Zwerg-Primel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Zwerg-Schlüsselblume)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zwerg-Primel

Zwerg-Primel (Primula minima)

Systematik
Familie: Primelgewächse (Primulaceae)
Unterfamilie: Primuloideae
Gattung: Primeln (Primula)
Untergattung: Auriculastrum
Sektion: Auricula
Art: Zwerg-Primel
Wissenschaftlicher Name
Primula minima
L.

Die Zwerg-Primel (Primula minima) gehört zur Gattung der Primeln (Primula) innerhalb der Familie der Primelgewächse (Primulaceae). Die Bergbauern im Riesengebirge nannten sie auch „Hab mich lieb“ / „Habmichlieb“.

Die winzigen, vorn gezähnten Blätter
Habitus, Laubblätter und Blüten
Berliner Wohlfahrtsmarke von 1983
Illustration aus Anton Hartinger: Atlas der Alpenflora, 1882

Vegetative Merkmale

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zwerg-Primel ist eine rasig wachsende, ausdauernde krautige Pflanze und mit einer Wuchshöhe von bis zu 4 Zentimetern die kleinste mitteleuropäische Primel-Art. Sie ist scheinbar kahl, jedoch fast überall mit etwa 0,03 bis 0,05 Millimeter langen Drüsenhaaren bedeckt.[1]

Die glänzenden Laubblätter sind in kleinen gedrängten Rosetten angeordnet. Die Blattspreiten sind bei einer Länge von etwa 15 Millimetern keilförmig mit gestutztem oberem Ende. Der Blattrand ist seitlich ganzrandig und am oberen Ende mit drei bis neun groben, in eine Knorpelspitze verschmälerten Sägezähnen versehen. Die Blätter sind 5 bis 15 (bis 30) Millimeter lang und 3 bis 8 Millimeter breit.[1] Sie sind ungestielt oder allmählich in einen kurze Blattstiel verschmälert.[1]

Generative Merkmale

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit reicht von Juni bis Juli. Die Blüten stehen meist einzeln auf einem 2 bis 8 Millimeter langen Blütenstiel über ein bis zwei lanzettlichen Tragblättern.

Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Der etwa 5 bis 8 Millimeter lange Kelch besitzt fünf eiförmige Kelchzähne. Die leuchtend rote Krone ist mit 15 bis 30 Millimeter Durchmesser unverhältnismäßig groß für die kleinen Blattrosetten. Die Krone hat einen weißen, drüsenhaarigen Schlund und keilförmige, tief eingeschnittene Kronzipfel. Die Kronröhre ist 5 bis 11 Millimeter lang.[1] Die Kronzipfel sind vorn bis zur Hälfte oder bis zwei Fünftel eingeschnitten.[1] Die Fruchtkapsel ist 3 bis 5 Millimeter lang und kaum halb so lang wie der Kelch.[1] Die Samen sind glatt und gegen die Endfläche stark geflügelt.[1]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 66, (64, 67, 68, 69, 70, 73).

Die Zwerg-Primel bildet gelegentlich Hybriden mit der genetisch nahe verwandten Clusius-Primel (Primula clusiana), die in den Alpen etwa im gleichen Verbreitungsgebiet vorkommt.

Die Zwerg-Primel ist in den Gebirgen Mittel- und Osteuropas heimisch. In den Alpen kommt sie vom Brennerpass ostwärts bis zum Wiener Schneeberg, von Bayern bis zum Tonalepass in Höhenlagen von 1700 bis 3000 Metern vor.[1] Die Meereshöhe von 3000 Metern wird am Kraxentrager in den Zillertaler Alpen fast erreicht.[1] Weitere Vorkommen sind das Riesengebirge (ab 1200 Meter), die Tatra, die Karpaten, die Albanischen Alpen, der Hohe Balkan und die Rhodopen in Bulgarien[2][3]. Die Zwerg-Primel ist eine typische Ostalpenpflanze. Die Art ist in Deutschland durch die BArtSchV besonders geschützt.[4]

In Österreich kommt sie mäßig häufig in der (sub-)alpinen Höhenstufe vor und fehlt in Wien, Burgenland sowie Vorarlberg.

Die Zwerg-Primel gedeiht am besten auf sauren, kalkarmen oder kalkfreien, humos-modrigen und steinig-lehmigen Böden. Sie wächst auf frischen (Silikat-)Magerrasen (Krummseggenrasen) und Schneeböden. Sie besiedelt Schneetälchen und ruhenden Schutt, sie geht aber auch auf windgefegte, gratnahe Rasen und in feinerdereiche Felsspalten. Sie ist eine Charakterart des Primulae-Caricetum curvulae aus der Klasse der Krummseggenrasen (Juncetea trifidi), kommt aber auch im Caricetum firmae, im Elynetum oder in Nardion-Gesellschaften vor.[5]

  • Die Zwerg-Primel wurde erstmals von Clusius in seinem berühmten Buch Rariorum plantarum historia (1601) auf Seite 305 als Auricula ursi VIII minima beschrieben und abgebildet.
  • Alpenpflanzen, die unter solch extremen Umweltbedingungen (Temperatur, Wetter, …) wie die Zwerg-Primel leben, verwenden oft das Klonen zur Reproduktion. Reisch und Kellermeier[6] untersuchten, ob sich die Zwerg-Primel in erster Linie durch Klonen oder durch sexuelle Reproduktion vermehrt. Ihre genetischen Untersuchungen belegen überraschenderweise, dass sich die Zwerg-Primel ist erster Linie sexuell reproduziert.
  • Die Zwerg-Primel ist unter anderem die Wappenpflanze des Riesengebirgsvereins.
  • Hoffmann von Fallersleben verfasste um 1848 das Gedicht „Das Koppenblümchen Habmichlieb“ zur Ehren der Zwerg-Primel im Riesengebirge:[7]

Laß uns auf die Koppe steigen,
nun der Frühling ist erwacht!
Will Dir dort ein Blümchen zeigen,
das Dir froh entgegenlacht,

Was mein Herz noch nie gewagt,
Dir das liebe Blümchen sagt.
„Hab mich lieb!“

Wie´s auf ödem Felsgesteine
zwischen Moos und Gräsern sprießt,
und am warmen Sonnenscheine
seinen ros´gen Kelch erschließt!
Hab mich lieb, so spricht´s zu Dir,
Liebchen, komm´ und pflück´ es mir.
„Hab mich lieb!“

Blumen blüh´n an jedem Orte,
Blumen blüh´n auf Berg und Tal,
aber eine nur hat Worte,
eine grüßt Dich tausendmal.
Was mein Herz noch nie gewagt,
Dir das liebe Blümchen sagt.
„Hab mich lieb!“

  • Xaver Finkenzeller, Jürke Grau: Alpenblumen. Erkennen und bestimmen (= Steinbachs Naturführer). Mosaik, München 2002, ISBN 3-576-11482-3.
  • Wolfgang Adler, Karl Oswald, Raimund Fischer: Exkursionsflora von Österreich. Hrsg.: Manfred A. Fischer. Eugen Ulmer, Stuttgart/Wien 1994, ISBN 3-8001-3461-6.
  • Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. 2. Auflage. Band 3: Nachtkerzengewächse bis Rötegewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-08048-X.
  • Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Band V Teil 3, Zweite Auflage, Carl Hanser Verlag, München 1966.
  • Thomas Gaskell Tutin u. a. (Hrsg.): Flora Europaea: Diapensiaceae to Myoporaceae, Vol. 3, Cambridge University Press, Cambridge (UK) 1973, ISBN 0-521-08489-X.
  • Li-Bing Zhang, Joachim W. Kadereit: Classification of Primula sect. Auricula (Primulaceae) based on two molecular data sets (ITS, AFLPs), morphology and geographical distribution. In: Botanical Journal of the Linnean Society, Band 146, 2004, S. 1–26.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e f g h i Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 3, Seite 1782–1784. Verlag Carl Hanser, München 1966.
  2. Li-Bing Zhang, Joachim W. Kadereit: Classification of Primula sect. Auricula (Primulaceae) based on two molecular data sets (ITS, AFLPs), morphology and geographical distribution. In: Botanical Journal of the Linnean Society, Band 146, 2004, S. 1–26.
  3. Hegi, S. 1782–1784
  4. Michael Koltzenburg: Primula. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024. ISBN 978-3-494-01943-7. S. 621.
  5. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 738.
  6. Christoph Reisch und Jasmin Kellermeier: Microscale variation in alpine grasslands: AFLPs reveal a high level of genotypic diversity in Primula minima. In Botanical Journal of the Linnean Society, Bd. 155, 2007, S. 549–556.
  7. Der Aufenthalt des Dichters Hoffmann von Fallersleben in Herischdorf auf riesengebirgler.de, 2006, abgerufen am 24. August 2022.
Commons: Zwerg-Primel (Primula minima) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien