„Neohesperidin“ – Versionsunterschied

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Es wurde die Struktur, sowie die Synthese von Neohesperidin beschrieben.
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== Struktur ==
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== Synthese ==
Aufgrund der hohen Nachfrage nach Neohesperidin, unter anderem aufgrund seiner Verwendung zur Herstellung des Süßstoffes [[Neohesperidin-Dihydrochalkon]], aber auch aufgrund der interessanten pharmazeutischen Eigenschaften, sind diverse Syntheseverfahren entwickelt worden. Als Ausgangstoff kann beispielsweise das leichter verfügbare [[Naringin]] verwendet werden, welches in alkalischer Umgebung zerfällt und anschließend mit [[Isovanillin]] zum Neohesperidin umgesetzt werden kann. Die hierbei patentierten Verfahren unterscheiden sich größtenteils in der Wahl des [[Katalysator|Katalysators]], wobei häufig sekundäre [[Amine]] für diesen Zweck eingesetzt werden.<ref>{{Internetquelle |autor=LI SIFANG, ZHONG YIQIONG |url=https://worldwide.espacenet.com/patent/search/family/081481693/publication/CN114478657A?q=pn%3DCN114478657A |titel=Synthesis method of neohesperidin |werk=Espacenet |datum=2022 |abruf=2023-07-15}}</ref> Im Jahr 1967 veröffentlichten Kamiya, Esaki und Hama einen Syntheseweg, welcher Neohesperidin aus den Grundbausteinen α-L-Rhamnose, β-D-Glucose, [[2,4,6-Trihydroxyacetophenon|2,4,5-Trihydroxyacetophenon]] und Isovanillin zugänglich macht. Hierbei wird auch das Flavanongrundgerüst neu synthetisiert. Zunächst werden α-Acetobrom-L-Rhamnose und 1,3,4,6-Tetraacetyl-α-D-Glucose in einer [[Kondensationsreaktion]] zur acetylierten Neohesperidose umgesetzt. Diese wird anschließend über eine [[Nukleophile Substitution|nucleophile Substitutionsreaktion]] mit einer gesättigten Lösung von [[Bromwasserstoff]] in [[Essigsäure]] bei 0 °C am C-1 Atom der Glucose bromiert. Das Disaccharid kann nun in einer Kondensationsreaktion unter Deacetylierung mit 2,4,5-Trihydroxyacetophenon unter dem Zusatz von [[Silber(I)-oxid|Ag<sub>2</sub>O]] und [[Chinolin]] reagieren. Im Anschluss erfolgt eine [[Aldolreaktion|Aldolkondensation]] mit Isovanillin in 60%iger [[Kaliumhydroxid|Kaliumhydroxidlösung]] in [[Ethanol]]. Nach Ansäuern mit [[HClO4|HClO<sub>4</sub>]] wird das Neohesperidinchalkon erhalten. Dieses wird mit [[Puffer (Chemie)|Pufferlösung]] (pH = 6) gekocht, wobei über einen Ringschluss die Flavanonform, das Neohesperidin, entsteht.<ref>{{Literatur |Autor=S. Kamiya, S. Esaki, M. Hama |Titel=Glycosides and Oligosaccharides in the L-Rhamnose Series - Part IV Synthesis of Naringin and Neohesperidin |Sammelwerk=Agr. Biol. Chem. |Band=31 |Nummer=4 |Datum=1967 |Seiten=402-409}}</ref> Da dieser Ringschluss nicht stereoselektiv erfolgt, werden zwei [[Epimer|Epimere]] erhalten, die sich in ihrer Konfiguration am C-2 Atom des Hesperetin-Aglucons unterscheiden. Aufgrund dieser Problematik wurde in den letzten Jahren intensiv an stereospezifischen Syntheserouten für Flavanone geforscht und Methoden entwickelt, die die Ausbeute an enantiomerenreinen Flavanonen erhöhen sollen.<ref>{{Literatur |Autor=Antoinette E. Nibbs, Karl A. Scheidt |Titel=Asymmetric Methods for the Synthesis of Flavanones, Chromanones, and Azaflavanones |Sammelwerk=European Journal of Organic Chemistry |Band=2012 |Nummer=3 |Datum=2012-01 |ISSN=1434-193X |DOI=10.1002/ejoc.201101228 |PMC=PMC3412359 |PMID=22876166 |Seiten=449–462 |Online=https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ejoc.201101228 |Abruf=2023-07-15}}</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 15. Juli 2023, 12:43 Uhr

Strukturformel
Strukturformel von Neohesperidin
Allgemeines
Name Neohesperidin
Andere Namen
  • 7-[4,5-Dihydroxy-6-(hydroxymethyl)-3-(3,4,5-trihydroxy-6-methyloxan-2-yl)oxy­oxan-2-yl]oxy-5-hydroxy-2-(3-hydroxy-4-methoxyphenyl)-2,3-dihydrochromen-4-on (IUPAC)
  • NEOHESPERIDIN (INCI)[1]
Summenformel C28H34O15
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 13241-33-3
EG-Nummer 236-216-9
ECHA-InfoCard 100.032.910
PubChem 442439
ChemSpider 390879
Wikidata Q18609455
Eigenschaften
Molare Masse 610,6 g·mol−1
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Neohesperidin ist ein bitter schmeckender Stoff aus der Gruppe der Flavanone, es ist ein Glycosid von Hesperetin. Natürlich kommt es in Bitterorangen und in Grapefruits vor.[3]

Verwendung

Durch Hydrierung von Neohesperidin ist Neohesperidin-Dihydrochalkon, ein hochintensiver Süßstoff, zugänglich.[4]

Struktur

Als Vertreter der Flavonoide, einer Untergruppe der phenolischen Pflanzenstoffe, besteht Neohesperidin aus einem Flavanonteil, welcher über eine glycosidische Bindung an einen Zuckersubstituenten gebunden ist.[5] Hierbei ist das für Flavonoide charakteristische Phenylpropangerüst zu erkennen, welches einen weiteren aromatischen Ring trägt. Durch einen intramolekularen Ringschluss wird die Chalkonform in die Flavanonform umgewandelt.[6] Das im Neohesperdin vorliegende Flavanon wird Hesperetin genannt, es ist auch im struktuverwandten Hesperidin enthalten.[5] Dieses sogenannte Hesperetin-Aglucon ist an seinem C-7 Atom an ein Disaccharid gebunden, welches allgemein als Neohesperidose bezeichnet wird. Diese besteht aus den Pyranoseformen der β-D-Glucose und der α-L-Rhamnose, wobei die Glucopyranose glycosidisch über die Hydroxygruppe am C-1 Atom an das C-7 Atom des Hesperetins gebunden ist. Die Rhamnose ist über die Hydroxygruppe am C-1 Atom an das C-2 Atom der Glucose gebunden. Neohesperidose kann demnach als 2-O-α-L-rhamnosyl-D-glucopyranose aufgefasst werden.[7] Aus der Struktur ergibt sich, dass Neohesperidin elf Stereozentren besitzt und somit optisch aktiv ist. Neben den zehn stereogenen Zentren der Glycosidkomponente enthält auch das Hesperetin ein asymmetrisches Kohlenstoffzentrum. Dieses C-2 Atom weist hierbei in der natürlichen Form die (S)-Konfiguration auf.[8]

Synthese

Aufgrund der hohen Nachfrage nach Neohesperidin, unter anderem aufgrund seiner Verwendung zur Herstellung des Süßstoffes Neohesperidin-Dihydrochalkon, aber auch aufgrund der interessanten pharmazeutischen Eigenschaften, sind diverse Syntheseverfahren entwickelt worden. Als Ausgangstoff kann beispielsweise das leichter verfügbare Naringin verwendet werden, welches in alkalischer Umgebung zerfällt und anschließend mit Isovanillin zum Neohesperidin umgesetzt werden kann. Die hierbei patentierten Verfahren unterscheiden sich größtenteils in der Wahl des Katalysators, wobei häufig sekundäre Amine für diesen Zweck eingesetzt werden.[9] Im Jahr 1967 veröffentlichten Kamiya, Esaki und Hama einen Syntheseweg, welcher Neohesperidin aus den Grundbausteinen α-L-Rhamnose, β-D-Glucose, 2,4,5-Trihydroxyacetophenon und Isovanillin zugänglich macht. Hierbei wird auch das Flavanongrundgerüst neu synthetisiert. Zunächst werden α-Acetobrom-L-Rhamnose und 1,3,4,6-Tetraacetyl-α-D-Glucose in einer Kondensationsreaktion zur acetylierten Neohesperidose umgesetzt. Diese wird anschließend über eine nucleophile Substitutionsreaktion mit einer gesättigten Lösung von Bromwasserstoff in Essigsäure bei 0 °C am C-1 Atom der Glucose bromiert. Das Disaccharid kann nun in einer Kondensationsreaktion unter Deacetylierung mit 2,4,5-Trihydroxyacetophenon unter dem Zusatz von Ag2O und Chinolin reagieren. Im Anschluss erfolgt eine Aldolkondensation mit Isovanillin in 60%iger Kaliumhydroxidlösung in Ethanol. Nach Ansäuern mit HClO4 wird das Neohesperidinchalkon erhalten. Dieses wird mit Pufferlösung (pH = 6) gekocht, wobei über einen Ringschluss die Flavanonform, das Neohesperidin, entsteht.[10] Da dieser Ringschluss nicht stereoselektiv erfolgt, werden zwei Epimere erhalten, die sich in ihrer Konfiguration am C-2 Atom des Hesperetin-Aglucons unterscheiden. Aufgrund dieser Problematik wurde in den letzten Jahren intensiv an stereospezifischen Syntheserouten für Flavanone geforscht und Methoden entwickelt, die die Ausbeute an enantiomerenreinen Flavanonen erhöhen sollen.[11]

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu NEOHESPERIDIN in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 22. Oktober 2021.
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. Eintrag zu Hesperetin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Juli 2022.
  4. Eintrag zu Neohesperidin-Dihydrochalkon. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Juli 2022.
  5. a b F. Kolle, K. E. Gloppe: Ein neues Hesperidin. In: Prof. Dr. K. H. Bauer (Hrsg.): Pharmazeutische Zentralhalle für Deutschland. Band 77, Nr. 28, 1936, S. 421–425.
  6. Hans-Walter Heldt, Birgit Piechulla, Fiona Heldt: Pflanzenbiochemie (= Lehrbuch). 5., überarb. Auflage. Springer Spektrum, Berlin Heidelberg 2015, ISBN 978-3-662-44397-2.
  7. R.M. Horowitz, Bruno Gentili: Flavonoids of citrus—VI. In: Tetrahedron. Band 19, Nr. 5, Januar 1963, S. 773–782, doi:10.1016/S0040-4020(01)99211-7 (elsevier.com [abgerufen am 15. Juli 2023]).
  8. E. Hardegger, H. Braunschweiger: Die absolute Konfiguration des Aglucons im Neohesperidin. In: Helvetica Chimica Acta. Band 44, Nr. 5, 1961, ISSN 0018-019X, S. 1413–1417, doi:10.1002/hlca.19610440528 (wiley.com [abgerufen am 15. Juli 2023]).
  9. LI SIFANG, ZHONG YIQIONG: Synthesis method of neohesperidin. In: Espacenet. 2022, abgerufen am 15. Juli 2023.
  10. S. Kamiya, S. Esaki, M. Hama: Glycosides and Oligosaccharides in the L-Rhamnose Series - Part IV Synthesis of Naringin and Neohesperidin. In: Agr. Biol. Chem. Band 31, Nr. 4, 1967, S. 402–409.
  11. Antoinette E. Nibbs, Karl A. Scheidt: Asymmetric Methods for the Synthesis of Flavanones, Chromanones, and Azaflavanones. In: European Journal of Organic Chemistry. Band 2012, Nr. 3, Januar 2012, ISSN 1434-193X, S. 449–462, doi:10.1002/ejoc.201101228, PMID 22876166, PMC 3412359 (freier Volltext) – (wiley.com [abgerufen am 15. Juli 2023]).