„Paul Kaznelson“ – Versionsunterschied

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'''Paul Kaznelson''' (* [[7. April]] [[1892]] in [[Warschau]], [[Russisches Kaiserreich]]; † [[1959]]) war ein tschechoslowakischer [[Arzt]]. Er zählt zu den bedeutenden [[Hämatologie|Hämatologen]] der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
'''Paul Kaznelson''' (* [[7. April]] [[1892]] in [[Warschau]], [[Russisches Kaiserreich]]; † [[1959]]) war ein tschechoslowakischer [[Hämatologie|Hämatologe]].


== Leben ==
== Leben ==
Kaznelson wurde als [[Russland|russischer]] [[Staatsbürgerschaft|Staatsbürger]] in der damaligen russischen Provinz ''[[Weichselland]]'' geboren. Nach dem Tod seines Vaters siedelte die Familie nach [[Böhmen]] um. Kaznelson studierte bis 1917 Medizin an der deutschen Prager [[Karl-Ferdinands-Universität]]. Einer seiner Lehrer war [[Hermann Schloffer]].
Kaznelson wurde als [[Russland|russischer]] [[Staatsbürgerschaft|Staatsbürger]] in der damaligen russischen Provinz ''[[Weichselland]]'' geboren. Nach dem Tod seines Vaters siedelte die Familie nach [[Böhmen]] um. Kaznelson studierte bis 1917 Medizin an der deutschen Prager [[Karl-Ferdinands-Universität]]. Einer seiner Lehrer war [[Hermann Schloffer]].


1919 wurde Kaznelson Staatsbürger der [[Tschechoslowakei]]. Ab 1926 war er [[Privatdozent]] für »spezielle Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten« an der Karl-Ferdinands-Universität.<ref>NN. [http://www.springerlink.com/content/l063317r22216m78/ ''Tagesgeschichte'']. In: ''[[Klin Wochenschr]]''. 1926; ''5'':440.</ref> Die Zeit zwischen den Weltkriegen war die wissenschaftlich produktivste Periode in Kaznelsons Leben. Nach der Besetzung der sogenannten [[Zerschlagung der Rest-Tschechei|„Rest-Tschechei“]] durch Nazi-Deutschland floh er aufgrund seiner [[Juden|jüdischen Herkunft]] 1939/40 über die [[Schweiz]] und [[Frankreich]] nach [[England]]. Dort lebte er bis zu seiner Rückkehr in die Tschechoslowakei nach dem Krieg. Hier heiratete er Katerina Pazderova.
1919 wurde Kaznelson [[Tschechoslowakei|tschechoslowakischer]] Staatsbürger. Ab 1926 war er [[Privatdozent]] für ''Spezielle Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten'' an der Karl-Ferdinands-Universität.<ref>''Tagesgeschichte.'' In: ''Klinische Wochenschrift.'' 5, 1926, S.&nbsp;440, {{DOI|10.1007/BF01752267}}.</ref> Die [[Zwischenkriegszeit|Zeit zwischen den Weltkriegen]] war die wissenschaftlich produktivste Periode in Kaznelsons Leben. Nach der Besetzung der sogenannten [[Zerschlagung der Rest-Tschechei|„Rest-Tschechei“]] durch das [[NS-Staat|Deutsche Reich]] floh er aufgrund seiner [[Juden|jüdischen Herkunft]] 1939/40 über die [[Schweiz]] und [[Frankreich]] nach [[England]]. Dort lebte und arbeitete er bis zu seiner Rückkehr in die Tschechoslowakei nach dem Krieg.<ref name="Yoshida" />


Die tschechoslowakischen Behörden betrachteten ihn jedoch infolge seiner Zugehörigkeit zum Lehrkörper der deutschen Universität in Prag als [[Deutsche]]n und verweigerten ihm die Anerkennung seiner tschechoslowakischen [[Staatsbürgerschaft|Staatsangehörigkeit]]. Kaznelson kehrte daraufhin 1950 nach England zurück und bemühte sich um die [[Vereinigtes Königreich|britische]] Staatsangehörigkeit. Er erhielt jedoch nur eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung.
Die tschechoslowakischen Behörden betrachteten ihn jedoch infolge seiner Zugehörigkeit zum Lehrkörper der deutschen Universität in Prag als [[Deutsche]]n und verweigerten ihm die Anerkennung seiner tschechoslowakischen [[Staatsbürgerschaft|Staatsangehörigkeit]]. Kaznelson kehrte daraufhin 1950 nach England zurück und bemühte sich um die [[Vereinigtes Königreich|britische]] Staatsangehörigkeit. Er erhielt jedoch nur eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung.<ref name="Yoshida" />


Kaznelson soll 1959 in Deutschland gestorben sein. Ort und Tag seines Todes sind jedoch unbekannt.
Kaznelson starb 1959 in Deutschland.<ref name="Yoshida" />

Er war mit Katerina Pazderova verheiratet, das Paar hatte keine Kinder.<ref name="Yoshida">Yataro Yoshida: ''Historical review. The light and shadow of Paul Kaznelson: his life and contribution to hematology.'' In: ''Annals of Hematology.'' 87, 2008, S.&nbsp;877–879, {{DOI|10.1007/s00277-008-0553-1}}, PMID 18648810.</ref>


== Wirken ==
== Wirken ==
Noch als Medizinstudent schlug Kaznelson seinem Lehrer Schloffer 1916 vor, einer Patientin mit [[Idiopathische thrombozytopenische Purpura|thrombozytopenischer Purpura]] die [[Milz]] zu [[Splenektomie|entfernen]].<ref>Kaznelson P. ''Verschwinden der hämorrhagische Diathese bei einem Falle von essentieller Thrombopenie (Frank) nach Milzextirpation. Splenogene thrombolytische Purpura.'' Wien Klin Wochenschr 1916; 29: 1451–4.</ref> Diese [[Operation (Medizin)|Operation]] blieb lange Zeit ein Standard in der Behandlung der thrombozytopenischen Purpura. Auch heute wird sie noch als Notfallmaßnahme in schweren Fällen eingesetzt.
Noch als Medizinstudent schlug Kaznelson seinem Lehrer Schloffer 1916 vor, einer Patientin mit [[Idiopathische thrombozytopenische Purpura|thrombozytopenischer Purpura]] die [[Milz]] zu [[Splenektomie|entfernen]].<ref>P. Kaznelson: ''Verschwinden der hämorrhagische Diathese bei einem Falle von essentieller Thrombopenie (Frank) nach Milzextirpation. Splenogene thrombolytische Purpura.'' In: ''Wien Klin Wochenschr''. 1916; 29: 1451–4.</ref> Diese [[Operation (Medizin)|Operation]] blieb lange Zeit ein Standard in der Behandlung der thrombozytopenischen Purpura. Auch heute wird sie noch als Notfallmaßnahme in schweren Fällen eingesetzt.


1922 beschrieb Kaznelson als Erster die [[Pure Red Cell Aplasia|Erythroblastopenie]], eine Form der [[Anämie]].<ref>Kaznelson P. ''Zur Entstehung der Blutplättchen.'' Verh Dtsch Ges Inn Med 1922; 34: 557–8.</ref>
1922 beschrieb Kaznelson als Erster die [[Pure Red Cell Aplasia|Erythroblastopenie]], eine Form der [[Anämie]].<ref>P. Kaznelson: ''Zur Entstehung der Blutplättchen.'' In: ''Verh Dtsch Ges Inn Med.'' 1922; 34: 557–8.</ref>


Weitere Arbeitsfelder waren die [[Hämostase|Blutgerinnung]], [[Leukämie]]n und die [[Eisenmangelanämie]]. Hier erkannte er als Erster den Zusammenhang von [[Koilonychie|Hohlnägeln]] mit der Eisenmangelanämie. Die heute als ''Faber-Syndrom'' bekannte Eisenmangelanämie infolge verminderter [[Eisen-Stoffwechsel|Eisenresorption]] bei [[Achylie]] und beschleunigter Magen-Darm-Passage wurde zeitweise auch ''Kaznelson-Syndrom'' genannt.
Weitere Arbeitsfelder waren die [[Hämostase|Blutgerinnung]], [[Leukämie]]n und die [[Eisenmangelanämie]]. Hier erkannte er als Erster den Zusammenhang von [[Koilonychie|Hohlnägeln]] mit der Eisenmangelanämie. Die heute als ''Faber-Syndrom'' bekannte Eisenmangelanämie infolge verminderter [[Eisen-Stoffwechsel|Eisenresorption]] bei [[Achylie]] und beschleunigter Magen-Darm-Passage wurde zeitweise auch ''Kaznelson-Syndrom'' genannt.


Nach seiner Flucht aus Prag kam Kaznelsons wissenschaftliche Tätigkeit zum Erliegen. In der Literatur findet sich nur noch eine Wortmeldung aus dem Jahre 1942.<ref>Kaznelson P.: ''Splenectomy in purpura haemorrhagica.'' In: Br Med J. 1942; 2: 591. {{PMC|2164593}}</ref>
Nach seiner Flucht aus Prag kam Kaznelsons wissenschaftliche Tätigkeit zum Erliegen. In der Literatur findet sich nur noch eine Wortmeldung aus dem Jahre 1942.<ref>P. Kaznelson: ''Splenectomy in purpura haemorrhagica.'' In: ''Br Med J.'' 1942; 2: 591. {{PMC|2164593}}</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Yoshida Y. [http://www.springerlink.com/content/117g025x6832v342/fulltext.html ''Historical review. The light and shadow of Paul Kaznelson: his life and contribution to hematology.''] In: ''Ann. Hematol.'' 87. 2008, 877–879. PMID 18648810.
* Yataro Yoshida: ''Historical review. The light and shadow of Paul Kaznelson: his life and contribution to hematology.'' In: ''Annals of Hematology.'' 87, 2008, S.&nbsp;877–879, {{DOI|10.1007/s00277-008-0553-1}}, PMID 18648810.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 4. Januar 2020, 02:02 Uhr

Paul Kaznelson (1950)

Paul Kaznelson (* 7. April 1892 in Warschau, Russisches Kaiserreich; † 1959) war ein tschechoslowakischer Hämatologe.

Kaznelson wurde als russischer Staatsbürger in der damaligen russischen Provinz Weichselland geboren. Nach dem Tod seines Vaters siedelte die Familie nach Böhmen um. Kaznelson studierte bis 1917 Medizin an der deutschen Prager Karl-Ferdinands-Universität. Einer seiner Lehrer war Hermann Schloffer.

1919 wurde Kaznelson tschechoslowakischer Staatsbürger. Ab 1926 war er Privatdozent für Spezielle Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten an der Karl-Ferdinands-Universität.[1] Die Zeit zwischen den Weltkriegen war die wissenschaftlich produktivste Periode in Kaznelsons Leben. Nach der Besetzung der sogenannten „Rest-Tschechei“ durch das Deutsche Reich floh er aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1939/40 über die Schweiz und Frankreich nach England. Dort lebte und arbeitete er bis zu seiner Rückkehr in die Tschechoslowakei nach dem Krieg.[2]

Die tschechoslowakischen Behörden betrachteten ihn jedoch infolge seiner Zugehörigkeit zum Lehrkörper der deutschen Universität in Prag als Deutschen und verweigerten ihm die Anerkennung seiner tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit. Kaznelson kehrte daraufhin 1950 nach England zurück und bemühte sich um die britische Staatsangehörigkeit. Er erhielt jedoch nur eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung.[2]

Kaznelson starb 1959 in Deutschland.[2]

Er war mit Katerina Pazderova verheiratet, das Paar hatte keine Kinder.[2]

Noch als Medizinstudent schlug Kaznelson seinem Lehrer Schloffer 1916 vor, einer Patientin mit thrombozytopenischer Purpura die Milz zu entfernen.[3] Diese Operation blieb lange Zeit ein Standard in der Behandlung der thrombozytopenischen Purpura. Auch heute wird sie noch als Notfallmaßnahme in schweren Fällen eingesetzt.

1922 beschrieb Kaznelson als Erster die Erythroblastopenie, eine Form der Anämie.[4]

Weitere Arbeitsfelder waren die Blutgerinnung, Leukämien und die Eisenmangelanämie. Hier erkannte er als Erster den Zusammenhang von Hohlnägeln mit der Eisenmangelanämie. Die heute als Faber-Syndrom bekannte Eisenmangelanämie infolge verminderter Eisenresorption bei Achylie und beschleunigter Magen-Darm-Passage wurde zeitweise auch Kaznelson-Syndrom genannt.

Nach seiner Flucht aus Prag kam Kaznelsons wissenschaftliche Tätigkeit zum Erliegen. In der Literatur findet sich nur noch eine Wortmeldung aus dem Jahre 1942.[5]

  • Yataro Yoshida: Historical review. The light and shadow of Paul Kaznelson: his life and contribution to hematology. In: Annals of Hematology. 87, 2008, S. 877–879, doi:10.1007/s00277-008-0553-1, PMID 18648810.

Einzelnachweise

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  1. Tagesgeschichte. In: Klinische Wochenschrift. 5, 1926, S. 440, doi:10.1007/BF01752267.
  2. a b c d Yataro Yoshida: Historical review. The light and shadow of Paul Kaznelson: his life and contribution to hematology. In: Annals of Hematology. 87, 2008, S. 877–879, doi:10.1007/s00277-008-0553-1, PMID 18648810.
  3. P. Kaznelson: Verschwinden der hämorrhagische Diathese bei einem Falle von essentieller Thrombopenie (Frank) nach Milzextirpation. Splenogene thrombolytische Purpura. In: Wien Klin Wochenschr. 1916; 29: 1451–4.
  4. P. Kaznelson: Zur Entstehung der Blutplättchen. In: Verh Dtsch Ges Inn Med. 1922; 34: 557–8.
  5. P. Kaznelson: Splenectomy in purpura haemorrhagica. In: Br Med J. 1942; 2: 591. PMC 2164593 (freier Volltext)