Klimakterium

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Das Klimakterium (von griechisch κλιμακτήρ klimaktér „Sprosse einer Leiter“, im übertragenen Sinne „kritischer Zeitpunkt im Leben eines Menschen“, ursprünglich im Kontext der antiken Astrologie gebraucht[1]) bezeichnet bei der Frau (sowie bei Kühen von Grind- und Schwertwal) die Jahre der hormonellen Umstellung, im Deutschen früher auch Stufenjahre genannt, vor und nach der Menopause mit dem Übergang von der reproduktiven zur postmenopausalen Phase. Diesen mit dem Rückgang der Gonadenfunktion einhergehenden Zeitabschnitt bezeichnet man auch als Wechseljahre als jene Phase im Leben einer Frau, in der die Eierstöcke allmählich aufhören, Sexualhormone zu produzieren sowie befruchtungsfähige Eizellen bereitzustellen.

Beginn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei manchen Frauen beginnt bereits mit 40 Jahren das Klimakterium, bei anderen erst Mitte 50. Mit Ende 50 haben die meisten Frauen die Wechseljahre hinter sich. Wenn die Eierstöcke operativ entfernt werden, setzt das Klimakterium unmittelbar ein.[2] Beginnt das Klimakterium vor dem 40. Lebensjahr, spricht man in der Medizin auch vom Climacterium praecox („vorzeitiges Klimakterium“).

Eingeteilt wird das Klimakterium in

  • Prämenopause, durch den Rückgang des Progesteronspiegels kommt es zum Auftreten von ersten unregelmäßigen bzw. gelegentlich ausbleibenden Menstruationszyklen
  • Menopause, die Eierstöcke stellen ihre Produktion ein und die Menstruation bleibt endgültig aus
  • Perimenopause, Zeitraum zwischen der Prämenopause sowie der Postmenopause und der eigentlichen Menopause
  • Postmenopause, Zeitraum von etwa zwölf Monaten nach der letzten spontanen Menstruation

Die wichtigste hormonelle Änderung ist der Rückgang des Östrogens, das in den Eierstöcken gebildet wird und den Menstruationszyklus regelt. Beim Einsetzen des Klimakteriums sinkt der Östrogenspiegel deutlich ab. Das Klimakterium führt häufig zu Schwankungen im Menstruationszyklus: Die Blutungen werden stärker oder schwächer, die Abstände dazwischen kleiner oder größer, es kann zu Abständen von einigen Monaten kommen, bis die Blutungen dann aufhören. Mit dem endgültigen Ausbleiben der Regelblutung endet die fruchtbare Zeit im Leben einer Frau.

Beschwerden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klassifikation nach ICD-10
N95.8 Sonstige näher bezeichnete klimakterische Störungen
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Beschwerden, die während des Klimakteriums auftreten können, fasst man in der Medizin auch unter dem Begriff klimakterisches Syndrom zusammen. Die häufigsten Beschwerden während der Wechseljahre sind Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Libidomangel, eine Atrophie der Scheidenschleimhhaut mit entsprechender Trockenheit, was zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, zu Scheidenentzündung und zu Blutungen führen kann. Auch wenn die genauen Mechanismen noch ungeklärt sind, scheint das Hormon Östrogen ein entscheidender Botenstoff der Hitzewallungen zu sein.[3] Insbesondere nächtliche Hitzewallungen und Schweißausbrüche können zu Schlafstörungen führen, die wiederum psychische Veränderungen zur Folge haben können.

Weitere Beschwerden, die während der Wechseljahre auftreten können, sind Schwindelgefühle, leichteres Ermüden, Antriebslosigkeit, Palpitationen, Reizbarkeit, Aggressivität, Nervosität, erhöhte Verletzlichkeit (Vulnerabilität), Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen, Verminderung des Selbstwertgefühls, Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwäche, Harninkontinenz, Verstopfung, Durchfall, trockene Haut, trockene Schleimhäute, Herzbeschwerden, Gewichtszunahme, Gelenk- und Muskelschmerzen, Haarausfall, verstärkter Haarwuchs im Gesicht, verlängerte Menstruationen (bis zu vier Wochen). Darüber hinaus begünstigt die Hormonumstellung, insbesondere der Rückgang an Östrogen, das Auftreten von Osteoporose.[4][5] Des Weiteren werden Änderungen des Stoffwechsels und damit assoziierte Erkrankungen wie Diabetes mellitus beobachtet. Viele der Beschwerden verschwinden nach dem Klimakterium wieder, die Zunahme an Körpermasse, viszeralem Fett sowie Bauch- und Hüftumfang[6][7][8] können von Betroffenen auch postmenopausal noch als belastend empfunden werden.

Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Linderung vegetativer Beschwerden, wie zum Beispiel Hitzewallungen, können Pflanzenpräparate wie Traubensilberkerze, Mönchspfeffer, Rotklee, Schafgarbe, Soja oder sibirischer Rhabarber eingesetzt werden. Auch die Einnahme von Anticholinergika können wechseljahresbedingte Schweißausbrüche lindern. Hierbei kommen Wirkstoffe wie Bornaprin[9] oder Methantheliniumbromid[10] in Frage. Es gibt wissenschaftliche Studien, die darauf hinweisen, dass Melatonin die neurovegetativen Beschwerden im Klimakterium beheben kann.[11][12]

Nutzen und Schaden einer lokalen oder systemischen Hormonersatztherapie wurden noch 2003 kontrovers diskutiert.[13] Dabei sollten Anwenderinnen zwischen Hormonpräparaten unterscheiden, die rein synthetisch, aus pflanzlichen Bestandteilen wie Yamswurzel oder tierische Bestandteile enthält (wie den Urin trächtiger Stuten[14]).

Klinische Studien zeigen, dass Hormonersatztherapien gegen Symptome wie Hitzewallungen und vaginale Trockenheit die besten Wirkungen erzielten. Andererseits werden Hormonersatztherapien mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten verschiedener Krankheiten wie Brustkrebs oder Herzinfarkt in Verbindung gebracht.[15]

In Deutschland übernehmen Krankenkassen die Kosten für Hormonersatztherapien unter anderen, weil der Knochenmasseverlust so abgebremst wird, was das Risiko an Osteoporose zu erkranken deutlich senkt. Im Vergleich zur Testgruppe, sank das Frakturrisiko bei Anwenderinnen einer Kombinationstherapie mit konjugierten Pferde-Östrogenen und Medroxyprogesteronacetat um rund 27 Prozent, im Fall von Hüftfrakturen sogar um 33 Prozent.[16]

In mehreren Studien, die unter anderem in Asien durchgeführt wurden, konnte darüber hinaus nachgewiesen werden, dass auch die externe Anwendung von Östrogencreme die Knochensubstanz stärkt und den Knochenmasseverlust effizient verhindern kann.[17][18]

Vorzeitige Wechseljahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zu vier Prozent aller Frauen kommen vorzeitig in die Wechseljahre. Je nach medizinischer Definition kann dies bedeuten, dass das Klimakterium vor dem 35. beziehungsweise 40. Lebensjahr eintritt. Vorzeitige Wechseljahre können natürliche Ursachen haben, beispielsweise genetisch bedingt sein oder durch Autoimmunerkrankungen hervorgerufen werden. Andererseits sind sie auch häufig auf medizinische Eingriffe zurückzuführen, wie beispielsweise Chemotherapien oder der Entfernung der Eierstöcke. Gerade wenn noch ein unerfüllter Kinderwunsch besteht und die Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist, können vorzeitige Wechseljahre weitreichende Folgen haben und für betroffene Frauen psychisch sehr belastend sein.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Klimakterium. In: Ludwig Weissbecker: Die Gonadeninsuffizienz. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1027–1032, hier: S. 1031 f.
  • Michael Stolberg: Von den „Stufenjahren“ zur „Menopause“. Das Klimakterium im Wandel der Zeit. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 24, 2005, S. 41–50.
  • Jürgen Klauber, Bernd Mühlbauer, Norbert Schmacke und Anette Zawinell: Wechseljahre in der Hormontherapie – Informationsquellen und ärztliche Einstellungen in der Praxis, Wissenschaftliches Institut der AOK, Bonn 2005, ISBN 3-922093-37-X.
  • Dr. med. Sheila de Liz: Woman on Fire. Alles über die fabelhaften Wechseljahre. 7. Auflage. Hamburg, Rowohlt Taschenbuchverlag 2021, ISBN 978-3-499-00317-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Klimakterium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Henry George Liddell, Robert Scott, A Greek-English Lexicon, Eintrag κλι_μακ-τήρ , ῆρος, ὁ
  2. Heinrich Schmidt-Matthiesen, Dietrich von Fournier (Hrsg.): Gynäkologie und Geburtshilfe. Schattauer Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-7945-2260-5, S. 81 ff. (Leseprobe bei Google Books).
  3. F. Kronenberg: Menopausal Hot Flashes: A Review of Physiology and Biosociocultural Perspective on Methods of Assessment. In: Journal of Nutrition. 140, 2010, S. 1380S, doi:10.3945/jn.109.120840.
  4. Sarah Bedell, Margaret Nachtigall, Frederick Naftolin: The pros and cons of plant estrogens for menopause. In: The Journal of Steroid Biochemistry and Molecular Biology. 139, 2014, S. 225, doi:10.1016/j.jsbmb.2012.12.004.
  5. S. Khosla: Pathogenesis of Age-Related Bone Loss in Humans. In: The Journals of Gerontology Series A: Biological Sciences and Medical Sciences. 68, 2013, S. 1226, doi:10.1093/gerona/gls163.
  6. S. R. Davis et al.: Understanding weight gain at menopause. Climacteric. 2012 Oct;15(5):419-29. doi:10.3109/13697137.2012.707385
  7. Carrie Karvonen-Gutierrez, Catherine Kim: Association of Mid-Life Changes in Body Size, Body Composition and Obesity Status with the Menopausal Transition. Healthcare 2016, 4(3), 42. doi:10.3390/healthcare4030042
  8. Agnieszka Dmitruk et al.: Body composition and fatty tissue distribution in women with various menstrual status. Rocz Panstw Zakl Hig. 2018;69(1):95-101. (online)
  9. R. Sergi, A. Massone, S. Moretto, C. Oggerino, F. Bertolotto, L. Losio, M. Ottonello: Hyperhidrosis treatment with bornaprine in the acute phase of spinal cord-injured patients. In: Spinal Cord. 46, 2008, S. 571, doi:10.1038/sc.2008.12.
  10. Martina Hund, Ronald Sinkgraven, Berthold Rzany: Randomisierte, placebokontrollierte klinische Doppelblindstudie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der oralen Therapie mit Methantheliniumbromid (VagantinR) bei fokaler Hyperhidrose. Randomized, placebo-controlled, double blind clinical trial for the evaluation of the efficacy and safety of oral methantheliniumbromide (VagantinR) in the treatment of focal hyperhidrosis. In: Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. 2, 2004, S. 343, doi:10.1046/j.1439-0353.2004.04765.x.
  11. G. Bellipanni, F. Di Marzo, F. Blasi, A. Di Marzo: Effects of melatonin in perimenopausal and menopausal women: our personal experience. In: Annals of the New York Academy of Science. 1057. Jg., Dezember 2005, S. 393–402. PMID 16399909
  12. N. Parandavar, K. Abdali, S. Keshtgar, M. Emamghoreishi, S. Amooee: The Effect of Melatonin on Climacteric Symptoms in Menopausal Women; A Double-Blind, Randomized Controlled, Clinical Trial. In: Iranian journal of public health. Band 43, Nummer 10, Oktober 2014, S. 1405–1416. PMID 26060703, PMC 4441894 (freier Volltext).
  13. Leitlinie Hormontherapie im Klimakterium der AkdÄ 2003 (PDF; 822 kB).@1@2Vorlage:Toter Link/www.akdae.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2023. Suche in Webarchiven)
  14. Presomen: Schwangere Stuten leiden für dieses Medikament von 23. März 2022 Peta, abgerufen am 5. September 2023
  15. Olaf Ortmann, Claus Lattrich: The treatment of climacteric symptoms. In: Deutsches Ärzteblatt international. Band 109, Nummer 17, April 2012, S. 316–323, doi:10.3238/arztebl.2012.0316. PMID 22611453, PMC 3355503 (freier Volltext) (Review).
  16. HRT und Osteoporose/ Knochenmineralhaushalt von 23. März 2022 Hormonspezialisten, abgerufen am 5. September 2023
  17. T. S. Yang, Y. J. Chen, W. H. Liang et al., (2007): A clinical trial of 3 doses of transdermal 17beta-estradiol for preventing postmenopausal bone loss: a preliminary study. J Chin Med Assoc. 2007 May;70(5):200-6. PMID 17524997 doi:10.1016/S1726-4901(09)70358-2
  18. H. J. Kim, Y. K. Oh, J. S. Lee et al., (2014): Effect of Transdermal Estrogen Therapy on Bone Mineral Density in Postmenopausal Korean Women. Journal of Menopausal Medicine 2014 Dec; 20(3): 111–117. PMID 25580422 doi:10.6118/jmm.2014.20.3.111