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Kängurus

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Dieser Artikel befasst sich nur mit dem Tier Känguru, für andere Bedeutungen siehe Känguru (Begriffsklärung)


Kängurus
Datei:Känguru.jpg
Graues Riesenkänguru
Systematik
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Beutelsäuger (Metatheria)
Überordnung: Australidelphia
Ordnung: Diprotodontia
Familie: Kängurus (Macropodidae)

Die Kängurus (Macropodidae) sind eine Familie aus der Beuteltierordnung Diprotodontia. Sie zählen sicherlich zu den bekanntesten Beuteltieren. In Abgrenzung zu den Rattenkängurus, die heute als eigene Familie betrachtet werden, werden die Macropodidae auch als Echte oder Eigentliche Kängurus bezeichnet.

Verbreitung

Kängurus kommen in Australien und Neuguinea sowie auf verschiedenen vorgelagerten Inseln vor.

Beschreibung

Rote Riesenkängurus

Nicht alle Arten entsprechen unserer gängigen Vorstellung eines Kängurus: auffälligstes Kennzeichen fast aller Arten sind die großen hinteren Gliedmaßen, die deutlich größer sind als die vorderen. Nur bei den Baumkängurus, die sich an das Leben in den Bäumen angepasst haben und sich nicht mehr hüpfend fortbewegen, sind die Gliedmaßen annähernd gleich lang. Der Schwanz ist lang, muskulös und meistens behaart, er wird oft als Stütze oder zur Balance benutzt. Die Arten ähneln sich hinsichtlich des Körperbaus, unterscheiden sich jedoch beträchtlich in ihrer Größe. So erreicht das Zottel-Hasenkänguru oft nur 1 bis 2 kg Körpergewicht, während das Rote Riesenkänguru 90 kg schwer werden kann.

Der Kopf ist relativ klein und langgestreckt, die Ohren sind groß. Wie alle Diprotodontia sind die unteren zwei Schneidezähne vergrößert, beim Zubeißen treffen sie auf eine harte Stelle im Gaumen hinter den oberen Schneidezähnen. Diese Anordnung sorgt dafür, dass auch hartes Pflanzenmaterial abgerupft werden kann und findet sich in ähnlicher Form auch bei manchen Paarhufern. Die Eckzähne fehlen oder sind stark zurückgebildet. Die Backenzähne kommen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander aus dem Zahnfleisch, erst wenn die vorderen abgenutzt sind und ausfallen, und wandern dann im Mund nach vorne.

Die Vorderpfoten haben fünf Finger und dienen zur Nahrungsaufnahme und zum Abstützen. Bei den hinteren Gliedmaßen fehlt die erste Zehe und die zweite und dritte sind zusammengewachsen (wie bei allen Diprotodontia), die vierte Zehe ist die kräftigste, die fünfte ist mittelgroß.

Lebensweise

Kängurus bewohnen unterschiedliche Lebensräume: neben Steppenbewohnern gibt es auch Arten im Bergland, die Baumkängurus leben sogar auf Bäumen. Im Allgemeinen sind Kängurus eher nachtaktiv, manchmal kann man jedoch Exemplare tagsüber beobachten. Viele Arten leben in Gruppen ohne deutliche Sozialstrukturen.

Fortbewegung

Datei:Känguru-langsam.jpg
Bei langsamer Geschwindigkeit verwenden Kängurus alle vier Gliedmaßen und den Schwanz

Je nach Geschwindigkeitsbedürfnis kennen die Kängurus zwei Arten der Fortbewegung: Bei hohem Tempo springen sie nur mit den Hinterbeinen, der Schwanz bleibt in der Luft und dient der Balance. Auf dieses Weise können sie eine Geschwindigkeit von 50 km/h erreichen und bei Riesenkängurus sind diese Sätze oft 9 m lang. Bei langsamer Gangart benutzen Kängurus "fünf Gliedmaßen": sie landen auf den Vorderpfoten und dem Schwanz und drücken sich mit den Hinterbeinen weiter. Die hüpfende Fortbewegung ist bei hoher Geschwindigkeit sehr effizient. Dank spezieler hoch elastischer Muskelbänder können sie ohne großen Energieaufwand schnell vorankommen, was bei einem trockenen Klima und teils dürftigem Nahrungsangebot von Vorteil ist. Bei niedriger Geschwindigkeit jedoch ist dieser Bewegungsablauf aber wieder ineffizienter und energieaufwendig. Erstaunlicherweise können sich Kängurus nicht rückwärts fortbewegen.

Die Baumkängurus hüpfen nicht, können aber gut klettern. Die kurzschwänzigen Quokkas und die Filander bewegen sich hauptsächlich auf allen vieren fort.

Nahrung

Kängurus sind Pflanzenfresser, die sich je nach Lebensraum von unterschiedlichsten Pflanzen ernähren. Oft besetzen sie die gleichen biologischen Nischen wie auf anderen Kontinenten die Paarhufer, und auch ihr Verdauungssystem hat sich konvergent zu diesen entwickelt. Mikroorganismen im mehrteiligen Magen helfen bei der Verarbeitung schwer verdaulicher Nahrung, auch käuen sie manchmal ihre Nahrung wieder. Das führt dazu, dass Kängurus auch in Regionen mit spärlicher Vegetation überleben können.

Fortpflanzung

Weibchen mit Jungtier im Beutel
Jungtier im Beutel

Kängurus haben einen gut entwickelten Beutel, der sich nach vorne öffnet und vier Zitzen enthält. Das Weibchen bringt nur ein Jungtier zur Welt (selten zwei). Bei vielen Arten kommt es zu einer „verzögerten Geburt“: Unmittelbar nach der Geburt eines Jungtieres paart sich das Weibchen erneut; dieser Embyro wächst jedoch kaum weiter bis das große Jungtier entwöhnt wird oder stirbt, erst dann entwickelt er sich weiter und kommt zur Welt. Der Sinn dahinter dürfte in den teils unwirtlichen Lebensräumen dieser Tiere: sollte das Jungtier sterben oder die Mutter es verlassen müssen, ist sofort ein Nachfolger da. Wie bei allen Beuteltieren kommen Kängurubabys nach kurzer Tragzeit (rund 20 bis 40 Tage) relativ unterentwickelt (im Vergleich zu den Höheren Säugetieren) zur Welt. Das Neugeborene ist nur 2 cm lang und wiegt nicht einmal 1 Gramm. Es krabbelt selbstständig vom Geburtskanal in den Beutel und hängt sich mit dem Mund an eine Zitze, die es während der nächsten zwei bis drei Monate nicht loslässt. Nach rund einem halben Jahr verlässt das Jungtier erstmals den Beutel; mit rund acht Monaten ist es endgültig zu groß geworden, um noch hineinzupassen. Jungtiere werden aber bis zum Alter von rund einem Jahr gestillt, zu diesem Zweck stecken sie den Kopf in den Beutel der Mutter.

Entwicklung der Kängurus

Kängurus gehören innerhalb der Beuteltierordnung Diprotodontia zur Unterordnung der Phalangeriformes, die unter anderem auch die Gleitbeutler und die Kletterbeutler umfasst (Näheres siehe Systematik der Diprotodontia). Die frühesten fossilen Überreste der Kängurus sind rund 50 Millionen Jahre alt. Wahrscheinlich haben sich die Tiere von baumbewohnenden Arten entwickelt. Das heute noch lebende Moschusrattenkänguru dürfte den frühen Arten ähneln, da es eine Reihe von Besonderheiten hat, die sich bei anderen Arten nicht mehr finden (es ist sehr klein, hat noch annähernd gleiche Vorder- und Hintergliedmaßen und einen nackten Schwanz). Es entwickelten sich zwei Familien, die Rattenkängurus (Potoroidae), generell kleine, allesfressende Tiere, und die (Eigentlichen) Kängurus (Macropodidae).

Innerhalb der Eigentlichen Kängurus erschien die Unterfamilie der Sthenurinae erstmals im Miozän, erreichte ihre größte Vielfalt jedoch im Pleistozän. Sie war generell durch einen festeren Körperbau als die heutigen Arten gekennzeichnet. In dieser Unterfamilie entwickelten sich mit der Gattung Procoptodon die größten Kängurus. Alle Arten der Sthenurinae sind ausgestorben. Die heutigen Arten gehören alle zur Unterfamilie der Macropodinae, die ebenfalls seit dem Miozän belegt ist.

Neben vielen anderen Beuteltierarten, zum Beispiel Diprotodon oder dem Beutellöwen Thylacoleo) sind auch etliche Känguruarten vor 50.000 bis 30.000 Jahren ausgestorben, darunter mit Macropus ferragus, das größte jemals lebende Känguru. Die Hauptursache für dieses Massenaussterben wird heute in der Besiedelung Australiens durch den Menschen vor etwa 35.000 Jahren und der folgenden intensiven Bejagung gesehen. Eine Anpassung an diesen neuen Jäger wurde der Tierwelt vermutlich durch die gleichzeitig herrschende starke Trockenheit erschwert, die durch die Bindung großer Wassermassen während der Würm-Eiszeit verursacht wurde.

Kängurus und Menschen

Australien

Auch nach der oben beschriebenen Ausrottung der Riesenkängurus waren die verbleibenden großen Kängurus für die Aborigines ein wichtiger Fleischlieferant, sie wurden gejagt und verspeist und ihre Haut verarbeitet. Andererseits hat die von den Aborigines betriebene Brandrodung, sei es zur Jagd oder in neuerer Zeit für einfachen Ackerbau, neuen Lebensraum geschaffen. Das Nebeneinander von abgebrannten Flächen, Flächen mit jungem Grün und dicht bewucherten Flächen bot den Tieren Nahrung und Zufluchtsmöglichkeiten.

Felskängurus

Der erste Europäer, der ein Känguru sichtete, war der britische Seefahrer James Cook 1770. Nach einer Legende soll der Name Känguru in einer Aboriginesprache "Ich verstehe nicht" bedeuten und den Briten auf ihre (natürlich in Englisch formulierte) Frage "Was ist das für ein Tier?" geantwortet worden sein. Die genaue Herkunft des Namens ist aber unklar, möglicherweise kommt er aus einer Aboriginesprache und bedeutet "mit vier Beinen hüpfen". Seit der Besiedlung Australiens durch die Europäer haben sich die Verhältnisse geändert. Die Weißen begannen mit der Jagd auf die Kängurus, vor allem des Fleisches und der Haut willen, die zu Leder verarbeitet wurde. Allerdings hatte Kängurufleisch lange Zeit einen schlechten Ruf, es galt als Arme-Leute-Essen, nur für diejenigen, die sich kein anderes leisten konnten. In den letzten Jahrzehnten hat sich dieses Vorstellung gewandelt und auch in europäischen Restaurants kann man immer öfter Kängurusteak bestellen. Die Lederproduktion aus Känguruhaut spielt heute keine Rolle mehr.

Die Bejagung war allerdings nicht das Hauptproblem, außerdem hat sie nur die größeren Arten betroffen. Die größere Bedrohung für die Kängurus stellte die Umwandlung des traditionellen Lebensraumes in Weideland für Schafe und Rinder dar. Das Konzept der Brandrodung der Aborigines wurde zugunsten großflächiger Weide- und Landwirtschaft aufgegeben, was den Lebensraum vieler Arten stark einschränkte. Eine weitere Rolle spielt die Nachstellung durch eingeschleppte Räuber (wie Füchse).

Je nach Lebensraum und Verhalten haben die Arten unterschiedlich auf die veränderten Lebensumstände reagiert. Vier Arten (zwei Hasenkänguruarten, das Mondnagelkänguru und das Östliche Irmawallaby) sind ausgestorben. Andere Arten bewohnen nur mehr einen Bruchteil ihres früheren Lebensraums (so lebt das Bänderkänguru nur mehr auf zwei kleinen Inseln vor der Küste Westaustraliens). Es gibt auch weniger bedrohte Arten: so leben die Felskängurus vorwiegend in gebirgigen Regionen, die als Tierweiden unbrauchbar sind, daher haben sie aus dieser Richtung keine Bedrohung zu fürchten. Auch die Riesenkängurus sind weit verbreitet und nicht gefährdet, wohl auch weil sie als "tierisches Wahrzeichen" Australiens spezielle Bedeutung haben. Zusammen mit dem Emu ist das Känguru Wappentier Australiens. Beide Tiere können sich nur vorwärts bewegen, was für den Fortschritt steht.

Neuguinea

Die Arten auf Neuguinea waren nicht der Besiedlung ihres Lebensraumes durch die Europäer ausgesetzt, jedoch leiden auch sie heute an der Abholzung der Wälder und dem damit einhergehenden Verlust ihres Lebensraumes. Vier Arten der Baum- und Buschkängurus gelten laut IUCN als bedroht (endangered).

Systematik

Quokka

Innerhalb der Kängurus unterscheidet man heute verschiedene Gattungen. Früher wurden auch die Rattenkängurus zur Familie der Kängurus gezählt, heute betrachtet man sie als eigene Familie.

  • Die Hasenkängurus (Gattungen Lagorchestes und Lagostrophus) haben ihren Namen, weil sie von der Größe und Fortbewegung her an Hasen erinnern. Die beiden Gattungen ähneln sich jedoch nur äußerlich und sind nicht nahe verwandt (siehe Stammbaum unten).
  • Die Nagelkängurus (Onychogalea) haben einen knöchernen Nagel am Schwanzende.
  • Ein kaum behaarter Schwanz ist typisch für die Filander (Thylogale).
  • Das Quokka oder Kurzschwanzkänguru (Setonix brachyurus) ist durch die kurzen Ohren und den kurzen Schwanz gekennzeichnet.
  • Felskängurus (Petrogale) sind mittelgroße, oft gemusterte Tiere, die im Bergland leben.
  • Die Baumkängurus (Dendrolagus) sind baumbewohnende Tiere in Neuguinea und auf der Kap-York-Halbinsel.
  • Die Buschkängurus (Gattungen Dorcopsis und Dorcopsulus) sind Regenwaldbewohner Neuguineas.
  • Die Tiere der Gattung Macropus sind die „klassischen“ Kängurus. Sie können in drei Gruppen eingeteilt werden:
    • Die Riesenkängurus sind die größten lebenden Beuteltiere. Es gibt rote und graue Arten.
    • Die Bergkängurus (Wallaroos) sind kleiner als die Riesenkängurus und bewohnen hügelige Gebiete.
    • Als Wallabies im engeren Sinn werden sowohl die kleineren Arten der Gattung Macropus als auch das Sumpfwallaby (Wallabia bicolor) bezeichnet.

Die stammesgeschichtlichen Beziehungen der Gattungen zueinander kommen in dem folgenden Diagramm zum Ausdruck. Dieses wurde von Marcel Cadillo und anderen 2004 mittels einer Kombination vieler unterschiedlicher phylogenetischer Studien entwickelt. (Quelle)

Kängurus (Macropodidae)
|--Lagostrophus (Gebändertes Hasenkänguru)
'--N. N.
   |--Buschkängurus
   |   |-- Dorcopsis
   |   '-- Dorcopsulus
   '--N. N.
       |-- Dendrolagus (Baumkängurus)
       '-- N. N.
           |-- N.N.
           |   |-- Petrogale (Felskängurus)
           |   |-- Thylogale (Filander)
           '-- N.N.
               |-- Lagorchestes (Hasenkängurus)
               |-- N.N.
                   |-- Setonix (Quokka)
                   |-- N.N.
                       |-- Onychogalea (Nagelkängurus)  
                       |-- N.N.
                           |-- Macropus (Riesenkängurus, Bergkängurus und Wallabies)
                           |-- Wallabia (Sumpfwallaby)

Literatur

  • Cardillo M, Bininda-Emonds ORP, Boakes E und Purvis A: A species-level phylogenetic supertree of marsupials, Journal of Zoology, London (2004) 264 (PDF)
  • Dawson, Terence J.: Kangaroos. 162 S., Comstock/Cornell Paperback 1995, ISBN 0801482623
  • Flannery, Tim: Mammals of New Guinea. 568 S., Cornell University Press 1995, ISBN 0801431492
  • Gansloßer, Udo (Hrsg.): Die Känguruhs. 280 S., Filander-Verlag 1999, ISBN 3930831309
  • Grzimek, Bernhard: Grzimeks Tierleben, Band 10 (Säugetiere 1), ISBN 3828916031
  • Long, John A. u.a.: Prehistoric Mammals of Australia and New Guinea. 240 S., John Hopkins University Press 2003, ISBN 0801872235
  • Strahan, Ronald: Mammals of Australia. 756 S., Smithsonian Books 1996, ISBN 1560986735