Karla Raveh

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Karla Raveh, geborene Frenkel (* 15. Mai 1927 in Lemgo) ist eine Schriftstellerin und Überlebende des Nationalsozialismus.

Leben

Frenkel-Haus in Lemgo, 2012

Karla Raveh wurde als Tochter der alteingesessenen Lemgoer jüdischen Familie Frenkel im Haus Echternstraße 70 in Lemgo geboren. Sie und ihre Großmutter Helene Rosenberg sind die einzigen Überlebenden ihrer Familie nach dem Holocaust. Alle anderen zehn Familienangehörigen starben im Warschauer Ghetto, in Theresienstadt oder in Auschwitz.

Nach ihrer Befreiung kam sie 1945 nach Lemgo zurück. Adolf Sternheim wurde ihr Vormund. In Lemgo lernte sie ihren späteren Ehemann Szmuel Raveh kennen, der ebenfalls als Einziger einer großen Familie überlebt hatte, und wanderte 1949 gemeinsam mit ihm nach Israel aus.

Auf Anregung der Lemgoer Studienrätin Hanne Pohlmann (1939–2011)[1] schrieb Karla Raveh ihre Lebenserinnerungen auf.[2] Sie hat in den Jahren 1949–1985 nicht deutsch gesprochen und nicht Deutschland bereist. Das war ihre Art, die Vergangenheit zu bewältigen. Pohlmann argumentiert in ihren Briefen, dass die Erinnerungen für die Zeit von 1933 bis 1945 wichtige Lücken der geschichtlichen Arbeit der Stadt und an der Schule (Engelbert-Kaempfer-Gymnasium), an der sie unterrichtet, füllen würde. Karla Raveh diktierte ihrem Mann Szmuel Raveh den Text, der ihn mit einer alten Schreibmaschine tippte. Sie schrieb an Pohlmann: „Wie ich schon schrieb sind meine Erinnerungen bestimmt lückenhaft, was ja zu verstehen ist, aber ich habe 'frisch von der Zunge weg' geschrieben, ich mußte es schnell machen, dies war keine leichte Zeit für uns, es zerrte an den Nerven.“[3] Das Manuskript Überleben: Der Leidensweg der jüdischen Familie Frenkel aus Lemgo von Karla Raveh ist im Lemgoer Stadtarchiv erhalten. Pohlmann war eine Herausgeberin von Karla Ravehs Erinnerungen als Buch Überleben: Der Leidensweg der jüdischen Familie Frenkel aus Lemgo. Hanne Pohlmann wurde 2009 zusammen mit ihrem Mann Klaus Pohlmann mit der Sternheim-Nadel für ihre Arbeiten zur NS-Vergangenheit ausgezeichnet.[4]

Seit 1986 lebt Raveh regelmäßig für einige Monate im Frenkelschen Haus in der Echternstraße. Sie wohnt regelmäßig der Verleihung der Adolf-Sternheim-Ehrennadel und der Adolf-Sternheim-Auszeichnung bei.

Würdigung

Stolpersteine vor dem Frenkel-Haus

Seit 1988 ist Raveh Ehrenbürgerin der Stadt Lemgo.

In ihrem Elternhaus in der Echternstraße, dem heutigen Frenkel-Haus, wurde 1988 eine Dokumentations- und Begegnungsstätte mit einer ständigen Ausstellung zur Geschichte der Juden in Lemgo eingerichtet.[5] Im dortigen Hinterhaus sind Wohn- und Arbeitsräume für Stipendiaten einer Kunststiftung der Stadt Lemgo und der Staff-Stiftung untergebracht. Vor dem Haus befinden sich 14 Stolpersteine für ermordete Juden, vor allem für Angehörige der Familie Frenkel.[6]

Die 1996 gegründete Gesamtschule des Kreises Lippe in Lemgo trägt seit 1997 den Namen Karla-Raveh-Gesamtschule.[7] Im Jahr 2003 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.[8]

Werke

  • mit Helene Rosenberg: Überleben: Der Leidensweg der jüdischen Familie Frenkel aus Lemgo, Archiv- und Museumsamt, 1987, 3., verb. und erg. Aufl.
  • Jüdisches Kleinstadtleben in Deutschland und Polen. Ein Erinnerungsbericht über Lemgo und Demblin (Ill.)', in: Juden in Lemgo und Lippe. Bielefeld 1988 S. 154–158
  • Weißt du noch, wo unser Treffpunkt ist ...? in: Heinrich Gräfenstein: Lemgo. Lemgo 1990, S. 83

Literatur

  • Hans-Peter Lübke und Lilach Naishtat-Bornstein: Zwischen Heimat und Zuhause, Film, 2009[9]
  • Veröffentlichung des Stadtarchivs Lemgo: Karla Raveh: Überleben - Der Leidensweg der jüdischen Familie Frenkel aus Lemgo, in Forum Lemgo - Schriften zur Stadtgeschichte, Heft 1, 1986

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.lz.de/lz/home/nachrichten_aus_lippe/kalletal/kalletal/?em_cnt=4926554
  2. Jürgen Scheffler: Wegbereiter der Holocaust-Erinnerung in Lippe. In: Verwischte Spuren - Erinnerung und Gedenken an nationalsozialistisches Unrecht in Westfalen, Landesverband Westfalen-Lippe, Münster, 2011, S. 52f.
  3. Karla Raveh an Hanne Pohlmann, In: Verwischte Spuren - Erinnerung und Gedenken an nationalsozialistisches Unrecht in Westfalen, Landesverband Westfalen-Lippe, Münster, 2011, S. 53f.
  4. http://www.hiergeblieben.de/pages/textanzeige.php?limit=30&order=datum&richtung=DESC&z=3&id=25271
  5. Internetseite der Stadt zur Dokumentations- und Begnungsstätte Frenkel-Haus
  6. Biographischer Artikel über Raveh auf der Internetseite see-lemgo.de
  7. Würdigung Ravehs auf der Internetseite der Karla-Raveh-Gesamtschule
  8. hiergeblieben.de: Lippische Wochenschau: Bundesverdienstkreuz für Karla Raveh / Hand zur Verständigung gereicht, vom 16. Oktober 2003, abgerufen am 4. Juni 2012
  9. hiergeblieben.de: Lippische Landes-Zeitung: Das Leben von Karla Raveh gibt es jetzt als Film / Beeindruckende Vorführung in der Volkshochschule vom 9. September 2011, abgerufen am 4. Juni 2012