„Klumphand“ – Versionsunterschied

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Version vom 11. Januar 2011, 19:05 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
M21.54 Erworbene Klauenhand,Klumphand, erworbener Klauenfuß und Klumpfuß. Exkl.: Klumpfuß, nicht als erworben bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Eine Klumphand ist eine angeborene Fehlstellung der Hand, die durch eine Hypoplasie eines Unterarmknochens hervorgerufen wird.[1]

Es wird zwischen der radialen Klumphand, auch echte Klumphand genannt (lat. Manus vara), und der ulnaren Klumphand, auch als Pseudoklumphand bezeichnet (lat. Manus valga), unterschieden. Bei der Manus vara weicht die Hand in radialer (der Handrücken zeigt zum Körper), bei der Manus valga in ulnarar Richtung (die Handfläche zeigt zum Körper) ab.[2]

Epidemiologie

Die Angaben über die Häufigkeit einer Klumphand schwanken zwischen 1:100.000 bis 11:100.000 Lebendgeburten. Je nach Autor beträgt das Verhältnis zwischen Manus vara und Manus valga bei 3:1 bis 18:1. Auch für die Häufigkeit des beidseitigen Auftretens einer Klumphand schwanken die Angaben zwischen 22 und 60 %. Bei den Geburtenjahrgängen von 1960 bis 1962 stieg die Häufigkeit von Geburten mit einer radialen Klumphand dramatisch an. Die Ursache war die Einnahme von Contergan (Wirkstoff: Thalidomid) während der Schwangerschaft. Das Verhältnis Knaben zu Mädchen lag bei 2:1 und bei doppelseitiger Klumphand zu einseitiger bei etwa 4:1.[3]

Ätiologie

Die radiale Klumphand tritt in den meisten Fällen spontan auf. Es gibt einige ältere Berichte über familiäre Häufungen, allerdings geht man heute davon aus, dass eine Klumphand, als isolierte Fehlbildung, nicht erblich ist. Sehr wohl gibt es einige seltene Syndrome genetischen Ursprungs, die als einen mehrerer Phänotypen zu einer kognitiven Klumphand führen können.[2]

Die Fehlstellung der Hand wird bei der Manus vara durch einen verkürzten oder dünneren, teilweise auch durch einen fehlenden Radius (der Unterarmknochen "Speiche") und bei der Manus valaga durch eine verkürzte, dünnere oder fehlende Ulna (der Unterarmknochen "Elle") hervorgerufen. Entsprechend weicht die betroffene Hand von der Normalstellung aus betrachtet in radialer beziehungsweise ulnarer Richtung ab. Statistisch gesehen ist der Radius häufiger als die Ulna betroffen, weshalb es mehr Fälle von Manus vara als von Manus valga gibt.

Die Fehlbildung von Radius oder Ulna kann in einer von Reihe von genetisch bedingten Syndromen ihre Ursache haben. Zu einer radialen Klumphand können unter anderem das Rothmund-Thomson-Syndrom, das TAR-Syndrom, das Holt-Oram-Syndrom, das De-Toni-Fanconi-Syndrom, das VATER-Syndrom (V: Vertebral defects, A: Anal atresia, T: Tracheal-esophageal fistula, E: Esophageal atresia, R: Radial and renal dysplasia) und das Baller-Gerold-Syndrom[4] führen.[5] Eine ulnare Klumphand kann unter anderem durch das Femur-Fibula-Ulna-Syndrom, das Cornelia-de-Lange-Syndrom, das Weyers-Oligodaktylie-Syndrom, das Schinzel-Syndrom, eine ulnofibulare Dysplasie und das Pillay-Syndrom hervorgerufen werden.[6]

Bei der Einnahme von Contergan lag die sensible Phase zwischen dem 43. und 45. Tag nach der letzten Menstruation. Neben Thalidomid können auch andere Noxen während der Embryonalphase potenziell zu radialen Klumphänden führen. Das Alkylans Busulfan erzeugt bei Ratten am 9. Schwangerschaftstag Ulnardefekte und am 10. Schwangerschaftstag Radialdefekt am Rattenembryo.[7][2]

Diagnose

Eine Klumphand ist im klinischen Erscheinungsbild durch den verkürzten Arm und den nach innen (radiale Klumphand) oder nach außen (ulnare Klumphand) verbogenen Unterarm sehr auffällig. Die Fehlstellung kann individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Der Ellbogen kann beispielsweise eine vollständig steif sein (Ankolyse) oder eine Instabilität aufweisen. Die ulnaren Finger können fehlen und die übrigen Finger des betroffenen Armes eine Syndaktylie oder eine Kamptodaktylie aufweisen. Im Röntgenbild sind die skelettalen Fehlstellungen und Fehlbildungen von Hand, Handgelenk und Ellbogen, sowie deren Ausmaß gut sichtbar und für die Einleitung therapeutischer Maßnahmen ausschlaggebend.[2]

Die Fehlbildungen sind nicht auf das Skelettsystem beschränkt. Weichteilanomalien, wie beispielsweise eine fehlende Arteria ulnaris oder auch eine Arteria radialis sind möglich, wobei dann oft eine zentrale persistente Arterie vorhanden ist. Auch ein fehlender Nervus ulnaris wird oft beobachtet.[2]

Therapie

Die Behandlung einer Klumphand kann konservativ oder operativ erfolgen. Leichtere Formen einer Klumphand werden üblicherweise konservativ behandelt. Das Ziel dieser Therapieform ist es der Kontraktur entgegenzuwirken und so die betroffene Hand in die Längsachse des Armes einzustellen, sowie die Verkürzung des Armes zu kompensieren. Dies wird durch eine Fixierung des Armes mit einem Gipsverband und korrigierenden Schiene, schon vom ersten Lebenstag des Patienten an, versucht. Die konservative Behandlung ist allerdings häufig nur bei leichteren Fehlstellungen erfolgreich. Größere Fehlstellungen lassen sich meist nur durch operative Eingriffe korrigieren. Diese Korrekturen im Bereich der Hand können im ersten Lebensjahr erfolgen und individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Typisch sind Trennung der Finger bei Syndaktylie, Rotationsosteotomie, das Entfernen von rudimentären knöchernen Anteilen, Pollizisation (Bildung eines Daumens) und Transfer von Fingerknochen. Eingriffe an Unterarm und Ellbogen werden üblicherweise nicht vor der Pubertät ergriffen, um die Wachstumsfugen nicht zu gefährden. Eine Ausnahme ist die Klumphandoperation nach Blauth (Walter Blauth (* 1924)[8]),[3] die schon im Vorschulalter durchgeführt werden kann. Dabei werden die Weichteile am Handgelenk durchtrennt und die Ulna in die Handwurzel eingebolzt. Durch diese Korrektur der Fehlstellung und die gleichzeitige Erzeugung einer fibrösen Ankylose wird versucht die Gebrauchsfähigkeit der Hand zu erhöhen.[9] Andere Interventionen im Bereich von Unterarm und Ellbogen sind: Exzision der fibrokartilagären Ulnaanlage, Radius-pro-Ulna-Fusion, Ulnaverlängerungsosteotomie, Korrekturosteomie des Radius, Radiuskopfresektion und Umstellungsosteotomie des synostosierten Ellbogens.[2]

Weiterführende Literatur

Einzelnachweise

  1. A. Bergner und R. Hierner: Plastische Chirurgie. Verlag Springer, 2008, S. 16, ISBN 3-540-00144-1 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. a b c d e f C. J. Wirth: Orthopädie und orthopädische Chirurgie. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  3. a b W. Blauth: Zur Morphologie und Therapie der radialen Klumphand. In: Arch orthop Unfall-Chir. Band 65, Nummer 2, 1969, S. 97–123. doi:10.1007/BF00416321
  4. L. van Maldergem: Baller-Gerold Syndrome. In: P. A. Pagon u. a. (Herausgeber): GeneReviews. Seattle, University of Washington, 1993–2007, PMID 20301383
  5. J. Carls: Radiale Klumphand. Juli 2008
  6. J. Carls: Ulnare Klumphand. August 2008
  7. T. Ogino: Congenital anomalies of the hand. The Asian perspective. In: Clinical orthopaedics and related research Nummer 323, Februar 1996, S. 12–21, ISSN 0009-921X. PMID 8625568.
  8. D. Buck-Gramcko: Ein Leben für die Handchirurgie. Verlag Springer, 2007, S. 5–8, ISBN 3-798-51776-2 doi:10.1007/978-3-7985-1777-6_2
  9. H. Rössler und W. Rüther: Orthopädie und Unfallchirurgie. Verlag Urban & Fischer, 2005, ISBN 3-437-44445-X, S. 59, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche