Werner Ehrenforth

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Werner Ehrenforth (* 24. Januar 1939[1] in den Masuren[2]; † 25. Februar 2002 in Leipzig[3]) war ein deutscher Aphoristiker.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenforth, der seit den 1970er Jahren in Leipzig wohnte, übte zunächst viele Tätigkeiten aus, er war: „Brunnenarbeiter, Traktorist, Kellner, Gütekontrolleur, Heizer, Betriebswirtschaftler“ und studierte Theologie.[2] Vor der Wende arbeitete der gelernte Ingenieurökonom als wissenschaftlicher Mitarbeiter[4] in der Entwicklungsabteilung bei TAKRAF.[2] 2002 erlag er einem mehrjährigen Krebsleiden.[3]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenforth schrieb Aphorismen, die zu einem großen Teil auf der „Umkehrung des landläufigen Sinnes von Worten, Wendungen, Denkweisen“[5] beruhen und, da er auch Autor von Kurzfabeln war, häufig Redensarten mit Tiermetaphern weiterführen.[6] Insbesondere der Band Die unsterbliche Eintagsfliege enthält separate Kapitel mit „manipulierten Sprichwörtern [S. 21–33], erweiterten Redensarten [S. 46–56] und erfundenen Wellerismen [S. 69–76].“[7] Der Parömiologe Wolfgang Mieder sieht in Ehrenforth einen „Virtuose[n] auf dem Gebiet innovativer Sagwörter“[8], dem eine indirekte „sozialpolitische Kulturkritik“[9] gelang. Die Indirektheit hebt auch der Literaturwissenschaftler und Aphorismenforscher Friedemann Spicker hervor, der jedoch Ehrenforths Werk insgesamt kritischer beurteilt und „durchsichtige“[10] sprachliche Techniken sowie überwiegende politische Systemkonformität[11] konstatiert.

Aphorismen von Ehrenforth wurden oft plagiiert[12] und beispielsweise als „Fußballsprüche“[13] veröffentlicht.

Ehrenforth war nicht nur Autor, sondern gab auch Aphorismenbände von Friedrich Hebbel und Ludwig Börne heraus, die später sogar als Lizenzausgaben in der Bundesrepublik Deutschland Verbreitung fanden. Außerdem beabsichtigte er die Herausgabe eines Nietzsche-Bandes, der jedoch nach dem Ende der DDR nicht mehr zustande kam.[2]

Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aphorismenbände[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sitzbeschwerden. Aphorismen. Mit einem Nachwort von Gerhard Branstner. Eulenspiegel Verlag, Berlin 1979
  • Neue Sitzbeschwerden. Aphorismen. Eulenspiegel Verlag, Berlin 1983
  • Die unsterbliche Eintagsfliege. Aphorismen, Fabeln und andere Frechheiten. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1984
  • Bekannte Sitzbeschwerden. Aphorismen. Eulenspiegel Verlag, Berlin 1988 (Dieses Buch vereinigt die Bände Sitzbeschwerden und Neue Sitzbeschwerden.)
  • Alte Sitzbeschwerden. Aphorismen. Eulenspiegel Verlag, Berlin 1990.

Herausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Friedrich Hebbel: Das gekämmte Gehirn. Aphorismen. Eulenspiegel Verlag, Berlin 1984
  • Ludwig Börne: Das Staatspapier des Herzens. Fragmente und Aphorismen. Eulenspiegel Verlag, Berlin 1986

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfgang Mieder: „Zwischen zwei Stühlen sitzen – viele ihr Leben ab.“ Zu den sprichwörtlichen Aphorismen von Werner Ehrenforth. Kapitel VII in: Wolfgang Mieder, „Spruchschlösser (ab)bauen.“ Sprichwörter, Antisprichwörter und Lehnsprichwörter in Literatur und Medien. Edition Praesens, Wien 2010, ISBN 3-7069-0607-4, S. 133–151
  • Friedemann Spicker: Der deutsche Aphorismus im 20. Jahrhundert. Spiel, Bild, Erkenntnis. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2004, ISBN 3-484-10859-2, insb. S. 628 f.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Beschwerdeführer Werner Ehrenforth wird 60. In: Leipziger Volkszeitung vom 23. Januar 1999, S. 22.
  2. a b c d Thomas Mayer: Der Leipziger Werner Ehrenforth, der Philosoph Friedrich Nietzsche und die vorgebliche Weisheit deutscher Fußballer. In: Leipziger Volkszeitung vom 5. Januar 2001, S. 16.
  3. a b Thomas Mayer: Erinnern an Ehrenforth. Aphoristiker und ein Poet dazu. In: Leipziger Volkszeitung vom 27. Februar 2002, S. 13.
  4. Eckart Krumbholz (Hrsg.): Kein Blatt vorm Mund. Aphorismen und Epigramme. Tribüne Verlag, Berlin 1982, S. 91.
  5. Gerhard Branstner: Eine kleine Nachbemerkung. In: Sitzbeschwerden, wieder abgedruckt in: Bekannte Sitzbeschwerden, S. 125–128, hier S. 127.
  6. Mieder 2010, S. 144.
  7. Mieder 2010, S. 135.
  8. Mieder 2010, S. 146.
  9. Mieder 2010, S. 133.
  10. Spicker 2004, S. 628.
  11. Spicker 2004, S. 629.
  12. „Indirekt oder direkt ist 109 Mal abgeschrieben worden“ (Ehrenforth). Vgl. Artikel in der LVZ vom 5. Januar 2001.
  13. Max Merkel: Einwürfe. Fußballsprüche vom Spielfeldrand. Herausgegeben von Hans-Dieter Schütt und Raymund Stolze. Sportverlag, Berlin 1993, ISBN 3-328-00584-6.