„Winfried Rief“ – Versionsunterschied

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== Werk ==
== Werk ==
Das wissenschaftliche Werk von Rief fokussierte über viele Jahre auf die Untersuchung psychologischer Faktoren bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Bewältigung körperlicher Beschwerden. Er forscht zu „[[Liste der psychischen und Verhaltensstörungen nach ICD-10|somatoformen Störungen]]“. Zusammen mit Hiller (Mainz) entwickelte er das Fragebogenverfahren SOMS (Screening für somatoforme Störungen).<ref>Rief, W.& Hiller, W.(2008). Das Screening für somatoforme Störungen SOMS [The Screening for Somatoform Symptoms]. Manual zum Fragebogen. Bern: Huber-Verlag. 2nd revised edition.</ref> Als nominiertes Mitglied der Initial-Gruppe zur Neuformulierung des Konzeptes der somatoformen Störungen in [[DSM-5]] wirkte er anfangs an diesem Prozess mit, kritisierte jedoch später das 2014 vorgestellte Konzept der „somatischen Belastungsstörungen“ in DSM-5 auch deutlich.<ref>W. Rief, A. Martin: How to use the new DSM-5 diagnosis Somatic Symptom Disorder in research and practice? – A critical evaluation and a proposal for modifications. In: Annual Review of Clinical Psychology. 10, 2014, S. 339–67</ref>
Das wissenschaftliche Werk von Rief fokussierte über viele Jahre auf die Untersuchung psychologischer Faktoren bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Bewältigung körperlicher Beschwerden. Er forscht zu „[[Liste der psychischen und Verhaltensstörungen nach ICD-10|somatoformen Störungen]]“. Zusammen mit Hiller (Mainz) entwickelte er das Fragebogenverfahren SOMS (Screening für somatoforme Störungen).<ref>W. Rief, W. Hiller: ''Das Screening für somatoforme Störungen SOMS [The Screening for Somatoform Symptoms]. Manual zum Fragebogen.'' 2. AuflageHuber-Verlag. Bern 2008.</ref> Als nominiertes Mitglied der Initial-Gruppe zur Neuformulierung des Konzeptes der somatoformen Störungen in [[DSM-5]] wirkte er anfangs an diesem Prozess mit, kritisierte jedoch später das 2014 vorgestellte Konzept der „somatischen Belastungsstörungen“ in DSM-5 auch deutlich.<ref>{{Literatur |Autor=Winfried Rief, Alexandra Martin |Titel=How to Use the New DSM-5 Somatic Symptom Disorder Diagnosis in Research and Practice: A Critical Evaluation and a Proposal for Modifications |Sammelwerk=Annual Review of Clinical Psychology |Band=10 |Nummer=1 |Datum=2014 |Seiten=339–367 |DOI=10.1146/annurev-clinpsy-032813-153745 |PMID=24387234}}</ref>


Im Jahr 2009 wurde in der deutschen Fassung von ICD-10 die neue Diagnose F45.41 „Chronische Schmerzen mit somatischen und psychischen Faktoren“ eingeführt.<ref>{{Literatur |Autor=P. Nilges, W. Rief |Titel=F45.41 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren: Eine Kodierhilfe |Sammelwerk=Der Schmerz |Band=24 |Nummer=3 |Datum=2010-06 |ISSN=0932-433X |DOI=10.1007/s00482-010-0908-0 |Seiten=209–212 |Online=https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00482-010-0908-0 |Abruf=2021-09-09}}</ref> Diese Einführung ging auf eine von Rief geleitete Arbeitsgruppe zurück. Als Co-Chair zusammen mit R.-D. Treede leitete er auch die Arbeitsgruppe zur Klassifikation chronischer Schmerzen in ICD-11.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.iasp-pain.org/publications/iasp-news/new-diagnostic-codes-for-chronic-pain-approved-under-icd-11/ |titel=New Diagnostic Codes for Chronic Pain Approved Under ICD-11 |werk=International Association for the Study of Pain (IASP) |datum=2019-06-03 |sprache=en-US |abruf=2021-09-09}}</ref> Der Klassifikationsvorschlag dieser Arbeitsgruppe für chronische Schmerzen wurde von der World Health Assembly 2019 in den Entwurf für ICD-11 offiziell aufgenommen, die weltweit die Grundlage zur Klassifikation körperlicher und psychischer Krankheiten wird.
Im Jahr 2009 wurde in der deutschen Fassung von ICD-10 die neue Diagnose F45.41 „Chronische Schmerzen mit somatischen und psychischen Faktoren“ eingeführt.<ref>{{Literatur |Autor=P. Nilges, W. Rief |Titel=F45.41 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren: Eine Kodierhilfe |Sammelwerk=Der Schmerz |Band=24 |Nummer=3 |Datum=2010-06 |ISSN=0932-433X |DOI=10.1007/s00482-010-0908-0 |Seiten=209–212 |Online=https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00482-010-0908-0 |Abruf=2021-09-09}}</ref> Diese Einführung ging auf eine von Rief geleitete Arbeitsgruppe zurück. Als Co-Chair zusammen mit R.-D. Treede leitete er auch die Arbeitsgruppe zur Klassifikation chronischer Schmerzen in ICD-11.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.iasp-pain.org/publications/iasp-news/new-diagnostic-codes-for-chronic-pain-approved-under-icd-11/ |titel=New Diagnostic Codes for Chronic Pain Approved Under ICD-11 |werk=International Association for the Study of Pain (IASP) |datum=2019-06-03 |sprache=en-US |abruf=2021-09-09}}</ref> Der Klassifikationsvorschlag dieser Arbeitsgruppe für chronische Schmerzen wurde von der World Health Assembly 2019 in den Entwurf für [[ICD-11]] offiziell aufgenommen.


Seit 2004 weitete er seinen Forschungsschwerpunkt auf das Thema „Placebo- und Nocebo-Mechanismen bei medizinischen Interventionen“ aus und leitete von 2010 - 2019 eine entsprechende überregionale [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|DFG]]-Forschergruppe (DFG 1328).<ref>{{Internetquelle |url=https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/138279939?context=projekt&task=showDetail&id=138279939& |titel=DFG - GEPRIS - FOR 1328:  Erwartungen und Konditionierung als Basisprozesse der Placebo- und Nocebo-Reaktion : Von der Neurobiologie zur klinischen Anwendung |abruf=2021-09-09}}</ref> Er konnte belegen, dass die Erwartungen der Patienten wesentlich zum Behandlungserfolg beitrugen, selbst bei sehr invasiven medizinischen Eingriffen (wie herzchirurgische Operationen), und eine Modifikation dieser Patientenerwartungen den Behandlungserfolg solcher Maßnahmen steigert.<ref>Winfried Rief, Meike C. Shedden-Mora, Johannes A. C. Laferton, Charlotte Auer, Keith J. Petrie, Stefan Salzmann, [[Manfred Schedlowski]] & Rainer Moosdorf: Preoperative optimization of patient expectations improves long-term outcome in heart surgery patients: results of the randomized controlled PSY-HEART trial.BMC Medicine volume 15, Article number: 4 (2017)</ref> Aber auch für die Entstehung von Nebenwirkungen sind Patientenerwartungen wesentlich.<ref>Petrie KJ, Rief W.: Psychobiological Mechanisms of Placebo and Nocebo Effects: Pathways to Improve Treatments and Reduce Side Effects. Annu Rev Psychol. 2019 Jan 4;70:599-625.</ref> Ein besonderer Schwerpunkt besteht bei Erwartungseffekten bei Depressionen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=be_nWbvAj5c&list=PLRMhZEwy7jrayMYulxXwKU_u8cDiIn2sk&index=4 |titel=Webinar: Winfried Rief - The role of expectations in depression |sprache=de-DE |abruf=2024-02-04}}</ref>
Seit 2004 weitete Rief seinen Forschungsschwerpunkt auf das Thema „Placebo- und Nocebo-Mechanismen bei medizinischen Interventionen“ aus und leitete von 2010 - 2019 eine entsprechende überregionale [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|DFG]]-Forschergruppe (DFG 1328).<ref>{{Internetquelle |url=https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/138279939?context=projekt&task=showDetail&id=138279939& |titel=DFG - GEPRIS - FOR 1328:  Erwartungen und Konditionierung als Basisprozesse der Placebo- und Nocebo-Reaktion : Von der Neurobiologie zur klinischen Anwendung |abruf=2021-09-09}}</ref> Er konnte belegen, dass die Erwartungen der Patienten wesentlich zum Behandlungserfolg beitrugen, selbst bei sehr invasiven medizinischen Eingriffen (wie herzchirurgische Operationen), und eine Modifikation dieser Patientenerwartungen den Behandlungserfolg solcher Maßnahmen steigert.<ref>{{Literatur |Autor=Winfried Rief et al. |Titel=Preoperative optimization of patient expectations improves long-term outcome in heart surgery patients: results of the randomized controlled PSY-HEART trial |Sammelwerk=BMC Medicine |Band=15 |Nummer=1 |Datum=2017 |Seiten= |DOI=10.1186/s12916-016-0767-3 |PMID=28069021 |PMC=5223324}}</ref> Aber auch für die Entstehung von Nebenwirkungen sind Patientenerwartungen wesentlich.<ref>{{Literatur |Autor=Keith J. Petrie, Winfried Rief |Titel=Psychobiological Mechanisms of Placebo and Nocebo Effects: Pathways to Improve Treatments and Reduce Side Effects |Sammelwerk=Annual Review of Psychology |Band=70 |Nummer=1 |Datum=2019 |Seiten=599–625 |DOI=10.1146/annurev-psych-010418-102907 |PMID=30110575}}</ref> Ein besonderer Schwerpunkt besteht bei Erwartungseffekten bei Depressionen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=be_nWbvAj5c&list=PLRMhZEwy7jrayMYulxXwKU_u8cDiIn2sk&index=4 |titel=Webinar: Winfried Rief - The role of expectations in depression |sprache=de-DE |abruf=2024-02-04}}</ref>


Seit dem 01.01.2024 leitet Rief das von ihm eingeworbene LOEWE-Zentrum DYNAMICS. Die hessische Landesregierung unterstützt hier mit vorerst 15 Mio. EUR die Kooperation verschiedener Universitäten (Marburg, Frankfurt, Gießen, TU Darmstadt) und außeruniversitären Zentren (DIPF; ESI), um über dynamische Netzwerkmodelle ein neues Verständnis für psychische Erkrankungen zu erarbeiten.<ref>{{Internetquelle |url=https://wissenschaft.hessen.de/presse/pressearchiv/genauere-diagnosen-bessere-medizinische-versorgung-und-anpassung-an-erderhitzung |titel=Rund 29 Millionen Euro Landesgeld für hervorragende Forschung |datum=2023-06-30 |sprache=de |abruf=2024-02-04}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-marburg.de/de/aktuelles/news/2023/neues-zentrum-forscht-zur-besseren-versorgung-psychisch-kranker |titel=Neues Zentrum forscht zur besseren Versorgung psychisch Kranker |sprache=de |abruf=2024-02-04}}</ref>
Seit dem 1. Januar 2024 leitet Rief das von ihm eingeworbene LOEWE-Zentrum DYNAMICS. Die hessische Landesregierung unterstützt hier mit vorerst 15 Mio. EUR die Kooperation verschiedener Universitäten (Marburg, Frankfurt, Gießen, TU Darmstadt) und außeruniversitären Zentren (DIPF; ESI), um über dynamische Netzwerkmodelle ein neues Verständnis für psychische Erkrankungen zu erarbeiten.<ref>{{Internetquelle |url=https://wissenschaft.hessen.de/presse/pressearchiv/genauere-diagnosen-bessere-medizinische-versorgung-und-anpassung-an-erderhitzung |titel=Rund 29 Millionen Euro Landesgeld für hervorragende Forschung |datum=2023-06-30 |sprache=de |abruf=2024-02-04}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-marburg.de/de/aktuelles/news/2023/neues-zentrum-forscht-zur-besseren-versorgung-psychisch-kranker |titel=Neues Zentrum forscht zur besseren Versorgung psychisch Kranker |sprache=de |abruf=2024-02-04}}</ref>


Berufspolitisch setzte sich Rief seit 2011 als Sprecher der Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“, die im Auftrag der [[Deutsche Gesellschaft für Psychologie|Deutschen Gesellschaft für Psychologie]] (DGPs) sowie des Fakultätentags Psychologie tätig ist, für eine Revision des [[Psychotherapeutengesetz]]es zur Angleichung an die Aus- und Weiterbildungsstruktur medizinischer Heilberufe ein. Das Gesetz wurde im September 2019 vom Deutschen Bundestag verabschiedet (PsychThGAusbRefG).<ref>[https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-pa-gesundheit-639938 Bundestag Gesetzesarchiv]</ref> Außerdem engagiert er sich seit ca. 2005 für die Nachwuchsförderung innerhalb der [[Klinische Psychologie|Klinischen Psychologie]]. Er entwickelte das „Marburger Modell“ zur Kombination von Promotionsphase und klinischer Ausbildung in Psychotherapie.
Berufspolitisch setzte sich Rief seit 2011 als Sprecher der Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“, die im Auftrag der [[Deutsche Gesellschaft für Psychologie|Deutschen Gesellschaft für Psychologie]] (DGPs) sowie des Fakultätentags Psychologie tätig ist, für eine Revision des [[Psychotherapeutengesetz]]es zur Angleichung an die Aus- und Weiterbildungsstruktur medizinischer Heilberufe ein. Das Gesetz wurde im September 2019 vom Deutschen Bundestag verabschiedet (PsychThGAusbRefG).<ref>{{Internetquelle |autor=Claus-Peter Kosfeld/Dr. Volker Müller |url=https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-pa-gesundheit-639938 |titel=Deutscher Bundestag - Ja mit Einschränkungen zur Reform der Psychotherapeutenausbildung |werk=bundestag.de |datum=2019-05-10 |abruf=2024-02-04}}</ref> Außerdem engagiert er sich seit ca. 2005 für die Nachwuchsförderung innerhalb der [[Klinische Psychologie|Klinischen Psychologie]]. Er entwickelte das „Marburger Modell“ zur Kombination von Promotionsphase und klinischer Ausbildung in Psychotherapie.


Als Editor in Chief lancierte er die Zeitschrift „Clinical Psychology in Europe“, eine Open Access Zeitschrift, die neue Entwicklungen im Bereich Open Science fördern will und keine Article Processing Charges fordert.<ref>{{Internetquelle |url=https://cpe.psychopen.eu/index.php/cpe/team-editors |titel=Editors{{!}} Clinical Psychology in Europe |abruf=2021-09-09}}</ref> Die Zeitschrift wird zwischenzeitlich bei PUBMED, SCOPUS, GoogleScholar u.a. gelistet.
Als Editor in Chief lancierte er die Zeitschrift ''Clinical Psychology in Europe''.<ref>{{Internetquelle |url=https://cpe.psychopen.eu/index.php/cpe/team-editors |titel=Editors{{!}} Clinical Psychology in Europe |abruf=2021-09-09}}</ref>

Im Zuge der [[COVID-19-Pandemie|Corona-Pandemie]] veröffentlichte er für die [[Deutsche Gesellschaft für Psychologie|Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)]] eine Internetseite mit Informationen für alle, die Ängste und Unsicherheiten in der Corona-Situation und besonders bei der Impfentscheidung empfinden. Die Seite beinhaltet Informationen zu Ängsten vor Impfungen, warum diese normal sind, aber auch welchen Einfluss die Medien und Einzelfallberichte von Nebenwirkungen haben. Die Seite beinhaltet außerdem Tipps für den Umgang mit solchen Ängsten.<ref>{{Internetquelle |url=https://psychologische-coronahilfe.de/beitrag/corona-impfung-was-tun-bei-angst-vor-nebenwirkungen/ |titel=Corona-Impfung: Was tun bei Angst vor Nebenwirkungen? |werk=Psychologische Coronahilfe |sprache=de-DE |abruf=2021-09-13}}</ref>


== Veröffentlichungen ==
== Veröffentlichungen ==

Version vom 4. Februar 2024, 21:53 Uhr

Porträt von Winfried Rief
Winfried Rief, vor 2020

Winfried Rief (* 12. Mai 1959) ist ein deutscher Psychologe. Seit 2000 ist er Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Philipps-Universität Marburg. Er etablierte dort die Hochschulambulanz für Psychotherapie (Psychotherapie-Ambulanz Marburg, PAM)[1], das Institut für Psychotherapie-Ausbildung Marburg (IPAM)[2] und leitet die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie.[3]

Leben

Rief studierte Psychologie an der Universität Trier (1979–1984). Danach war er zunächst an der Forschungsstation der Universität Konstanz am psychiatrischen Landeskrankenhaus Reichenau tätig, wo er 1987 zum Thema „Informationsverarbeitung bei Schizophrenen“ promoviert wurde. Seine Habilitation erlangte er 1994 an der Universität Salzburg zum Thema „Somatoforme Störungen und Hypochondrie“. Es folgten klinische Tätigkeiten am Psychiatrischen Krankenhaus Rottweil (1986–1987) sowie an der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Roseneck (Prien am Chiemsee), wo er ab 1989 als leitender Psychologe tätig war. Rief nahm im Jahr 2000 einen Ruf auf eine Professur für Klinische Psychologie und Psychotherapie an die Universität Marburg an. In den nächsten Jahren folgten Gastprofessuren an der Harvard Medical School in Boston (2004–2005), der University of California in San Diego (2009/2010), sowie der University of Auckland in Neuseeland (2002).[4][5]

Rief ist Mitglied der Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) und war ihr Sprecher, insbesondere während der Vorbereitungszeit zum 2. PsychThG 2010 - 2020.[6] Er war zudem einige Jahre Präsident der deutschen Deutsche Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Verhaltensmodifikation (2001–2005)[7] und Mitglied in der Expertenkommission der American Psychiatric Association (APA) und Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Somatic Presentations of Mental Disorders“ zur Vorbereitung von DSM-5 (Peking, 2006). Darüber hinaus war er Sprecher der DFG-Forschergruppe zu Placebo- und Nocebo-Mechanismen (2010–2019), DFG-Fachkollegiat (2012–2020), Mitglied der DFG-Kommission „Klinische Studien“ sowie Co-Chair der ICD-11 Working Group „Classification of Chronic Pain“ der WHO, die für die ICD-11 der WHO eine neue Schmerzklassifikation erarbeitete (seit 2013). Er ist Editor in Chief der Zeitschrift „Clinical Psychology in Europe“[8] und Board member der European Association of Clinical Psychology and Psychological Treatment EACLIPT.[9] Rief wurde 2014 zum „Distinguished International Affiliate, APA Division Health Psychology“ ernannt und erhielt eine Auszeichnung zum „Distinguished Scientist“ von der International Society of Behavioral Medicine 2014.[10]

2020 wurde Rief zum Ehrenmitglied der DGPs ernannt.[11] 2021 erhielt er die Auszeichnung der European Association of Psychosomatic Medicine EAPM, den Alison Creed Award.[12] Seit 2022 wird Rief als "Highly Cited Researcher" geführt, eine Auszeichnung der Top-1% Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eines Gebiets.[13]

Werk

Das wissenschaftliche Werk von Rief fokussierte über viele Jahre auf die Untersuchung psychologischer Faktoren bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Bewältigung körperlicher Beschwerden. Er forscht zu „somatoformen Störungen“. Zusammen mit Hiller (Mainz) entwickelte er das Fragebogenverfahren SOMS (Screening für somatoforme Störungen).[14] Als nominiertes Mitglied der Initial-Gruppe zur Neuformulierung des Konzeptes der somatoformen Störungen in DSM-5 wirkte er anfangs an diesem Prozess mit, kritisierte jedoch später das 2014 vorgestellte Konzept der „somatischen Belastungsstörungen“ in DSM-5 auch deutlich.[15]

Im Jahr 2009 wurde in der deutschen Fassung von ICD-10 die neue Diagnose F45.41 „Chronische Schmerzen mit somatischen und psychischen Faktoren“ eingeführt.[16] Diese Einführung ging auf eine von Rief geleitete Arbeitsgruppe zurück. Als Co-Chair zusammen mit R.-D. Treede leitete er auch die Arbeitsgruppe zur Klassifikation chronischer Schmerzen in ICD-11.[17] Der Klassifikationsvorschlag dieser Arbeitsgruppe für chronische Schmerzen wurde von der World Health Assembly 2019 in den Entwurf für ICD-11 offiziell aufgenommen.

Seit 2004 weitete Rief seinen Forschungsschwerpunkt auf das Thema „Placebo- und Nocebo-Mechanismen bei medizinischen Interventionen“ aus und leitete von 2010 - 2019 eine entsprechende überregionale DFG-Forschergruppe (DFG 1328).[18] Er konnte belegen, dass die Erwartungen der Patienten wesentlich zum Behandlungserfolg beitrugen, selbst bei sehr invasiven medizinischen Eingriffen (wie herzchirurgische Operationen), und eine Modifikation dieser Patientenerwartungen den Behandlungserfolg solcher Maßnahmen steigert.[19] Aber auch für die Entstehung von Nebenwirkungen sind Patientenerwartungen wesentlich.[20] Ein besonderer Schwerpunkt besteht bei Erwartungseffekten bei Depressionen.[21]

Seit dem 1. Januar 2024 leitet Rief das von ihm eingeworbene LOEWE-Zentrum DYNAMICS. Die hessische Landesregierung unterstützt hier mit vorerst 15 Mio. EUR die Kooperation verschiedener Universitäten (Marburg, Frankfurt, Gießen, TU Darmstadt) und außeruniversitären Zentren (DIPF; ESI), um über dynamische Netzwerkmodelle ein neues Verständnis für psychische Erkrankungen zu erarbeiten.[22][23]

Berufspolitisch setzte sich Rief seit 2011 als Sprecher der Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“, die im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) sowie des Fakultätentags Psychologie tätig ist, für eine Revision des Psychotherapeutengesetzes zur Angleichung an die Aus- und Weiterbildungsstruktur medizinischer Heilberufe ein. Das Gesetz wurde im September 2019 vom Deutschen Bundestag verabschiedet (PsychThGAusbRefG).[24] Außerdem engagiert er sich seit ca. 2005 für die Nachwuchsförderung innerhalb der Klinischen Psychologie. Er entwickelte das „Marburger Modell“ zur Kombination von Promotionsphase und klinischer Ausbildung in Psychotherapie.

Als Editor in Chief lancierte er die Zeitschrift Clinical Psychology in Europe.[25]

Veröffentlichungen

  • mit U. Bingel und anderen: Avoiding nocebo effects to optimize treatment outcome. In: JAMA. 312, 2014, S. 693–694.
  • mit K.J. Petrie: Psychobiological Mechanisms of Placebo and Nocebo Effects: Pathways to Improve Treatments and Reduce Side Effects. In Annual Review of Psychology, 70. https://doi.org/doi.org/10.1146/annurev-psych-010418-102907
  • mit P. Enck, U. Bingel und M. Schedlowski: Minimize, maximize, or personalize? – What to do with the placebo response in medicine? In: Nature Review Drug Discovery. Vol. 12, 2013, S. 191–204.
  • als Hrsg. mit N. Birbaumer: Biofeedback. Grundlagen, Indikation, Kommunikation und praktisches Vorgehen in der Therapie. 3. Auflage. Schattauer-Verlag, Stuttgart 2010.
  • mit E. Broadbent: Explaining medically unexplained symptoms - Models and mechanisms. In: Clinical Psychology Review. 27, 2007, S. 821–841.
  • als Hrsg. mit P. Henningsen: Psychosomatik und Verhaltensmedizin. Schattauer-Verlag, Stuttgart 2015.
  • mit W. Hiller: Das Screening für somatoforme Störungen SOMS. Manual zum Fragebogen. 2., überarb. Auflage. Huber-Verlag, Bern 2008.
  • mit A. Martin: How to use the new DSM-5 diagnosis Somatic Symptom Disorder in research and practice? – A critical evaluation and a proposal for modifications. In: Annual Review of Clinical Psychology. 10, 2014, S. 339–67.
  • mit J. Avorn und A. J. Barsky: Medication-attributed adverse effects in placebo groups. Implications for assessment of adverse effects. In: Archives of Internal Medicine. 166(2), 2006, S. 155–160.
  • mit A. J. Barsky und anderen: Rethinking psychopharmacotherapy: The role of treatment context and brain plasticity in antidepressant and antipsychotic interventions. In: Neuroscience & Biobehavioral Reviews. 60, 2016, S. 51–64. doi:10.1016/j.neubiorev.2015.11.008.
  • mit S. Kaasa und anderen: The need to revise pain diagnoses in ICD-11. In: Pain. 149, 2010, S. 169–170.
  • mit M. Schedlowski, P. Enck und U. Bingel: Neuro-Bio-Behavioral Mechanisms of Placebo and Nocebo Responses: Implications for Clinical Trials and Clinical Practice. In: Pharmacological Review. 67, 2015, S. 697–730.
  • mit R.-D. Treede und anderen: A classification of chronic pain for ICD-11. In: Pain. 156(6), 2015, S. 1003–1007 (shared first authorship of Treede, Rief & Barke).
  • mit M. Sperl und anderen: Using expectation violation models to improve the outcome of psychological treatments.In: Clinical Psychology Review, 2022, 102212. https://doi.org/https://doi.org/10.1016/j.cpr.2022.102212
  • mit S.G. Hofmann und anderen: Do we need a novel framework for classifying psychopathology? In: Clinical Psychology in Europe, 5(4), e11699. https://doi.org/10.32872/cpe.11699

Weblinks

  • Winfried Rief – Eintrag auf der Website der Universität Marburg, Psychotherapie-Ambulanz Marburg & AG Klinische Psychologie und Psychotherapie

Einzelnachweise

  1. Psychotherapie-Ambulanz Marburg. Abgerufen am 13. September 2021.
  2. Institut für Psychotherapieausbildung Marburg (IPAM). Abgerufen am 13. September 2021.
  3. Klinische Psychologie und Psychotherapie (Prof. Dr. Rief). Abgerufen am 13. September 2021.
  4. Curriculum vitae. Abgerufen am 9. September 2021.
  5. Winfried Rief. Abgerufen am 9. September 2021.
  6. DGPs: Keine Überregulierung der Weiterbildung Psychotherapie: Vier Jahre sind genug! Unterschriftenaktion findet große Unterstützung. 16. April 2021, abgerufen am 9. September 2021 (deutsch).
  7. Curriculum vitae. Abgerufen am 9. September 2021.
  8. Clinical Psychology in Europe. Abgerufen am 9. September 2021.
  9. EACLIPT - Welcome. Abgerufen am 9. September 2021.
  10. Rief CV
  11. DGPs - Ehrenmitgliedschaft. Abgerufen am 4. Februar 2024.
  12. Alison Creed Award 2020/21 – EAPM – EAPM. Abgerufen am 24. September 2021.
  13. Highly Cited Researchers. In: Clarivate. Abgerufen am 4. Februar 2024 (englisch).
  14. W. Rief, W. Hiller: Das Screening für somatoforme Störungen SOMS [The Screening for Somatoform Symptoms]. Manual zum Fragebogen. 2. AuflageHuber-Verlag. Bern 2008.
  15. Winfried Rief, Alexandra Martin: How to Use the New DSM-5 Somatic Symptom Disorder Diagnosis in Research and Practice: A Critical Evaluation and a Proposal for Modifications. In: Annual Review of Clinical Psychology. Band 10, Nr. 1, 2014, S. 339–367, doi:10.1146/annurev-clinpsy-032813-153745, PMID 24387234.
  16. P. Nilges, W. Rief: F45.41 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren: Eine Kodierhilfe. In: Der Schmerz. Band 24, Nr. 3, Juni 2010, ISSN 0932-433X, S. 209–212, doi:10.1007/s00482-010-0908-0 (springer.com [abgerufen am 9. September 2021]).
  17. New Diagnostic Codes for Chronic Pain Approved Under ICD-11. In: International Association for the Study of Pain (IASP). 3. Juni 2019, abgerufen am 9. September 2021 (amerikanisches Englisch).
  18. DFG - GEPRIS - FOR 1328:  Erwartungen und Konditionierung als Basisprozesse der Placebo- und Nocebo-Reaktion : Von der Neurobiologie zur klinischen Anwendung. Abgerufen am 9. September 2021.
  19. Winfried Rief et al.: Preoperative optimization of patient expectations improves long-term outcome in heart surgery patients: results of the randomized controlled PSY-HEART trial. In: BMC Medicine. Band 15, Nr. 1, 2017, doi:10.1186/s12916-016-0767-3, PMID 28069021, PMC 5223324 (freier Volltext).
  20. Keith J. Petrie, Winfried Rief: Psychobiological Mechanisms of Placebo and Nocebo Effects: Pathways to Improve Treatments and Reduce Side Effects. In: Annual Review of Psychology. Band 70, Nr. 1, 2019, S. 599–625, doi:10.1146/annurev-psych-010418-102907, PMID 30110575.
  21. Webinar: Winfried Rief - The role of expectations in depression. Abgerufen am 4. Februar 2024 (deutsch).
  22. Rund 29 Millionen Euro Landesgeld für hervorragende Forschung. 30. Juni 2023, abgerufen am 4. Februar 2024.
  23. Neues Zentrum forscht zur besseren Versorgung psychisch Kranker. Abgerufen am 4. Februar 2024.
  24. Claus-Peter Kosfeld/Dr. Volker Müller: Deutscher Bundestag - Ja mit Einschränkungen zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. In: bundestag.de. 10. Mai 2019, abgerufen am 4. Februar 2024.
  25. Editors| Clinical Psychology in Europe. Abgerufen am 9. September 2021.