher in persischen Diensten. Bis in römische Zeit wurde das Grab mehrfach nachbelegt. 1969 wurde die Grabkammer von Plünderern aufgebrochen und stark beschädigt. Zwei der bemalten Balken gelangten zunächst nach Deutschland, bis sie 2009 im Rahmen eines Deutsch-Türkischen Forschungs- und Restaurierungsprojekts mit den verbliebenen Teilen der Grabkammer im archäologischen Museum von Afyonkarahisar wieder vereint wurden. 2010 wurde die rekonstruierte Grabkammer in einer Ausstellung in Istanbul gezeigt.[1]

Bauweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Hügelgrab steht auf einem weithin sichtbaren Felsrücken und hat eine Höhe von rund 6 m. Die Grabkammer war in Blockbauweise aus Zedern- und Wacholderbalken errichtet und durch einen steinernen Dromos zugänglich. Mithilfe eines komplizierten Systems aus umgebenden Quadermauern, Drainagegräben und mehrschichtigen Holz-, Lehm- und Kiespackungen war die Grabkammer bis zu ihrer Bergung 1970 vor Witterung gut geschützt. Die auffällig qualitätvolle Holzbearbeitung belegt einen hohen Stand der antiken Zimmermannskunst in dieser Region.[2]

Malerei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der soliden Bauweise haben sich große Teile der bedeutenden Malereien im Innenraum der Grabkammer erhalten. Die Giebelwand zeigt Darstellungen von geflügelten Stieren, Säbeltänzern und den Geryoneus-Mythos, der auch andernorts mit Grabkulten verbunden wurde. An einer Längswand fanden sich zwei Bildfriese mit Darstellungen persischer Soldaten. Einer dieser Friese stellt eine Schlacht zwischen Persern und Skythen dar, die persische Armee ist dabei überlegen. Bei dem zweiten Fries handelt es sich um eine Prozessionsszene, an der mehrere Fußsoldaten und Reiter teilnehmen. Die detailreiche Wiedergabe der martialischen Motive, Trachten, Pferde, Waffen, Wagen und anderen Kriegsgeräts zeugt davon, dass der Künstler die persische Armee aus eigener Anschauung kannte. Hintergrund ist vermutlich die bei Herodot (7, 26-29) beschriebene Präsenz achämenidischer Truppen im nahegelegenen Kelainai zu dieser Zeit.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lâtife Summerer, Alexander von Kienlin (Hrsg.): Tatarlı. Renklerin dönüşü – The Return of Colours – Rückkehr der Farbe. Istanbul 2010.
  • Alexander von Kienlin: Die hölzerne Grabkammer von Tatarli: Ein hochentwickeltes Beispiel anatolischer Blockbautradition aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. In: M. Bachmann (Hrsg.): Bautechnik im antiken und vorantiken Kleinasien (= Byzas. Band 9). Istanbul 2009, S. 211–224.
  • Lâtife Summerer, Alexander von Kienlin: Rückkehr der Holzmalerei. In: Antike Welt 6/2009, S. 65–72.
  • Lâtife Summerer, Alexander von Kienlin: Zwischen Zerstörung und Restaurierung. Eine bemalte Holzgrabkammer aus dem 5. Jh. v. Chr. in Phrygien. In: E. Emmerling (Hrsg.): Toccare – Non Toccare. Internationale Konferenz zu Fragen der Restaurierung. 7.–8. Dezember 2007. ICOMOS (= Hefte des Deutschen Nationalkomitees. Nummer XLVII). München 2009, S. 33–41.
  • Lâtife Summerer, Alexander von Kienlin: Tatarlı. Une tombe perse retrouvé. In: Archéologia. N° 465, April 2009, S. 505–507.
  • Lâtife Summerer: Picturing Persian Victory. The Painted Battle Frieze on the Munich Wood. In: Ancient Civilizations from Scythia to Siberia. Band 13, Nummer 1–2, 2007, S. 3–30.
  • Lâtife Summerer: Imaging a Tomb Chamber. The Iconographic Programm of the Tatarlı-Tomb. In: A. Zournatzi (Hrsg.): Ancient Greece – Ancient Iran. Cross-Cultural Encounters. Proceedings of the International Conference at Athens 11-13. November 2005. Athen 2008, S. 265–299.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Harald Schulze: Der Krimi um die Balken von Tatarli, Mitteilungen der Freunde der Bayerischen Vor-und Frühgeschichte, Nr. 128 vom 14. September 2010
  2. https://www.ar.tum.de/forschung/projekte/der-tumulus-von-tatarli/ Forschungsprojekt an der TU München
  3. Lâtife Summerer: Picturing Persian Victory. The Painted Battle Frieze on the Munich Wood. Ancient Civilizations from Scythia to Siberia (1/2007) 3 – 30