Verfassung des Landes Schleswig-Holstein

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Verfassung des Landes Schleswig-Holstein in der Fassung vom 2. Dezember 2014 in Deutscher und Plattdeutscher Fassung
Basisdaten
Titel: Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
Kurztitel: Schleswig-Holsteinische Verfassung (nicht amtlich)
Früherer Titel: Landessatzung für Schleswig-Holstein
Abkürzung: Verf SH, SHVerf
Art: Landesgesetz
Geltungsbereich: Schleswig-Holstein
Rechtsmaterie: Verfassungsrecht
Fundstellennachweis: GS Schl.-H. II, Gl.Nr. 100-1
Ursprüngliche Fassung vom: 13. Dezember 1949
(GVOBl. Schl.-H. 1950 S. 3)
Inkrafttreten am: 12. Januar 1950
Neubekanntmachung vom: 2. Dezember 2014
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vom 13. Dezember 1949 trat am 12. Januar 1950 unter dem Titel Landessatzung für Schleswig-Holstein in Kraft. Eine Verfassungs- und Parlamentsreform führte am 13. Juni 1990 auch zu einer Titeländerung. Die aktuelle Bekanntmachung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein stammt vom 2. Dezember 2014.

Der deutsche Jurist und zeitweise in dänischen Diensten stehende Beamte Uwe Jens Lornsen hatte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit seinen Schriften über die verfassungsrechtliche Lage der mit der dänischen Krone verbundenen Herzogtümer Schleswig und Holstein bereits Vorarbeiten geleistet. Schleswig war damals ein Lehen Dänemarks, Holstein ein Gliedstaat des Deutschen Bundes – beide Territorien wurden jedoch vom dänischen König in Personalunion als Herzog regiert. Lornsen forderte indes mehr Autonomie für Schleswig-Holstein innerhalb der noch sehr vom Absolutismus geprägten dänischen Politik.

Eine Kommission der Provisorischen Regierung hatte bereits zu Beginn der Schleswig-Holsteinischen Erhebung am 24. Juli 1848 einen Entwurf eines „Staatsgrundgesetzes für die Herzogthümer Schleswig = Holstein“ vorgelegt. Artikel 3 des Entwurfes bestimmte: „Die Herzogthümer Schleswig = Holstein sind ein Bestandtheil des Deutschen Staatsverbandes“. 1854 legte die dänische Regierung jeweils eine Verfassung für Schleswig und Holstein vor.

Entwurf eines Staatsgrundgesetzes für Schleswig-Holstein von 1848

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schleswig-Holstein von der britischen Militärregierung regiert. Diese erließ 1946 eine vorläufige Landessatzung als vorläufige Verfassung. Der Ernannte Landtag stimmte am 12. Juni 1946 diesem Gesetz zu. Bis zur Verabschiedung der Verfassung von 1949 bildete diese vorläufige Verfassung den rechtlichen Rahmen in Schleswig-Holstein.

1949 verabschiedete der erste gewählte Landtag des aus der gleichnamigen preußischen Provinz hervorgegangenen Landes Schleswig-Holstein eine Landessatzung. Der Begriff „Satzung“ statt „Verfassung“ wurde gewählt, da diese wie das Grundgesetz der Bundesrepublik nur so lange Gültigkeit haben sollte, bis das geteilte Deutschland wieder in einem Staat vereint wäre.

Die Beratung der Verfassung fand in vergifteter Atmosphäre statt. Die SPD stellte im Landtag nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 1947 trotz eines Stimmenanteils von nur 41,1 % dank des Wahlrechtes eine absolute Mehrheit der Abgeordneten. Bei den Kommunalwahlen am 24. Oktober 1948 und der Bundestagswahl 1949 war die CDU jeweils sogar stärker geworden als die SPD. Aufgrund dieser Konstellation lehnte die SPD die Forderung der Opposition nach der Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung ab und bestimmte, dass der Landtag die Landessatzung verabschieden sollte. Noch heftiger war der Widerstand der Oppositionsparteien gegen die Verfassungsregelung, dass die Verfassung mit absoluter Mehrheit angenommen werden sollte, die künftigen Änderungen der Verfassung jedoch einer 2/3-Mehrheit bedurften.

Durch diese Regelungen beabsichtigte die SPD die heftig umstrittenen Kernpunkte ihrer Politik, die sechsjährige Grundschule und die Bodenreform dauerhaft zu sichern.

Nachdem der Innenminister Wilhelm Käber am 24. Oktober 1949 den Entwurf der Landessatzung vorlegte, in dem diese Regelungen enthalten waren, forderte der Abgeordnete Hermann von Mangoldt für die CDU Schleswig-Holstein, dass die CDU auf dieser Basis nicht an den Verfassungsberatungen teilnehmen und das Ergebnis vor dem Bundesverfassungsgericht anfechten würde. Auch der SSW äußerte scharfe Kritik an der Vorgehensweise und dem Entwurf.

Die SPD war nicht bereit, den Wünschen der Opposition zu entsprechen. Die Beratungen fanden daher nur mit den Abgeordneten der SPD und denen des SSW statt. Die CDU hatte lediglich Hans-Jürgen Klinker und Emmy Lüthje als Beobachter entsandt.

Ministerpräsident Hermann Lüdemann (SPD) versuchte noch einen Kompromiss zu finden, indem er vorschlug, den Absatz über die sechsjährige Grundschule zu streichen. Seine Fraktion lehnte diesen Vorschlag mit dem Argument ab, dann können ja künftige andere Mehrheiten diese Regelung wieder abschaffen.

Die Diskussion über die Vorlage ergab aufgrund dieser Konstellation nur wenige Änderungen. So wurde die Dauer der Legislaturperiode gegenüber dem Entwurf von 3 auf 4 Jahre verlängert (wobei diese Regelung erst ab der nächsten Wahl gelten sollte) und ein konstruktives Misstrauensvotum wurde eingeführt. Die Regelungen über Bodenreform (Art. 8) und Grundschule verblieben aber in der Verfassung. Die Verfassung wurde am 13. Dezember 1949 mit den Stimmen der 42 SPD-Abgeordneten gegen die Stimmen der zwei CDU-Beobachter und des SSW angenommen. Lediglich die beiden SSW-Abgeordneten Berthold Bahnsen und Victor Graf von Reventlow-Criminil enthielten sich der Stimmen.

Korrekturen 1950

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Die Bemühungen der SPD, die Kernpunkte ihrer Politik über die Verfassung dauerhaft gegen die demokratische Meinungsbildung schützen zu wollen, waren nicht erfolgreich. Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 1950 büßte sie 16,3 % der Stimmen ein und musste in die Opposition gehen. Am 20. November 1950 wurden die Verfassungsbestimmungen über die sechsjährige Grundschule und die Bodenreform in der Landessatzung gestrichen.

Neufassung 1990

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Die Kieler Affäre um den damaligen Ministerpräsidenten Uwe Barschel führte 1990 zu einer umfassenden Verfassungs- und Parlamentsreform, die im Gesetz zur Änderung der Landessatzung für Schleswig-Holstein vom 13. Juni 1990 (GVOBl. Schl.-H. S. 391) mündete.

Alle Fraktionen beschlossen im April 2013 die Einrichtung eines Sonderausschusses „Verfassungsreform“ mit dem Ziel u. a. die folgenden Punkte zu prüfen und vorzulegen:[1]

Die Beratung des Sonderausschusses beschäftigte sich auch mit Vorschlägen aus der Bevölkerung und von Verbänden, die teilweise auch Berücksichtigung fanden. Die Beschlussfassung im Landtag ist am 8. Oktober 2014 erfolgt. Für den interfraktionellen Antrag zur Änderung der Verfassung stimmten 61 der 66 anwesenden Abgeordneten. Die neue Verfassung setzt die Quoren für Volksentscheide herab. Der Schutz der digitalen Privatsphäre und der weitere Aufbau der digitalen Basisdienste bekommen wie das Schulwesen der dänischen Minderheit Verfassungsrang. Die Inklusion von Schülern mit Behinderungen und eine bürgernahe Verwaltung werden ebenfalls Staatsaufgaben (in der Verfassung wird von „Staatszielen“ gesprochen). Der Landtag erhält mehr Rechte und kann zukünftig die Regierung dazu zwingen, Verfassungsklage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Für die Verankerung eines Gottesbezuges fand sich im Landtag keine verfassungsändernde Mehrheit. Auch zwei Anträge, nachträglich einen Gottesbezug in die Verfassung aufzunehmen, wurden im Juli 2016 abgelehnt.[2]

Schleswig-Holstein ist laut Artikel 1 seiner Verfassung ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland. Die Landesverfassung schreibt wie das Grundgesetz die Gewaltenteilung zwischen gesetzgebender Gewalt (Legislative, dem Landtag), ausführender Gewalt (Exekutive, der Landesregierung und -verwaltung) und rechtsprechender Gewalt (Judikative, der Gerichte) vor. Ein weiteres Verfassungsorgan ist der Landesrechnungshof. Daneben besteht eine so genannte vertikale Gewaltenteilung zwischen der Landesebene und der kommunalen Ebene, die jeweils eigene Zuständigkeiten und Aufgaben haben. Die Verfassung enthält auch weitreichende Elemente der direkten Demokratie.

Ein neues Element der Verfassung ab 1990 sind so genannte Staatszielbestimmungen wie z. B. den Minderheitenschutz der friesischen und der dänischen Volksgruppe sowie gem. Landtagsbeschluss vom 14. November 2012 der deutschen Sinti und Roma im Land (Art. 5), die Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau (Art. 6), den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 7) oder Schutz und Förderung der Kultur einschließlich der plattdeutschen Sprache (Art. 9).

Bis zur Errichtung eines Landesverfassungsgerichts in Schleswig im Mai 2008 lag die Zuständigkeit für Landesverfassungsstreitigkeiten beim Bundesverfassungsgericht.

Literatur (chronologische Auswahl)

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  • Ausführliche Protokolle über die gemeinsamen Sitzungen der Ausschüsse für Verfassung und Geschäftsordnung und innere Verwaltung vom 8. November bis 6. Dezember 1949 zur Beratung des Entwurfs einer Landessatzung für Schleswig-Holstein. Landtag, Kiel 1949 (Landesvorlage Nr. 263/3, 3. Schleswig-Holsteinischer Landtag)
  • Karl Mannzen: Die Landessatzung für Schleswig-Holstein. In: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart. Mohr Siebeck, Tübingen 1957 ISSN 0075-2517, Bd. 6.1957, S. 251–283
  • Harald Nydahl: Landessatzung für Schleswig-Holstein. Textausgabe mit Sachverzeichnis. Nydahl, Kiel 1972
  • Uwe Barschel, Volkram Gebel: Landessatzung für Schleswig-Holstein. Kommentar Wachholtz, Neumünster 1976, ISBN 3-529-06158-1
  • Magnus G. Staak: Landessatzung für Schleswig-Holstein. Textausgabe mit Verweisungen und einer erläuternden Einführung. 2., neubearb. Aufl. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1977, ISBN 3-555-10060-2
  • Zur Entstehung der Verfassung 1949/50. In: Erich Maletzke, Klaus Volquartz: Der Schleswig-Holsteinische Landtag – Zehn Wahlperioden im Haus an der Förde. Kiel 1983, S. 54–57
  • Vorläufige Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vom 12. Juni 1946. Grundlage des parlamentarisch-demokratischen Neubeginns oder überholtes Dokument eines verfassungspolitischen Übergangs? Dokumentation der Vortragsveranstaltung vom 12. Juni 1986 hrsg. vom Vorstand des Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Kiel 1986 (Quellen zur Verwaltungsgeschichte 2)
  • Edzard Schmidt-Jortzig: Reformüberlegungen für die Landessatzung Schleswig-Holstein. Verfassungsrechtliche Konsequenzen aus der Barschel-Pfeiffer-Affäre. Kiel 1988 (Schriften der Hermann-Ehlers-Akademie 25)
  • Reinhard Eckstein: Die Reform der Landessatzung für Schleswig-Holstein 1989/90. Kiel 1991 (Kiel, Univ., M. A., 1992)
  • Dorothee Hassenpflug-Hunger: Verfassungsrechtliche Abmessungen parlamentarischer Opposition nach dem Grundgesetz und Art. 12 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein. Lang, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-631-33467-2 (Kiel, Univ., Diss., 1998)
  • De Verfaten vun dat Land Sleswig-Holsteen. Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein. Op Plattdüütsch und Hochdeutsch (Hrsg. Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages). Übertragung ins Niederdeutsche von W. Diercks; J. Waack; E.R. Andersen. Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Kiel 2000
  • Johannes Caspar (Hrsg.): Verfassung des Landes Schleswig-Holstein. Kommentar. Lorenz-von-Stein-Inst. für Verwaltungswiss., Kiel 2006, ISBN 3-936773-25-4 (Landesrecht Schleswig-Holstein 2)
  • Felix Welti: Der Schutz pflegebedürftiger Menschen durch die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein. In: Festschrift für das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht. Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel 2008, S. 179–198 (Arbeitspapier / Lorenz-von-Stein-Institut 85)

Einzelnachweise

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  1. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucksache 18/715
  2. Landtag in Schleswig-Holstein: Gottesbezug in Kieler Landesverfassung abgelehnt. Der Spiegel, 22. Juli 2016, abgerufen am 22. Juli 2016.