„Stationärer stochastischer Prozess“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Zeile 19: Zeile 19:




== Stationarität ==
Mit einem stationären Prozess ohne zusätzliche Spezifikation kann je nach inhaltlichem Kontext und Autor ein im engeren Sinn<ref> {{Literatur |Autor=[[Heinz Bauer (Mathematiker)|Heinz Bauer]] |Titel=Wahrscheinlichkeitstheorie |Verlag=Walter de Gruyter |Ort=Berlin / New York |Datum=2002 |ISBN=3-11-017236-4 |Auflage=5 |Fundstelle=S. 383}}</ref> oder im weiteren Sinn stationärer Prozess<ref>{{Literatur |Autor=Peter J. Brockwell, Richard A. Davis |Titel=Time Series: Theory and Methods | Auflage=2 |Verlag=Springer |Ort=New York |Datum=1991 |ISBN=0-387-97429-6 |DOI=10.1007/978-1-4419-0320-4 |Fundstelle=S. 11}}</ref> gemeint sein.
== Kovarianzstationarität ==
== Kovarianzstationarität ==
Der Begriff der Kovarianzstationarität wird in der Literatur uneinheitlich verwendet.
Der Begriff der Kovarianzstationarität wird in der Literatur uneinheitlich verwendet.
Meistens heißt ein Prozess kovarianzstationär, wenn die Autokovarianzfunktion stationär ist, also die erste und dritte Eigenschaft erfüllt ist, aber die Erwartungswertfunktion nicht notwendig konstant ist.<ref>{{Literatur |Autor=[[Gebhard Kirchgässner]], [[Jürgen Wolters]], [[Uwe Hassler]] |Titel=Introduction to Modern Times Series Analysis | Verlag=Springer |Ort=Berlin / Heidelberg |Auflage=2. |Datum=2012 |ISBN=978-3-642-33435-1 |DOI=10.1007/978-3-642-33436-8|Fundstelle=S. 14}}</ref> Bei einigen Autoren wird kovarianzstationär synonym mit stationär im weiteren Sinn verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=[[James D. Hamilton]] |Titel=Time Series Analysis |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton |Datum=1994 |ISBN=978-0-691-04289-3 |Fundstelle=S. 45}} </ref>.
<!--
<!--
<ref>nur 332 Google-Suchergebnisse, v.&nbsp;a. Uniskripte und Statistikbücher, verglichen mit ca. 149.000 teilweise vergleichbar hochwertigen Ergebnissen für schwach stationär. Im Englischen sind beide Begriffe etwa gleich populär, 2.360.000 vs. 2.870.000 Ergebnisse. Abgerufen am 27. Mai 2012, 01:38</ref>
<ref>nur 332 Google-Suchergebnisse, v.&nbsp;a. Uniskripte und Statistikbücher, verglichen mit ca. 149.000 teilweise vergleichbar hochwertigen Ergebnissen für schwach stationär. Im Englischen sind beide Begriffe etwa gleich populär, 2.360.000 vs. 2.870.000 Ergebnisse. Abgerufen am 27. Mai 2012, 01:38</ref>
-->
-->
Meistens heißt ein Prozess kovarianzstationär, wenn die Autokovarianzfunktion stationär ist, also die erste und dritte Eigenschaft erfüllt ist, aber die Erwartungswertfunktion nicht notwendig konstant ist.<ref>{{Literatur |Autor=[[Gebhard Kirchgässner]], [[Jürgen Wolters]], [[Uwe Hassler]] |Titel=Introduction to Modern Times Series Analysis | Verlag=Springer |Ort=Berlin / Heidelberg |Auflage=2. |Datum=2012 |ISBN=978-3-642-33435-1 |DOI=10.1007/978-3-642-33436-8|Fundstelle=S. 14}</ref>) Bei einigen Autoren wird kovarianzstationär synonym mit stationär im weiteren Sinn verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=[[James D. Hamilton]] |Titel=Time Series Analysis |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton |Datum=1994 |ISBN=978-0-691-04289-3 |Fundstelle=S. 45}} </ref>.


== Interpretation ==
== Interpretation ==

Version vom 2. August 2023, 21:20 Uhr

Ein stationärer stochastischer Prozess ist ein spezieller stochastischer Prozess und damit Untersuchungsobjekt der Wahrscheinlichkeitstheorie. Man unterscheidet Prozesse

  • Prozesse, die stationär im engeren Sinn (auch strikt, streng oder stark stationär) sind,
  • und Prozesse, die stationär im engeren Sinn ( auch schwach stationär) sind.

Prozesse, die stationär im weiteren Sinn sind, werden oft auch einfach als Stationär bezeichnet. Bei beiden Typen von Prozessen besitzen die Verteilungen bestimmte zeitunabhängige Eigenschaften.

Definition

Zeitreihe von Residuen, für dessen zugrundeliegenden Prozess durch eine Dickey-Fuller-Test die Hypothese der Stationarität abgelehnt wird.

Ein stochastischer Prozess mit heißt stationär im engeren Sinn (auch strikt, streng oder stark stationär), falls alle endlichdimensionalen Verteilungen translationsinvariant sind, d. h. für beliebige , beliebige Stellen (Zeitpunkte) und alle Verschiebungen mit gilt, dass die Zufallsvektoren (die endlichen Teilfamilien) und dieselbe Wahrscheinlichkeitsverteilung haben.[1]

Dabei bezeichnet häufig die ganzen, die natürlichen oder die reellen Zahlen. Häufig ist ein Zeitindex und eine Menge von Zeitpunkten. Das Konzept der Stationarität kann analog für allgemeinere Indexmengen definiert werden, auf denen eine binäre Operation erklärt ist.

Ein stochastischer Prozess heißt stationär im weiteren Sinn[1] oder schwach stationär, wenn

  1. die Varianzen aller Zufallsvariablen endlich sind, d. h. für alle gilt und
  2. die Erwartungswertfunktion konstant ist, d. h. für alle gilt ,
  3. die Autokovarianzfunktion nicht von der Verschiebung abhängt, d. h. für alle gilt , wobei die Kovarianz bezeichnet.


Stationarität

Mit einem stationären Prozess ohne zusätzliche Spezifikation kann je nach inhaltlichem Kontext und Autor ein im engeren Sinn[2] oder im weiteren Sinn stationärer Prozess[3] gemeint sein.

Kovarianzstationarität

Der Begriff der Kovarianzstationarität wird in der Literatur uneinheitlich verwendet. Meistens heißt ein Prozess kovarianzstationär, wenn die Autokovarianzfunktion stationär ist, also die erste und dritte Eigenschaft erfüllt ist, aber die Erwartungswertfunktion nicht notwendig konstant ist.[4] Bei einigen Autoren wird kovarianzstationär synonym mit stationär im weiteren Sinn verwendet.[5].

Interpretation

Stationarität ist eine der bedeutendsten Eigenschaften stochastischer Prozesse in der Zeitreihenanalyse. Mit der Stationarität erhält man Eigenschaften, die nicht nur für einzelne Zeitpunkte gelten, sondern Invarianzen über die Zeit hinweg sind. Die Zeitreihe hat zu allen Zeitpunkten den gleichen Erwartungswert und die gleiche Varianz. (Die wichtigste Klasse von nichtstationären Prozessen sind integrierte Prozesse.)

Interpretation der Stationarität im weiteren Sinn

Die erste Eigenschaft besagt, dass jede der Zufallsvariablen endliche Varianz hat und somit zu dem Hilbertraum gehört. Hieraus folgt dann auch, dass der Erwartungswert existiert.

Mit der zweiten Eigenschaft kann man zu einem neuen Prozess übergehen, für den dann gilt. Dieser Prozess wird auch zentrierter Prozess genannt. Man kann also ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, ein stationärer stochastischer Prozess habe den Mittelwert 0.

Die dritte Forderung stellt eine Beziehung zwischen den unterschiedlichen Zeitpunkten her und ist damit die bedeutendste Eigenschaft. Sie sagt aus, dass die Kovarianzen zwischen den Zeitpunkten nicht von den beiden Zeitpunkten selbst, sondern nur von dem Abstand der beiden Zeitpunkte zueinander abhängt. Die Bedingung kann auch so formuliert werden, dass eine Funktion nur einer einzigen Variablen ist.

Geometrische Interpretaion

Die geometrische Interpretation des univariaten Falles () greift auf den Hilbertraum zurück, dessen Elemente die einzelnen Zufallsvariablen des Prozesses sind. Die geometrische Interpretation unterstützt das tiefere Verständnis des Begriffs der Stationarität.

Da eine Norm in ist, kann die Forderung so verstanden werden, dass alle Prozessvariablen gleich lang sind, d. h. auf einer Kugel liegen.

sagt dann, obiger Interpretation folgend, dass für festes alle den gleichen Winkel einschließen. Erhöht man um Eins, so wird immer um denselben Winkel weitergedreht.

Forderung (ii) bedeutet , dass also der Winkel zwischen der Einheit und jeder Prozessvariablen konstant ist. Hier wird ein Breitengrad aus der Einheitskugel ausgeschnitten.

Stationarisierung

Eine nichtstationäre Zeitreihe so zu transformieren, dass die Stationärität für die transformierte Zeitreihe plausibel wird, ist eine wichtige Fragestellung der Zeitreihenanalyse. Weit verbreitete Methoden sind hier die Bildung von Differenzen, das Umskalieren oder das Logarithmieren der Zeitreihe. Allgemeiner kann man versuchen eine stationäre Zeitreihe zu erhalten, indem man ein geeignetes Trend-Saison-Modell verwendet.

Beispiele

Der wichtigste (schwach) stationäre Prozess ist das weiße Rauschen. Des Weiteren sind noch bestimmte Gauß-Prozesse und ARMA-Modelle stationär. Von theoretischer Bedeutung sind auch noch harmonische Prozesse, die unter gewissen Bedingungen stationär sind. Des Weiteren sind Markow-Ketten, die in ihrer stationären Verteilung starten, stationäre Prozesse.

Eigenschaften

Stationäre stochastische Prozesse in diskreter Zeit, die als kanonische Prozesse gegeben sind, lassen sich als maßerhaltendes dynamisches System auffassen. Dazu definiert man den Shift-Operator als

.

Dann ist und der Prozess entsteht durch iterierte Anwendung von . Somit handelt es sich um ein dynamisches System, das aufgrund der Stationarität maßerhaltend ist. Darauf aufbauend lassen sich auch ergodische stochastische Prozesse definieren, für die wichtige Sätze der Ergodentheorie wie beispielsweise der individuelle Ergodensatz gelten und damit starke Gesetze der großen Zahlen für abhängige Folgen von Zufallsvariablen liefern.

Literatur

  • Peter J. Brockwell, Richard A. Davis: Time Series: Theory and Methods. Springer Verlag, Berlin 2002, ISBN 0387974296
  • G. E. P. Box, G. M. Jenkins: Times Series Analysis: Forecasting and Control. 3. Auflage, ISBN 0130607746
  • P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3-05-500608-1, Stationärer Prozess, S. 368–372.

Fußnoten

  1. a b P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3-05-500608-1, Stationärer Prozess, S. 368.
  2. Heinz Bauer: Wahrscheinlichkeitstheorie. 5. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2002, ISBN 3-11-017236-4, S. 383.
  3. Peter J. Brockwell, Richard A. Davis: Time Series: Theory and Methods. 2. Auflage. Springer, New York 1991, ISBN 0-387-97429-6, S. 11, doi:10.1007/978-1-4419-0320-4.
  4. Gebhard Kirchgässner, Jürgen Wolters, Uwe Hassler: Introduction to Modern Times Series Analysis. 2. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-33435-1, S. 14, doi:10.1007/978-3-642-33436-8.
  5. James D. Hamilton: Time Series Analysis. Princeton University Press, Princeton 1994, ISBN 978-0-691-04289-3, S. 45.